Surfer werden gebeten, via folgender e-mail Anmerkungen, Kommentare, Kritik, Ergänzungen usw. vorzubringen:
e-mail (subject: internetlehre)
Da die Universität derzeit einen Prozeß der Dezentralisierung und Autonomisierung durchläuft, muß sie sich in ihrem "Überlebenskampf" wohl auch an Kriterien wie Wirtschaftlichkeit, Effizienz und Bedarfsgerechtigkeit ausrichten. Grossmann (1997) führt das im Wesentlichen auf einen Verlust des Monopols der Wissensproduktion zurück:"Viele andere Systeme generieren und verarbeiten heute Wissen: Industrieunternehmen, außeruniversitäre Forschungseinrichtungen oder Beratungsunternehmen. Diese neue Konkurrenz führt zu anspruchsvollen Kooperationen zwischen Organisationen. Um ihre Arbeitsweise neuen gesellschaftlichen Problemlagen und veränderten Bedingungen der Wissensproduktion anzupassen, benötigen die Universitäten neue organisatorische Strukturen. Sie müssen sich darauf einstellen, daß sie es in der heutigen Gesellschaft mit anderen Klienten zu tun haben, daß vor allem auch andere Organisationen Adressaten und Anwender von Wissenschaft sind. Wenn die These von der primär organisationsförmigen Bearbeitung gesellschaftlicher Probleme stimmt, dann bedeutet Wissen vermitteln, Interventionen in soziale Systeme zu setzen. Diese Systeme verändern sich jedoch nach ihrer eigenen Logik, die sich von der Logik der Wissenschaft unterscheidet."
Im Vergleich zu anderen Lebensbereichen ist die Universität generell ein günstiger Kontext für die Nutzung des internet. Zum einen ist die Ausstattung bei Lehrenden und Lernenden besser, zum anderen gehören die verschiedensten Formen der Informationssuche und -verarbeitung, des Recherchierens, der Erarbeitung von Referaten und und schriftlichen Arbeiten zum Standardrepertoire. Der Einsatz des internet im universitären Bereich repräsentiert auch die Verwirklichung einer der drei großen Visionen, die die Zukunft des Netzes betreffen, die Vision des Education Highway.
"Die eine Vision ist die Vision vom Education Highway. Diese Vorstellung ergibt sich aus der akademisch dominierten Geschichte des Internet. Sie besagt, daß das Netz auch in Zukunft in erster Linie eine Stätte der Bildung und des Wissens, also eine Universität bzw. Schule und kein Amüsierlokal, Kulturzentrum oder Kaufhaus sein wird. Die zweite Vision ist die Vision vom Entertainment Highway. Diese Vorstellung interpretiert die Datenautobahn als eine Art erweitertes Fernsehen. Individuelle Programmgestaltung durch Video on demand und TV à la carte, interaktive Game-Shows und 3-D-Videospiele im Cyberspace stehen im Zentrum dieser Vision. Das dritte Zukunftsszenario sieht die Datenautobahn als Commerce Highway. Zu dieser Vorstellung, die im amerikanischen Commerce-Net aber auch in der deutschen Bundesdatenautobahn bereits Realität geworden ist, gehört das Tele-Shopping in virtuellen Geschäften und der Einkaufsbummel durch die digitale Stadt ebenso wie das Konzept einer zukünftigen Netzwährung, die Etablierung von speziellen Netzbanken und das Tele-Working" (Sandbothe 1996).
Die Bandbreite von Möglichkeiten des internet für die universitäre Lehre ist groß. Schon heute wird - auch auf dem Hintergrund der Rationalisierung - an zahlreichen Universitäten das internet genutzt, die universitäre Lehre zu unterstützen. Allerdings: "Internet-Nutzung ist ein in quantitativer wie qualitativer Hinsicht äußerst vielschichtiges Konzept. Der Sammelbegriff "Internet-Nutzung" ist ungefähr so allgemein wie der Sammelbegriff "Aus-dem-Haus-Gehen" (Döring 1996).
Das hier vorgestellte Konzept ist die Erweiterung eines von Hänni (1996b) als Kursunterstützungsmodell (Course Supplement Model) bezeichneten Vorgehens: "Hierbei wird das WWW als reine Informationsplattform verwendet: Die Lehrveranstaltungen finden in herkömmlicher Weise im Hörsaal, Übungs- oder Praktiumsraum statt, und das begleitende Kursmaterial wie Kursprogramme, Skripten, Folienkopien und dergleichen wird den Studierenden über das "Web" zur Verfügung gestellt. Darüber hinaus ermöglicht das WWW (zusammen mit FTP) Lehrpersonen und Studierenden minutenschnellen und weltweiten Zugang zu einer einmaligen Fülle wissenschaftlicher Dokumente und Datensätze; und dies täglich rund um die Uhr und ohne andere Personen bemühen zu müssen. Diese Informationen können nicht nur auf dem eigenen Arbeitsplatzcomputer wiedergegeben, sondern dort gespeichert und weiterverarbeitet werden. Auf diese Weise ist es möglich, Dokumente (zum Beispiel aktuelle Bilder) "aus dem Netz" zu holen und für eigene Unterrichtszwecke zu verwenden. Handouts, Skripten und sogar ganze Kurse werden so zunehmend über das Web einer weltweiten "Hörerschaft" zugänglich gemacht".
Internet in der Lehrveranstaltung
Da die wenigsten Veranstaltungsräume - außer vermutlich im Bereich von Informatik- und anderen einschlägigen Studien - mit internet-Anschlüssen ausgestattet sind, ist eine internet-Nutzung in der Lehrveranstaltung selbst schwer realisierbar. Daher soll hier auf diese Möglichkeit nicht eingegangen werden. Auch auf jene speziellen Lehrveranstaltungen soll nicht eingegangen werden, die sich unmittelbar mit dem internet beschäftigen, also z.B. "Einführung in den Umgang mit dem Internet", "Arbeiten im WWW" oder ähnlichen Themata (vgl. hier etwa das Projekt von Wolf 1996). Netzaktivitäten können allerdings in vielfacher Weise den organisatorischen Ablauf und das Arbeitsgeschehen von Lehrveranstaltungen ergänzen und unterstützen:
Internet zur Unterstützung von Lehrveranstaltungen
Obwohl häufig aufwendige Datenbanklösungen realisiert werden, erfüllt eine entsprechende homepage der Institution auf einem internet server durchaus denselben Zweck. Dort kann mittels eines einfachen Eingabformulars eine e-mail-basierte Anwendung programmiert werden. Ein Beispiel dafür ist die seit einem Jahr an der Abteilung des Autors praktizierte LV-Anmeldung, wobei diese Lösung auch für größere Einheiten denkbar ist. In diesem Zusammenhang ist es sinnvoll, das gesamt Lehrangebot der Institution - etwa in Form eines kommentierten LV-Verzeichnisses - ebenfalls zur Unterstützung anzubieten. Die gesammelten e-mails werden schließlich mithilfe eines Makroprogramms zu Listen verarbeitet. Zur Anmeldung genügt u.U. auch ein link zum Vorlesungsverzeichnis der Universität, das wohl heutzutage von den meisten Universitäten auch online angeboten wird!
Die Anmeldung über das net kann noch eleganter gestaltet werden, indem aktuelle Teilnehmerlisten geführt und online publiziert werden. Eine solche "vollautomatische" Anmeldung ist wohl nur über geeignete CGI- bzw. Datenbankprogramme zu realisieren, wobei diese nur ab einer entsprechenden Größe der Institution (z.B. einheitlich innerhalb einer Fakultät oder Universität) angemessen scheinen. Außerdem müßte in diesem Zusammenhang noch das Problem des Datenschutzes geklärt werden. An der Abteilung des Autors werden die Listen in einem durch username und password geschützten Bereich nur jeweils den Teilnehmern der Lehrveranstaltung angeboten.
Einen ergänzenden Aspekt zur Beratung der Studenten bei der Belegung von Lehrveranstaltungen liefert eine online durchgeführte Studienberatung, wie sie etwa an der Universität Bielefeld seit 1995 praktiziert wird (Neumann & Hermjakob 1995). Ebenfalls eine ergänzende Beratung über Studienmöglichkeiten bietet die virtuelle Studienberatung in der Allgemeine Erziehungswisseschaft an der TU Chemnitz (1997).
Literaturrecherchen zu LV-Planung
Da in den letzten Jahren immer häufiger einschlägige Daten im net publiziert werden, sollte man als LV-Leiter auch über das Netz Informationen für Lehrveranstaltungen suchen, wobei hier das Spektrum von vergleichbaren LV-Plänen bis zur aktuellsten Literatur zu einem Thema reicht.
Der Autor weiß aufgrund des Studiums der log-files des eigenen servers, daß zahlreiche Kollegen an anderen Universitäten die einschlägigen Seiten (LV-Beschreibungen, Seminarpläne) des Autors konsultieren bzw. in einigen Fällen auch Kontakt diesbezüglich aufnehmen.
Anmerkung: Der Autor selbst hat im Zusammenhang mit der Erstellung von neuen Studienplänen eine eingehende net-Recherche bei einschlägigen Instituten bzw. Universitäten durchgeführt, wobei zahlreiche Anregungen aus dem net in einen ersten Entwurf eingeflossen sind.
Aber auch die Suche nach Literaturquellen für eine LV kann über das net erfolgen. Dafür gibt es die verschiedensten Instrumentarien, die von einer einfachen Suche in online-Katalogen von Bibliotheken (vgl. die Bibliothek-homepage an der Abteilung des Autors) bis zur Stichwortsuche mithilfe von Suchmaschinen im gesamten net reicht.
Eine Lehrveranstaltungsbetreuung über das internet kann innerhalb einer großen Bandbereite erfolgen, wobei diese von einem einfachen Informationsangebot bis zu interaktiven Möglichkeiten reicht.
In der Regel bieten sich auf Seiten des Leiters vor allem Unterlagen wie Literaturlisten, Erläuterungen zu Seminarthemen und andere veranstaltungsrelevante Informationen dafür an, wobei in den meisten Fällen wohl solche Informationen in Frage kommen, die über ohnehin verteilte Unterlagen ergänzend und unterstützend hinausgehen.
Eine weitere Möglichkeit besteht im Anbieten von umfangreicheren Arbeitsunterlagen zur Studieneingangsphase, wie sie etwa das Institut für Medizinische Physik der Veterinärmedizinischen Universität Wien mit den "Grundlagen der Medizinischen Physik" anbietet (Windischbauer et a. 1996). Mit solchen vorbildlich gestalteten Unterlagen können bei den HörerInnen grundlegende Vorkenntnisse aktualisiert bzw. erreicht werden.
Eine interessante Möglichkeit ist eine regelmäßig ergänzte Sammlung von FAQs zu einer Lehrveranstaltung, die nach eigenen Erfahrungen jene häufig bis zum Überdruß wiederholten Fragen von Teilnehmern kanalisieren. In eine solche Sammlung von frequently asked questions können auch jene Fragen oder Antworten aufgenommen, die über e-mail an den Leiter herangetragen werden. Diese letztgenannte Anwendung ist eine einfache Möglichkeit zur Interaktion via internet zwischen Lehrenden und LeiterInnen, die über die eigentliche Lehrveranstaltung bzw. die Sprechstunde hinausgehen. Allerdings handelt es sich bei dieser Form noch um keine echte Interaktion. Eine solche via e-mail ist nur dann möglich, wenn alle Teilnehmer über einen eigenen e-mail account verfügen, wobei natürlich eine regelmäßige, d.h. zumindest tägliche, Nachschau notwendig ist.
Die e-mail Funktion kann auch von den Teilnehmern genützt werden, um Autorinnen und Autoren etwa von oneline Texten in unkomplizierter Weise zu kontaktieren. Eine Diskussion in externen newsgroups oder mailinglists über Thesen und Referatsthemen wird wohl nur in seltenen Fällen realisierbar sein, wobei der Kontakt zu LV-externen Personen in einschlägigen Lehrveranstaltungen eine interessante Erweiterung darstellen könnte. Auch Experten-Interviews per Netz können durchführgeführt werden (vgl. Döring 1996).
Eine besonders geeignete Möglichkeit zur Unterstützung des Informationsaustauschs bieten allerdings interne Mailinglisten. Mit ihnen ist ein automatisches Verteilen von Diskussionsbeiträgen, Meldungen, Protokollen, Daten etc. an alle eingeschriebenen Mitglieder einer Liste möglich. Verwaltet wird eine Mailingliste von einem Programm, das Anmeldungen (subscribieren) entgegennimmt und die e-mail-Adresse in eine Liste einträgt. Die Mailingliste hat in der Regel eine eigne e-mail-Adresse, an die die Teilnehmer ihre Beiträge senden. Diese werden "postwendend" an alle Personen auf der Liste - also etwa an alle Teilnehmer einer Lehrveranstaltung - verteilt.
Es bleibt dem Lehrveranstaltungsleiter überlassen, ob er eine solche Liste unmoderiert laufen läßt (=alle einlangenden mails werden automatisch verteilt) oder diese moderiert (=alle mails gehen zuerst an den owner der Liste - sprich LV-Leiter oder ein studentischer Tutor, der die Beiträge prüft und dann verteilen läßt). Nach den Erfahrungen des Autors ist der unmoderierten Variante der Vorzug zu geben, da hier am ehesten spontane Diskussionen entstehen. Ähnlich wie news-Gruppen sind Mailingslisten von großem Wert, wenn man Fragen oder Probleme hat, die schon irgendjemand einmal beantwortet und vielleicht auch gelöst hat.Ein Beispiel für eine unmoderierte geschlossene Liste ist die statmeth@uni-linz.ac.at, die vom Autor für eine Lehrveranstaltung des ersten Studienabschnittes geführt wird. Die Adresse lautet: http://paedpsych.jk.uni-linz.ac.at:4711/STATMETH/StatmethMailList.html
Das Austauschen von Arbeitsergebnisse in Form von Protokollen, Berichten, Referaten, Experimenten etc. als WWW-Seiten ist eine weitere Möglichkeit, etwa die Veröffentlichung von Sitzungsprotokollen oder das Publizieren von vollständigen Referatstexten.
Des weiteren lassen sich diverse Informationen zu Arbeitsaufgaben "verteilen", als Beispiel etwa die Arbeitsaufgabe "Begriffsbestimmung" im Rahmen einer einführenden Lehrveranstaltung.
Solche Arbeitsaufgaben können auch direkt das internet miteinschließen, wie etwa in der Arbeitsaufgabe "internet". Letztere Aufgabe ermöglicht besonders Anfängern, die das WWW zu nutzen versuchen, mit der Informationsfülle und dem subjektiv erlebten Chaos in aktiver Weise zurechtzukommen. "Als häufiger Nutzer des Netzes kann ich nur versichern, daß vieles einfach nur Erfahrung ist, man das finden kann, was man tatsächlich sucht, zunehmend Fortschritte gemacht werden und auch wertvolle Beiträge angeboten werden" (Jacobs 1996). In einer eigenen Lehrveranstaltung zum Thema Internet für Pädagogen - das WWW als Lern und Unterrichtshilfe demonstriert der Autor (Jacobs 1997) zahlreiche Möglichkeiten.
Bewährt hat sich auch die Präsentation von in Lehrveranstaltungen erhobenen Daten, wobei hier die Zusammenfassung von Daten der Gruppenarbeiten zum Thema "Zeitmanagment von Studenten" als Beispiel stehen.
Lernen mit interaktiven Lernmaterialien
Für das hier vorgeschlagene Modell eines unterstützenden Einsatzes des Mediums internet für die Durchführung von Lehrveranstaltungen werden im Laufe der Weiterentwicklung auch Lernmaterialen eine größere Rolle spielen. Hier ergeben sich ähnliche Frage- und Problemstellungen wie beim Computer-based Training, Computerunterstützten Lernen, Computerunterstütztem Unterricht - also für das Lernen mit dem Computer im allgemeinen - auftreten.
Die Verwandtschaft ergibt sich aus den Ähnlichkeiten von Hypertexten (Möglichkeit von links zu anderen Textstellen) mit üblichen computergestützten Lehr-/Lernprogrammen. "Lernen mit Hypertext ist immer auch Lernen mit dem Computer. Ist das Lernen mit dem Computer in einen instruktionspsychologischen Kontext eingebettet, spricht man von "Computer-Assisted Instruction" (CAI)" (Gerdes 1997a).
Ohne hier auf die in der Instruktionspsychologie theoretischen unterschiedliche Positionen zum Lernen mit Hypertext und Multimedia näher einzugehen (im Überblick dazu Gerdes 1997a und 1997b), ist es auch bei sparsamem Einsatz notwendig, zur Vermeidung von Orientierungsproblemen, die Komplexität von Hypertext-Strukturen zu reduzieren und Orientierungshilfen anzubieten. Dies sollte bei unerfahrenen internet usern im Rahmen von Einführungen und praktischen Übungen erfolgen.
Eine analoge Möglichkeit ist das zur Verfügungstellen vonüber das internet downloadbaren Lehrprogrammen, die sowohl zur Vermittlung von Grundkenntnissen als auch zur Vorbereitung auf die Prüfung gedacht sein können. Ein interessantes Beispiel stammt von Wild (1997), der das Lehrprogramm "Memory" anbietet, das sich mit dem Aufbau und den Funktionen des menschlichen Gedächtnisses befaßt. Die darin enthaltenen Texte stammen dabei aus einem Lehrbuch der Psychologie. Das derzeit wohl professionellste Programm im net ist "LernSTATS", ein Programm zum Lernen der Statistik für Psychologen und Sozialwissenschaftler von Schulmeister & Jacobs (1997).
Eine vom Autor genutze Möglichkeit ist die Durchführung einer lehrveranstaltungsbegleitenden Evaluation. Diese basiert auf demselben Konzept wie die schon erwähnte Lehrveranstaltungsanmeldung.
Auch die Ergebnisse einer solchen Evaluation können gut über internet zugänglich gemacht werden.
Schließlich können auch Notenlisten oder Bewertungsgrundlagen zugänglich gemacht werden, allerdings ist bei Noten aus Gründen des Datenschutzes eher den traditionellen Varianten der Vorzug zu geben. In einem Unterrichtsversuch des Autors werden konkrete Punktelisten für konkrete Arbeitsaufgaben (s.o.) geführt, sodaß jeder Teilnehmer die Erreichung des Seminarziels selber errechnen kann.
Auch Bewertungen von Präsentationen der Teilnehmer - hier einige Beispiele zu Posterpräsentationen - können über das net rückgemeldet werden.