Rückblick: Kleine Geschichte des Online-Publizierens im Web
1983 wurden erstmals elektronische Parallelausgaben wissenschaflicher Zeitschriften freigeschaltet, es handelte sich dabei um naturwissenschaftliche Zeitschriften der Verlagshäuser Elsevier Science und American Chemical Society (Keller, 2003).
"Obwohl bis Ende der 80er Jahre wichtige Meilensteine bei der Entwicklung und Akzeptanz von elektronischen Zeitschriften erreicht waren, konnte man bis zu diesem Zeitpunkt noch nicht von einem eigentlichen Durchbruch sprechen. Diese Ausgangssituation änderte sich grundlegend in den frühen 90er Jahren, als das Potenzial der wissenschaftlichen Netzwerke, insbesondere des Internets, für die Verbreitung von elektronischen Publikationen erkannt wurde." (Keller, 2003, Absatz 12)
Die Vorteile des wissenschaftlichen Publizierens im Internet überzeugten: schnelle Erreichbarkeit, damit verbunden eine höhere Zitationshäufigkeit der Artikel mit vergleichsweise geringen Kosten für die Bereitstellung der Daten. In den 90ern erscheinen unter dem Begriff des Online-Publishing die ersten deutschsprachigen Ratgeber für das Publizieren im Internet für Wissenschafter, in denen z.B. die unterschiedlichen Dienste - E-Mail, News, Usenet - beschrieben werden (z.B. Bleuel, 1995). 1998 wurden in Deutschland u.a. das Projekt "Dissertationen Online" (vgl. Diepold, 2001) der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) begonnen und Projekte zur retrospektiven Digitalisierung von Bibliotheksbeständen initiiert (vgl. Oehler, 1998). Im einst als Kommunikationsmedium von Militär und Forschung erfundene Internet überwogen schnell kommerzielle, private und andere nicht-wissenschaftliche Angebote, so dass es mühsam ist, dort wissenschaftliche Informationen zu finden (Oehler, 1998).
Innerhalb weniger Jahre ist zumindest die Webpräsenz für Forschungseinrichtungen eine Selbstverständlichkeit geworden: Stangl (2001) berichtet davon, dass er 1996 die erste österreichische Homepage eines Instituts für Pädagogik und Pädagogische Psychologie ins Netz stellte. Heute verfügt - vermutet Stangl - jedes deutschsprachige Institut über eine Webpräsenz. Während sich einige nur Anschriften und Telefonnummern veröffentlichen, stellen andere dort auch Informationen zum Studium und Mitarbeiter sowie deren wissenschaftliche Veröffentlichungen zur Verfügung - z.B. "Lehrmaterialien, Studienarbeiten, elektronische Dissertationen, Vorabdrucke wissenschaftlicher Printpublikationen, Projektberichte, z.T. referierte (peer reviewed), elektronische Zeitschriften, Tagungsankündigungen und -programme, Forschungsberichte oder Konferenzbeiträge" (Stangl, 2001).
In einigen Fachdisziplinen werden die (kostenpflichtigen) Online-Ausgaben der Fachzeitschriften schon häufiger genutzt als ihre Printausgaben. Obst (2004) untersucht beispielsweise die quantitative Nutzung der Artikel medizinischer Fachzeitschriften der Zweigbibliothek und kommt zu dem Ergebnis, dass sich der Zugriff auf Zeitschriften, die in Print- und Online-Form erreichbar sind von der Printausgabe zur Onlineversion verschiebt:"Die vorgelegten Ergebnisse haben gezeigt, dass innerhalb von zwei bis drei Jahren die Online-Zeitschriften die Print-Titel in der Nutzung um den Faktor zehn überflügelt haben." (S. 1319). Die "Wasserscheide" ist in seinem Fachgebiet damit schon erreicht: "Eine Nutzung des Journals biological chemistry ergab, dass die Online-Nutzung die Print-Nutzung erstmals 1998 übertraf" (S. 1317).
Angesichts der vielen kostenpflichtigen Angebote im Internet - insbesondere der großen Verlage - formiert sich in den letzten Jahren eine Bewegung, die einen freien und kostenlosen Zugang zu wissenschaflicher Literatur forciert.
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