1. Grundlagen und technische Aspekte

1.1 Einführung in die Geschichte der E-Mail

"Vor ungefähr hundert Jahren entstand sowohl die Idee des Fernkopierers als auch die der elektronischen Post." Nicholas Negroponte (S.231)

Will man Nicholas Negroponte Glauben schenken, so begann schon 1863 mit Jules Vernes "Paris im 20.Jahrhundert" die theoretische und 1883 mit dem Telegrafensystem der Western Union die praktische Geschichte der E-Mail. Bei Jules Verne heißt es: "Die Photo-Telegraphie erlaubte es, jedwedes Schreiben, jede Unterschrift oder Illustration an ferne Orte zu senden, und ein jeder Vertrag konnte in 20000 Kilometer Entfernung gezeichnet werden. Die Häuser waren allesamt durch Drähte miteinander verbunden."II Wichtige Punkte wie die digitale Weiterverarbeitung blieben damals allerdings noch außen vor.

Die wirkliche Umsetzung der Idee der elektronischen Post begann mit dem Vorläufer des Internet, das im September 1969 aufgestellt wurde. Dieses ARPANET wurde in den Siebzigern vom amerikanischen Verteidigungsministerium geschaffen, um den von ihnen unterstützten Forschungsinstituten zu ermöglichen, räumlich entfernte Computer zu benutzen - und bei einem Ausfall an einer Stelle des Netzes die Funktionsfähigkeit des Gesamtsystems zu gewährleisten.

Es ging den beteiligten Mächten also darum, Computerdaten a) aufzubewahren und b) so schnell wie möglich von einem Ort zum anderen befördern zu können. Im Prinzip lag dem ersten Netz also der Gedanke eines reinen Mailsystems zugrunde. Computerdaten bedeutete auch Wörter, so wurde das ARPANET schnell zum Austausch von weniger offiziellen Gedanken zweckentfremdet. Der Name ergab sich aus der zuständigen Abteilung des Verteidigungsministeriums, die Advanced Research Projects Agency (ARPA) hieß. Die Idee zu dem Netz stammte von RAND, der Denkfabrik in Santa Monica, die viel mit thermonuklearen Kriegsszenarien zu tun hatte und heute den "Informationskrieg" multimedial propagiert.

"ARPANET entstand aus einem älteren RAND-Entwurf für ein Kommunikations- Kommando und Überwachungsnetz, das einen Atomangriff überstehen konnte, weil es keine zentrale Kontrolleinheit hatte." Howard RheingoldIII(S.18)

Eine Studie zu diesem Vorhaben wurde 1964 veröffentlicht (siehe RAND-Page). ARPANET war schnell aus dem Experimentstatus herausgewachsen, was vor allem an dem Interesse lag, das viele verschiedene, vor allem nicht-militärische Organisationen an dem Projekt bekundeten. 1977 umfaßte das Netz 50 Sites weltweit.

Verschiedene Protokolle wie TCP und IP wurden Anfang der Achtziger entwickelt, die inzwischen entstandenen diversen Netze an Hochschulen, in Firmen oder einfach zwischen Computerbegeisterten konnten immer mehr Teilnehmer vermelden. Durch Standardisierung der Programme und Protokolle verbanden sich die Systeme zu dem Computernetz, das heute unter dem Namen Internet bekannt ist.IV

1.2 Aufbau der Adressen

"Da man im Postinformationszeitalter an vielen verschiedenen Orten leben und arbeiten kann, bekommt der Begriff "Adresse" eine völlig neue Bedeutung." Nicholas Negroponte (S.206)

Wie Nicholas Negroponte hier anführt, besitzt das weltweite Netzwerk ein anderes relatives Ortsempfinden. Es ist nicht immer eindeutig zu erkennen, wo ein Zielpunkt für eine elektronische Botschaft sich in der realen Welt befindet. Denn: "Es handelt sich um eine virtuelle Adresse." (Negroponte, S.206)

Die Standard-E-Mail-Adressierung besitzt innerhalb des Internet folgende Form:

username@rechner.subdomain.domain.topleveldomain.

Als Beispiel führe ich meine eigene Adresse an der FU-Berlin an: pgoebel@inf.fu-berlin.de.

username: Das ist der Name, unter dem ich in der lokalen Box eingetragen bin, mit dem ich mich auch einloggen muß. Er bezeichnet technisch gesehen einen Bereich auf der Festplatte, in diesem Fall besteht er aus meinem Nachnamen, und da dieser bereits vergeben ist, wurde der erste Buchstabe des Vornamens noch hinzugefügt. Durch diese nur vermeintlich systematische Verteilung stehe ich in der Studentenliste allerdings unter P und nicht unter meinem Nachnamen.

rechner: Dies ist nicht der direkte Terminal, sondern das in der Hierarchie am tiefsten stehende Rechnersystem, in diesem Fall erscheint der Rechner allerdings nicht selbst, da er übergeordnet verwaltet wird.

subdomain: Der nächstgrößere Verwaltungsbereich, hier also das Rechenzentrum des Informatik-Fachbereichs.

domain: In diesem Fall die FU-Berlin.

topleveldomain: Die Topleveldomain bezeichnet in einem Kürzel das gröbste Verteilungsschema. In der Regel ist diese Endung eine Bezeichnung für den Staat, in dem sich der Anschluß befindet, so in diesem Fall .de für Deutschland, entsprechend .uk für Großbritannien, .fr für Frankreich usw. Da das erste Netzwerk in den USA entstand, besitzen die dortigen Einrichtungen keine Länderkennungen, sondern Abkürzungen für die Art des Anschlusses, so z.B. .edu für die Hochschulen, .org für Vereine etc. und .com für Firmen.

Zusätzlich zu diesen Standard-Adressierungen gibt es noch die direkten Adressen der bei den kommerziellen Anbietern angeschlossenen Personen, die im allgemeinen hinter dem @ nur aus dem Namen des Providers (z.B. aol, compuserve) und der Endung .com für commercial bestehen. Bei compuserve geht der Adressierung als username eine Nummer voraus, was die Anonymität des Empfängers zur Folge hat - und auch leicht zu Übertragungsfehlern führen kann.

Ebenso können die diversen Netzwerke als Adresse erscheinen, wie z.B. .bitnet oder .net. Genau wie bei den kommerziellen Anbietern ist hier eine räumliche Zuordnung des Empfängers unmöglich.

Das Versandsystem einer E-Mail wird von einer hierarchisch aufgebauten Struktur von verschiedenen Servern durchgeführt, es nennt sich Domain Name System (DNS). Vereinfacht gesehen stehen an verschiedenen Netzknotenpunkten Rechner, die zuerst die Post nach den Topleveldomains verteilen. In den einzelnen Topleveldomains finden sich wiederum Rechner, die die E-Mail auf die Domains verteilen. Das geschieht entsprechend für die nächste Stufe, bis die Daten in der lokalen Box des Users angekommen sind. (nach Rost/Schack)

1.3 Netiquette

"Wir alle werden die E-Mail nutzen, doch das setzt voraus, daß wir ein wenig Netiquette lernen." Nicholas Negroponte (S. 233)

Die Umgangsformen im Netz unterliegen durch ihre besonderen Rahmenbedingungen auch besonderen Maximen und entsprechen nicht denselben Regeln wie auf Briefwegen, bieten durch die Direktheit natürlich ihre Fallstricke. In den Netzwerken hat sich so eine Netz-Etikette herausgebildet - bestimmte Normen und ungeschriebene Gesetze des guten Tons, die beachtet werden sollten, um kein Chaos zu verursachen. Diese Regeln beziehen sich auf den offiziellen Verkehr mit noch unbekannten und vielbeschäftigten Personen (was im Netz die Regel ist), bei ausschließlich privater Kommunikation ist Netiquette natürlich zu relativieren.

1. Nur ein Thema pro Nachricht.

2. Das Problem sollte aus dem Kopf der Mail deutlich hervorgehen.

3. Den Text kurz halten. Bei Unübersichtlichkeit durch mehrere Bildschirme lange Texte vielleicht ein anderes Format wählen.

4. Bei Bezug auf vorhergegangene Nachrichten sollte aus diesen so viel zitiert werden, daß der Zusammenhang klar wird.

5. Immer versuchen, schnell zu antworten!

6. Korrekturlesen - denn Fehler in E-Mail sind genauso störend wie in gedruckter Post!

7. E-Mails sind, was Datenschutz betrifft, mitnichten sicher - gesendete Texte können mit oder ohne Erlaubnis verändert, weiterverschickt oder gespeichert werden. Gerade deshalb: private E-Mail nur mit Zustimmung des Schreibers "forwarden".

8. Der thematische Rahmen von Mailinglists, Newsgroups oder anderen Foren sollte respektiert werden - insbesondere bei unkommentierten Meinungsforen kann die Diskussion dadurch gesprengt werden.V

Die Sterilität des reinen ASCII-Codes verlangt geradezu nach Möglichkeiten der Individualität, und um Mißverständnissen vorzubeugen, hat die digitale Kommunikationsgemeinschaft ihre eigenen Ausdrucksmittel erschaffen. Neben den weitgehend bekannten Zeichenketten für Gefühlsregungen in Gesichtern (z.B. :-) = Lächeln, :-x = Kuß), hat sich teilweise auch eine comicartige Kommentierung (z.B. "evil grin") durchgesetzt, teilweise im Stile einer HTML-Auszeichnung wie <kicher>...</kicher>; auch durchgehende Großschreibung ist ein Stilmittel im Sinne von Betonung - und kann bei Nichtwissen zu Mißverständnissen führen.

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