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Der-Tod-streift-durch-die-HallenDer Tod streift durch die Hallen - Ein Linz-Krimi

Der zweite 'Linz-Krimi' spielt wiederum in einer Kulturinstitution, in der ehemaligen Linzer Tabakfabrik, nunmehr eine schicke Start-up Location. In der Lösehalle liegt ein Toter, ein schöner junger Mann - der Architekt und Maler Oliver Jung hat ihn gefunden, auf einem Rundgang durch die Fabrik, er hat dort sein Atelier. Er zeichnet den Toten, hängt die Zeichnung im Büro auf. Macht er sich dadurch nicht verdächtig?

Wieder ermittelt Frau Inspektor Katharina Fisher, die mit den roten Locken. Sie fühlt sich seltsam angezogen von dem schönen Toten. Was ist sein Geheimnis? Spuren führen nach Italien und ins nahe gelegene Mühlviertel.


Besprechung

Der zweite „Linz-Krimi“ der Autorin beginnt mit einem Telefongespräch von Inspektor Eduard Strohammer mit dem Architekten und Maler Oliver Jung, der in der Lösehalle der früheren Linzer Tabakfabrik, einem 6-stöckigen Stahlskelettbau des Architekten Peter Behrens, einen Toten gefunden hat. Eigentlich wollte Jung Bezirksinspektorin Katharina Fisher sprechen, die er von einem früheren Fall kannte, aber die hatte an diesem Sonntag keinen Dienst.

Diese drei Personen entwickeln im Folgenden die Erzählung mehr oder minder chronologisch aus der Ich-Perspektive in Form eines erweiterten inneren Monologs, wobei die Kapitel abwechselnd die Namen der drei Akteure als Titel tragen, was zu Beginn ein wenig irritiert, jedoch allmählich einen durch diese Personen geprägten Sog erzeugt, der die Leserin bzw. den Leser in die Handlung hineinzieht. Dieser Sog wird verstärkt durch ein Kapitel mit dem Titel „Florian, Nachname unbekannt“, der sich alsbald als der in der Lösehalle aufgefundene Tote entpuppt, und in der Folge asynchron zur Handlung des Krimis die Geschehnisse bis zu seinem gewaltsamen Tod – ebenfalls aus der Ich-Perspektive – in die Erzählung einfügt.

Die Besprechung eines Kriminalromans sollte naturgemäß so wenig wie möglich von der Handlung verraten, sodass an dieser Stelle vor allem auf die literarischen Besonderheiten des Textes eingegangen werden soll. So ungewöhnlich die Aneinanderreihung der jeweiligen Ich-Perspektiven von drei Hauptpersonen in einem Roman auch scheint, so überzeugend gelingt es der Autorin dadurch, ein Spannungsnetz zwischen ihnen zu erzeugen, in dem man sich als Leserin oder Leser zwangsläufig verfängt. Sie verzichtet weitgehend darauf, die einzelnen Aufklärungsschritte des Falles aus den unterschiedlichen Perspektiven der Protagonisten zu betrachten, sondern treibt die Handlung zügig voran, wobei es ihr gelingt, konturiert Personen und ihre Psychogramme zu zeichnen, was wohl der früheren Profession der Autorin geschuldet ist. Es ist auch unschwer zu erkennen, dass Bezirksinspektorin Fisher eine Projektion oder gar ein Alter Ego der Autorin ist, die an manchen Stellen ein wenig eitel daherkommt, was durch Aussagen von anderen Akteuren noch verstärkt wird.

Ein zusätzliches Momentum erhält die Handlung dadurch, dass sich immer mehr Verstrickungen zum ersten Kriminalroman der Autorin (Der Tod sitzt auf Platz 31) ergeben, in dem neben Bezirksinspektorin Fisher vor allem der derzeit nur-mehr-Maler Oliver Jung eine gewisse Rolle gespielt hatte.

Eine nicht unwesentliche Bedeutung erlangt allmählich ein immer offenkundiger werdendes Kleine-Welt-Phänomen, das sich nicht nur aus dem Schicksal des nachnamenlosen Florian, der irgendwann zu einem Fridolin Zauner aus dem nahen Mühlviertel mutiert, ergibt, sondern sich auch aus den persönlichen Beziehungen der Tochter Fishers zu Jung abzeichnet, die genauso wie ihre Mutter von diesem anscheinend porträtiert werden möchte. In diesem engeren Zirkel erscheinen weitere Personen, denen die Protagonisten im Laufe der Handlung in gemeinsamen Lokalitäten begegnen, die aber mehr oder minder nur einschlägigen Kolorit verbreiten sollen. Die Beschreibungen der Location Tabakfabrik aber auch der Lokalszene in Linz erreicht an manchen Stellen eine so hohe Detailtreue, dass man versucht ist, anhand des Textes einen Rundgang durch den Gebäudekomplex oder das Szeneleben in Linz ins Auge zu fassen.

Die Sprache ist unaufgeregt, wenn auch mit manchen Sprachspielereien versetzt (der Leichenfundort „Lösehalle“ ist wohl zu verlockend), die ein wenig irritieren, zumal manche englische Texteinwürfe in einigen Monologen manieristisch wirken, ebenso italienische Phrasen, die zumindest in Bezug auf die Geschichte des Toten ihre Berechtigung haben. Der sprachliche Stil verändert sich im Laufe des Geschehens von einer konzisen Knappheit zu Beginn in einer eher breite Ausformulierung von Gedanken. Die asynchronen Einwürfe des Toten hingegen haben im Gegensatz zum übrigen sachlichen Stil hohe poetische und zuletzt berührende Qualität.

Die hier genannten Merkmale des Romans heben diesen aus den derzeit so beliebten, genau verortbaren Kriminalromanen positiv heraus, sodass sich nach dem zweiten Kriminalroman der Autorin mit Bezug zu einer Linzer Kulturinstitution abschließend nur die Frage stellt, wo die nächste Leiche zu finden sein wird. Der Rezensent tippt auf eine virtuelle Leiche im Ars Electronica Center …

W. S.