Jahr der Jugend 2001
in der Presse
Hauptausgabe vom 21.12.2001 - Seite 022
Die besten Arbeiten aus "Your viewture" als Kalender
Jugend im BILD
VON PAUL ZEHETNER
Unter dem Slogan "Your viewture" gingen Jugendliche im Sommer mit 400 Wegwerfkameras "bewaffnet" in ihrer Umwelt auf Motivjagd (you berichtete am 4. Mai). Träger dieser Aktion waren die Streetworkprojekte Linz-Land, Schärding, Braunau und Freistadt. Lothar Jochade, Projektleiter im "LL-Bezirk", zieht eine erfreuliche Bilanz: "Das Echo auf den you-Bericht war groß. Wir konnten sogar im Rahmen des youki-Filmfestivals in Wels eine kleine Ausstellung veranstalten".
Zum Abschluss haben nun die besten Aufnahmen ihren Weg in einen Kalender gefunden. Jeder Monat steht dabei unter einem bestimmten Motto. Im März gibt es mit jeder Menge Küsse ein "Frühlingserwachen", während im August ausschließlich Erwachsene abgebildet sind. "Fortgeschrittene Jahreszeit - fortgeschrittenes Alter!", meint Jochade schmunzelnd dazu.
Weniger zum Lachen dürften einige die Fleisch gewordenen Götz-Zitate im Faschingsmonat Februar finden. Der Streetworker sieht die teilweise auch nackten Tatsachen eher gelassen: "Eine etwas andere Art, um auf Misstände hinzuweisen". Versöhnlich stimmen wiederum die Naturaufnahmen im September, unter denen sich einige wahre Kunstwerke befinden (siehe Bild).
Mit dem in limitierter Auflage (1000 Exemplare) hergestellten Kalender verbinden die Initiatoren übrigens einen besonderen Hintergedanken. "Das Jahr der Jugend soll nicht mit dem 31. Dezember zu Ende sein", fordert Lothar Jochade. Als Symbol für dieses "Nicht-Vergessen" wird der Kalender darum auch an Politiker verteilt.
--> zum Projekt: "your viewture - 4 Fotoprojekte"
Höhepunkt zum Jahr der Jugend:
Abschlusspräsentation und großes Fest der Jugendwohlfahrt im Posthof
(LK) Das "Jahr der Jugend 2001" sollte auch sozial benachteiligten Jugendlichen zugute kommen. Unter diesem Aspekt standen alle 28 Projekte, die von Sozial-Landesrat Josef Ackerl initiiert und mit Hilfe der Jugendwohlfahrt, Land Oö. durchgeführt worden waren.
Gemeinsam mit sozialpädagogischen Kinder- und Jugendwohngruppen, mit Streetworkern, und mit "the House" - Flüchtlingsbetreuung konnten Projekte verwirklicht werden, die sich an den Bedürfnissen dieser Jugendlichen orientierten, und die ihnen die Möglichkeit gaben ihre Wünsche und Ideen in der Öffentlichkeit zu artikulieren.
Ihren krönenden Abschluss fand diese Artikulation am Freitag, 14. Dezember im Linzer Posthof.
250 Jugendliche waren der Einladung durch die Jugendwohlfahrt in den Posthof gefolgt, um sich und ihre Projekte dort zu präsentieren.
Auf der Bühne konnten nicht nur Ausschnitte aus Theaterstücken, Tanz- und Musikprojekten bewundert werden.
Auf einer Riesenleinwand wurde ein von Jugendlichen entworfenes Computerspiel zum Thema "fremd sein" erstmals vorgestellt.Auch der Kleine Saal des Posthofs war Forum für die Jugendlichen.
In Messekojen präsentierten sie mittels Videodokumentationen oder Fotocollagen stolz ihre Projektergebnisse:
Neben Holzpavillons, die von den Jugendlichen in reiner Handarbeit gezimmert worden waren, oder einem von Mädchen renovierten Waldhaus waren auch künstlerische Exponate eines "Kreativ in der Natur-Projektes" zu bewundern. Riesige Bilder dokumentierten den Erfolg eines mehrtägigen Soccer-Turnieres und die unzähligen Fotos aus den "Your Viewture"- Projekten demonstrierten nochmals eindrucksvoll "was Jugendliche bewegt".
Das "Streetmobil" der Perger Streetworker, das seit heuer im Einsatz ist, durfte an diesem Abend natürlich nicht fehlen. Für die Gmundner Jugendlichen war das Fest der ideale Ort, nicht nur um ihr Projekt "Radio Rauschfrei" zu präsentieren, sondern auch um mittels Interviews Material für künftige Sendungen zu sammeln und dabei ihr Können zu zeigen.
Im Anschluss an die Bühnenpräsentationen wurde ausgiebig gefeiert. Die Musik von "Liquid Fellow 79" oder "Embrio Adventure" fanden dabei ebenso großen Anklang wie die Möglichkeit sich seinen "Body painten" zu lassen, und die alkoholfreien Drinks der "Barfuss-Bar".
Ein recht gelungener Abend, der im Sinne von "Vernetzung" die Möglichkeit des "Einander-kennen-lernens" von sozialen Einrichtungen und den Grundstein für weitere Kontakte und Zusammenarbeit schuf.
--> zum Projekt: ABSCHLUSS-PARTY am 14. Dezember 18:00 Uhr IM POSTHOF
vom 30.11.2001
In Baumgartenberg haben Mädchen des sozialpädagogischen Wohnheims Waldhäuschen renoviert
Ein Stück des Lebens UMBAUEN
VON PAUL ZEHETNER
Wenn du frech bist, kommst du nach Baumgartenberg", pflegten oberösterreichische Eltern in früheren Zeiten ihren Töchtern zu drohen. Sie wussten sicherlich nicht, wovon sie sprachen. Aufsässig sein" reicht nämlich auch heute bei weitem nicht aus, um in dem seit rund 50 Jahren bestehenden sozialpädagogischen Mädchenwohnheim der Schwestern vom Guten Hirten (seit 1998 als Stufenmodell zur Entwicklung der Persönlichkeit" kurz STEP' bezeichnet) zu landen. Unsere Mädchen haben alle sehr schwere Schicksale", sagt Leiterin Hannelore Werner. Sie wurden geschlagen, teilweise sexuell missbraucht oder zumindest von ihren Eltern total vernachlässigt." Ihre Verhaltensauffälligkeiten seien daher kein Wunder. Solche Mädchen - zur Zeit sind es 31 - finden im STEP bei 14 Betreuerinnen ein neues Zuhause. Zusätzlich wird ihnen die Chance geboten, eine Schul- oder Berufsausbildung zu absolvieren.
Doch damit nicht genug Auch scheinbar grundlegende Dinge wie Planungen durchzuführen, Ideen umzusetzen und Ziele zu erreichen, müssen mühsam erlernt werden. Aus diesem Gedankengang heraus ist auch die Idee entstanden, ein Blockhaus selbst zu bauen", erklärt Hannelore Werner. Als die Finanzierung aus dem Topf des Landes im Jahr der Jugend" gesichert war, musste man die Pläne für das Projekt zunächst wieder verwerfen. Werner: Da hätten wir zu viele behördliche Auflagen gehabt." Wenige Zeit später wurde aber zufällig bekannt, dass eine ältere Witwe ihr rund 20 Gehminuten vom Kloster entferntes, im Wald gelegenes Wochenendhaus loswerden wollte. Also wurde das Projekt vom Neu- zum Umbau gemacht und mit zusätzlicher finanzieller Unterstützung des Ordens - Werner Ohne die Schwestern hätten wir die 250.000 Schilling nie zusammengebracht"- das Häuschen angekauft.
Viel Arbeit in der Freizeit
Der Rohzustand war allerdings alles andere als befriedigend. Das Haus war abgewohnt, teilweise desolat und vor allem nicht jugendgerecht", so die Heimleiterin. Also waren bei den Betreuerinnen wie bei den Mädchen Kreativität und Tatkraft gefragt. Ende April begann der Umbau, der viele Wochenenden in Anspruch nahm. Dabei erwiesen sich die Problemkinder" als fleißig und packten bei Maurerarbeiten, beim Fliesen- und Bodenlegen oder Wände streichen ordentlich an. Bis auf die Elektroinstallationen und die Senkgrube wurde alles in Eigenregie gemacht", lobt Hannelore Werner den Einsatz ihrer" Jugendlichen. Freilich verlief nicht immer alles reibungslos. Besonders zum Schluss hin mussten die Erzieherinnen eine Menge Motivationsarbeit leisten."
Um so größer war dann die Freude, als das Häuschen endlich renoviert war. Wir drei waren bei denen, die als Erste dort Übernachten durften", erzählen Nicole, Michaela (beide 16 Jahre alt) und die um ein Jahr jüngere Manuela stolz. Und welche Arbeit hat ihnen am meisten zugesagt? Wir haben alle am liebsten Wände gestrichen." Nur Michaela protestiert: Gar nicht wahr, mir hat das Bodenlegen am besten gefallen." In einem Punkt sind sie sich einig. Am schönsten war, wie wir nach dem Übernachten noch einen Spieletag angehängt haben."
Das renovierte Schmuckkästchen" soll den Mädchen allerdings nicht ausschließlich als Freizeitdomizil dienen. Wenn eine Jugendliche eine schwierige Phase durchmacht, kann optimal mit Einzelbetreuung gearbeitet werden", sieht die Heimleiterin die zusätzliche pädagogische Seite des Projektes.
--> zum Projekt: "aus alt mach neu"
vom 06.07.2001
Mobile Anlaufstelle für Jugendliche
PERG. In einem Streetmobil können Jugendliche künftig allerorts ihre Sorgen an den Mann bringen. In Betrieb genommen wird das Fahrzeug heute in der Perger City.
Streetworker sind in der Bezirkshauptstadt schon seit einigen Jahren stationiert, doch eines ist den Mitarbeitern schnell klar geworden: Jugendliche sind sehr mobil. Mit 15 Jahren brausen die Burschen und Mädchen mit dem Mofa durch die Gegend, mit 17 mit dem Auto. Um für die Jugend greifbarer zu sein, wird nun erstmals in Österreich ein Streetmobil eingesetzt.
Das Streetmobil dient als mobile Anlaufstelle für Jugendliche im gesamten Bezirk, zugleich ist dasFahrzeug ein geschützter Ort, in dem auf die Probleme ernsthafter eingegangen werden kann. Auch als Krisenstation soll der Wagen eingesetzt werden, Erschöpfungen, Rauschzustände, Verletzungen, Liebeskummer oder Ausgrenzung können hier erstbehandelt werden. Das Fahrzeug kann als Kommunikationsraum und auch als Kreativraum gleichzeitig verwendet werden, mitgeführt werden kleinere Sportgeräte, Zeitschriften und Spiele, für Streetworker gibt das Streetmobil ein kleines Büro ab.
Vorgestellt wird der Wagen, den Soziallandesrat Josef Ackerl und die Jugendwohlfahrt zum Jahr der Jugend spendiert haben, erstmals heute um 14 Uhr beim alten Zeughaus. Höhepunkte des Startevents sind Breakdance, Djing und Bodypainting.
[Foto: R. Schimpl]
vom 09.07.2001
Flotter Einsatzwagen
Mit dem Streetmobil sind die beiden Streetworker Ingrid Palmetshofer und Max Danecker seit neuestem im Bezirk Perg unterwegs. Auch im Hinterland sollen Jugendliche die Chance haben, mit den beiden Betreuern zu reden, der Einsatzwagen ist ein Geschenk von Soziallandesrat Josef Ackerl und der Jugendwohlfahrt zum "Jahr der Jugend". Mit einem Fest wurde der Wagen vergangenen Freitag offiziell in Betrieb genommen.
--> zum Projekt: "Streetmobil - Streetworker on the road in Perg"
Hauptausgabe vom 4. Mai 2001 - Seite 022
Your viewture - Jugendliche lernen sich und ihre Umwelt durch Fotografie besser kennen
Mach dir ein Bild von dir
VON PAUL ZEHETNER
"Your viewture" ist der Name einer kultur- und medienpädagogischen Aktion der Streetworkprojekte Linz-Land, Schärding, Braunau und Freistadt. Die Idee der Vöcklabrucker Streetworker David Hinderling und Manuela Himmelbauer war es, mit einer "bildhaften Studie" einen breiten Einblick in die viel zitierte "heutige Jugend" zu ermöglichen. Die mit Einweg-Fotoapparaten ausgestatteten jungen Menschen sollen gleichzeitig Forscher und Beforschte sein.
Lothar Jochade, Streetworker und Projektleiter für den Bezirk Linz-Land, erläutert: "Wir wollen die Jugendlichen einerseits damit zu einer aktiven Aus-einandersetzung mit ihrer momentanen Lebenssituation anre-gen. Andererseits sollte es dadurch auch Nichtjugendlichen leichter fallen, ihre jüngeren Mitmenschen zu verstehen und zu akzeptieren. Und schließlich zielt das Ganze auch auf das Knüpfen von Kontakten zwischen den Jugendlichen untereinander und mit uns Streetworkern ab."
Im Vorjahr wurden erstmals 300 "Wegwerfkameras" in allen möglichen Schichten und Szenen ausgegeben. "Wir versuchen, bereits beim Verteilen der Kameras eine breite Streu-ung zu erreichen", erklärt Jochade. "So haben wir zehn Exemplare einem kirchlichen Jugendleiter mit der Bitte um Weiterverteilung übergeben. Wir sind aber auch selbst auf Skateboard-Plätze gegangen und haben den Skatern dort die Kameras in die Hand gedrückt." Ebenso sei auf eine Ausgewo-genheit zwischen urbanen und ländlichen jungen Menschen geachtet worden.
Der Auftrag an die Teilnehmenden lautet schlicht: "Knipse! Alles, was dich tagaus, tagein bewegt, was dir Spaß macht oder dich stresst, einfach Bilder aus deiner Welt." Wegen des großen Erfolges der letztjährigen Pre-miere hat man heuer die Zahl der Kameras auf 400 erhöht. Erleichtert wurde dies durch die Landes-Aktion "2001- Jahr der Jugend": "Soziallandesrat Josef Ackerl, der für die Jugendwohlfahrt zuständig ist, hat uns mit 200.000 Schilling aus dem Sonderprojektfonds unterstützt", sagt Jochade.
Sobald alle 27 Bilder ausgeknipst sind, wird die Kamera zu den Streetworkern zurückgebracht. Oder auch nicht:. "Im Regelfall haben wir von 100 Kameras rund drei Viertel wieder bekommen." Für die Wiederkehrenden" ist mit der Rückgabe allerdings nicht getan. In einem gemeinsam Gespräch mit den Streetworkern sucht der Jugendliche "sein" Bild aus. Bei dieser Selektion steht ausdrücklich nicht der künstlerische oder ästhetische Wert des Fotos im Mittelpunkt, sondern seine "Stimmigkeit", also die Übereinstimmung mit der jeweiligen Lebenssituation. "Im Klartext heißt das: Wenn sich der Abgebildete im Moment des Fotografiertwerdens beschissen gefühlt hat, dann ist es völlig in Ordnung, wenn das Bild unscharf oder verwackelt ist."
Die meisten der im letzten Jahr abgegebenen Fotografien zeigen die Jungen bei ihren liebsten Freizeitbeschäftigungen, während Schule bzw. Arbeitsplatz eher eine marginale Rolle einnehmen. Erfährt damit also das Klischee von der Spaßgesellschaft eine Bestätigung? "Jein", meint dazu der Streetworker. "Im letzten Jahr wurde die Aktion im Sommer durchgeführt. In der warmen Jahreszeit spielt die Freizeit naturgemäß eine größere Rolle!"
Wenn der Jugendliche das subjektiv "beste" Bild ausgewählt hat, so wird es in vergrößertem Format im Rahmen einer Ausstellung präsentiert. Darüber hinaus wird der gesamte Film in "normaler" Größe (9x13 Zentimeter) entwickelt und in den Street-work-Anlaufstellen aufgehängt, wo er nach Ende des "Your viewture"-Projektes vom Fotografen abgeholt werden kann. Zu guter Letzt wird auch noch ein Kalender mit den Höhepunkten veröffentlicht. "Ganz toll wäre natürlich eine gemeinsame Abschlussausstellung aller Bezirke in Linz, aber das ist noch ziemlich in der Schwebe", sagt Lothar Jochade.
Positiv fällt für die bisherige Bilanz des Projektes aus: "Indem wir die Kameras auf einer derart breiten Basis verteilt haben, ist es uns gelungen, die Grenzen zwischen Schichten, Szenen und Lebensräumen verschwimmen zu lassen." Insbesondere für die "problematischen" Jugendlichen, mit denen Streetworker meist zu tun haben, sieht Jochade positive Effekte: "Es ist wichtig, einmal nicht bei den Problemen, sondern bei den Ressourcen dieser jungen Menschen anzusetzen."
--> zum Projekt: "your viewture - 4 Fotoprojekte"