Hans Aebli (1983)
Zwölf Grundformen des Lehrens
Eine Allgemeine Didaktik auf psychologischer
Grundlage
2. Aufl. 1985, Stuttgart: Klett-Cotta.
I. Das System der zwölf Grundformen und die drei Demensionen
didaktischer Kompetenz
Zusammenfassung des Textes:
Didaktisches Denken und didaktische Praxis aus der
Alltagserfahrung entwickeln
Jeder Mensch bringt aus seiner Alltagserfahrung die
Fähigkeiten und Fertigkeiten mit, die er zu den Fähigkeiten
und Fertigkeiten des Lehrens, also zur "Lehrbefähigung",
erweitern und vertiefen kann. Lehrbegabung ist weder eine
geheimnisvolle Naturanlage noch eine Wissenschaft, die man im
Menschen aus dem Nichts aufbauen kann. Lehrbefähigung baut sich
aus elementaren alltäglöichenVerhaltensweisen auf und
differenziert sich aus den sozialen Tätigkeiten heraus.
Schulisches Lehren setzt natürliche Verhaltensweisen fort,
die jedermann im Alltag entwickelt.
Drei Dimensionen des Lehrens und Lernens
Durch die Kombination dieser Grundformen in den drei Dimensionen
entstehen 60 mögliche Ausprägungen des Lehrens.
Drei Dimensionen der didaktischen Kompetenz
Der Lehrer beherrscht sein Handwerk, indem er
- die Schüler in lebendiger Sprache anzusprechen vermag,
- in einem tiefen Sinn handlungsfähig, "praktisch" ist, d.
h. er kann nicht nur über Handeln reden, sondern dieses auch
selber vorleben und
- den Schülern Augen und Ohren für die innere Gestalt,
den Aufbau und das Funktionieren einer Erscheinung der Natur und
der Kultur zu öffnen vermag.
Aus diesen Annahmen und der Ordnung der zwölf Grundformen
ergeben sich die drei Komponenten der didaktischen Kompetenz:
-
- Die Kompetenz bezüglich psychologischer Medien ist
Kompetenz in den Ausdrucksmitteln und in den Mitteln der
Verwirklichung geistiger Gehalte. Es gibt keine mediale Kompetenz
ohne Inhalte.
- Die Kompetenz bezüglich strukturierten, inhaltliches
Wissens. Man kann nicht lehrer werden und Lehrer sein, ohne
etwas von den Dingen zu verstehen, die man vermittelt. Die ersten
Inhalte des geistigen Lebens sind die Schemata des Handelns. In
den mathematischen Operationen wird das menschliche Handeln
abstrakter und systematischer; Im Begriff assen wir den Vorgang
und machen ihn zur quasi-objektiven Gegebenheit. Der Lehrer
kann nicht nur etwas, er weiß auch etwas von
der Welt, d. h. er verfügt über ein reiches und
strukturiertes Sachwissen.
- Die Kompetenz bezüglich der Anleitung der
Lernprozesse. Wissen kann den Schülern nicht einfach
gegeben werden, sie müssen es selber aufbauen. Deshalb
müssen in seinem Denken und Verhalten Prozesse des
Problemlösens angebahnt werden, bei deren Ausführung er
zu den Handlungsschemata, den Operationen und den Begriffen
gelangt, die der Lehrer vermitteln will. So werden die besten
Voraussetzungen geschaffen, ihn zum Lernen zu motivieren. Damit er
die geistigen Werkzeuge auch gebraucht, sind die Stufen des
Durcharbeitens, Übens und Anwendens in neuen Situationen
erforderlich. Der Lehrer weiß um den Ablauf von
Lernprozessen und hat ein Gefühl für die Abfolge der
Phasen ("Funktionen").
Die so verstandene didaktische Kompetenz ist auch erzieherisch im
Sinne HERBARTs, denn Erziehung kann man nicht inhaltsfrei, sozusagen
von Seele zu Seele betreiben. Erziehung ereignet sich immer und
überall anläßlich der Begegnung von Menschen
über einer sachlichen Aufgabe.
bearbeitet von Peter Preiß, 09.02.96