Machen Sie einen kleinen Test: Stellen Sie sich vor, Sie sind in einem Supermarkt und kaufen die folgenden Dinge ein (Klicken Sie auf die Liste):
Als Alternative zu Gedächtnishilfen wie Terminkalender und Notizbuch kann man sein Gedächtnis auch durch innere Hilfen trainieren. Um z.B. Namen oder Telefonnummern besser zu behalten, gibt es viele verschiedene Tricks und Kniffe. Alle haben eines gemeinsam: Sie füllen eine abstrakte Zahl oder ein abstraktes Wort mit Inhalt und Bedeutung. Und da das Gedächtnis Inhaltsreiches besser abspeichert als Abstraktes, kann man sich leichter erinnern. Beim Gedächtnistraining gibt es jedoch keine allgemeine Methode, die es einem erlaubt, Telefonnummern, Namen und die Dinge einer Einkaufsliste zu behalten. Es verhält sich wie im Sport: Wer viel Tennis trainiert, ist kein besserer Fußballspieler. Er hat lediglich eine bessere Grundkondition. Und das ist beim Gedächtnistraining auch so: Gedächtnistraining jeder Art - etwa das Lösen eines Kreuzworträtsels oder eine Partie Schach - steigert zwar das Wahrnehmungsvermögen und die Aufmerksamkeit (also gewissermassen die Fitneß), nicht aber spezielle Gedächtnisfähigkeiten. Zudem erfordert Gedächtnistraining Zeit, Übung und Konzentration, etwa um beim Merken von Telefonnummern Eselsbrücken zu konstruieren.
Seit der Antike werden Gedächtnishilfen benutzt, die auf bildlichen Vorstellungen beruhen. Laut Cicero (der im 1. Jahrhundert v.Chr. lebte) wurde die erste Gedächtnishilfe dieser Art um das Jahr 500 v.Chr. von dem griechischen Dichter Simonides entwickelt. Es soll sich folgendermaßen zugetragen haben: Ein Grieche, der bei den Olympischen Spielen im Ringen gesiegt hatte, veranstaltete ein Festmahl, zu dem auch Simonides geladen war. Zu Ehren des siegreichen Gastgebers sollte er eine Rede zu halten. Kurz nachdem er seine Lobrede zu Ende gehalten hatte, wurde Simonides weggerufen - zu seinem Glück. Denn unmittelbar nach seinem Weggang stürzte der Festsaal ein, und alle Gäste kamen ums Leben. Viele der Toten waren so verstümmelt, daß ihre Angehörigen sie nicht identifizieren konnten. Wie sollten sie da ein würdiges Begräbnis erhalten? Das Problem wurde dadurch gelöst, daß sich Simonides genau daran erinnern konnte, wo sich die einzelnen Gaste gerade aufgehalten hatten, als er wegging. So konnte er die Leichen identifizieren. Erstaunt über seine Erinnerungsgabe entwickelte Simonides daraufhin die Methode der Orte:
Er malte sich einen Raum mit markanten Ecken und Vorsprungen aus. Um eine Reihe von Gegenständen zu behalten, stellte er diese Gegenstände im Geiste an bestimmte Stellen im Raum. Wollte er die Gegenstände wieder erinnern, ging er wieder im Geiste durch den Raum und erinnerte sich auf seinem Weg an jedem markanten Punkt an den entsprechenden Gegenstand.
Gedächtnistricks wie die Methode der Orte waren ein wichtiges Hilfsmittel, bevor Schreibutensilien und Bücher verbreitet waren. Römische Senatoren etwa prägten sich ihre Reden dadurch ein, daß sie deren Inhalt bildlich mit den Säulen in den Wandelhallen verknüpften, in denen sie später die Reden halten sollten. Die Schauspieler des griechischen Theater merkten sich auf diese Weise lange Monologe, die sie mit Steinblöcken in der Arena in Verbindung brachten.
Anmerkung: Menschen haben ein besonderes Gedächtnis für die Verknüpfung von persönlich Erlebtem mit Orten und Zeiten, das episodische Gedächtnis.
Die Methode der Orte eignet sich, um sich die Posten etwa einer Einkaufsliste zu merken. Es kommt vor allem darauf an, sich eine eigene Route auszuwählen, deren Stationen Sie sehr gut kennen. Vielleicht denken Sie an markante Orte in Ihrer Straße, etwa eine beschädigte Laterne, einen Briefkasten oder eine Bushaltestelle. Oder Sie wählen sich zehn markante Stellen in ihrer Wohnung aus, die eine natürliche Reihenfolge ergeben, etwa indem Sie sich vorstellen, vom Eingang über den Flur in die Küche zu gehen und so weiter.
Denken Sie an die Gegenstände, die Sie sich merken wollen und plazieren Sie sie an den ausgewählten Stellen in Ihrer Wohnung. Zum Beispiel ragt die Salami, die Sie kaufen wollen, aus Ihrem Briefkasten heraus und lockt damit den Hund des Nachbarn an. Der Kohlkopf, den Sie besorgen wollen, blockiert den Zugang zu ihrer Küche usw. Je phantasievoller und extremer die Bilder sind, die Sie in ihrem Kopf erzeugen, desto besser können Sie die Dinge behalten, die Sie kaufen wollen.
Um sich Zahlen - wie etwa Telefonnummern - zu merken, bietet sich eine erste Übersetzung der Zahlen in Begriffe an, unter denen man sich mehr vorstellen kann. Um die Zahl-Wort-Verknüpfungen einfacher zu behalten, wurden Begriffe gewählt, die sich mit den entsprecheden Zahlen reimen:
Nun lassen sich komplizierte mehrstellige Zahlen behalten, indem man aus den Worten eine Geschichte bastelt. Die folgende Telefonnummer aus Frankfurt 069/109458 könnte man zum Beispiel mit folgender Geschichte behalten:
"Der Schnuller (0) ist bekleckst (6) und liegt in der Scheune (9). Der Vater schimpft: Heinz (1), du sollst den Schnuller (0) nicht immer mit in die Scheune (9) nehmen. Vor Aufregung fällt dem Vater das Bier (4) runter und bekleckst seine Strümpfe (5) und seine Tracht (8)."
Wenn Sie sich diese Telefonnummer mit dieser Geschichte nicht behalten konnten, dann liegt das vielleicht daran, daß die Wirkung viel besser ist, wenn man sich seine eigene Geschichte ausdenkt.
Wenn Ihnen Geschichten mit den gereimten Worten aus der obigen Liste zu langweilig werden, können Sie sich die Zahlen auch bildlich vorstellen und diese Bilder wiederum zu einer Geschichte verknüpfen: Zum Beispiel stellen Sie sich für "eins" eine Kerze oder einen Turm vor oder für "zwei" einen Schwan.
Eine weitere Alternative ist die folgende Übersetzung der Zahlen:
Statt sich eine Geschichte aus den Worten auszudenken, können Sie auch wieder die Methode der Orte anwenden. Sie verknüpfen die entsprechenden Worte der übersetzten Telefonnummer in der richtigen Reihenfolge mit markanten Orten in Ihrer Straße oder Wohnung.
Ähnliche, wenn auch komplexere Strategien wenden Gedächtniskünstler an!
Zum Merken von Namen gibt es einen sehr einfachen Trick. Dabei wird ausgenutzt, daß ein Begriff durch oftmaliges Wiederholen besser im Gedächtnis haften bleibt - ein Prinzip, das wir alle vom Vokabel-Pauken kennen. Versuchen Sie, den Namen ihres Gegenübers während der Unterhaltung immer wieder einfließen zu lassen: "Ach so, Herr Franke, das klingt ja interessant....Auf Wiedersehen, Herr Franke". Oder beginnen Sie eine erdachte Geschichte: "Ach, Sie kommen aus Lüneburg. Ich kenne da nämlich einen Gerd Franke, der ist Installateurmeister."
Sie können auch versuchen, sich den Namen im Bild vorzustellen. Dies ist sicher einfach, wenn Frau Segler ausgesprochen abstehende Ohren hat, aber es wird Ihnen auch gelingen, wenn Sie etwa aus Annegret eine Anne machen, die kräht.
Recht einfach lassen sich Namen merken, die eine konkrete Bedeutung haben:
Berufsnamen:
Stellen Sie sich vor, wie Herr Müller Getreidesäcke
schleppt!
Tiernamen:
Sehen Sie Herrn Fuchs, wie er sich in seinem Bau verkriecht?
zusammengesetzte Namen:
Frau Kochendorfer lassen Sie mitten in einem Dorf über einem
Feuer für das ganze Dorf kochen.
Namen mit etwas anderer Schreibweise:
Frau Floss hat statt ihrer Hände Flossen, Herr Bardt hat einen
langen Bart, der ihm bis auf die Brust reicht.
Wenn man aber einen Namen ohne jede Bedeutung hört, muß man ihm mit Hilfe der Phantasie eine Bedeutung geben: Was fällt Ihnen etwa zu Herrn Nuskowsky ein? Herr Nuskowsky könnte doch mit einer Nuß auf dem Kopf Ski fahren. Sehen Sie, wie gerade er sich halten muß, damit die Nuß nicht herunterfällt? Dieses Beispiel zeigt wieder, worauf es ankommt: Je unsinniger das Bild, desto leichter prägt sich der Name ein.
Aber was nutzt es, sich Namen zu merken, wenn man sie nicht den entsprechenden Gesichtern zuordnen kann?
Schauen Sie sich die Gesichter der Menschen genau an, die Ihnen im Restaurant gegenüber sitzen oder die Ihnen auf der Straße entgegenkommen. Auch wenn Sie glauben, Sie hätten ein 0815-Gesicht vor sich - es gibt in jedem Gesicht besondere Merkmale: Eine dicke Nase, lebhafte Augen, eine hohe Stirn, fleischige Lippen, große Ohren, langer Bart, markante Falten, Linien oder Narben, Glatze oder hervorstehende Wangenknochen.
Und jetzt müssen Sie nur noch eine Brücke zwischen dem Gesicht und dem Bild schlagen, das Sie sich für den Namen der betreffenden Person ausgedacht haben.
Herr Fellmer hat einen auffallenden Schnäuzer. Stellen Sie sich vor, wie der Bart nach und nach seinen ganzen Körper überwuchert und zu einem Fell wird. Herr Bolei hat eine Glatze. Schütten Sie ihm etwas Bowle über die Glatze und zerschlagen Sie darauf ein Ei. Immer, wenn Sie Herrn Bolei wiedersehen, werden Sie an die Bowle und das Ei denken und sofort seinen Namen wissen.
Ein praktisches Beispiel für eine mnemotechnisch orientierte Lerntechnik, die sehr viele lernpsychologische Aspekte berücksichtigt, ist die Methode des zeitgesteuerten Auswendiglernens, die in einer kleinen Arbeit von Andreas Jorde zusammengestellt wurde. Dort wird u.a. auch die effizienteste Methode für das Lernen von Vokabeln oder andern Fakten präsentiert: Die Lernkartei.
Wenn Sie einen Koffer packen, dann vergessen Sie bestimmt weniger, wenn Sie sich vor Ihrem geistigen Auge anziehen und die Dinge so in den Koffer legen, wie Sie sie auch anziehen werden. Dann ist von der Unterhose bis zur Pudelmütze garantiert alles dabei.
Haben Sie Probleme, sich die Himmelsrichtungen zu merken? Dazu ein einfacher Trick. Merken Sie sich den Satz "Nicht ohne Seife waschen". Die Anfangsbuchstaben geben, im Uhrzeigersinn angeordnet, die richtige Reihenfolge an.
Bekannt ist hier vielleicht die Knöchel-Abzähl-Methode: Man schließt die Hand zur Faust und zählt die Monate an den Knöcheln beziehungsweise an den Vertiefungen dazwischen ab; Knöchel entsprechen den langen, Vertiefungen den kurzen Monaten. Beginnend an der linken Hand zählt man von links nach rechts. Der erste Knöchel ist der Januar mit 31 Tagen, dann folgt im "Knöcheltal" der Februar mit nur 28 oder 29 Tagen, der März hat dann wieder 31 Tage usw. Im August beginnt man wieder mit dem Knöchel des kleinen Fingers.
Die Namen der Planeten und die Reihenfolge, in der sie um die Sonne kreisen, lassen sich leicht mit folgendem Spruch merken: "Mein verdammt eigensinniger Mann jagt seit Urzeiten neun Pinguine". Und man wird die neun Planeten von innen nach außen (Merkur, Venus, Erde, Mars, Jupiter, Saturn, Uranus, Neptun und Pluto) nicht so schnell wieder vergessen.
Oliver Becker aus Bonn berichtete in einer mail an den Autor eine Variante: "Mein Vater Erklärt Mir Jeden Sonntag Unsere Neun Planeten".
Eine eher kuriose aber vielleicht nützliche Entdeckung machte der Londoner Neuropsychologe Neil Martin: Gerüche können unsere Gehirnaktivität beeinflussen!
Schreiben Sie nun aus dem Gedächtnis alle Dinge auf, an die Sie sich erinnern, ohne noch einmal die Liste anzusehen! Sie werden feststellen, daß Sie sich von vierzehn genannten Lebensmitteln noch an etwa fünf bis sieben erinnern können.
Wenn Sie in ein Restaurant gehen und bestellen eine Gemüsesuppe, einen gemischten Salat und dazu ein Glas Weißwein; danach essen Sie Rindfleisch mit Sauce Hollandaise, trinken einen Rotwein, bestellen als Nachspeise Vanilleeis und dann einen Kaffee. Sie werden nun keine Probleme haben, sich die vielen unterschiedlichen Dinge zu merken, weil Sie über ein Skript zum Thema "Restaurantbesuch" verfügen. Sie besitzen eine Vorstellung davon, wie eine Speisefolge im Restaurant normalerweise aussieht: Suppe, Salat, Hauptgericht und Nachspeise. Solche Skripts sind nichts anderes als "natürliche" mnemotechnische Tricks, die Ihr Gedächtnis anwendet!