|
Die Psychologie im Diskurs des Radikalen
Konstruktivismus. |
|
|
|
In dieser Arbeit wird das heute weitgehend akzeptierte (natur)wissenschaftliche Paradigma der Psychologie im Hinblick auf seine Angemessenheit für den Gegenstand der Wissenschaft bzw. den Prozeß wissenschaftlichen Handelns diskutiert. Es wird gezeigt, daß dieser Ansatz notwendigerweise zu zwei zueinander komplementären erkenntnistheoretischen Aporien führt: entweder den Gegenstand der Wissenschaft, also den Menschen, zu verfehlen, oder aber den intendierten Wissenschaftlichkeitsanspruch nicht länger aufrechterhalten erhalten zu können. Dieses schon epistemologisch vorprogrammierte Scheitern jeder (natur)wissenschaftlichen Psychologie kann einerseits auf nicht beantwortbare Grundlagenfragen (Induktivismus, Deduktivismus, Kausalität usw.), andererseits auf die unter diesem Paradigma notwendigerweise unzulängliche Praxis wissenschaftlichen Handelns (Menschenbild, Operationismus, Methodik, usw.) zurückgeführt werden. Auf diesem Hintergrund wird in Anlehnung an den KUHNschen Paradigmenbegriff ein alternatives Paradigma für die Psychologie entworfen. Dieses zum traditionellen Ansatz komplementäre Paradigma beruht auf Gedanken des Radikalen Konstruktivismus (RK), wie er in den letzten Jahrzehnten in den verschiedensten Wissenschaften entwickelt wurde. Dieses neue Paradigma wird in Abhebung zu einem ausschließlich (natur)wissenschaft-lichen Weltbild und zum damit verbundenen linear-kausal-nomothetischen Denk- und Menschenmodell diskutiert. Es wird nachgewiesen, daß gerade für die wissenschaftliche Psychologie neben erkenntnistheoretisch-logischen Überlegungen auch pragmatische und spezifisch gegenstandsbezogene Gründe für ein radikal konstruktivistisches Paradigma sprechen. Die für den RK zentralen Merkmale der Teleologie und des Solipsismus werden im Hinblick auf den Entwurf einer neuen wissenschaftlichen Psychologie diskutiert, wobei diese auf zentrale moralische und ethische Fragen verweisen, denen sich jede Wissenschaft vom Menschen stellen muß. Die allgemeinen erkenntnistheoretischen Rahmenbedingungen des RK, die sich aus biologischen, physikalischen, kybernetischen aber auch teilweise aus psychologischen Wurzeln - letztere betreffen besonders die Ganzheits- und Gestaltpsychologie und den Strukturfunktionalismus PIAGETs - herleiten, werden im Zusammenhang mit genuin psychologischen Fragestellungen auf ihre Eignung für ein neues Paradigma der Psychologie hin erörtert (Wahrnehmung, Gedächtnis, Lernen, Entwicklung). In den paradigmenspezifischen Diskurs sind einige übergreifende psychologisch-wissenschaftliche Problembereiche eingeflochten, wobei vor allem auf die Rationalitäts-Irrationalitäts-Problematik, das Objektivitäts-Subjektivitäts-Problem und das Sprachproblem detailliert eingegangen wird. Den Abschluß der Arbeit bilden die paradigmatische Einordnung einer radikal konstruktivistischen Psychologie und das Aufweisen von Forschungsperspektiven, denen sich die Psychologie vordringlich zu stellen hat: Entwicklung eines autochthonen Wissenschaftsmodells bzw. Notwendigkeit einer reflexiven Psychologie, verstärkte pragmatische Orientierung im Hinblick auf die gesellschaftliche Relevanz einer wissenschaftlichen Psychologie, Berücksichtigung von Intuition und Intentionalität im Forschungsprozeß, Aufwertung des Forschungssubjektes und Auseinandersetzung mit allgemeinen ethischen Fragen. |
|