Biologische und psychologische Grundlagen des Lernens |
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Das Lernen lernen
Lernen und Motivation
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Im Grunde weiß man schon lange über das Zusammenwirken von Körper
und Geist Bescheid: "Mens sana in corpore sano" - in einem gesunden
Körper ist ein gesunder Geist - heißt es schon in der Antike.
Die moderne Medizin hat diese eher volkstümliche Auffassung vom Menschen
als eines ganzheitlichen Wesens vollauf bestätigt: Der Mensch kann
gedacht werden als ein sich selbst verstärkender Regelkreislauf, als
ein System, in dem Körper und Geist sich gegenseitig beeinflussen.
Nicht nur, daß mein gesunder Körper mir ein ungestörtes,
"gesundes" Denken ermöglicht, sondern auch umgekehrt: Mit meinem Denken
kann ich, je nach dem wie es aussieht, meinen Körper in Schwung halten,
ihm Hilfe sein oder aber ihn schwächen.
Die Wissenschaft weiß über die Vorgänge im Gehirn inzwischen eine ganze Menge, wenngleich auch noch längst kein vollständiges Bild vorliegt. Es gilt immer noch das Bonmot, von dem ich nicht weiß, wer es geprägt hat: "Wäre unser Gehirn so einfach, daß wir es uns erklären könnten, wäre es nicht in der Lage, genau das zu tun." Körper und Geist reagieren aufeinander: So stellen wir zum Beispiel fest, daß uns nach dem Essen, bei körperlicher Erschöpfung oder Fieber die Konzentration unglaublich schwer fällt. Es ist allgemein bekannt, daß jeder zu bestimmten Stunden des Tages lernbereiter ist und erfolgreicher lernt als zu anderen Stunden. Wir wissen des weiteren, daß unsere positiv oder negativ gefärbten Gefühle einen großen Einfluß darauf haben, ob wir einen bestimmten Lernstoff auch später noch wieder abrufen können. Wir sind erstaunt, wenn wir hören, daß es manchen Krebskranken gelingt, ihre Krankheit zu besiegen, weil sie es wollen; Forscher und Wissenschaftler kennen das Phänomen, daß sie, solange sie an einem spannenden Projekt arbeiten, gegen Sorgen und Krankheiten immun sind. |
Erkunde Deinen Biorhythmus! Jeder hat am Tag bestimmte Leistungsspitzen, die von Leistungstälern abgelöst werden. Es wäre ein Jammer, wenn man seine Leistungsspitzen mit unsinnigen Tätigkeiten vertrödelt und dann versucht, in den Leistungstälern sein Lernpensum zu erledigen! |
Jeder Lernstoff sollte einen gefühlsmäßig positiven Inhalt, zumindest aber eine positive Verpackung oder ein positives Assoziationsfeld haben. |
Jedes Lernen braucht Zeit, während der der Erregungsimpuls zwischen den Synapsen kreist und dabei chemisch fixiert wird. Diese Schlußfolgerung begründet, warum Wiederholungen von Lernstoff, z.B. in Form von Hausaufgaben, sinnvoll, ja notwendig sein können. |
Lernen, d.h. Überführen und Abspeichern von Informationen ins Langzeit-Gedächtnis, geschieht aber nicht allein durch bloßes Wiederholen (wie bei manuellen Tätigkeiten), sondern indem wir den Lernstoff in Beziehung zu bereits Bekanntem setzen. Verstreute Einzelheiten werden dabei mit anderen Einzelheiten zu qualitativ höherstehenden neuen Einheiten gepackt:
viele einzelne Informationen | eine neue Information |
---|---|
Bäume + Sträucher + Moose + ... | Wald |
Arme + Beine + Rumpf + Kopf | Körper |
Räder + Karosserie + Elektrik + Motor + ... | Auto |
Selektion | Auswahl |
Komparation | Vergleich |
Koordination | Verbinden, Abstimmen |
Integration | Miteinbeziehung |
Reduktion | Zurückführung, Abbau |
Hierarchiebildung | Aufbau eines Ordnungs- und Beziehungssystems |
Abstraktion | Gedankliche Verallgemeinerung, Erhebung zum Begriff |
Denken heißt vor allen Dingen: Verknüpfung von Information zu höherwertigen intelligenteren Informationen. Gut strukturierter Lernstoff wird viel leichter behalten als unstrukturierter. Die dazu benötigten Techniken der Blockbildung (s.o.) müssen u.a. in der Schule vorgestellt und bewußt eingeübt werden. |
An allen Lernvorgängen sollten möglichst viele Sinnesorgane und damit Eingangskanäle beteiligt sein! Die Eingangskanäle müssen, wenn nötig, an die Situation angepaßt werden. |
Ähnliches muß mit entsprechendem Abstand gelernt werden. Ein Lehrer wird ähnliche Lernstoffe nicht zur gleichen Zeit anbieten und begriffliche Verwirrungen vermeiden. |
Jeder Schüler sollte wissen, daß es dem dauerhaften Lernerfolg schadet, nur schubweise, z.B. vor Klassenarbeiten, zu lernen. Muß sehr viel Stoff auf einmal "verdaut" werden, hat sich meist so viel Material angesammelt, daß die Gefahr von Interferenzen sehr hoch ist. |
Lernen gelingt am ehesten in einer streßarmen Atmosphäre, die gesunden Leistungsstreß nicht ausschließt. Beim Lernen sollte das Moment der Entdeckung ("Aha-Erlebnis") und der Freude im Mittelpunkt stehen. Angst ist ein schlechter Lehrmeister. |
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Datum der letzten Überarbeitung:
14.11.1997 © Wolfgang Pohl |