Hausaufgaben |
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Das Lernen lernen
Lernen und Motivation
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Übersicht:
Der Schüler, der enthusiastisch und bestens motiviert entschlossen ist, jeden Tag von 15 bis 19 Uhr seine Hausaufgaben zu erledigen, ist eine wahrscheinlich allen aus Erfahrung vertraute Figur ;-). Punkt 15 Uhr sitzt er an seinem Schreibtisch und organisiert sorgfältig alles, was er für seine Arbeit benötigt. Wenn er sich alles sauber zurechtgelegt hat, ordnet er das Ganze noch einmal neu, was ihm Zeit gibt, die erste Entschuldigung für einen Aufschub zu finden: Er erinnert sich, daß er am Morgen nicht genügend Zeit gefunden hat, die Zeitung gründlich zu lesen. Er kommt zu dem Schluß, daß es besser ist, das Versäumte sofort nachzuholen, damit er sich dann ungestört den Hausaufgaben widmen kann. Er steht also vom Schreibtisch auf, blättert die Zeitung kurz durch und stellt dabei fest, daß sie doch mehr interessante Artikel enthält, als er gedacht hatte. Außerdem fällt sein Blick auf das Fernsehprogramm, was ihm die Idee für eine schließlich notwendige Unterbrechung des Arbeitspensums gibt - vielleicht eine interessante halbstündige Sendung zwischen 17 und 18 Uhr. Er findet ein solches Programm, das allerdings schon um 16 Uhr beginnt. An diesem Punkt überlegt er: "Ich habe einen anstrengenden Vormittag hinter mir, und es dauert sowieso nicht mehr lange, bis das Programm beginnt. Eine kleine Ruhepause wird mir guttun, und die Entspannung wird mir wirklich helfen, anschließend konzentrierter zu lernen." Er kehrt um 17.30 Uhr an seinen Schreibtisch zurück, weil der Anfang des nächsten Programms doch auch ganz interessant war. Nun setzt er sich endgültig zurecht, öffnet entschlossen das erste Schulbuch und beginnt zu lesen; doch jetzt melden sich heftige Anzeichen von Hunger und Durst. Das darf man nicht leichtnehmen; denn je länger man damit wartet, dieses Bedürfnis zu befriedigen, um so schlimmer werden die Qualen, und um so größer ist die Störung der Konzentrationsfähigkeit. Gedacht, getan. Nachdem dieses letzte Hindernis beseitigt ist, kehrt er an den Schreibtisch mit der Gewißheit zurück, daß nichts mehr seine Hingabe an das Lernen stören kann - als unser Schüler bemerkt, daß sein Magen entschieden überladen ist und... Gegen 19 Uhr schaut die Mama kurz in das Studierzimmer, um zu sehen, wie weit denn unser Held mit seiner Arbeit ist. Sie entdeckt ihren Liebling allerdings nicht am Schreibtisch, sondern vor dem Computer, wo er damit beschäftigt ist, ein neues Spiel auszuprobieren. Die Standpauke ist vorprogrammiert... Unser Beispiel zeigt, daß Schüler Hausaufgaben manchmal auf der Suche nach Ablenkung vor sich her schieben, sie dann unzureichend anfertigen oder ganz auf sie verzichten. Daraus entstehen oft Konflikte zwischen Lehrern und Schülern, die das Arbeitsklima belasten und die Arbeitsfreude mindern. Nicht zuletzt stellen in vielen Familien die Hausaufgaben eine ständige Quelle von Streit und Ärger zwischen Kindern und Eltern dar. |
TEIL B - Sinn von Hausaufgaben
Die folgenden Hinweise sollen, teilweise in notwendiger Wiederholung von schon in vergangenen Folgen Gesagtem, den Sinn der Hausaufgaben verdeutlichen und einige Hilfen bieten, wie man diese "lästige", aber notwendige Schülerpflicht erfüllen kann.
Mit Hausaufgaben werden unterschiedliche Zwecke verfolgt:
Anregung
Damit Dir der Sinn der Hausaufgaben in den verschiedenen Fächern
bewußter wird, prüfe die Aufgaben einer Schulwoche auf ihre
Zwecke hin! Zeichne dazu ein Koordinatenkreuz, auf dessen x-Achse Du die
Fächer und auf dessen y-Achse Du die Zwecke der Hausaufgaben eines
Tages abträgst! Beachte, daß eine Hausaufgabe mehrere Kriterien
erfüllen kann (z.B. die Aufgaben in Mathematik: Übung und Selbstkontrolle)!
TEIL C - Wie erledige ich Hausaufgaben sinnvoll?
Wie beim Lernen überhaupt, gibt es auch im Hinblick auf die Hausaufgaben Umstände, die den Lernerfolg und die Lernqualität fördern oder mindern. Die folgenden Hinweise sollen helfen, bisherige Arbeitstechniken zu überprüfen und gegebenenfalls zu korrigieren.
Eine angenehme Lernumgebung schaffen
Es ist nicht egal, wo und unter welchen Bedingungen man lernt. Darauf bin
ich schon in Folge 1 und Folge 2 dieser Reihe eingegangen. Das, was in der
Schule gilt, gilt natürlich entsprechend auch zu Hause, wo man sich
ja ebenfalls mit Lernstoff befaßt. Je angenehmer die Lernumgebung,
je entspannter die geistige Grundhaltung beim Lernen, desto
größer auch der potentielle Lernerfolg.
Was das im einzelnen für den häuslichen Bereich heißen mag, muß wohl jeder für sich allein entscheiden. Ich zum Beispiel brühe mir, bevor ich mich an den Schreibtisch setze, eine Kanne Tee auf. Nicht nur, daß ich das Teetrinken bei der Arbeit als angenehm empfinde; zusätzlich schaffe ich mir damit vor der Arbeit ein Signal: Achtung, jetzt geht es gleich los! Körper und Geist stimmen sich auf die demnächst beginnende Lernsituation ein.
Auch andere "Stimulantien" kommen statt dessen in Betracht. Wie ich zum Beispiel gelesen habe, bevorzugte Goethe in seinem Arbeitszimmer den Geruch faulender Äpfel (na ja, das ist wohl Geschmacksache...). Mit musikalischer Hintergrundberieselung hingegen (dem berüchtigten Flughafeneffekt) habe ich persönlich sehr schlechte Erfahrungen gemacht, da sie mehr Aufmerksamkeit abzieht als schafft. Dieser Effekt erhöht sich wohl noch, wenn man Musik direkt per Kopfhörer hört. Aber vielleicht gibt es hierzu auch andere Erfahrungen?
Eine andere Sache ist es mit Musik, wenn man Kreativitätsarbeit leisten will; da kann sie im Gegenteil sehr hilfreich sein.
Hausaufgaben zweckmäßig aufteilen
Bevor ein Automotor zur vollen Leistung aufläuft, benötigt er Starthilfen, die dann zurückgenommen werden, wenn er seine normale Leistung erreicht. Ähnlich ergeht es häufig uns, wenn wir zu arbeiten beginnen und zunächst innere Widerstände überwinden müssen. In Kenntnis dieser psychischen Faktoren hilft auch bei der Erledigung der Hausaufgaben eine Aufwärmphase über die ersten Widerstände hinweg. Es erscheint deshalb zweckmäßig, zunächst solche Aufgaben zu erledigen, die man gerne tut und die deshalb zu weiterer Arbeit motivieren. Das sind Arbeiten für solche Fächer, die einem besonders liegen, für die man besonders leicht lernt und deren Erledigung ein erstes "Erfolgserlebnis" schafft.
Grundsätzlich sollten am Anfang der Lernphase Inhalte stehen, die aus sich heraus spontanes Interesse und Lernbereitschaft herausfordern. Damit schafft man durch Erfolgserlebnisse Motivationen für die weitere Arbeit.
Der warmgelaufene Motor überwindet nun auch Steigungen und schwieriges Gelände. In dieser zweiten Phase sind kompliziertere Stoffe zu erledigen, die Konzentration, Ausdauer und problemlösendes Verhalten verlangen. Diese Anforderungen stellen zum Beispiel schriftliche Aufgaben, in denen Rechnungen durchgeführt werden müssen oder bei denen es auf exakte Formulierungen ankommt. Auch das Vokabellernen und Übersetzungen gehören in diese Phase.
Nach einem Schulmorgen sind die Möglichkeiten für ein Arbeiten mit hoher Konzentration, bei dem neuer Wissensstoff erarbeitet oder gelernt werden muß, begrenzt. Das schließt aber nicht aus, daß in einer dritten Phase mehr routinemäßige oder wiederholende Arbeiten geleistet werden: Wiederholungen, Lektüre, mündliche Vorbereitungen, Abheften und Aufarbeitung der Mitschriften, praktische Arbeiten in musischen Fächern u.a.m.
Pausen beachten und Abwechslungen schaffen
Die Erfahrung zeigt, daß planvolle Pausen auch beim geistig arbeitenden Menschen die Arbeitsproduktivität erhöhen. Auf die Hausaufgaben bezogen bedeutet das, daß während kurzer Pausen von 5-10 Minuten zwischen den Arbeitsphasen der Stoff sich leichter im Gedächtnis verankert und sich außerdem Erholung einstellt. In solchen Pausen kann man z.B. folgendes tun:
Je länger die Hausaufgabenzeiten, desto länger sollten auch die Pausen werden:
Ähnlich wirksam wie Pausen ist nach lernpsychologischen Erkenntnissen die Abwechslung zwischen verschiedenen Stoffgebieten. Man weiß, daß zwischen ähnlichen Stoffen, z.B. zwei Vokabelreihen "Ähnlichkeitshemmungen" (Interferenzen) auftreten. Dies schließt man dadurch aus, daß man zwischen zwei ähnliche Aufgaben, z.B. Vokabellernen für Englisch und Französisch, ein ganz anderes Stoffgebiet einschiebt, z.B. Physik, Geschichte oder Deutsch.
Festen Arbeitsplatz und regelmäßige Arbeitszeiten vorsehen
Wichtig für eine erfolgversprechende Bewältigung der Hausaufgaben sind ein fester Arbeitsplatz und festgelegte Arbeitszeiten. Ein organisierter Arbeitsplatz bringt durch Gewöhnung zusätzliche Motivationen. Außerdem befinden sich die notwendigen Hilfsmittel zur rechten Zeit am rechten Ort.
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Datum der letzten Überarbeitung:
14.11.1997 © Wolfgang Pohl |