[stangl: internet @ schule 2000] veränderungen & beobachtungen

 

Fragt man nach den Veränderungen, die das internet in den letzten Jahren für die Schulen gebracht hat, dann werden vorwiegend positive Veränderungen aufgezählt:

  • Information: "Informationen sind oft aktueller als aus Lexika oder Lehrbüchern", "aktuelle Daten sind verfügbar (GW)", "mehr Information über internationale Tagungen, Einklinken in internationale Diskussion". Dieser Aspekt wird jedoch auch negativ gesehen: "Verlust der Informationswerte mit der Zeit, nur noch Aktuelles scheint wichtig zu sein".
  • Didaktik: "Der Unterricht muss offener gehalten werden. Die Kinder bringen ganz unterschiedliche Kenntnisse im Umgang mit dem Medium Computer mit und es wird daher stark differenzierend gearbeitet. Kinder mit Internetkenntnissen werden als "Tutoren" und "Experten" eingesetzt und geben ihr Wissen an die anderen Kinder weiter", "Die Inhalte sind viel komplexer, anspruchsvoller als bei herkömmlichem Unterricht und die Fachkenntnisse der Kinder steigen mit rascher Geschwindigkeit an", "mehr Vorbereitung am Lehrerarbeitsplatz (statt zu Hause)", "Selbststaendiger Bildungserwerb durch die Schüler, mehr Eigenständigkeit".
  • Motivation: "Bereicherung der täglichen Arbeit, Motivation", "den Stoff auf neue attraktive Weise zu vermitteln", "Selbstbewusstsein gestärkt (Wir waren als erste österr. Volksschule mit EIGENER HP und e-Mail im WWW- Anfang 1996)", "Die SchülerInnen sind hoch motiviert, Informationen auf diese Weise zu erhalten".
  • Kontakte: "Durch Homepage einige neue Kontakte mit Schulen aus dem Ausland zB: ein Schulbuch für deutschlernende Schüler in Dänemark = Lehrerin aus Arhus hat unsere Schule aus Internet ausgesucht und besucht. Viele Kontakte zu ähnlichen Schulen in der ganzen Welt", "schnelle Verständigung mit E-mail", "schnellere Korrespondenz mit den Partnerschulen im Ausland, mehr Interesse der Schüler in Kontakt zu treten mit Partnerschulen im Ausland".
  • Finanziell: "Für die Unterrichtsvorbereitung v.a. in Informatik müssen nicht mehr 700-seitige teure Büchergekauft werden, von denen 3 Seiten nutzbar sind und deren Information beim Kauf bereits wieder veraltert ist", "Ich musste noch mehr in diesen Bereich investieren".

Die von den Befragten genannten Negativa decken ein weites Feld ab, wobei diese sowohl auf Seiten der LehrerInnen als auch der SchülerInnen gesehen werden. Zu jedem oben genannten Vorteil läßt sich in den Antworten wohl auch ein Nachteil finden, wobei es in vielen Fällen auf die Perspektive und die Einstellung der Befragten ankommt. Einige Beispiele dazu im Original:

  • "die engagierten lehrer werden scheel angeschaut und erfahren keine unterstützung von den behörden, weil die führungskräfte selbst keine ahnung haben"
  • "Das Auffinden der Information ist sehr schwierig"
  • "hohe Kosten, Sicherheitslücken im Netz, hoher Schulungsaufwand für den Kustoden"
  • "Plege des PC-Systems kostet enorm viel Zeit"
  • "einzelne Lehrer geben den Schülern Aufträge zur selbstständigen Recherche und überfordern diese dabei"
  • "einzelne Lehrer akzeptieren keine Informationsquellen aus dem Internet"
  • "einzelne Lehrer akzeptieren ein aus dem Internet ausgedrucktes Referat, ohne daran zu denken, daß der Schüler über den Inhalt nichts weiß"
  • "Schüler wollen gerne ins Internet, aber nicht zum sinnvollen Arbeiten..."
  • "SchülerInnen können das Internet nur zum Teil effektiv nutzen ("planloses surfen!")"

Schließlich wird sogar konstatiert, daß manche SchülerInnen die LehrerInnen überfordern: "Kinder schreiben privat e-mails, kennen sich zum Teil besser aus als manche Lehrer", "Arbeit für Schüler ganz selbstverständlich, keine Berührungsängste mit neuer Technologie", "Der Lehrer muss sich gut vorbereiten ...". Hier kommen also auch Ängste zum Vorschein, daß LehrerInnen einen Teil der Kontrolle über das Unterrichtsgeschehen verlieren. Hier manifestiert sich teilweise die Unfähigkeit der Bildungsinstitutionen, sich wandelnden gesellschaftlichen Strukturen anzupassen und sich den Herausforderungen etwa eines anderen Anspruches der Gesellschaft an ihr Bildungssystem zu stellen. Das in zahlreichen Untersuchungen nachgewiesene Scheitern traditionellen Unterrichts (vg. Werner 2000) konnte bisher noch wenig in Bewegung bringen, das internet könnte hier einen Impuls dafür geben.

In den Lehrerbildungseinrichtungen, an denen selbständiges Lernen und Studieren und daher die selbständige Informationsbeschaffung naturgemäß eine größere Rolle spielt, wird beklagt, daß "Studenten sich häufig damit begnügen, daß sie im www "irgendetwas" zu ihrem Thema gefunden haben, und wenn es noch so trivial ist. Sie kopieren das dann in ihre Arbeiten hinein. Sperrigere ("echte") Fachliteratur wird dann gemieden ("weil ich eh schon genug seiten hab...")". Das Medium wird dort in der Regel allerdings im Gegensatz zur Schule auch nüchterner betrachtet: "Internet ist ein Tool sonst nichts". Einige sehen darin ein didaktisch interessantes Hilfsmittel zur Gestaltung der Lehre, "weil dadurch das gesamte Lehrgangs-Niveau entsprechend angehoben werden konnte".

Organisatorische Veränderungen in Verwaltung oder Bibliotheken werden als positiv registriert, aber es wird auch der Mehraufwand gesehen: "Das Internet ist in 1. Linie ein additives Medium, das zusaetzlich zu den traditionellen Quellen genutzt werden muss, dieser Umstand inkludiert einen Mehraufwand (z.B. muss bei der Recherche zu einem bestimmten Thema das Internet zusaetzlich konsuliert werden), andererseits sind bestimmte Informationen viel schneller zugaenglich als bisher".

Wie vieles bringt also auch jeder Fortschritt Imponderabilien mit sich, wobei im Vergleich zum Zeitpunkt der ersten Untersuchung etwa die Universitäten (die damals zwar nicht befragt wurden, aber vom Autor gewissermaßen "von innen" erlebt wurden!) einen großen Schritt ins Internetzeitalter gemacht haben, auch wenn die vorhandenen Möglichkeiten bei weitem noch nicht ausgeschöpft werden. So ist es dem Autor etwa erst nach langer Überzeugungsarbeit gelungen, das Rechenzentrum der Universität davon zu überzeugen, daß eine mailinglist auch zur Unterstützung einer Lehrveranstaltung Sinn macht.

Die Studierenden verfügen heute in der Regel über ausreichende internet-Kenntnisse, um das Medium in der universitären Lehre auch ohne besondere Anleitung zu nutzen. Sie verwenden vor allem die rascheren und erweiterten Kommunikationsmöglichkeiten im Vergleich zum Zeitpunkt der ersten Untersuchung, eine Entwicklung, die auch vom Autor der Studie in seiner universitären Lehre mitverfolgt werden konnte. So besitzen bei einer Lehrveranstaltung im ersten Studienabschnitt (meist im 1. oder 2. Semester besucht) an die 80 Prozent bereits eine e-mail-Adresse, wobei diese in vielen Fällen von Gratisprovidern stammen.

Veränderungen

Welche Veränderungen (positiv/negativ) hat der Einsatz des internet für die LehrerInnen bzw für die Schule gebracht?

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Erwartungsgemäß werden bei der Frage nach den konkreten Beobachtungen an der eigenen Bildungsinstitution ähnliche Aspekte genannt wie beim Aspekt der "Veränderung". Allerdings sind die Antworten nicht immer so positiv wie die folgende: "Das Arbeiten mit dem Internet wurde von KollegInnen und SchülerInnen sehr positiv aufgenommen. Es kam zu einer Steigerung der Lernmotivation, der Kooperation, des eigenverantwortlichen Lernens und der Kreativität. Es ist eine Bereicherung für den Unterricht."

Die Klagen vieler "Pioniere" aus der ersten Untersuchung finden sich auch in den Daten dieser Untersuchung: "Dass die wenigen, die es benutzen und sich auch auskennen bestaunt werden, wie einfach man gewisse Inhalte finden kann", "man wird als pionier nur scheel angeschaut und hat nur probleme (möchtest leicht was werden???)", "Bereitschaft der Kolleg(inn)en an einer Mitarbeit an der Gestaltung der schuleigenen WWW-Seiten ist praktisch null", "die nutzer sind sehr zufrieden, die "verweigerer" fallen etwas zurück (auch im ansehen bei den schülerinnen)".

Wie schon bei der ersten Untersuchung werden manche Oberbehörden als hemmend erlebt ("die lehrer und schulbehörden bremsen mit allem was nur möglich ist"). Allerdings muß ihnen zugute gehalten werden, daß sie mit ähnlichen Problemen kämpfen wie die Schulen. Nach wie vor dauert es auch heute mitunter Wochen, bis eine e-mail an ein Ministerium oder einen Landesschulrat beantwortet wird. Es mangelt sicher nicht an gutem Willen, aber die Arbeitsabläufe sind halt nicht so ... ;-)

Die positiven Beobachtungen erstrecken sich von eher atmosphärisch allgemeinen Feststellungen ("Aufwertung unseres Schulstandortes") bis zu konkreten Details: "Portoersparnis durch e-mail - internationale Vernetzungen werden leichter, mehr Information über internationale Tagungen, Einklinken in internationale Diskussion".

Die Funktion des internet als offenes und nach außen gerichtetes Medium wird vielfach betont: "Die Homepage der Schule wird von Interessenten für die Schule besucht", "Vor allem im Marketing ein hervorragendes Instrument, unser Leistungsangebot interessant zu praesentieren". Diese größere Öffentlichkeit kann aber auch zum Problem werden: "Internet ... wird manchmal als 'Druck' auf die Institute erlebt, mit Informationen im Netz vertreten zu sein". Diese Öffnung aller Bildungsinstitutionen kommt auch in einer Veränderung der kommunikativen Strukturen zum Ausdruck: "... hervorragend fuer unsere StudentInnen, AbsolventInnen ueber eine gemeinsame Plattform kommunizieren zu koennen, Jobangebote rasch erfassen koennen!"

Interessanterweise finden sich auch in den Berufsbildende Höhere Schulen ähnliche Vorbehalte gegen das Medium wie im übrigen Schulbereich. Das ist insofern verwunderlich, als hier zu vermuten gewesen wäre, daß in diesem Bildungszweig ja eine Vorbereitung auf eine internet-durchdrungene Berufs- und Lebenswelt erfolgen sollte: "dass es teilweise Lehrer gibt, die sich dem Internet bewusst mehr verweigern", "Schüler fordern - LehrerInnen, die sich nicht verändern wollen, schimpfen".

An den lehrerbildenden Institutionen findet sich zwar auch noch die "Trennung zwischen EDV-Nutzern und EDV-Verweigerern", aber generell dürften die "Ängste beim Kulturwandel" geringer werden. Hier wird vor allem auf die neue Lehrerrolle hingewiesen, die sich durch den Medieneinsatz zwangsläufig ergibt: "Studierende lernen selbständiger, Führung durch Lehrer/Lehrbeauftragte nicht mehr wie früher lehrerzentriert; jetzt schülerzentrierter, Lehrer ist oftmals nur mehr Moderator", "Unterrichtsmethoden ändern sich ... zum teamorientierten Arbeiten".

Ein Befragter bringt eine in manchen Bereichen des Bildungssystems - vorwiegend bei den Pionieren - zu beobachtende Ernüchterung deutlich zum Ausdruck: "Nach den anfänglichen euphorischen Erwartungen und den damit logischerweise verbundenen Enttäuschungen, hat sich das Verhältnis zu diesem neuen Medium normalisiert. Der Einsatz von internet im Unterricht ist zur Selbstverständlichkeit geworden".

Es gibt aber auch Skeptiker und Warner: "Es wird jeder Schwachsinn in das Netz gestellt und ziemlich unreflektiert wieder heruntergeladen".

Will man ein Fazit aus den beobachteten Veränderungen durch das internet im Bildungssystem ziehen, so unterscheidet es sich wohl in vielen Fällen nicht von den Veränderungen in anderen Lebensbereichen, etwa in der Geschäftswelt oder der Verwaltung. Auch hier kämpft man noch mehr mit der Technologie und die Zweifel an den Möglichkeiten des Mediums sind groß. Euphorische Erwartungen stehen ablehnender Skepsis gegenüber, ein Mittelweg wird wohl steinig sein und einer nüchternen Einschätzung Platz machen müssen.

Beobachtungen

Welche Beobachtungen haben Sie an Ihrer Schule insgesamt gemacht, seit das internet zum *Alltag* gehört?

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[internet @ Schule] [internet @ schule 2000]

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