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Übersicht

  1. Warum überhaupt mitschreiben ?
  2. Zwei Verfahren des Mitschreibens
  3. Mitarbeit

1. Warum überhaupt mitschreiben ?

In einer Doppelstunde sagt ein Lehrer, den man nicht unterbricht, zwischen 5.000 und 9.000 Wörter, führt höchstens zwei Dutzend neue Tatsachen ein und versucht, vielleicht ein halbes Dutzend Kerngedanken zu vermitteln. Der Rest sind Erläuterungen, Beispiele, Veranschaulichungen, Wiederholungen, sprachliches Füllmaterial, auch mißglückte Formulierungen, Floskeln, weitergesponnene Gedanken und sicher auch manches Überflüssige. Für den Lehrer ist diese Mischung gar nicht schwer, denn er hat (hoffentlich) eine klare Struktur seiner Stunde vor Augen. Er weiß zu jeder Zeit, was Kernsätze sind und was Abschweifungen. Für den Lernenden ist das natürlich anders, so daß es kommt, daß er manchmal den Wald vor lauter Bäumen nicht sieht.

Ein Fach jedoch, in dem man auf Dauer "überhaupt nichts mitbekommt", gibt es nicht. Die entscheidende Frage, die man nur für sich selbst beantworten kann, ist vielmehr, wieviel Energie man zu investieren bereit ist, um auf Dauer "etwas mitzubekommen". Wichtig ist dabei in jedem Fall, die Zusammenhänge dessen zu erkennen, was man lernen will, soll oder muß. Daß Mitschriften eine Hilfe gerade beim Überbrücken von "Durststrecken", aber natürlich auch langfristig gesehen fachlich wertvoll sein können, zeigt das folgende Schaubild. Man muß es links oben beginnen und dann im Uhrzeigersinn lesen:

Beim Mitschreiben ist das Endprodukt eigentlich gar nicht wichtig. Es hat nur einen Sinn, wenn es den Vorgang des Strukturierens unterstützt. Eine gute Aufzeichnung ist wie ein guter Fleischextrakt: Isoliert ist sie ungenießbar, aber aufgefüllt mit den eigenen Erinnerungsspuren und dem vorhandenen Wissensbestand ergibt sich im Idealfall wieder das Ausgangsprodukt. Wer die Aufzeichnungen selbst erstellt hat, muß mit ihrer Hilfe bei Bedarf den ursprünglichen Text ausreichend detailliert wieder rekonstruieren können.

"Anfänger" tun sich hier oft schwer und machen typische Fehler:

Ich möchte nun ganz deutlich sagen, daß das Ziel nicht sein kann, ständig mitzuschreiben, denn zu viel hält vom Mithören und Mitreden ab. Was ich aber beobachte, ist, daß sehr viele Schülerinnen und Schüler von sich aus gar keine Neigung an den Tag legen, überhaupt etwas mitzuschreiben - und das ist der sicherste Weg, den Unterricht wie eine Nebelbank an sich vorüberziehen zu lassen.

Um etwas zu lernen, muß mein Gehirn es fixieren, und da das Gehirn neuen Lernstoff meistens nicht sofort codiert, muß ich es zu Papier bringen, um es später nochmals zu verarbeiten (memorieren). Wer das Geschehen nicht für sich festhält, für den ist es verloren. Es bleibt nur eine vage Erinnerung, die zum genauen Merken kaum mehr taugt, und zum wiederholenden Lernen (z.B. als Vorbereitung auf Prüfungen) überhaupt nicht!

Kontinuierliches Mitschreiben dagegen ermöglicht im Laufe der Zeit den Aufbau einer Kartei, die im folgenden eine Fülle von Aufgaben wahrnehmen kann:
Nutzen von Karteisystemen

2. Zwei Verfahren des Mitschreibens

Im folgenden stelle ich zwei Verfahren der Unterrichtsmitschrift vor. Das erste ist die traditionelle Methode des "linearen Mitschreibens", die man an Schulen und Universitäten meistens kennenlernt und praktiziert. Ich selbst habe bislang fast ausschließlich damit gearbeitet. Das zweite Verfahren ("Mind Map") richtet sich an eher visuelle Lernertypen. Seitdem ich diese Methode kenne, bemühe ich mich bewußt, damit zu arbeiten, auch im Unterricht, denn mit ihr scheint es möglich, großen Lernstoff auf wenig Raum so zu verschlüsseln, daß das Gehirn ihn sich gut und lange merken kann.

Beide Verfahren schließen einander aber nicht aus. Es müßte problemlos gelingen, die eine Mitschrift auch nachträglich noch in die andere zu "übersetzen".

Die lineare Mitschrift

Hier kann ich mir eine "Einführung" - anders als bei der Mind-Map- Technik - sparen, denn die meisten schreiben "linear" mit, d.h. zeilenorientiert von oben nach unten.

Grundregeln

Zur übersichtlichen Mitschrift gehören die folgenden Teile:

DAS DATUM
Das Datum dient mir als Anhaltspunkt dafür, wann ein bestimmtes Thema behandelt wurde. Es ist eine Erinnerungsstütze.

THEMA DER STUNDE
Die Benennung des Themas hilft erkennen, worum es in der Stunde geht. Das erleichtert die Auswahl dessen, was man in der Stunde ins Heft einträgt und was später zu Hause - bei den Hausaufgaben oder bei der Vorbereitung einer Klassenarbeit - wiederholt werden muß. Einer Unterrichtsstunde kann man besser folgen, wenn man weiß, worauf der Unterricht hinausläuft. Meistens sagen Lehrer das Thema der Stunde nicht an. Man kann aber seinen Lehrer darum bitten, es in Zukunft zu tun, damit die Klasse besser im Bilde und damit besser bei der Sache ist.
Ich selbst als Lehrer bin dazu übergegangen, von mir aus das Thema und den voraussichtlichen Verlauf einer Stunde meiner Klasse gegenüber nicht wie ein Staatsgeheimnis zu hüten, sondern am Anfang der Stunde bekanntzugeben. In Doppelstunden (Oberstufe) schreibe ich es kurz an die Tafel und hake die erledigten Punkte entsprechend ab.

TAFELMITSCHRIFT und/oder LEHRERDIKTAT
Dies ist der entscheidende Teil der Stundenmitschrift. Hier erscheint, was Wichtiges an der Tafel steht oder was der Lehrer ausdrücklich diktiert. Wenn der Lehrer nicht von sich aus sagt, was mitgeschrieben soll, sollte man nachfragen. Viele Lehrer (mich eingeschlossen) sind von der Schülerfrage "Sollen wir das mitschreiben?" oft genervt, aber dies ist eigentlich eine der wichtigsten Schülerfragen überhaupt. Denn sie ist Ausdruck dafür, daß die Schüler wirklich das Wichtige mitbekommen wollen.

HAUSAUFGABEN
Zum Schluß der Stunde wird meistens eine Hausaufgabe gestellt. Sie wird ebenfalls notiert, damit zu Hause nicht erst mühsam in der Erinnerung gekramt werden muß, was getan werden soll. Es steht dort also zum Beispiel:

Lehrerinnen und Lehrer reagieren oft persönlich beleidigt, wenn Hausaufgaben nicht gemacht werden. Es lohnt sich daher immer, zumindest zu versuchen, mit den Hausaufgaben so weit wie möglich zu kommen und dann zu beschreiben, ab wann es nicht mehr ging. So kann der Lehrer erstens besänftigt erkennen, daß der Schüler sich bemüht hat, und zweitens, wo dessen fachliches Problem liegt.

KORREKTUR
Dies ist ein ganz wichtiger Teil des Hausheftes: Keine Hausaufgabe nützt etwas, wenn sie nicht kontrolliert wird! Kontrolle allein aber genügt auch nicht: Erst mit einer ernsthaften Korrektur von Fehlern kann man Lernerfolge erzielen. Deshalb sollte man für jede falsche Hausaufgabe eine Korrektur direkt im Hausheft machen. Denn mit dem Hausheft sollen später auch Klassenarbeiten vorbereitet werden, und dann darf nichts Falsches im Heft stehen!

RANDSYMBOLE
Mit kleinen Symbolen am Rande lassen sich wichtige Informationen über den Unterricht und den Lernstoff schnell und sicher anbringen. Solche Symbole können sein:
Häkchen
Ich habe den Stoff verstanden.
Fragezeichen
Nicht begriffen. Nachfragen!
Kreis
Beispielsätze, Beispielrechnungen
Glühbirne
Hier ist mir ein Licht aufgegangen!
Ausrufezeichen
Sehr wichtiger Stoff!
Def
Definition
Zus
Zusammenfassung
Disk
Hier ergab sich eine Diskussion.
HA
Hausaufgabe

Es empfehlen sich auch Strich-Punkt-Männchen. Etwa so:
Lächelndes Gesicht
Hat Spaß gemacht!
Neutrales Gesicht
war langweilig; automatisch erledigt
Böses Gesicht
konnte die Aufgabe nicht gut
Mutiges Gesicht
war schwer, hab's aber gepackt!

Weitere Tips

Keine wörtliche Mitschrift! Statt dessen:

Schema einer linearen Mitschrift

Eine solche Mitschrift könnte also, schematisch gedacht, wie folgt aussehen:

Die Mind-Map-Technik

Einführung

Wenn jemand ein Buch beschreibt, das er gelesen hat, oder einen Ort, an dem er gewesen ist, liest er nicht aus dem Gedächtnis ab. Er gibt vielmehr nach Schlüsselbegriffen eine Übersicht, indem er die Hauptpersonen charakterisiert, die Umstände und Ereignisse berichtet und Detailbeschreibungen einfügt. In entsprechender Weise bringt das Schlüsselwort oder die Schlüsselphrase ganze Erfahrungs- und Empfindungsreihen zurück. Man denke zum Beispiel an die Vorstellungsreihe, die im Geist ausgelöst wird, wenn man das Wort "Kind" liest.

Da wir es gewohnt sind, uns am gesprochenen und geschriebenen Wort zu orientieren, haben wir angenommen, daß die normale Satzstruktur der beste Weg sei, sich an verbale Bilder und Ideen zu erinnern. Daher machen die meisten Schüler und Studenten ihre Aufzeichnungen in linearer Form. Neue Erkenntnisse über die Beziehung zwischen Schlüsselbegriffen und Erinnerung zeigen aber, daß bei dem linearen Aufzeichnungstyp 90 Prozent der Wörter für Erinnerungszwecke unnötig sind.

Wie können wir nun das Phänomen der Schlüsselerinnerung für die Gestaltung unserer Aufzeichnungen nutzbar machen?

Die Grundregeln der Mind-Map-Technik

  1. Man beginnt mit einem farbigen Bild in der Mitte. Denn "ein Bild sagt mehr als tausend Worte"; es regt kreatives Denken an und prägt sich dem Gedächtnis besonders gut ein.
  2. Auch sonst kann man Bilder in die Mind Map einfügen. Aus denselben Gründen wie in Regel 1 und um alle Gehirnprozesse zu stimulieren.
  3. Die Wörter sollten in Druckschrift mit Großbuchstaben geschrieben werden. Beim Nachlesen gibt die Druckschrift ein fotografischeres, unmittelbareres und verständlicheres Bild. Die für diese Schriftart aufzuwendende zusätzliche Zeit wird durch die Zeitersparnis bei der Auswertung mehr als wettgemacht.
  4. Die Wörter sollten auf Linien geschrieben und jede Linie mit anderen Linien verbunden sein. Dadurch wird die Grundstruktur der Mind Map deutlich.
  5. Wörter sollten in Einheiten angeordnet sein, ein Wort je Linie. Das läßt für jedes Wort mehrere offene "Haken" und gibt den Aufzeichnungen mehr Freiheit und Flexibilität.
  6. Man verwendet durchgängig Farben. Sie erhöhen die Übersichtlichkeit und lassen die Zusammenhänge deutlicher erkennen.
  7. Bei kreativen Tätigkeiten dieser Art sollte der Geist möglichst "frei" gehalten werden. Jedes "Nachdenken" darüber, wohin Dinge gehören oder ob sie überhaupt eingebracht werden sollen, wird den Prozeß verlangsamen. Man sollte alles, woran man im Zusammenhang mit der Zentralidee denkt, festhalten.

Ein Anwendungsbeispiel

Ich versuche einmal im Ansatz zu zeigen, wie es funktioniert. Vor einiger Zeit war ich Teilnehmer an einem Eltern-Gesprächskreis zum Thema "Pubertät". Viele verschiedene Dinge kamen zur Sprache, die ich versucht habe als Mind Map festzuhalten.

Beide Verfahren im Vergleich

Aus der Sicht der Mind-Map-Technik fällt die Kritik am linearen Verfahren vernichtend aus:

  1. Es wird Zeit damit vergeudet, Wörter niederzuschreiben, die keinen Wert für das Gedächtnis haben.
  2. Es wird Zeit damit vergeudet, dieselben unnötigen Wörter wieder zu lesen.
  3. Es wird Zeit damit vergeudet, nach den Wörtern zu suchen, die Schlüsselfunktion haben, denn sie werden gewöhnlich nicht hervorgehoben und vermischen sich daher mit anderen, für die Erinnerung irrelevanten Wörtern.
  4. Die Verbindungen zwischen den Schlüsselwörtern werden durch trennende Wörter unterbrochen. Wir wissen, daß das Gedächtnis auf Assoziation beruht. Jede Einfügung von erinnerungsneutralen Wörtern wird daher die Verbindungen lockern.
  5. Die Schlüsselwörter werden durch die Einschaltungen zeitlich getrennt. Nachdem man ein Schlüsselwort gelesen hat, wird es mindestens einige Sekunden dauern, bis man zum nächsten Schlüsselwort kommt. Je größer der zeitliche Abstand zwischen den Schlüsselwörtern ist, um so geringer ist die Chance, die korrekte Verknüpfung herzustellen.
  6. Die Schlüsselwörter werden räumlich getrennt. Wie beim zeitlichen Abstand gilt: Je größer die Entfernung, um so geringer ist die Chance einer korrekten Verbindung.

Dagegen bietet eine Mind Map eine Reihe von Vorteilen gegenüber den linearen Aufzeichnungsformen:

  1. Die Zentral- oder Hauptidee wird deutlicher herausgestellt.
  2. Die relative Bedeutung jeder Idee tritt sinnfälliger in Erscheinung. Wichtigere Ideen befinden sich in der Nähe des Zentrums, weniger wichtige in den Randzonen.
  3. Die Verknüpfungen zwischen den Schlüsselbegriffen werden durch ihre Linienverbindungen leicht erkennbar.
  4. Als Ergebnis werden Erinnerungsprozeß und Wiederholungstechnik effektiver und schneller.
  5. Die Art der Struktur erlaubt es, neue Informationen leicht und ohne die Übersichtlichkeit störende Streichungen und eingezwängte Nachträge unterzubringen.
  6. Jede Mind Map ist von jeder anderen nach Form und Inhalt deutlich unterschieden. Das ist für die Erinnerung hilfreich.
  7. Im kreativen Bereich des Aufzeichnens, etwa bei der Vorbereitung von Aufsätzen und Reden, erleichtert es das nach allen Seiten offene Mind-Map-Schema, neue Ideenverknüpfungen herzustellen.

Ich überlasse es den Leserinnen und Lesern, sich ihre eigene Meinung zu bilden; das gelingt natürlich am besten, wenn man beide Methoden einmal ernsthaft ausprobiert - und das heißt: wenn man sich überwindet, überhaupt mitzuschreiben! ;-))

3. Mitarbeit

Die meisten Rahmenrichtlinien verlangen heute von den Schülerinnen und Schüler nicht nur ein rezeptives Lernen, sondern eine aktive Teilnahme am Unterrichtsgeschehen. Die Zeugnis- und Versetzungsnoten setzen sich oft zu gleichen Teilen aus den schriftlichen Leistungen und den "sonstigen" Leistungen zusammen (mündliche Mitarbeit + Hausaufgaben + eventuell Tests). Der Mitarbeit, dem aktiven Lernen, kommt also ein hoher Stellenwert zu.

Aktives Lernen und seine Vorzüge

Aktiv lernen heißt:

Vorzüge:

Das TQ3L-Verfahren zur Mitarbeit

Ja, ja. Das war wieder einmal leichter gesagt als getan. Was kann ich denn nun aber persönlich und ganz konkret tun? Gibt es dafür auch eine Technik? Ja und nein. Mitarbeit hat ganz entscheidend mit der eigenen inneren Einstellung zum Unterricht zu tun. Mit technischen Mitteln gegen heftige innere Abneigungen anzukämpfen gelingt so gut wie nie. Aber auf einen Versuch kann man es ja einmal ankommen lassen:

Oft verhilft nämlich ein Wechsel in der inneren Einstellung zum und der Beteiligung am Unterricht zu Erfolgserlebnissen. Ich versuche, meine Aufnahmebereitschaft mit der Methode TQ3L zu erhöhen und dadurch aktiv zu lernen:

Ich lerne so auf die Dauer, im Unterricht Wichtiges von Unwichtigerem zu unterscheiden und meine Konzentration bei weniger Wichtigem zurückzunehmen, ohne den roten Faden zu verlieren.


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Datum der letzten Überarbeitung: 14.11.1997
© Wolfgang Pohl