*werner stangl: Der Freizeit-Interessen-Test (FIT) *

1. Problemstellung
2. Theoretische Grundlagen
2.1. Deskriptive Merkmale
2.2. Strukturale Merkmale
2.3. Formale Merkmale
3. Methoden der Modellprüfung
4. Testkonstruktion und Testbeschreibung
5. Stichprobe
6. Ergebnisse
6.1. Linearergebnisse und differentielle Aspekte
6.2. Modellprüfung des FIT
6.3. Die Validität des FIT
6.3.1. Strukturelle Beziehungen
6.3.2. Korrelative Beziehungen zu Persönlichkeitsmerkmalen
7. Zusammenfassung und Diskussion
Literatur

Beispielsseite aus der Computersversion im Wiener Testsystem - FIT

Zeitschrift für Differentielle und Diagnostische Psychologie 1991, Heft 4, 231-244. [engl. The Leisure Interest Inventory]

Die Papier-Bleistift-Version des FIT ist als Musterversion downloadbar: 

Interpretationshinweise (pdf, 6kb)

1. Problemstellung

Die Arbeit verliert in zunehmendem Maße ihre sinngebende Funktion für den Menschen und es kommt zu einem verstärkten Rückzug ins Privatleben (vgl. Weber, 1963; Probst, 1982; Dreesmann, 1986). Die Wissenschaft hat schon seit einiger Zeit begonnen, sich mit den Funktionen und Aufgaben der Freizeit in den Disziplinen der Freizeitpsychologie (Hammerich, 1971; Schmitz-Scherzer, 1974, 1977) und Freizeitpädagogik (Weber, 1963; Nahrstedt, 1974; Opaschowski, 1976, 1977, 1983) auseinanderzusetzen. Daneben hat auch die Soziologie wesentliche Beiträge zu Freizeitthematik geliefert (vgl. Schmitz-Scherzer, 1980).

In den USA konturiert sich in neuerer Zeit eine "leisure science", wozu u.a. auch ein "leisure counseling" gehört, also eine professionelle Beratung, die über Freizeitangebote, -interessen und den Alltagsverlauf informiert (vgl. Dreesmann, 1986, S. 490). Diese Professionalisierung der Beratung entsteht weitgehend in Analogie zu den psychosozialen Hilfen in der Arbeitswelt. Während allerdings zahlreiche theoretische Modelle und damit verbundene Testinstrumentarien für die Berufswelt zur Verfügung stehen, gibt es nur wenige vergleichbare Konzepte und Verfahren für den Bereich der Freizeit. Schmitz-Scherzer (1980) kritisiert mit Recht, daß die theoretische Arbeit in der Freizeitpsychologie bisher nur langsam vorangekommen ist.

Persönliche Vorlieben und Interessen stehen in enger Beziehung zur Persönlichkeit eines Menschen und bringen den engen Zusammenhang von von kognitiver Differenzierung und emotionaler Bewertung zum Ausdruck. Zwar hat die Frage nach der Bedeutsamkeit von Interessen (meist im Zusammenhang mit der Motivationsforschung) in der Psychologie eine lange Tradition, doch wurde diesem Aspekt der Freizeitforschung bisher wenig Beachtung geschenkt und mehr Gewicht auf die Untersuchung von Tätigkeiten gelegt (vgl. Schmitz-Scherzer, 1980). Man muß jedoch davon ausgehen, daß Freizeittätigkeiten wie -interessen weitgehend auf denselben Determinanten beruhen, da sie als Sozialisationsprodukt sicherlich gelernt sind und auf alle anderen Bereiche des alltäglichen Lebensvollzuges Einfluß nehmen.

Die Interessensforschung im Bereich der Freizeit beschränkte sich bisher weitgehend auf die Vorgabe zumeist theoretisch nicht gerechtfertigter Interessenskataloge, komplexere Analysen im Zusammenhang mit fundierten wissenschaftlichen Konzepten stehen noch aus (vgl. Schmitz-Scherzer, 1980). Ziel der vorliegenden Arbeit ist daher, ein im Bereich der Berufs- und Laufbahnentwicklungsforschung bewährtes Modell von Persönlichkeitsorientierungen auf den Bereich der Freizeit zu übertragen und die Brauchbarkeit zu prüfen. Im folgenden soll daher weniger auf die inhaltlichen Aspekte des entwickelten Verfahrens eingegangen werden als auf die theoretischen, zumal eine Überprüfung der konzeptionellen Modellannahmen letztlich auch die praktische Anwendbarkeit bestimmt.

2. Theoretische Grundlagen

2.1. Deskriptive Merkmale

Schon Weber (1963, S. 59) weist darauf hin, daß eine Betrachtung des Freizeiterlebens entsprechend der Aufgliederung nach Sprangers Lebensformen fruchtbar sein könnte. Er meint, daß die interessensbestimmten "Beziehungen des subjektiven zum objektiven und objektivierten Geist sich heute für die meisten Erwerbstätigen nicht mehr im Berufsleben (sondern) im Freizeitbereich" vollziehen. Holland (1973) entwickelte nun eine Typologie von Berufstätigen bzw. beruflichen Tätigkeiten u.a. auf dem Hintergrund des Sprangerschen Modells der Lebensformen, wenngleich sich seine Definitionen der einzelnen Orientierungstypen doch unterscheiden (Holland, 1973, S. 6). Des weiteren beruft sich Holland (1973, S. 5) explizit auf Guilfords (Guilford et al., 1954) faktorenanalytisches Modell menschlicher Interessen (mechanical, scientific, social welfare, clerical, business, esthetic), wodurch ein direkter Bezug zu Persönlichkeitsmodellen hergestellt wird. Allerdings ergibt sich aus dieser Referenz das methodische Problem, daß die faktorenanalytische Unabhängigkeit der sechs Interessensbereiche mit der faktischen Realisierung Hollands im Typenhexagon (Zweidimensionalität) konzeptionell unvereinbar ist. Das legt den Verdacht nahe, daß die graphische zweidimensionale Darstellung nur eine unverbindliche Veranschaulichung ist und kein statistisch-modelltheoretisches Korrelat besitzt. Allerdings werden von Holland und seinen Nachfolgern aus dieser Darstellung sehr wohl modelltheoretische Implikationen abgeleitet (s.u.).

Eder & Bergmann (1988) entwickelten für die Zwecke der Berufs- und Laufbahnberatung im Anschluß an das Hollandsche Modell einen "Person-Umwelt-Struktur-Test" (PUST), mit welchem berufliche Orientierungen empirisch erfaßt werden sollen. Sie unterscheiden sechs Typen von Personen (in Klammern die Bezeichnungen bei Holland, 1973): "realistische" (realistic), "intellektuelle" (investigative), "künstlerische" (artistic), "soziale" (social), "unternehmerische" (enterprising) und "konventionelle" (conventional), die gemäß dem Hollandschen Modell angeordnet sind (siehe Abbildung 1). Der PUST ist weitgehend in Analogie zu Hollands Vocational Preference Inventory (VPI; Holland, 1965) bzw. Self-directed Search (SDS; Holland 1970) entwickelt worden und besteht aus einer Liste von konkreten beruflichen Tätigkeiten, die von den Personen nach ihren Interessen (PUST - Teil 1) bzw. Realisierungsmöglichkeiten (PUST - Teil 2) bewertet werden sollen (vgl. Eder, 1988).

Die sechs Typen sind nach Eder (1988, S. 260) wie folgt näher charakterisiert (in Klammern die im folgenden verwendeten Abkürzungen):

"Realistische" (R) Typen bevorzugen Tätigkeiten, die Kraft, Koordination und Handgeschicklichkeit erfordern und zu konkreten, sichtbaren Ergebnissen führen, insbesondere im mechanischen, technischen, landwirtschaftlichen Bereich.

"Intellektuelle" (I) Typen bevorzugen Aktivitäten, bei denen die Bewältigung von Aufgaben oder Problemen durch Denken, systematische Beobachtung oder Forschung erforderlich ist. Sie weisen Fähigkeiten und Fertigkeiten vor allem im mathematischen und naturwissenschaftlichen Bereich auf.

"Künstlerische" (A) Typen bevorzugen offene, unstrukturierte Aktivitäten, die eine sprachliche oder künstlerische Selbstdarstellung oder die Schaffung kreativer Produkte ermöglichen, insbesondere im Bereich Sprache, Kunst Musik und Schauspiel.

"Soziale" (S) Typen bevorzugen Tätigkeiten, bei denen sie sich mit anderen in Form von Unterricht, Lehren, Ausbilden, Versorgen oder Pflegen befassen können. Ihre Stärken liegen im Bereich der zwischenmenschlichen Beziehungen.

"Unternehmerische" (E) Typen bevorzugen Tätigkeiten und Situationen, bei denen sie andere mit Hilfe der Sprache oder anderer Mittel beeinflussen, zu etwas bringen, führen, auch manipulieren können. Ihre Stärken bilden Führungs- und Überzeugungsqualität.

"Konventionelle" (C) Typen bevorzugen Tätigkeiten, bei denen der strukturierte regelhafte Umgang mit Daten im Vordergrund steht, insbesondere ordnend-verwaltende Tätigkeiten. Ihre Stärken liegen im Bereich rechnerischer und geschäftlicher Fähigkeiten.

Dasselbe Modell wird auch zur Beschreibung bzw. Klassifikation von beruflichen Umwelten verwendet, da diese überwiegend durch die in ihnen handelnden Personen bzw. durch Verhaltensweisen, die in ihnen bevorzugt werden, geprägt sind (vgl. Eder & Bergmann, 1988). So "provoziert" z.B. eine Werkstätte eher handwerkliche Aktivitäten, während eine Schulklasse eher soziale Aktivitäten nahelegt. Der im folgenden darzustellende "Freizeit-Interessen-Test (FIT) berücksichtigt ebenfalls beide kategoriale Aspekte dieses Modells, wenn in dieser Arbeit auch das Hauptgewicht auf der Klassifikation der personalen Struktur liegt.

Es kann angenommen werden, daß dieses empirisch mehrmals bestätigte Modell beruflicher Orientierungen auch auf den Bereich der Freizeitaktivitäten bzw. -situationen übertragen werden kann. Die Anlehnung an diesem auch in der beraterischen Praxis bewährten Ansatz bietet darüber hinaus auch den Vorteil, in weiteren Forschungen Beziehungen zwischen beruflicher und Freizeitorientierung herzustellen bzw. diese gemeinsam in einem umfassenderen Modell allgemeiner Persönlichkeitsorientierungen zu verankern.

2.2. Strukturale Merkmale

Das sogenannte hexagonale Modell Hollands drückt die Beziehungen zwischen den genannten sechs Persönlichkeits- bzw. Umwelttypen dadurch aus, indem die empirische Distanz ihre psychologische Ähnlichkeit repräsentieren soll. Ein solches Zirkumplexmodell hat in der Psychologie eine lange Tradition, insbesondere im Bereich der Untersuchung interpersonalen Verhaltens (vgl. etwa Guttman, 1954, 1958; Foa, 1965, 1966). Allerdings haben sich die theoretisch-methodischen und empirischen Arbeiten zu diesem Modell in relativer Isolation voneinander entwickelt, sodaß die oft postulierten empirischen Beziehungen der Daten nicht im Hinblick auf die formalen Modelle statistisch überprüft wurden (vgl. Wiggins, Steiger & Gaelick, 1981). Das gilt auch für das oben angesprochene Modell von Holland. Denn obwohl der PUST und seine Vorläufer auf einem klaren theoretisch-empirischen Modell beruhen, erfolgte bisher die Überprüfung der Gültigkeit und Anwendbarkeit des hexagonalen Modells nur aufgrund des Augenscheins bzw. aufgrund einer theoretisch eher fragwürdigen ex post facto -Bewertung der in den Daten gefundenen korrelativen Beziehungen.

Dieser lockere Umgang mit den theoretischen Grundannahmen spiegelt sich auch in einer unscharfen Begriffsverwendung wider, wobei hier vor allem auf die Relationen zwischen den sechs postulierten Interessenstypen eingegangen werden muß. Holland (1973, S. 23f, S. 35) verwendet für diese Beziehungen u.a. die Begriffe "psychological resemblance", "distance", "similarity" und "degree of resemblance" bzw. charakterisiert diese als "inversely proportional to the distances among types", "short (distance)", "greater (similarity)", "(being) close together", "(being) far apart", "(being) different" und "(being) divergent". Seifert (1977, S. 212) interpretiert Hollands Modell bloß im Sinne einer "graphischen Verdeutlichung" und spricht von "graphischer Distanz", "Enge des korrelativen Zusammenhangs" und von "Konsistenz". Eder & Bergmann (1988, S. 300f) bzw. Eder (1988, S. 260f) verwenden die Begriffe "psychologische Nähe", "Grad der Nähe", "Abstand im Hexagon", "Verwandtschaftsbeziehung" bzw. bezeichnen die Relationen als "eng verwandt", "verwandt", "benachbart", "unmittelbar benachbart", "gegenüberliegend", "gegensätzlich" und "weit auseinanderliegend". Während diese genannten Begriffe in methodischer Hinsicht wohl eher auf ein Modell der multidimensionalen Skalierung verweisen, wird jedoch versucht, die empirische "Gültigkeit" des hexagonalen Modells auf dem Hintergrund der Korrelationsstatistik bzw. Faktorenanalyse zu überprüfen (vgl. Holland, 1973, S. 23; Eder, 1988, S. 261f). Diese von Holland und seinen Nachfolgern immer wieder vorgenommene Interpretation von Korrelationen als lineare Distanzen bzw. als Distanzen unterschiedlichen Ausmaßes - ohne diese Differenzen überhaupt auf Signifikanz zu prüfen - ist aber auch aus dem Grunde unzulässig, da Korrelationen ein quadratisches und kein lineares Maß darstellen. Daraus resultiert u.a. auch die oben schon angesprochene ex post facto -Bewertung der in empirischen Daten gefundenen Beziehungen zwischen den Interessenstypen, wobei Eder (1988, S. 265) und Bergmann & Eder (1988, S. 305) dann u.a. von einer "Replikation des hexagonalen Modells", der "Güte der Replikation", "befriedigender Replikation" und von einer dem "Original ähnliche(n) Struktur" sprechen, was zumindest in methodischer Hinsicht wohl nicht gerechtfertigt ist.

2.3. Formale Merkmale

Versucht man nämlich die Modellannahmen dieses Konzepts zu formalisieren, so können diese - wenn man die gewählte korrelativen Relationen als Beziehungs- bzw. Ähnlichkeitsparameter zunächst akzeptiert - in folgender Weise dargestellt werden (am Beispiel des Typs R; für die anderen Typen gelten analog dieselben Beziehungen): rRI > rRA, rRC > rRE, rRA > rRS, rRE > rRS, rRI > rRS, rRC > rRS. Diese Relationen wurden in zahlreichen Untersuchungen (vgl. im Überlick dazu Holland, 1973, Seifert, 1977, Eder 1988) korrelationsstatistisch überprüft, wobei in allen Untersuchungen ein gewisses Maß an Abweichungen von den Idealkoeffizienten akzeptiert wurde. In keinem Fall aber wurde der Versuch unternommen, irgendwelche teststatistische Kriterien zu berücksichtigen, um die Abweichungen von den Modellannahmen zu prüfen bzw. deren Ausmaß festzustellen.

Betrachtet man die weiteren Annahmen Hollands bzw. die Interpretationen in den bisherigen Operationalisierungen dieses Konzepts, dann wird implizit von zwei orthogonalen Hauptkomponenten ausgegangen, die als Koordinaten für die Anordnung der sechs Interessenstypen dienen (vgl. Eder, 1988) . Ein solches Ladungsmuster ist in Tabelle 1 (Allgemeines Hauptkomponentenmodell) wiedergegeben.

 

Hier fallen beispielsweise jeweils zwei Orientierungen auf einen Punkt des orthogonalen Raums zusammen (R und S, I und E, C und A). Da gerade diese Interessenstypen aber theoretisch zueinander komplementär sein sollen, müssen zusätzlich noch die schon angeführten Ungleichungen berücksichtigt werden, die einschränkende ordinale Aussagen über die Beziehungen zwischen den Typen betreffen. Zusammengefaßt ergeben diese Restriktionen die Ungleichung r1 > r2 > r3 (s.u.), wobei keine Aussagen über die betragsmäßige Höhe der Zusammenhänge getroffen werden. Ein unter dieser Zusatzbedingung mögliches Ladungsmuster findet sich in Tabelle 1 (Zirkumplexmodell).

Nicht berücksichtigt werden soll die vom theoretischen Ansatz her wohl ebenfalls ableitbare und noch restriktivere Bedingung r1 = 0, die aus der faktorenanalytisch postulierten Unabhängigkeit der Orientierungen hergeleitet werden kann. Eine solche zusätzliche theoretische Einschränkung kann m.E. beim heutigen Entwicklungsstand der empirischen Psychologie von Daten nicht verlangt werden, da bei Verfolgung einer solchen Strategie statistikbedingte Artefakte bei den Ergebnissen immer wahrscheinlicher werden.

Es ist nun prinzipiell möglich, empirische Daten gegen dieses theoretische Modell zu testen, wobei in dieser Arbeit zwei verschiedene Methoden angewendet werden.

3. Methoden der Modellprüfung

Die im Modell von Holland postulierten korrelativen Beziehungen müssen bei Gültigkeit des Modells zunächst der Ungleichung r1 > r2 > r3 genügen. In Tabelle 2 ist diese hypothetische Anordnung der Korrelationen dargestellt. 

Die theoretisch postulierte Ungleichung ist dabei zunächst unabhängig von der Höhe der Korrelationen; diese spiegeln vielmehr den Einfluß der Hauptkomponenten wider, welche der zirkulären Matrix zugrundeliegen. Die Bewertung der Zirkumplexanordnung in einer empirischen Matrix muß daher beide Aspekte berücksichtigen: die Verteilung der Korrelationen (die oben angeführte Ungleichung) und das Ausmaß der Varianz, das auf die latenten Hauptkomponenten zurückgeführt werden kann, die der zirkulären Ordnung zugrundeliegen. Diese zwei Probleme umfassen folgende Fragen: (1) Wie gut stimmen die Variablen mit dem zirkulären Modell überein? und (2) Wieviel der beobachteten Kovarianz zwischen diesen Variablen kann auf dieses Modell zurückgeführt werden? (vgl. Wiggins, Steiger & Gaelick, 1981, S. 267).

Statistisch kann eine Überprüfung der Zirkularität in zwei Schritten erfolgen. Zunächst muß davon ausgegangen werden, daß jede empirisch gewonnene Korrelationsmatrix von der hypothetischen mehr oder minder abweichen wird. Da die ideale Matrix (Populationsmatrix) allerdings nicht bekannt ist, kann sie nur aufgrund von vorliegenden empirischen Daten geschätzt werden. Dafür gibt es zahlreiche Schätzverfahren, etwa generalisierte Kleinstquadrat-Schätzer (generalized least square estimators , GLS; vgl. etwa Browne, 1977), gewöhnliche Kleinstquadrat-Schätzer (ordinary least square estimators , OLS; Wiggins, Steiger & Gaelick, 1981) oder Maximum likelihood-Schätzer (ML; McDonald, 1975), doch unterscheiden sich diese Verfahren hinsichtlich ihrer Präzision kaum voneinander, sodaß dem vom Rechenaufwand einfachsten Verfahren (OLS) der Vorzug gegeben werden kann. Die Anpassung der empirischen Datenstruktur an die theoretische kann schließlich mithilfe eines c2-Tests geprüft werden. Wie Wiggins, Steiger & Gaelick (1981) anhand der Analyse empirischer Daten von 18 Untersuchungen zu Zirkumplexstrukturen zeigen, verfehlen alle mehr oder minder deutlich die traditionellen Signifikanzniveaus. Komplexe strukturelle Hypothesen fordern ihrer Meinung nach von empirischen Daten die Berücksichtigung zu vieler Bedingungen, sodaß sie bei einer strengen Prüfung immer falsch sind. Sie schlagen daher vor, die Bewertung nicht im traditionellen Sinne ("not in the traditional Neyman-Pearson perspective") vorzunehmen, sondern eher relativistisch, d.h., im Vergleich verschiedener Datenmatrizen. Unter dieser eingeschränkten Perspektive lassen sich immerhin Vergleiche verschiedener Operationalisierungen desselben theoretischen Modells durchführen, wobei zumindest ordinale Aussagen über die Anpassungsgüte möglich werden.

Da eine Bewertung von zu vergleichenden c2-Schätzungen auch die jeweiligen Freiheitsgrade berücksichtigen muß, schlagen die Autoren des weiteren eine Transformation in Wilson-Hilferty Z-Werte (Wilson & Hilferty, 1931) vor, durch welche die c2-Verteilung in eine Normalverteilung übergeführt wird, unter der ein direkter Vergleich von Daten mit unterschiedlichen Stichprobengrößen möglich ist.

Als weitere, mehr informelle Kennzahlen für die Qualität der empirischen Daten können auch die mittleren quadrierten Residuen herangezogen werden (vgl. Wiggins, Steiger & Gaelick, 1981, S. 270f).

Der zweite Schritt bei der Überprüfung der Modellstruktur ist die Berechnung der Varianzanteile, welche auf die matrixbildenden (latenten) Komponenten zurückgeführt werden können. Diese erfolgt durch Berechnung der entsprechenden Eigenwerte, Eigenvektoren bzw. Hauptkomponenten (vgl. Wiggins, Steiger & Gaelick, 1981). Trifft das von Holland postulierte Modell zu, dann müssen die Zirkumplex-Varianzanteile zumindest größer sein als etwa die Anteile eines Generalfaktors oder einer Orthogonalstruktur.

4. Testkonstruktion und Testbeschreibung

Während VPI, SDS und PUST weitgehend auf dem Hintergrund der klassischen Testtheorie (Skalen-, Faktoren- und Itemanalyse mit Konsistenz- und Reliabilitätsschätzungen) konzipiert wurden, die sechs Orientierungen also mithilfe von unabhängigen Einzelskalen erfaßt werden, wurde beim FIT versucht, schon bei der Testkonstruktion die grundlegenden Modellannahmen zu berücksichtigen.

Eine dieser Prämissen ist die Annahme, daß die im hexagonalen Modell einander gegenüberliegenden Orientierungen die größte psychologische Distanz aufweisen und daher bei jeder Person eine Präferenz für eine davon vorhanden ist, während die andere diametral gegenüberliegende stark abgelehnt wird (vgl. Holland, 1973). Eine Präferenz wird am besten durch einen Vergleich erfaßt. Im FIT werden sämtliche mögliche 15 Paare von Orientierungen gebildet. Da diese Orientierungen im Sinne von Persönlichkeitsmerkmalen konzipiert sind, wird der Einfluß der Situation insofern wirksam, als bestimmte Orientierungen meist nur in einem bestimmten situativen Kontext realisiert werden können, der die Präferenz verstärkt bzw. die Orientierung überlagert (s.o.). Um diesen Einfluß zu eliminieren bzw. konstant zu halten, wurden auch die Situationen nach den sechs Orientierungen hin klassifiziert. Dadurch erfolgen im FIT Vergleiche jeweils zweimal, einmal in der Situation, die inhaltlich der ersten Orientierung, ein zweites Mal in jener Situation, die eher der zweiten Orientierung entspricht. Dadurch finden im FIT die Interessensvergleiche in einer in bezug auf die sechs möglichen Umwelten balancierten Weise statt, indem alle gleichhäufig berücksichtigt werden.

Dazu ein Beispiel:
Um den Vergleich zwischen einer "künstlerischen" (A) Orientierung und einer "unternehmerischen" (E) durchzuführen, wurde einmal eine A-Situation vorgegeben, in der die Präferenz für die A-Aktivität oder E-Aktivität geäußert werden sollte, beim zweiten Mal eine E-Situation, in welcher ebenfalls der A-E-Vergleich erfolgte. Die entsprechenden Items lauten: "in einer Volksmusikgruppe (A) als Musiker mitspielen (A) oder Dirigent oder Leiter sein (E)" bzw. "für einen Flohmarkt (E) einen geeigneten Termin und Platz finden (E) oder Werbetexte schreiben oder Plakate zeichnen (A).

Obwohl sich das Modell von Holland und. die bisher vorgenommenen Operationalisierungen auf berufliche Aktivitäten beziehen, war es für den Freizeitbereich fast immer möglich, gleiche bzw. ähnliche Tätigkeitsbegriffe zu verwenden. Hier wurde vor allem auf den PUST (Eder, 1988) zurückgegriffen. Für die Operationalisierung der sechs Umwelten lieferten die ausführlichen Beschreibungen von Holland (1973, S. 29ff) konkrete Hinweise. Probleme ergaben sich nur dann, wenn Situationen formuliert werden sollten, in denen nach dem Modell von Holland dazu komplementäre ("inkonsistente") Tätigkeiten gefunden werden sollten. Diese konstruktionellen Schwierigkeiten verweisen in gewissem Sinne auf die (sprach)logische Validität der Relationen des Hollandschen Modells. Die Formulierungen wurden noch in mehreren Optimierungsschritten mithilfe von Expertenratings auf ihre Zuordnung zu den Bereichen überprüft.

Die insgesamt 30 Situationen mit jeweils zwei zur Auswahl stehenden Orientierungen liefern insgesamt 60 Präferenz- bzw. Nichtpräferenzangaben, wobei die Präferenz mit 1 und die Nichtpräferenz mit 0 verrechnet wird. Jede Person erhält für jede der sechs Orientierungen einen Score von 0 (keine Präferenz) bis 10 (höchste Präferenz).

Dieser Bestimmung einer durchschnittlichen individuellen Präferenz über verschiedene Situationen hinweg liegt das (meß)theoretische Modell der Verhaltenspräferenzen (vgl. Stangl, 1987; Stangl, 1989) zugrunde. Einige wesentliche Merkmale seien kurz skizziert:
Individuelles menschliches Verhalten (Handeln) in bestimmten Situationsklassen ist durch eine relativ stabile hierarchische Ordnung (Präferenzstruktur) einzelner Verhaltensweisen bestimmbar.
Präferenzstrukturen sind ein primär individuales Phänomen; sie stehen für das Insgesamt jener individualen Merkmale, die in einer spezifischen Situation der jeweiligen Klasse von Situationen handlungsrelevant werden können.
Die Präferenzstruktur für eine Klasse von Situationen umfaßt jene Verhaltensmuster, die von einer Person im Laufe der individuellen Lerngeschichte erworben wurden.
Individuelle Präferenzen sind das Resultat von Entscheidungs- und Vergleichsoperationen.
Die empirische Erfassung von Präferenzstrukturen ist durch Vorgabe einer repräsentativen Auswahl von Verhaltensweisen für die jeweilige Situationsklasse möglich.
Die Prognose individuellen Verhaltens in einer konkreten Situation ist aufgrund der Kenntnis der spezifischen Merkmale der Person, der Situation und deren Wechselwirkungen möglich.

Da beim FIT als Ziel ein idiographischer Vergleich von Präferenzen für Interessensbereiche angestrebt wird, kann diese grobe Skalierung aus testökonomischen Gründen als ausreichend angesehen werden. Eine Standardisierung bzw. Anpassung an Populationsverteilungen scheint daher nicht notwendig. Des weiteren erfordert die von Holland angestrebte Klassifizierung von Personen durch die Angabe einer einfachen charakteristischen Kombination von Interessensorientierungen (z.B. RI, SA oder ES) ohnehin keine besonders differenzierende Skalenqualität (s.u.). Die Brauchbarkeit des Verfahrens ist im wesentlichen letztlich durch eine Validierung an verwandten psychologischen Verfahren bestimmbar (s.u.). Bei einer Weiterentwicklung des Verfahrens wird aber den allgemeinen Aspekten der Skalenqualität erhöhtes Augenmerk zu schenken sein. Für die vorliegenden Alternativdaten bieten sich u.a. probabilistische Meßmodelle (Rasch-Modell, Mokken-Skalierung) oder auch ähnliche Methoden (etwa das Bradley-Terry-Luce-Modell) an. Hier stellt sich bei dem mit dem FIT realisierten interaktiv verankerten Testkonzept das zusätzliche Problem, daß es sich um Vergleiche in jeweils unterschiedlichen Kontexten handelt, daß also Distanzen nicht nur den trait-Aspekt eines Items sondern gleichzeitig auch den situativen Aspekt mitbetreffen, wobei dieser systematisch variiert wird. Diese situative Variation ist vermutlich eine der Stärken dieses Ansatzes und steht in der Tradition projektiver Verfahren, ohne deren Nachteile bei der Auswertungsobjektivität in Kauf nehmen zu müssen.

Der FIT ist auf einem beidseitig bedruckten Blatt (DIN A4) angeordnet (siehe Anhang). Eine standardisierte Instruktion und ein Probeitem stehen am Beginn. Nach den 30 Vergleichen erfolgen Auswertungshinweise und das FIT-Profil, in welchem die sechs Orientierungen berechnet bzw. graphisch dargestellt werden können. Mithilfe eines Interpretationsblattes kann das Profil sofort inhaltlich ausgewertet werden.

5. Stichprobe

Die vorliegenden Ergebnisse basieren auf einer Stichprobe von 212 Studenten verschiedenster Studienrichtungen der Universität Linz, denen der FIT und der Test "Eigenschaften - Situationen - Verhaltensweisen" (ESV; Stangl, 1989) im Einzelversuch vorgelegt wurden.

Der ESV ist eine ökonomische Ratingform des 16 PF (Schneewind, Schröder & Cattell, 1983) und besteht aus einem Eigenschafts-, Situations- und Verhaltensteil mit jeweils 16 Polaritäten zu fünf Antwortkategorien. Die Einzelratings werden zu 16 Faktorwerten verrechnet und können wie im 16 PF in einem Profil dargestellt werden. Die Überprüfung der Übereinstimmung zum Originalverfahren zeigte eine für Forschungszwecke ausreichende Genauigkeit. Die Korrelationen zwischen den ESV-Sekundärfaktoren und den 16 PF-Sekundärfaktoren betragen: QI: r=0.80; QII: r=0.71; QIII: r=0.80; QIV: r=0.44; QV: r=0.65 (Stangl, 1989). Der Einsatz des ESV soll u.a. Hinweise auf die konvergente Validität des FIT bzw. der Operationalisierung der sechs Persönlichkeitsorientierungen des Holland-Modells liefern.

Das mittlere Alter der Stichprobe beträgt 21.3 Jahre (Bereich 18 bis 27 Jahre), 107 Probanden männlich und 105 weiblich. Aufgrund dieser Stichprobe kann sicherlich keine Generalisierung bzw. Normierung der Interessensorientierungen vorgenommen werden, allerdings wurde durch die gleichmäßige Berücksichtigung aller Studienrichtungen (sozial- und wirtschaftswissenschaftliche, juridische und technisch-naturwissenschaftliche Fächer) eine gewisse Repräsentanz in bezug auf Interessensbereiche erzielt. Hier nicht im Detail wiederzugebende Analysen erbrachten erwartungsgemäße Zusammenhänge. Die Auswahl der Stichprobe impliziert auch unter dem Blickwinkel der modelltheoretischen Fragestellung der Arbeit vermutlich keine diesbezüglichen Einschränkungen. Eine Verallgemeinerung der Ergebnisse auf die Gesamtpopulation sollte allerdings nicht erfolgen.

Zum Vergleich der Anpassungsgüte der Daten an das hexagonale Modell werden die von Holland (VPI; 1973, S. 23) und Eder (PUST; 1988, S. 265) berichteten Daten herangezogen (bei den Angaben von Eder wurde die offensichtlich aufgrund eines Druckfehlers falsch wiedergegebene Korrelation zwischen R und C von 0.36 auf den Wert 0.14 korrigiert).

6. Ergebnisse

6.1. Linearergebnisse und differentielle Aspekte

In Tabelle 3 sind die wichtigsten statistischen Kennzahlen der sechs Persönlichkeitsorientierungen wiedergegeben.

Daraus ist zu erkennen, daß die Skalen I und S einen geringeren Streubereich aufweisen als die übrigen Skalen. Das ist vermutlich auf die Stichprobe zurückzuführen, die im Vergleich zur Gesamtbevölkerung äußerst homogen ist. Aussagekräftige Daten zur Reliabilität liegen noch nicht vor (eine Testwiederholung an einer kleinen Stichprobe (N=14) erbrachte mittlere Retest-Koeffizienten von a=0.78). Die üblicherweise verwendeten Konsistenz- und Split-half-Koeffizienten könnten aufgrund des situationsbezogenen Testkonzepts bzw. der Vergleichsdaten nicht sinnvoll interpretiert werden.

Da Persönlichkeitsorientierungen üblicherweise mit der Geschlechtsrolle konfundiert sind, wurden diese Differenzen untersucht. Drei Orientierungen erbrachten interpretierbare Unterschiede: Männer tendieren zu "realistischen" Freizeitbeschäftigungen (p=0.009), Frauen eher zu "künstlerischen" (p=0.025) und "sozialen" (p=0.003) Aktivitäten. Diese Tendenzen stimmen mit den üblichen Rollenmustern überein, wenngleich die Mittelwertsunterschiede nur bei etwa einer halben Streuungseinheit liegen. Eder & Bergmann (1988, S. 307) berichten für ihre Eichstichprobe des PUST (Schüler der 9. bis 11. Schulstufe) dieselben signifikanten Geschlechtsunterschiede.

6.2. Modellprüfung des FIT

Zur Überprüfung der postulierten theoretischen Struktur wurden die Scores in den sechs Freizeitorientierungen miteinander korreliert (Abbildung 1 und Tabelle 4).

Es finden sich bis auf die Beziehung I-A nur negative bzw. schwache - wenn auch aufgrund der Stichprobengröße signifikante - Korrelationen. Verglichen mit den von Holland (1973) und Eder (1988) berichteten vorwiegend positiven und signifikanten Koeffizienten äußert sich hier die unterschiedliche Operationalisierung des theoretischen Modells. Die korrelative Unabhängigkeit entspricht jedoch der theoretisch postulierten Unabhängigkeit der sechs Orientierungen (s.o.). Wie erwähnt, ist die theoretische Annahme eines hexagonalen Modells zunächst nicht an eine bestimmte Höhe oder Richtung der Korrelationen gebunden, entscheidend ist vielmehr die relationale Struktur der Komponenten. Diese ist nach den Prämissen zirkulär. In Tabelle 5 sind die Ergebnisse zur Überprüfung der Zirkularität wiedergegeben.

Die Schätzungen der Populationsparameter zeigen eine annähernd lineare Tendenz in Richtung Komplementarität, während bei SDS und PUST ein Sprung vorhanden ist. Die Kennwerte der Anpassungsgüte an die Zirkumplexstruktur sind demnach auch beim FIT am besten, während der VPI am schlechtesten abschneidet. Die mittleren quadrierten Residuen sind für alle Verfahren annähernd gleich.

In Tabelle 6 sind die Varianzanteile wiedergegeben, welche auf die unter idealen Bedingungen geschätzten Hauptkomponenten entfallen. Hier zeigt sich, daß der VPI von den verglichenen Testverfahren der postulierten Zirkumplexstruktur am schlechtesten entspricht, da ein starker Generalfaktor die meiste Varianz an sich zieht. Ein solcher Generalfaktor in Persönlichkeitsdaten wird häufig als "nuisance factor" interpretiert, der eher ein Methodenartefakt ("checking factor", "acquiescence factor", "intensity factor") denn eine substantielle Persönlichkeitsdimension darstellt (vgl. Wiggins, Steiger & Gaelick, 1981, S. 283f; Stangl, 1989). Der psychometrisch wesentlich sorgfältiger konzipierte PUST hingegen zeigt eine gute Anpassung an die Modellprämissen. Der FIT erbringt die aufgrund der Testkonzeption erwartete höchste Anpassung, indem annähernd die Hälfte der Varianz der Daten auf die Modellannahmen zurückgeführt werden kann. Das vollkommene Fehlen eines Generalfaktors entspricht den Erwartungen, da Präferenz und Nichtpräferenz einander sowohl definitorisch als auch vermutlich psychologisch ausschließen. Allerdings erklären die zwei orthogonalen Ladungsvektoren noch ein Drittel der Varianz. Diese "Hyperstruktur" verweist auf die globalen Faktoren der Person- vs Sachorientierung bzw. Innen- vs Außengerichtetheit, die bei anderen Persönlichkeitsinventaren häufig nachgewiesen werden. Darauf verweist auch die in Abbildung 2 graphisch wiedergebene orthogonale Zweifaktorenlösung.


Abbildung 2
Graphische Darstellung der zweidimensionalen Hyperstruktur des FIT (Abkürzungen im Text)

Eine aufgrund der oben skizzierten Modellprämissen naheliegende multidimensionale Skalierung der Daten erbrachte eine annähernd gleiche Anordnung der Interessensbereiche, nur liegen die Faktoren S und E bzw. I und R näher beisammen, während die zweite Achse von den Faktoren A und C gebildet wird. Auch diese Analyse bestätigt die modelltheoretisch postulierte RIASEC-Sequenz.

6.3. Die Validität des FIT

6.3.1. Strukturelle Beziehungen

Holland (1973, S. 21) leitet aus den Beziehungen des Modells "subtypes" bzw. damit verbundene Annahmen zur Konsistenz ab: "Subtype is a name for a particular personality pattern. Personality patterns and subtypes may consist of two to six variables or types. A personality pattern may be psychologically consistent or inconsistent. The pattern is consistent if its related elements have common characteristics". Das bedeutet konkret, daß in empirischen Daten häufiger solche Profilmuster zu finden sein müßten, die durch im Hexagon nebeneinanderliegende Interessensorientierungen charakterisiert sind (RI, RC, IR, IA, AI, ES usw). Diese Kombinationen bezeichnet er als "hoch konsistent". Kombinationen wie RS, IE, AC usw. weisen eine sehr niedrige Konsistenz auf und sind dementsprechend selten. Alle übrigen Kombinationen bezeichnet Holland als durchschnittlich konsistent (RA, RE, SC, SI usw.).

Zur Überprüfung dieser Modellannahme wurden hierarchische Clusteranalysen (nach Ward) berechnet. Nach den üblichen Kriterien (Fehlerfunktion, Verteilung, Ausmaß der Differenzierung) konnten vier interpretierbare Cluster gefunden werden (Abbildung 3). Diese Clusterlösung wurde in der üblichen Weise mithilfe einer Diskriminanzanalyse überprüft, wobei die Funktionenschätzung (60% der Stichprobe) zur Vorhersage der Clusterzugehörigkeit der restlichen Stichprobe (40%) verwendet wurde: 87% Prozent der restlichen Fälle wurden richtig zugeordnet, ein Prozentsatz, der deutlich jenseits der Zufallswahrscheinlichkeit liegt.


Abbildung 3
Durchschnittsprofile von vier Interessensclustern (Erläuterung im Text)

Die Ergebnisse zeigen, daß drei Cluster durch hochkonsistente Interessenskombinationen ausgezeichnet sind: ES, RC, SA. Nur ein Cluster (ISA) weist eine mittlere Konsistenz auf. Diese Kombination ist nach Holland besonders charakteristisch u.a. für Lehrer (ASI), Sozialwissenschaftler (SIA), Ökonomen (IAS) und in der Sozialarbeit Tätige (ISA). Tatsächlich finden sich in dieser Gruppe überzufällig viele Studenten der wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät (Betriebswirte, Soziologen, Wirtschaftspädagogen) bzw. Lehramtsstudenten der technisch-naturwissenschaftlichen Fakultät.

6.3.2. Korrelative Beziehungen zu Persönlichkeitsmerkmalen

Hohe Korrelationen zwischen Tests, die gleiche psychologische Konstrukte intendieren, verweisen auf die konvergente Validität eines Verfahrens (vgl. Jäger, 1986, S. 287). Da mit dem FIT im weitesten Sinne Persönlichkeitsorientierungen gemessen werden, müssen inhaltlich sinnvoll interpretierbare Zusammenhänge zu Persönlichkeitsfaktoren bestehen. Im folgenden werden für die sechs Persönlichkeitsorientierungen des FIT die signifikanten Zusammenhänge mit den Primär- und Sekundärfaktoren des ESV berichtet, wobei nur signifikante r 0.30 angeführt werden:
"Realistische" Typen haben eine deutliche Sachorientierung, zeigen Robustheit und hohe Entschlußbereitschaft.
"Künstlerische" Typen weisen hohe Sensibilität und Flexibilität auf und zeichnen sich auch durch Selbstsicherheit aus.
"Soziale" Typen zeigen eine deutliche Kontaktorientierung, haben aber eine eher geringe Entschlußbereitschaft.
"Unternehmerische" Typen haben eine hohe Kontaktorientierung und emotionale Widerstandsfähigkeit.
"Konventionelle" Typen zeigen Pragmatismus, haben ein hohes Sicherheitsinteresse, weisen hohe Normgebundenheit auf und zeichnen sich durch Überlegtheit und Entschlußbereitschaft aus.

Bei den "intellektuellen" Typen finden sich keine bedeutsameren Zusammenhänge, auch wenn zwei signifikante aber schwache Korrelationen gefunden werden konnten. Vermutlich ist die Streuung des Faktors I in der Studentenstichprobe zu gering.

7. Zusammenfassung und Diskussion

Das Ziel der vorliegenden Arbeit war einerseits der Versuch, ein dem hexagonalen Modell der Persönlichkeitsorientierungen von Holland entsprechendes Testverfahren zu Messung von Freizeitorientierungen zu entwickeln, andererseits aber auch die Gültigkeit der Modellprämissen zu überprüfen. Die Ergebnisse der vorliegenden Studie zeigen, daß beide Ziele weitgehend erreicht wurden. Im Vergleich zu zwei bisher auf demselben theoretischen Hintergrund entwickelten Verfahren (VPI und PUST) scheint der FIT zumindest in formaler Hinsicht überlegen, als er deutlicher die vom Modell intendierten Zusammenhänge repliziert. Das liegt teilweise an der prinzipiell stärker an den Prämissen orientierten Testkonstruktion bzw. -konzeption. Erst ein Vergleich mit einem vom Testkonzept adäquaten Verfahren kann eine Einordnung und Bewertung unserer Ergebnisse ermöglichen. So wäre es denkbar, auch für den Bereich der Berufs- und Laufbahnentwicklung - für welches das Hollandsche Modell ursprünglich entwickelt wurde - ein ähnliches Verfahren zu entwickeln, das stärker als VPI oder PUST an den strengen Vorannahmen des theoretischen Ansatzes orientiert ist.

Unsere Ergebnisse legen auch die ganz allgemeine Empfehlung nahe, im Zusammenhang mit theoretisch-psychologischen Modellen entwickelte Testverfahren schon vor einem praktischen Einsatz im Hinblick auf die Angemessenheit der Prämissen bzw. deren Operationalisierung zu überprüfen. Wenngleich das hexagonale Modell Hollands sich aufgrund bisheriger Erfahrungen im Bereich der Berufs- und Laufbahnwahl bewährt hat, so dürfen dennoch neben praktischen Kriterien die theoretisch-wissenschaftlichen nicht außerachtgelassen werden.

Literatur

Browne, M.W. (1977). The analysis of patterned correlation matrices by generalized least squares. British Journal of Mathematical and Statistical Psychology, 33, 113-124.
Dreesmann, H. (1986). Zur Psychologie der Lernumwelt. In B. Weidenmann & A. Krapp (Hrsg.), Pädagogische Psychologie. Ein Lehrbuch (S. 447-491). München: Urban & Schwarzenberg.
Eder, F. (1988). Die Auswirkungen von Person-Umwelt-Kongruenz bei Schülern: Eine Überprüfung des Modells von J.L. Holland. Zeitschrift für Pädagogische Psychologie, 2, 259-270.
Eder, F. & Bergmann, Ch. (1988). Der Person-Umwelt-Struktur-Test. Psychol., Erz., Unterr., 35, 299-309.
Foa, U.G. (1965). New developments in facet design and analysis. Psychological Review, 68, 341-353.
Foa, U.G. (1966). Perception of behavior in reciprocal roles: The ringex model. Psychological Monographs, 80 (15, Whole No. 623).
Guilford, J.P., Christensen, P.R., Bond, N.A. Jr. & Sutton, M.A. (1954). A factor analysis study of human interests. Psychological Monographs, 68 (4, Whole No. 375).
Guttman, L.A. (1954). A new approach to factor analysis: The radex. In P.R. Lazarsfeld (Ed.), Mathematical thinking in the social sciences. Glencoe, Ill.: Free Press.
Guttman, L.A. (1958). Introduction to facet design and analysis. Proceedings of the fifteenth international congress of psychology, Brussels, 1957. Amsterdam: Noord-Holland Uitg..
Hammerich, K. (1971). Kritische Untersuchung zur Freizeitpädagogik. Ratingen: Henn.
Holland, J.L. (1965). Manual for the Vocational Preference Inventory. Palo Alto, Calif.: Consulting Psychologists Press.
Holland, J.L. (1970). The self-directed search. Palo Alto, Calif.: Consulting Psychologists Press.
Holland, J.L. (1973). Making vocational choices: A theory of careers. Englewood Cliffs, N.J.: Prentice-Hall.
Jäger, A.O. (1986). Validität von Intelligenztests. Diagnostica, 32, 272-289.
McDonald, R.P. (1975). Testing pattern hypotheses for correlation matrices. Psychometrika, 40, 253-255.
Nahrstedt, W. (1874). Freizeitpädagogik in der nachindustriellen Gesellschaft (2 Bände). Neuwied: Luchterhand.
Opaschowski, H. W. (1976). Pädagogik der Freizeit. Bad Heilbrunn: Klinkhardt.
Opaschowski, H. W. (1977) (Hrsg.). Freizeitpädagogik in der Leistungsgesellschaft (3. Aufl.). Bad Heilbrunn: Klinkhardt.
Opaschowski, H. W. (1983). Arbeit, Freizeit, Lebenssinn. Orientierungen für eine Zukunft, die längst begonnen hat. Opladen: Leske.
Probst, H. (1982). Immer mehr Genüsse immer weniger genießen. Psychologie heute, 9, Heft 2, 22-28.
Schmitz-Scherzer, R. (1974). Sozialpsychologie der Freizeit. Stuttgart: Akademische Verlagsgesellschaft.
Schmitz-Scherzer, R. (Hrsg.) (1977). Aktuelle Beiträge zur Freizeitforschung. Darmstadt: Steinkopff.
Schmitz-Scherzer, R. (Hrsg.) (1980). Freizeitpsychologie. In: R. Asanger & G. Wenninger (Hrsg.), Handwörterbuch der Psychologie . Weinheim: Beltz.
Schneewind, K.A., Schröder, G. & Cattell, R.B. (1983). Der 16-Persönlichkeits-Faktoren-Test (16 PF) . Bern: Huber.
Seifert, K.H. (1977). Theorien der Berufswahl und der beruflichen Entwicklung. In: K.H. Seifert (Hrsg.), Handbuch der Berufspsychologie (S. 173-279), Göttingen: Hogrefe.
Stangl, W. (1987). Der Zusammenhang zwischen elterlichem Verhalten und kindlicher Persönlichkeit. Psychol., Erz., Unterr., 34, 264-286.
Stangl, W. (1989). Der Fragebogen zum elterlichen Erziehungsverhalten. Zeitschrift für Differentielle und Diagnostische Psychologie, 10, 155-168.
Stangl, W. (1989). The structure of resource preferences. Archiv für Psychologie, 141, 139-154.
Stangl, W. (im Druck). Personality and structure of resource preferences. Two studies in resource theory. In: Foa, U.G. & Converse Jr., J. (Hrsg.), Resource theory: Explorations and applications. Hillsdale, N.J.: Erlbaum.
Weber, E. (1963). Das Freizeitproblem. Anthropologisch-pädagogische Untersuchung. München: Reinhardt.
Wiggins, J.S., Steiger, J.H. & Gaelick, L. (1981). Evaluating circumplexity in personality data. Multivariate Behavioral Research, 16, 263-289.
Wilson, E.B. & Hilferty, M.M. (1931). The distribution of Chi-square. Proceedings of the National Academy of Sciences, 17, 684-688.
 

*[back] [top] [index] [info@stangl-taller.at] *