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EinleitungDie Bedeutung des "Integrationsklimas" bei der (Wieder)-Eingliederung von Behinderten für den Erfolg aller anderen Rehabilitationsmaßnahmen ist allgemein anerkannt (vgl. Seifert/Stangl 1981, S.9 ff.). Für den Praktiker ergibt sich daher die Frage, wie er dieses Integrationsklima rasch und detailliert erfassen kann, um gegebenenfalls geeignete Maßnahmen ergreifen zu können. Der Behinderten-Einstellungsstrukturtest 83 (BESTT 83) versucht, 15 wichtige Faktoren der Einstellung von Nichtbehinderten zu Behinderten zu erfassen (vgl. Stangl 1983). Neben der praktischen Bedeutung des Verfahrens kommt auch der wissenschaftlichen Erhellung des Integrationsklimas großes Gewicht zu. Die hier referierte Validierungsstudie zum BESTT 83 hat daher folgende Zielsetzungen:
- Erprobung einer erweiterten und verbesserten Fassung des BESTT 83;
- Untersuchung der Zusammenhänge der einzelnen Faktoren mit unabhängigen Variablen;
- Validierung des BESTT 83 an einem vergleichbaren Verfahren - EKB (Seifert/Bergmann 1983).
Untersuchungsmethode und Stichprobe
Einer Stichprobe von insgesamt 114 Personen (Merkmale s. u.) wurden im Einzelversuch folgende Verfahren vorgelegt:
- Eine erweiterte und verbesserte Fassung des BESTT 83 (Stangl 1983).
Der BESTT 83 ist ein objektiv auswertbares projektives Testverfahren, das 15 Faktoren (s. Grafik 2) der Einstellung zu Behinderten mißt. Es besteht aus einem Testheft mit 20 Fotografien, die Behinderte in Alltagssituationen zeigen. Der Proband soll die vier bei jedem Bild vorgegebenen Reaktionsweisen in die ihm am geeignetsten erscheinende Reihenfolge bringen (Antwortbogen). Die Testergebnisse sind auf ein Auswertungsblatt zu übertragen, auf welchem ein durchschnittliches Einstellungsstrukturprofil erstellt wird.
(Siehe dazu im Detail: Die Entwicklung eines Behinderten-Einstellungsstrukturtests)- Die EKB-Skala von Seifert/Bergmann (1983) zur Erfassung der "Einstellungen gegenüber Körperbehinderten".
- Ein Antwortbogen zur Erfassung folgender demographischer und externer Variablen:
- a) Alter
- b) Geschlecht
- c) Schulbildung
- d) Beruf
- e) Ausmaß des persönlichen Kontaktes mit Behinderten
- f) Bisherige Beschäftigung mit dem Behindertenproblem
- g) Gefühle und Erfahrungen im Umgang mit Behinderten
- h) Ausmaß der Identifikation mit Behinderten
- i) Selbsteinstufung des Erlebnistyps (Verstandes-, Gefühls- oder Tatmensch)
Mit Hilfe des EKB und der erfaßten Zusatzvariablen sollten bereits in anderen Untersuchungen (einen Überblick geben Cloerkes 1979 und Seifert/Stangl 1981) gefundene Ergebnisse geprüft werden, um Beweise für die Validität des BESTT 83 zu erhalten.
Die ausgewählte Stichprobe von 115 Personen weist folgende Merkmale auf:
- a) Alter: Durchschnitt 28 Jahre (9 bis 61 Jahre)
- b) Geschlecht: 58 männlich,56 weiblich (50,9 ~0 bzw. 49,1 %)
- c) Schulbildung: 23 Volks-, Haupt- oder Berufsschule (20,2 %) 19 Fachschule (16,75%) 55 Gymnasium, HAK, HTL (48,2 %) 17 Hochschule, Akademie (14,9%)
- d) Beruf: 8 Handwerk, Landwirtschaft 37 Verkaufs- oder Bürotätigkeit 23 Sozialberufe, 46 Ausbildung oder keine Berufsangabe
Die Auswahl der Stichprobe erfolgte im Hinblick auf leichte Erreichbarkeit (hoher Studentenanteil) bzw. im Hinblick auf einen hohen Anteil von Sozialberufen (Betreuer in Behinderteninstitutionen) und Personen, die häufigen Kontakt mit Behinderten haben. Auch sollte die Altersstreuung möglichst groß sein, um die universelle Einsetzbarkeit des Verfahrens zu prüfen (vgl. Stangl 1983).
Die Binnenstruktur des BESTT 83 - 2
Die verbesserte und erweiterte Fassung des BESTT 82 (Stangl 1983) unterscheidet sich von der ersten Fassung in folgenden Punkten:
- Erweiterung auf 20 Bilder und Situationen (bisher 15). Damit wurden die Items in den einzelnen Faktoren von bisher 4 auf 5 bzw. 6 (bei fünf Bildern) vermehrt.
- Berücksichtigung von Spontanantworten, die bei der ersten Erprobung des Verfahrens erhoben worden waren.
- Größere sprachliche und inhaltliche Übereinstimmung der Itemformulierungen innerhalb der Faktoren.
Da aufgrund der konstruktionellen Abhängigkeiten zwischen den Einzelitems (z. B. korrelieren die Items, die bei einem Bild vorgegeben wurden, notwendigerweise negativ miteinander) keines der üblichen Verfahren (Reliabilitat, Faktorenanalyse) zur Konsistenzprüfung der 15 Faktoren eingesetzt werden kann, wird ein den Rangdaten angemessenes Verfahren verwendet. Es werden die Rangkorrelationen zwischen den Items in jedem Faktor berechnet, wobei positive Zusammenhänge als Indikator für Konsistenz betrachtet werden können. Diese positiven Rangkorrelationen können allerdings aus zwei Gründen nur eine geringe Höhe erreichen: a) weil die Items in verschiedenen Situationen (Bildern) unterschiedliche Bedeutung gewinnen, b) weil die Items bei den Bildern jeweils andere Faktoren ansprechen, d. h. daß eine Reaktionsdominanz in einem Faktor durch die Dominanz in einem anderen Faktor überlagert bzw. übertroffen werden kann. Die Antwort- bzw. Reaktionsdominanz in einem Faktor ist daher immer eine relative, die sich aber erwartungsgemäß doch in einem positiven Zusammenhang (Rangkorrelation) äußern müßte.
Die Ergebnisse der vergleichenden Konsistenzanalyse sind in Tabelle 1 dargestellt. Vergleicht man die Verteilungen, dann läßt sich eine deutliche Verschiebung der Korrelationen in den positiven Bereich feststellen (1. Fassung 66 %, 2. Fassung 73 %), wobei besonders die zahlenmäßige Zunahme der Rangkorrelationen größer/gleich .21 deutlich ist. Diese Verbesserung entspricht den Erwartungen, da bei der Itemformulierung auf eine Annäherung der Antwortmöglichkeiten bei den einzelnen Faktoren hingearbeitet worden war. Die bei der zweiten Fassung erhöhte Itemanzahl ermöglichte es, in einzelnen Faktoren weniger geeignete Items zu eliminieren, ohne dabei die Itemanzahl pro Faktor zu stark zu reduzieren. Die im folgenden verwendeten Faktorenwerte für die Validitätsprüfung des Verfahrens beziehen sich auf diese verkürzte 2. Version (insgesamt wurden 70 Items aufgenommen). Bei dieser verkürzten Fassung sind 80% der Rangkorrelationen im positiven Bereich.
Die durchschnittliche Einstellungsstruktur und Geschlechtsvergleich
Die in Abbildung 1 dargestellte durchschnittliche Einstellungsstruktur der Gesamtstichprobe kann einen ersten Hinweis auf die inhaltliche Validität des BESTT 83 liefern, wobei allerdings die Zusammensetzung der Stichprobe zu berücksichtigen ist, die sich aufgrund des hohen Bildungsstandes und des hohen Anteils an sozial engagierten Versuchspersonen von einer für die Gesamtbevölkerung repräsentativen unterscheidet.
Trotz der teilweise erfolgten Umformulierung der Items im Vergleich zur ersten Untersuchung (Stangl 1983) ist die Reihenfolge der fünfzehn Faktoren weitgehend gleichgeblieben. Eine Ausnahme betrifft den Faktor "Zufriedenheit, nicht behindert zu sein" - dieser Faktor lag in der ersten Untersuchung an erster Stelle und dürfte aufgrund der direkteren Itemformulierung an die 8. Position zurückgefallen sein. Die Rangkorrelation zwischen den beiden Rangreihen beträgt .80 (df = 13, 1 %-Niveau signifikant). Wie bei der ersten Untersuchung ist neben der Bewunderung der Leistungsfähigkeit des Behinderten das Eingeständnis des Nichtwissens eine zentrale Reaktionsweise. Die Vermeidungs- und Segregationsfaktoren liegen neben dem Faktor "Betonung der Belastung" und dem Faktor "Verlegenheit und Unbehagen" auf den letzten Rangplätzen.
Die Tatsache, daß bei der nun vorliegenden zweiten Studie trotz einiger Veränderungen des Bild- und Itemmaterials weitgehend dieselbe Einstellungsstruktur gefunden werden konnte, spricht für die Stabilität des Verfahrens bzw. des Konstruktes "Einstellungen gegenüber Behinderten".
Cloerkes (1979, S.203 ff.) referiert zusammenfassend 61 Arbeiten, wobei in 27 Untersuchungen signifikante Geschlechtsunterschiede in den Einstellungen gegenüber Körperbehinderten gefunden werden konnten. "lnsgesamt gesehen ist festzuhalten, daß bei Frauen positivere Einstellungen gegenüber Behinderten als bei Männern gemessen wurden . . . Männer sind möglicherweise eher bereit, ablehnende Gefühlsäußerungen und Aversionen auch offen zu artikulieren" (Cloerkes 1979, S. 202 und S. 205). Bei einer Untersuchung an Mädchen "spielten Mitleid, Mitgefühl und Hilfsbereitschaft eine große Rolle . . ." (Cloerkes 1979, S.205).
Die in Abbildung 2 einander gegenübergestellten Einstellungsprofile können diese Ergebnisse weitgehend bestätigen. Während in der ersten Version des BESTT 83 noch keine signifikanten Unterschiede nachgewiesen werden konnten, sondern nur Tendenzen (vgl. Stangl 1983), so beweisen die trotz der geringen Probandenzahl signifikanten Geschlechtsunterschiede, daß die Neufassung des BESTT 83 zu einer Erhöhung der differentiellen Aussagekraft des Verfahrens geführt hat.
Einstellung und Alter, Schulbildung, Berufsgruppe und Erlebnistyp
Die bereits bei der ersten Erprobung des BESTT 83 gefundenen Zusammenhänge zwischen den Einstellungsfaktoren und demografischen Variablen bzw. der Einschätzung des Erlebnistyps (als Indikator für mögliche Zusammenhänge mit Persönlichkeitsvariablen) legten die Vermutung nahe, daß einzelne Einstellungsfaktoren nicht-lineare Beziehungen aufweisen. Diese Hypothese wird von den Ergebnissen gestützt, wobei die in Tabelle 2 gegenübergestellten Zusammenhangsmaße (PMK und Eta) diesen Tatbestand belegen.
Cloerkes (1979, S. 194 ff.) berichtet über äußerst unterschiedliche Untersuchungen, in denen Einstellungen zu Behinderten im Zusammenhang mit dem Lebensalter untersucht worden waren. Daß die Linearitätsannahme gerade beim Alter äußerst unwahrscheinlich ist, belegen die eigenen Resultate. Neben linearen Zusammenhänge (z. B. beim Faktor "Betonung der Belastung") finden sich auch U-förmige ("Eingeständnis des Nichtwissens") und verkehrt-U-förmige ("Zufriedenheit, nicht selber behindert zu sein").
Für diese Zusammenhänge gilt ähnliches wie für das Lebensalter. Auch hier kann nicht generell von einem linearen Zusammenhang zwischen Bildungsniveau und Einstellung ausgegangen werden.
Zwar sind aufgrund der vorliegenden Stichprobe nur globale Aussagen möglich, sie stützen aber die von Cloerkes (1979, S. 234 f.) referierten Befunde. Die in der Gruppe "Soziale Berufe" zusammengefaßten Probanden zeigen gerade bei den Faktoren H3, H4 und H5 (Interaktions-, Kontaktvermeidung und Befürwortung von Segregationsmaßnahmen) die Tendenz, diese Items zu bevorzugen. Nach Cloerkes (1979, S. 234) bewirken "professionelle Kontakte mit Behinderten keineswegs automatisch positive Einstellungen".
Aufgrund der differenzierten Betrachtungsweise der Einstellungsstruktur, die der BESTT 83 ermöglicht, finden sich einige Hinweise, daß "Professionals" eher nüchterne und sachlichere Einstellungen aufweisen.
Diese Variable ist erhoben worden, um generelle Hinweise auf mögliche Zusammenhänge zwischen Einstellung und Persönlichkeit zu erhalten. Aufgrund der globalen Erfassung in den verschiedenen Erlebnistypen und den dabei erhaltenen Zusammenhangswerten kann festgehalten werden, daß dieser Variable bei künftigen Untersuchungen erhöhte Aufmerksamkeit geschenkt werden muß. Es wurde für alle unabhängigen Variablen ein durchschnittlicher Eta-Wert berechnet, der beim Erlebnistyp mit Eta = .17 deutlich über den Werten bei Alter (Eta = .12), Geschlecht (Eta = .11), Schulbildung (Eta = . 12) und Berufsgruppe (Eta = . 12) liegt. Es kann " . . . die Analyse von Einstellungen gegenüber Behinderten nicht ohne die Diskussion der Beziehungen zu Persönlichkeitsvariablen auskommen, obwohl deren Einfluß . . . empirisch nur unzureichend abgesichert ist . . ." (Cloerkes 1979, S. 361).
Der Vergleich des BESTT 83 mit dem EKB
Der Fragebogen zur Erfassung von "Einstellungen gegenüber Körperbehinderten" (EKB) von Seifert/Bergmann stellt eine adaptierte und erweiterte Fassung der ATDP-Skala von Yuker (1970) dar. Diese nach dem Prinzip der klassischen Einstellungsmessung mit Statements arbeitende Skala erlaubt die Berechnung folgender Indizes:
Unbehagen beim Kontakt mit Körperbehinderten, Kontaktunsicherheit
Eingeschränkte funktionale Kompetenz Körperbehinderter, besonders in beruflicher Hinsicht
Emotionale Unausgeglichenheit und soziale Unangepaßtheit Körperbehinderter
Ablehnung sozialer Integration/Befürwortung von Segregation
Gesamtwert der EKB-Skala
Die Polung der Teilskalen und der Gesamtskala ist von den Autoren so vorgenommen worden, daß ein hoher Wert eine günstige-positive Einstellung repräsentiert, während ein niedriger Wert eine ungünstige-negative Einstellung gegenüber Körperbehinderten anzeigt. Die Teilskalen des EKB korrelieren in der hier vorliegenden Untersuchung äußerst hoch miteinander (r = 0.50 bis r = 0.63); die Zusammenhänge mit dem Gesamtskalenwert liegen zwischen r = 0.73 und r = 0.91. Diese Korrelationen liegen insgesamt etwas höher als die von den Autoren mitgeteilten. Allerdings wurden ihre Daten in Gruppenversuchen erhoben, so daß korrelationsmindernde Einflüsse dafür ausschlaggebend sein könnten.
In Tabelle 3 sind die Zusammenhänge des BESTT 83 mit den Indizes des EKB dargestellt. Die Korrelationen stützen insgesamt die vermuteten Beziehungen, besonders die Zusammenhänge jener Skalen bzw. Faktoren, die inhaltlich ähnlich sind. Berücksichtigt man vor allem die Zusammenhänge mit dem Gesamtwert des EKB (auch die nichtsignifikanten Korrelationen), so ist eine negative Einstellung zu Behinderten gekennzeichnet durch
Betonung der Belastung
Verlegenheit und Unbehagen beim Kontakt
Zufriedenheit, nicht behindert zu sein;
eine positive Einstellung zu Behinderten gekennzeichnet durch
Zuschreibung positiver Leistungseigenschaften
Bewunderung der Leistungsfähigkeit der Behinderten
aktive und indirekte Hilfsbereitschaft
Vermeidung der Interaktion mit Behinderten.
Diese Zusammenhänge sind bis auf den letztgenannten leicht erklärbar. Vermutlich ist der BESTT 83 eher in der Lage, eine latente Interaktionsvermeidung dann aufzuzeigen, wenn die betreffenden Items nicht so leicht in Richtung sozial erwünschter Antwort verfälscht werden können. (Seifert/ Bergmann teilen diesbezüglich einige positive Zusammenhänge mit dieser Anworttendenz mit.) Eine Klärung dieses Problems muß weiteren Erhebungen vorbehalten bleiben. Möglicherweise sind auch die grundlegenden strukturellen Unterschiede zwischen den beiden Verfahren für einige auf den ersten Blick überraschenden Ergebnisse ausschlaggebend. Insbesondere wäre YY die faktorielle Zusammenstellung der EKB-Skalen zu überprüfen. Bei der hier verwendeten Stichprobe wäre zumindest eine 5-faktorielle Lösung sinnvoller - eine hier nicht detailliert wiederzugebende Analyse erbrachte sogar acht interpretierbare Faktoren der EKB-Skala.
Wenn die Einstellungsforschung mit dem Ziel arbeitet, daß aufgrund von Einstellungen das Verhalten von Personen oder Gruppen vorhergesagt werden YY kann, so ist ein häufig genannter Varianzaufklärungsprozentsatz von 10 % zu gering, als daß der Messung von Einstellungen zu bestimmten Objekten weiterhin jene Bedeutung zukommen sollte, wie dies seit etwa 30 Jahren in der Sozialpsychologie der Fall ist. Der Ansatz von Ajzen/Fishbein (1977) zeigt, daß nur dann eine Übereinstimmung zwischen Einstellung und Handlung zu erwarten ist, wenn sich die erhobene Einstellung konkret auf die betreffende Handlung bezieht, und zwar auf die Handlung gegenüber einem bestimmten Objekt in einer definierten Situation. Der BESTT 83 versucht, dieses Konzept insofern zu verwirklichen, als konkrete Situationen und mögliche Reaktionsweisen zu Bewertung vorgelegt werden. Beim BESTT 83 ist nicht der Behinderte im allgemeinen das Untersuchungsobjekt, sondern eine Handlung bzw. Reaktion gegenüber einem Behinderten in einer konkreten und anschaulichen Situation. Insofern wird der Nachteil aufgehoben, daß die bei herkömmlichen verbalen Einstellungsmeßverfahren relativ einfache Prüfung von Konsistenz und Reliabilität bei einem solchen handlungsorientierten und Projektionen provozierenden Test weitaus schwieriger ist. Verbal geäußerte Einstellungen sind in der Regel konsistenter- weil leichter von der Vp. kontrollierbar - als zu bewertende alternative Handlungsmöglichkeiten.
Fishbein/Ajzen (1975, S.352 f.) fassen zusammen: "Wenn dagegen mehrere einstellungsrelevante Verhaltensweisen in verschiedenen Situationen und zu den verschiedenen Zeitpunkten registriert und zu einem generellen Kriteriumswert zusammengefaßt werden, ist mit bemerkenswert hohen Korrelationen zu rechnen. Das heißt auch, daß derartige summarische Verhaltenskennwerte als Indikatoren einer generellen Einstellung verwendet werden können" (zitiert nach Brandstätter 1983, S.188).
Durch die Veranschaulichung im BESTT 83 wird der Kritik an jeder Einstellungsmessung, nämlich daß vor der Messung sichergestellt werden muß, ob das Einstellungsobjekt (in diesem Fall der Behinderte) beim Befragten überhaupt existiert, in hohem Maße begegnet (vgl. Feger 1979, S.342). Die Erfassung dieser Moderatorvariable innerhalb des Testkonzepts könnte den Vorhersagewert von Untersuchungsergebnissen erhöhen. Im BESTT 83 wird dies durch den subjektiven Faktor "Eingeständnis des Nichtwissens" im Ansatz versucht, welcher den Probanden die Chance geben soll, seine Vertrautheit zum Untersuchungsobjekt zu äußern. Weiter versucht der BESTT 83, durch den Verzicht auf eine apriori-Definition von Reaktionsweisen als positiv oder negativ vom eigenschaftstheoretischen Ansatz (sensu Pawlik 1976) wegzukommen, zumal zu erwarten ist, daß herkömmliche Verfahren von den Befragten bewußt oder unbewußt in hohem Ausmaß durchschaut werden und die Einstellungsmessung letztendlich auf eine Messung von sozialer Anpassung hinausläuft, die sicherlich interessant ist, aber für die Vorhersage von Verhalten wenig leistet.
Die verbesserte Fassung des BESTT 83 kann als geeignetes Instrument angesehen werden, die Einstellungsstruktur gegenüber Behinderten sichtbar zu machen, und erlaubt darüber hinaus, neue Fragestellungen einer Uberprüfung zuzuführen, die im Zusammenhang mit einer Verbesserung der Situation der Behinderten in der Gesellschaft gelöst werden müssen. Als Beispiele seien genannt: die Erfassung von interventions-induzierten Veränderungen der Einstellungsstruktur bei Nichtbehinderten oder die Untersuchung von Zusammenhängen zwischen Einstellungen und persönlichkeitsbestimmten Konstrukten.
Ajzen, I /Fishbein, M.: Attitude - Behavior Relations: A Theoretical Analysis and Review of Empirical Research. Psychological Bulletin, 84/1977, 888 918 Brandstätter, H.: Sozialpsychologie. Stuttgart/Berlin/Köln/Mainz 1983 Cloerkes, G.: Einstellung und Verhalten gegenüber Körperbehinderten. Berlin 1979
Feger, H.: Einstellungsstruktur und Einstellungsanderung: Ergebnisse, Probleme und ein Komponentenmodell der Einstellungsobjekte. Zeitschrift für Sozialpsychologie 1979, 10, 331-349
Fishbein, M./Ajzen, 1.: Belief, Attitude, Intention and Behavior: An Introduction to Theory and Research. Reading, Mass. 1975 Pawlik, K (Hrsg.): Diagnose der Diagnostik. Stuttgart 1976 Stangl, W.: Entwicklung eines Behinderten-Einstellungsstrukturtests - BESTT 83. Rehabilitation Research 1984, 7, 25-36
Seifert, K. H. /Bergmann, Chr.: Entwicklung eines Fragebogens zur Messung der Einstellungen gegenüber Körperbehinderten. Heilpädagogische Forschung,1983,10,290- 320
Seifert, K H./Stangl, W.: Einstellungen zu Körperbehinderten und ihrer beruflichsozialen Integration. Bern 1981
Siller, J: Generality of attitudes toward the physically disabled. Proceedings, 78th Annual Convention. APA 1970, 5, Part 11, 697-698 Yuker, H.: The measurement of attitudes teward disabled persons. New York 1970
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