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Das erste pädagogisch-psychologische e-zine im
internet |
ISSN 1561-2503 |
3. Jahrgang (1998) |
Zur Erinnerung: |
Die Deterritorialisierung der
Bibliothek, zu der wir heute beitragen, kann nur das
Vorspiel für den Beginn einer vierten Form des
Verhältnisses zum Wissen sein. Durch eine Art
Rückkehr in der Spirale zur ursprünglichen
Oralität, könnte das Wissen eher wieder durch
lebendige menschliche Gemeinschaften getragen werden als
durch die davon abgespaltenen Arbeitsleistungen der
Interpreten und Weisen. Nur ist der unmittelbare Träger
des Wissens dieses Mal im Unterschied zur archaischen
Oralitat nicht mehr die körperliche Gemeinschaft und
deren fleischliches Gedächtnis, sondern der Cyberspace,
der Ort der virtuellen Welten, durch deren Vermittlung die
Mitglieder der Gemeinschaft ihre Objekte entdecken und
konstruieren und sich selbst als intelligente Kollektive
erkennen. |
Nach wie vor ist zu konstatieren, daß die Wissenschaft das internet nur langsam "erobert", was natürlich in dieser Formulierung eine Übertreibung darstellt. Bernhard Koring (1998) schreibt dazu:
"Allerdings fehlen noch Konzepte, die in virtueller Form die wissenschaftliche Arbeit, also Forschung und Lehre, sinnvoll unterstützen. Auch die Entwicklung fachorientierter Suchmechanismen und Präsentationsformen ist noch nicht in vollen Gange. Wenn man im Zuge dieser Entwicklung erreicht, daß der Mechanismus der Reputationssteigerung, der eng die mit der Publikation in angesehenen Printmedien gekoppelt ist (also den führenden Fachzeitschriften mit entsprechenden mafiös organisierten Redaktionskollegien), auf Publikationsmedien im Internet verlagert werden könnte, dann würde die wissenschaftliche Arbeit vielleicht eine neue Qualität erreichen können, die ihr ernsthaft einen Weg in die Moderne weist. Neue Formen der Struktur und Verfügbarkeit von wissenschaftlichen Texten, neue Formen der Selektivität und des Suchens und neue Formen der Vernetzung und Präsentation von Texten sind denkbar. Die Hypermedien bieten den Wissenschaftlern neue Möglichkeiten der Autorenschaft, die bis heute kaum erkannt sind. Die Herstellung vernetzter wissenschaftlicher Informationsobjekte für Zwecke der Lehre und der Präsentation macht die Entwicklung eines neuen Autorentypus erforderlich. Die lineare Darstellung wissenschaftlicher Information in Form von Texten - nur gelegentlich durch Fußnoten unterbrochen - steht in radikalem Gegensatz zu den Möglichkeiten des Hypertextes und der Hypermedien, die ein vernetztes Denken und Präsentieren erforderlich machen. Allerdings wissen wir nicht genau, welche Form der von den Wissenschaftlern hergestellten Information zuträglich ist. Man muß es ausprobieren. Vielleicht können wir die Maschine sogar dazu bringen, wissenschaftliche Texte zu schreiben?"
Als eine der Ursachen für diese Trägheit der Wissenschaft im net ortet Koring die patriarchalischen, zunftförmigen oder mafiösen Strukturen.
"Die wissenschaftlichen Diskurse funktionieren vorrangig nach den Prinzipien der Reputation, der Protektion und der Reproduktion von Gesinnungsgemeinschaften - damit sind auch schon die zentralen Aktionsfelder der universitären Patriarchen genannt. Dominant ist in diesem Kontext also die überragende Gestalt des genialen Einzelwissenschaftlers, der mit ganz wenigen andern genialischen Figuren über ein Zitierkartell unumschränkt herrscht. Gelegentlich konzentriert sich die Kraft dieser Herrschaft übrigens in den Redaktionen von Fachzeitschriften. Im Angesicht solch überragender Gestalten wird der Nachwuchs freilich zur Nachahmung degradiert. Schon aufgrund der zunftförmigen Produktionsverhältnisse müssen die überragenden Gestalten zur Teamarbeit absolut unfähig sein und letztlich patriarchalische Folgebereitschaft geradezu verlangen. Aber nicht nur die Hochschule selbst, sondern auch die reputationsschwangeren Publikationsmedien der Wissenschaften, die schon angesprochenen Fachzeitschriften, funktionierten nach dem mafiös-patriarchalischen Prinzip. Die Steuerung des Zugangs zu Publikationsmöglichkeiten in renommierten Fachorganen erfolgt durch die Patriarchen. Nur sie verfügen über den zentralen Mechanismus der Erzeugung von wissenschaftlichem Reputations-Kapital - und zwar durch Einflußnahme auf die mediale Präsentation von Forschungsergebnissen. Es liegt auf der Hand, daß das Ignorieren von Personen, Informationen, Beiträgen und Forschungsergebnissen das primäre Selektionskriterium der wissenschaftlichen Arbeit dieses Typus ist. Man kann ja schließlich ohnehin nicht alles lesen und es würde zuviel Zeit brauchen, auch zur oberflächlich zu begründen, was der Patriarch nutzen und was er zu ignorieren gedenkt. Es wird ja soviel geschrieben."
Vom Internet drohe nun eine Zerstörung dieser patriarchalischen Grundstrukturen:
"Transparenz, Teamarbeit, Selbstorganisation und ein freier Fluß der Informationen müssen jene veralteten Strukturen massiv angreifen. Plötzlich sehen sich die Patriarchen den Wissenschaftsbetriebs einem massiven Industrialisierungs- und Modernisierungsschub im Wissenschaftsbereich ausgesetzt, der Publikations- und Reputationsstrukturen verändern wird. Herrschaftsinstrumente werden aus den Händen geschlagen."
Der Widerstand gegen die neuen Medien hat sicherlich noch eine Vielzahl von anderen Ursachen, aber die Vehemenz, mit der sich manche WissenschaftlerInnen gegen die Entwicklung sträuben, ja teilweise Gegenstrategien entwickeln, mag das Ausmaß der "Bedrohung" kennzeichnen, das mancherorts erlebt wird und die von Koring vorgezeichneten Argumentationslinien stützen.
Der dritte Jahrgang des e-zines bringt in Bezug auf den Titel eine kleine Änderung: da das Zeichen @ - oft auch als Klammeraffe bezeichnet - üblicherweise als "ät" oder "äd" ausgesprochen wird, erübrigt nach Meinung des Herausgebers das ergänzende "ed" im Namen, sodaß letztlich gleich ausgesprochen wird wie "paedpsych". Nach Kilgus (1998) finden sich einige Hinweise zur Herkunft des Zeichens schon im Mittelalter. In England wurde im kaufmaennischen Bereich häufig das lateinische "ad" verwendet. Hiermit scheint auch die Weichheit des "t" linguistisch abgesichert ;-)
Die URL-Adresse des ersten deutschsprachigen pädagogisch-psychologische e-zines im internet bleibt mit "paedpsych" gleich, da Sonderzeichen in URLs bekanntlich problematisch sind. Die Bezeichnung der vorigen Jahrgänge wird - obwohl das in virtuellen Zeitschriften natürlich einfach möglich wäre, nicht an die neue Bezeichnung angepaßt.
Auch das Layout wurde mit dem Ziel einer besseren Übersicht verändert. Die Gliederung nimmt nun auf die Datenstruktur des servers Rücksicht, sodaß von einer Hauptseite auf alle bisherigen Jahrgänge zugegriffen werden kann. Der Besucher, der über die homepage der Abteilung kommt, "landet" zunächst auf einer allgemeinen Titelseite. Hier besteht die Möglichkeit zur Auswahl, wobei nach 10 Sekunden automatisch auf den jeweils aktuellen Jahrgang gesprungen wird.
Neu begründet wurde die mailinglist p@psych, die nunmehr von einem amerikanischen Provider "heimgeholt" auf dem listserver der Universität Linz angesiedelt wurde. Hier mußte aus den oben genannten Gründen das "ae" in der internet-Adresse beibehalten werden.
W.S.
Werner Stangl:
internet in der
Schule. Eine
Bestandsaufnahme über den Einsatz des internet im Unterricht
an Österreichs Schulen (98-06-08)
Werner Stangl:
Ergänzende
Anmerkungen zum Definitionsversuch und anderen Veranstaltungen der
offenen Arbeitsgruppe "Zentrum für soziale Kompetenz"
(Version 1.2 - 98-07-01)
Dokumentation einer diskursiven Auseinandersetzung mithilfe
von e-mail und website. Nach einer kurzen Chronologie der
Ereignisse wird vom Autor ein Textentwurf zur Begriffsbestimmung
von sozialer Kompetenz kritisch analysiert. Diese Dokumentation
hat zum Ziel, Möglichkeiten des internet zum
wissenschaftlichen Diskurs an einem konkreten Beispiel
aufzuzeigen.
Über verschiedene Zwischenfassungen entstand ein kleiner
Text:
Der Begriff der
sozialen Kompetenz in der psychologischen Literatur.
Er liegt inzwischen in der Version 1.6 vor.
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p@psych Linz 1998.
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