Gliederung des Beitrags:
Es fällt auf, daß bei Stellenausschreibungen mit zunehmender Häufigkeit „soziale Kompetenz" der einzelnen Bewerber/-innen als zusätzliches neues Selektionskriterium Erwähnung findet. Dies führt dann verständlicherweise dazu, daß sich Ausbildungseinrichtungen unterschiedlicher Ebenen vor die Aufgabe gestellt sehen, ihre Absolventen nicht nur fachlich, sondern auch im Hinblick auf „Sozialkompetenz" zu qualifizieren. Wie sich diese Forderung lehrplanmäßig und didaktisch umzusetzen ist, bleibt vorläufig unklar.
In der ersten Nummer 98 des ÖH-Kuriers der Universität Linz wird der Erwerb von „sozialen Kompetenzen" mit der Notwendigkeit umschrieben, gelernt zu haben, im Berufsleben mit anderen Menschen, besonders Kolleg(inn)en und Klient(inn)en, umzugehen und mit ihnen auszukommen zu können. Es wird dort auch auf die Klage eines Unternehmensberaters verwiesen, der die egoistische Karriereorientierung der heutigen Studierenden bemängelt. Dies führe dazu, daß häufig die einfachsten Grundsätze des Sozialverhaltens fehlten und die Fähigkeit, andere Meinungen gelten zu lassen und eigene Forderungen auch einmal zurückzustellen, unterentwickelt sei. Verweist ein solches Verständnis von sozialer Kompetenz nicht in Richtung von A. Knigges „Kunst des Umganges mit Menschen", worunter er jenen ésprit de conduite meinte, der es dem Menschen erlaubt, in höhere Gesellschaftsschichten aufgenommen zu werden1 und so sein Glück zu machen?
Wahrscheinlich ist es falsch, die heute reklamierte „soziale Kompetenz" mit der Aufstiegsorientierung des noch jungen Bürgertums der Aufklärung in Verbindung zu bringen. Ebensowenig spricht dafür, daß der Ausdruck „sozial" im Sinne sozialer Gerechtigkeit, Bereitschaft zu sozialem Engagement zu verstehen sein könnte. Mit Kompetenz für Sozialfälle wie Behinderte und Obdachlose kann sich heute niemand große Meriten verdienen. Denn die letzten beiden Jahrzehnte haben eine unübersehbare Diskreditierung sozialer Belange mit sich gebracht. Die "soziale" Marktwirtschaft hat sich zu einer "freien" Marktwirtschaft weiterentwickelt, die dem sozialen Wohlfahrtsstaat, Ergebnis der prosperierenden Nachkriegsjahre, als ineffiziente Form staatlicher Organisation, mehr und mehr sowohl die Funktions- wie auch die Legitimationsgrundlage entzieht2 Die Gegenwart kennt keine „soziale Frage" wie das 19. Jhdt., obwohl sich Arbeitslosigkeit und damit verbundene Verarmung und Verelendung in beunruhigendem Maße ausbreiten.
Lehrveranstaltungen zum Thema „Sozialkompetenz"3 an der TU Clausthal befassen sich mit Arbeitstechniken, Kommunikation und Rhetorik, Präsentation und Selbstpräsentation sowie mit Konfliktmanagement. Eine Veranstaltung der Universität Bochum zum Thema „Sozialkompetenz" versteht darunter die Fähigkeit, in Gruppen verschiedener Zusammensetzung und Zielsetzung kooperativ mitzuarbeiten. Dies bedeutet, mit geringfügig verschobener Akzentuierung, Kommunikation in Gruppen, verbale und nichtverbale Kommunikation, Selbst- und Fremdwahrnehmung sowie Verhalten in schwierigen Gruppensituationen. So verstanden ist „Sozialkompetenz" lediglich ein neues Etikett für Inhalte, die vor einigen Jahren unter anderen Namen wie Gruppendynamik, Sensitivity training, Kommunikationstraining, Transaktionsanalyse, NLP u.a. verbreitet worden sind.
An der Universität Potsdam bietet eine TÜV-Akademie ein 2-tägiges Seminar zu „Führungskompetenz und Sozialkompetenz" an. Die Teilnehmer, Führungskräfte aus allen Bereichen, erhalten für eine Gebühr von 1 200,-- DM Seminarunterlagen, Mittagessen und Getränke. „Soziale Kompetenz" gilt hier als Fähigkeit, menschliches Miteinander im Betrieb so zu gestalten, daß ein Höchstmaß an Leistungsbereitschaft und persönlicher Entfaltung gleichzeitig gewährleistet ist. Als Bezugspunkt, bei dem anzusetzen ist, gilt hier die je eigene Persönlichkeit. Damit sollen sich neue Dimensionen für Zusammenarbeit und Management auftun, indem vertrauensvolles Miteinander auf allen Ebenen und maximale Arbeitsleistung sich in harmonischer Weise vermählen. Ein ähnliches Konzept "Soziale Kompetenz für Führungskräfte" ist an der Universität Bielefeld im Angebot, ebenfalls in der Form eines Seminars von zwei Tagen. Als Kriterien für „soziale Kompetenz" bei Führungskräften sind hier „die vier wesentlichen Verhaltensweisen" genannt: Durchsetzungsverhalten, Beziehungsverhalten, Regeln aushandeln und um Sympathie werben. Dies soll beherrscht und situationsadäquat eingesetzt werden können.
Für die Informatiker von der Universität Karlsruhe ist „soziale Kompetenz" lediglich ein Schlagwort4, mit dem häufig jene Team- und Kommunikationsfähigkeit bezeichnet wird, die für ein Arbeiten in fachübergreifenden interdisziplinären Gruppen erforderlich ist. Ein noch weiter gefaßtes Verständnis liegt den Trainingsofferten des zentralen Kommunikationszentrums der FH -Trier zugrunde: „Soziale Kompetenz" ist nichts anderes als die Fähigkeit, eine gemeinsam erlebte Wirklichkeit gemeinsam zu gestalten. Als Begründung dafür, warum sie den Begriff "Fremdheitskompetenz" verwenden, geben Gudrun Jakubeit / Karl Schattenhofer (1996, S. 399) an, daß sich "unserer Erfahrung nach dieses Wort sehr gut 'verkauft'. Vielleicht, weil es ein neuer Begriff ist, der etwas ausdrückt, was viele gesucht haben, aber vielleicht auch, weil er eine unmögliche Verbindung herstellt und etwas verspricht, was nicht zu halten ist.....Kompetenz verspricht genau das: Wenn das Fremde schon nicht beherrschbar ist, so können wir doch kompetent damit umgehen, es kompetent in den Griff bekommen, und schon ist es nicht mehr fremd". Der Begriff Kompetenz suggeriert also einerseits Machbarkeit, signalisiert andererseits aber auch Unvereinbarkeit, Spannung und Widersprüchlichkeit (dies., a.a.O., S. 440)
Die angeführten Beispiele lassen keinen Zweifel daran, daß die Ausdrücke „sozial"und „Kompetenz" in hohem Maße unterbestimmt sind. Dies führt dazu, daß sie sowohl in eher beiläufigem und unverbindlichem Sinne, aber auch in mißbräuchlicher Weise verwendet werden können. Klar ist der Ausdruck Kompetenz nur insofern, als er sich deutlich ab von seinem Gegenteil, der Inkompetenz abhebt, doch in welchem Verhältnis Kompetenz zu anderen ähnlichen, älteren wie auch jüngeren Ausdrücken wie Disposition, Fähigkeit (savoir faire), Können (skills), Qualifikation, Schlüsselqualifikation, Know How, Potential u.a.m. steht, ist völlig offen. Läßt sich der Sinn des Wortes Kompetenz nicht näher umschreiben und sein Gehalt nicht genauer bestimmen, so ist auch die Möglichkeit nicht auszuschließen, daß diesem neuen Modebegriff, was seinen terminologischen Status betrifft, der Stellenwert einer pseudoempirischen oder pseudonormativen Leerformel (Topitsch 1968, S. 27) zuzuschreiben ist. Sollte dies der Fall sein, so würde wohl die Dignität des Begriffes Kompetenz, der im Rahmen bestimmter Theorien - etwa in der Transformationsgrammatik N. Chomskys oder in der Theorie des Kommunikativen Handelns von Habermas - eine präzise Bedeutung hat, wohl zu Unrecht in Anspruch genommen.5
Das Unbehagen an der diffusen Verwendungsweise, der einen guten Klang hat, aber ansonsten hohl ist, ist wohl darauf zurückzuführen, daß darunter alles Mögliche verstanden werden kann. In wissenschaftlichen Kontexten6 bemißt sich die Brauchbarkeit von Begriffen an den beiden Kriterien der Präzision und der Konsistenz Opp (1979, S. 103). Die Präzision eines Begriffes hängt davon ab, mit welchem Grad der Sicherheit eine Sache, ein Phänomen einem Begriff zuzuordnen ist. Dies bedeutet, daß der Grad der Präzision eines Begriffes umso größer ist, je kleiner die Menge der Phänomene (Ereignisse) ist, die ihm zugeordnet werden können. Allgemeine Begriffe wie "Gerechtigkeit", "Würde des Menschen", "gute Sitten", die im politischen Diskurs eine große Rolle spielen, sind wissenschaftlich extrem unpräzis und werden daher auch als Leerformeln betrachtet. Weil in politischen Kontexten inhaltliche Leere und starke emotionale Besetzung der Begriffe eng miteinander verbunden sind, eignen sich derartige Ausdrücke insbesondere dazu, bestimmte Sachverhalte bzw. Vorgehensweisen zu rechtfertigen (vgl. Degenkolbe 1965, S. 327 f). Das zweite Kriterium für die Brauchbarkeit von Begriffen, deren Konsistenz, ist darin zu sehen, daß alle Personen alle Fakten (Ereignisse), die für eine Zuordnung in Frage kommen, tatsächlich auch in gleicher Weise einem Begriff zuordnen. Wie die oben angeführten Beispiele zeigen, ist der Begriff der „sozialen Kompetenz", gemessen an den beiden Kriterien der Präzision und der Konsistenz, ein Begriff von geringer wissenschaftlicher Brauchbarkeit.
Dennoch hat der Ausdruck Kompetenz gegenwärtig offensichtlich Konjunktur. Arbeitgeber suchen möglichst kompetente Beschäftigte, bei schon in einem Dienstverhältnis stehenden Personen werden deren Kompetenzen evaluiert, die Wirtschaft verlangt die Etablierung von Kompetenzzentren. Und Bildungseinrichtungen sollen dadurch ein neues Profil gewinnen, daß ihre Rolle bei der Erzeugung und Vermittlung von Kompetenzen deutlicher herausgestellt wird. Daher sind es vor allem praktische Gründe, die dazu zwingen, sich über Inhalt und Reichweite, Intension und Extension der neuen Formel klar zu werden. Ungeachtet dieser praktischen Notwendigkeit sei daran erinnert, daß die Klärung von Begriffen und die Einführung neuer Begriffe ins wissenschaftliche System zu den wichtigsten Aufgaben des Wissenschaftlers zählt (Stegmüller 1967, S. 334).
Das Wort Kompetenz ist in der deutschen Sprache ein Fremdwort, dessen Sinn lt. Duden mit Sachverstand und Zuständigkeit näher umschrieben wird. Kompetent ist, wer sachverständig, befähigt, zuständig, maßgebend und befugt ist. Der französische Kleine Larousse verweist auf die Herkunft von "compétence" vom lat. competentia, das mit "iuste rapport", also mit angemessenem Verhältnis übersetzt werden kann. Dies bedeutet zunächst, befugt zu sein, in einer Sache ein Urteil abzugeben. Es ist hier die Rede von der Zuständigkeit eines Gerichtes oder eines Spezialisten, in einer bestimmten Angelegenheit zu entscheiden. "Compétent" im engeren Sinn ist jene Person, die das Recht hat, über eine Angelegenheit informiert zu werden, im weiteren Sinne jeder, der befähigt, qualifiziert, wissend, erfahren ist. „Compétiteur" ist jemand, der sich gleichzeitig mit anderen um eine Aufgabe, Würde oder Beschäftigung bewirbt. "Compétitiv" ist hingegen, wer in der Lage ist, in der Konkurrenz mit anderen bestehen zu können. Der französische Ausdruck "compétition" wird als ein englisches Lehnwort lateinischen Ursprungs bezeichnet, mit dem der Wettbewerb zwischen mehreren Personen im Hinblick auf ein gemeinsames Ziel angesprochen ist.
Nach Auskunft des englischen Lexikons hat "competition" mehrere Bedeutungen: Die Auseinandersetzung um den Vorrang, den Wettbewerb um einen Preis, die Konkurrenz zwischen verschiedenen Anbietern, die Rivalität zwischen Personen und Gruppen im Hinblick auf ein bestimmtes Ziel, wobei es dann jeweils Gewinner und Verlierer gibt, und schließlich auch der Kampf zwischen verschiedenen Organismen ums Überleben. Als "competent" gilt hingegen, wer über die für eine bestimmte Aufgabe erforderlichen Fähigkeiten verfügt, oder auch, wer vom Gesetz her befugt ist, dieses oder jenes tun zu dürfen.
"Kompetenz" und "competition" sind offensichtlich auf die gleiche sprachliche Wurzel zurückzuführen. Das lat. "petere" bedeutet eilends irgendwohin gehen, etwas angehen, aufsuchen, verlangen, auch gerichtlich beanspruchen. Das diesem Verbum entsprechende Substantiv, die petitio, hat daher ebenfalls verschiedene Bedeutungen. Es steht für Angriff, Bitte, Bewerbung oder Anspruchsrecht. Ein competitor ist ein Mitbewerber, das zugrundeliegende Verbum competere verweist auf zusammentreffen, zusammenfallen, im übertragenen Sinne dann auf stark sein für etwas, über ausreichende Kräfte verfügen.
Für den Ausdruck der Kompetenz ergibt sich aus diesen einfachen lexikalischen Befunden, daß er in zumindest dreifachem Sinne verwendet wird: In einem engeren juridischen Sinne als die Befugnis, etwas tun oder nicht tun zu dürfen. Die Befugnis des Notars, Verträge rechtlich gültig unterschreiben zu lassen; die Befugnis des Arztes, bestimmte Rezepte zu verschreiben; die Befugnis des Führerscheininhabers, ein Auto lenken zu dürfen. Es handelt sich hier also um formale, genau definierte Kompetenzen. Daneben ist in einem weiteren Sinne von Kompetenzen zu sprechen als von besonders entwickelten Fähigkeiten und Qualifikationen, die jemanden in einer bestimmten Angelegenheit als Experten erscheinen lassen. In einem dritten Sinne sind Kompetenzen jene Merkmale eines Aspiranten, die seinen Erfolg in Wettbewerbssituationen als wahrscheinlich erscheinen lassen. Der Bezug zwischen Person und Kompetenz ist bei den drei Verwendungsweisen ein jeweils verschiedener: Im ersten Fall handelt es sich um ein juridisch kodifiziertes Merkmal, im zweiten um ein (erworbenes oder zugeschriebenes) besonderes Vermögen, beim dritten um relationale Fähigkeiten, weil jeweils vom Umfeld abhängig ist, was sich als konkurrenzfähig erweist und was nicht.
Im Bereich der innerbetrieblichen Innovationsdiskurse und Trainingsprogramme steht das Bemühen um die Entwicklung einschlägiger Kompetenzen seit einigen Jahren an vorderster Stelle der Prioritätenliste. Innerbetrieblich geht es um die Etablierung von Kompetenzschwerpunkten, zwischen- und überbetrieblich um die Aufbau von Kompetenzzentren, welche der Entwicklung bestimmter Branchen oder Regionen zusätzlichen Autrieb geben sollen. Eine Analyse dieser Verschiebungen der Präferenzen aus arbeitssoziologischer Perspektive führt C. Dubar (1996, S. 182) zur These ab, daß Kompetenz heute weitgehend dasselbe besagt wie der frühere Begriff der "sozialen Qualifikation". Dieser wurde in der 50er Jahren schon dazu verwendet, um auf die raschen Veränderungen in den Arbeitsbeziehungen mit einem neuen Wort hinzuweisen. A. Touraine entwickelte damals ein dreistufiges Schema, mit dem er den Wandel der Arbeitsbeziehungen in der industriellen Produktion sichtbar zu machen versuchte. Eine Phase A entspricht dabei einem System der beruflichen Arbeit, das noch mehr an handwerklicher Fertigung orientiert ist; in der Phase B dominiert die mechanisierte Arbeit am Fließband, in der die Qualifikation der Beschäftigten enger mit dem Arbeitsplatz selbst verbunden ist; die Phase C ist die von der Technik gekennzeichnete automatisierte Produktion, die wieder andere Fähigkeiten verlangt. Touraine bezeichnete diese als „soziale Qualifikation". Gefragt sind in der dritten Phase nicht so sehr handwerkliche oder technische Fähigkeiten, sondern jene, die es erlauben, die Gesamtheit des betrieblichen Sozialsystems zu verstehen und einen Beitrag zu dessen besserem Funktionieren leisten zu können. Dieser neue Typ der Qualifikation ist von der Personalpolitik des Unternehmens abhängig und bestimmt durch die Normen der betrieblichen Führung und Verwaltung.
Im Anschluß daran geht C. Dubar der Frage nach, wie die Ausdrücke Qualifikation und Kompetenz in empirischen Arbeiten verwendet werden. Dabei stellt er fest, daß Qualifikation in unterschiedlichen Kontexten unterschiedliche Sachverhalte repräsentiert. In Deutschland steht er im Kontext eines technisch-beruflichen Systems, in dem mit entsprechenden Zertifikaten Befugnisse zu einer beruflichen Betätigung verbunden sind. Im französischen Modell, als sozio-administratives bezeichnet, wird Qualifikation anders bestimmt: zunächst einmal von der schulischen Ausbildung, die administrativ kodifiziert und dann von den Betrieben im Sinne einer ausgeprägten Statusdifferenz zwischen Vorgesetzten und Untergebenen eingesetzt wird. Damit steht der Arbeitsplatz selbst oder eine bestimmte Position in einem hierarchischen Gefüge im Vordergrund, ganz anders als in Deutschland, wo mit Qualifikation persongebundene Fähigkeiten gemeint sind. In Japan hingegen steht Qualifikation für vielfältige Erfahrungen, die sich aus Aufgabenrotation und Übernahme verschiedenartiger Funktionen ergeben. Das japanische Modell verbindet demnach die französische Berücksichtigung der Anciennität mit der deutschen Hochschätzung der Polyvalenz und fügt dem noch die Komponente der internen Mobilität hinzu. Zentral ist für die japanischen Verhältnisse jedoch weniger die Qualifikation der einzelnen Beschäftigten als vielmehr die kollektive Qualifikation der Gesamtbelegschaft. Die Bedeutung des Ausdrucks Qualifikation ist demnach generell vom sozialen Raum abhängig, in dem er steht. Qualifikation und auch Kompetenz, soferne damit dasselbe gemeint ist, sind daher relative Begriffe, abhängig von den je verschiedenen Formen der beruflichen Sozialisation, den diversen Formen der Arbeitsteilung und den Arten der Regulierung der Arbeitsbeziehungen.
Keineswegs einfacher stellen sich die Verhältnisse dar, wenn bei nicht-industriellen Berufen von Qualifikationen und Kompetenzen die Rede ist. Am Beispiel der Lehrer und der Polizisten verdeutlicht C. Dubar (1996, S. 184), wie eng hier formal-juridische Komponenten mit persönlichen Merkmalen verbunden sind. Qualifizierte Lehrer und Polizisten verfügen über formale bzw. technische Qualifikationen, die mit bestimmten Ausbildungsgängen verbunden und juridisch kodifiziert sind. Darüber hinaus betrachten aber beide, sowohl Lehrer wie auch Polizisten, ihr Metier als eine Kunst, die nicht unabhängig von der jeweiligen Persönlichkeit auszuüben ist. So wird die Persönlichkeit gleichzeitig zum entscheidenden Arbeitsinstrument. Es zeigt sich also auch hier wieder die schon bei den frühen Arbeitssoziologen erkannte Doppelbödigkeit von Qualifikation und Kompetenz: einerseits die technische Qualifikation, die formalisierte Kenntnisse voraussetzt, andererseits aber eine Geschicklichkeit des berufliches Verhaltens, die nur über die Praxis erworben werden kann.
Eine weitere Unklarheit entsteht, wenn der Begriff der Kompetenz im Sinne einer Theorie der Berufe wie im angelsächsischen Raum verwendet wird. Berufe im sinne von „professions" üben die Repräsentanten der freien Berufe aus, die in einem geschlossenen Arbeitsmarkt agieren und so juridisch von abgegrenzt sind, die einfachere Tätigkeiten ausüben. Die Angehörigen freier Berufe wie Ärzte, Rechtsanwälte, Notare haben das Recht, berufliche Vereinigungen zu gründen. Diese Option steht den anderen nicht zu, sie haben lediglich das Recht, Mitglied einer Gewerkschaft. Der Ausdruck der Kompetenz ist hier mehr den Angehörigen der freien Berufe vorbehalten, Qualifikationen hingegen beziehen sich auf Beschäftigungen, die nicht dem professionellen System zugehörig sind. Zugeschriebene Kompetenzen bringen daher die besonderen Beziehungen des Professionellen zu seinen Klienten wie Vertrauen, Hingabe, Engagement zum Ausdruck, sind also Teil einer beruflichen Rhetorik, um die große gesellschaftliche Bedeutung und Unersetzlichkeit einer bestimmten Berufsgruppe herauszustreichen. Aus dieser Optik unterscheiden sich Kompetenzen von Qualitäten nicht durch unterschiedliche Bestände des Wissens. Die unterscheidenden Kriterien sind vielmehr unterschiedliche Strategien kollektiver Akteure und unterschiedliche Arten der Regulierung der Arbeitsmärkte.
Eine weitgehend andere Akzentsetzung bringt die heutige Orientierung der Betriebe am Kompetenz-Modell mit sich. Diese ist zu sehen auf dem Hintergrund der Umgestaltung der betrieblichen Sozialbeziehungen, die sich im Laufe der 80er Jahre durchgesetzt haben: Rehabilitation des Unternehmens, Niedergang der Gewerkschaften, eine Neubewertung der humanen Ressourcen und damit zusammenhängend die Betonung eins „sozialen" Managements. C. Dubar (1996, S. 188) zählt fünf Momente auf, bei denen die neue Orientierung am Kompetenz-Modell sichtbar wird: In neuen Formen der Rekrutierung, wobei der Stellenwert von Diplome höher veranschlagt wird, was mit sich bringt, daß die Rekrutierung von Niederqualifizierten auf zusätzliche Schwierigkeiten stößt; in der Höherbewertung der Mobilität und individualisierten Erfolgsbeurteilung; in der Einführung neuer Kriterien der Evaluierung, welche beziehungsorientierte Komponenten besonders betonen; in der Aufforderung zur Weiterbildung, die meist innerbetrieblich erfolgt und eine Beeinflussung der Identität der Beschäftigten zum Ziel hat; und schließlich noch die Beseitigung der alten Systeme der Klassifizierung, die Resultat kollektiver Verhandlungen gewesen sind. Die neuen Kompetenzen sind also Resultate betrieblicher Sozialisation, deren Ziel die Neutralisierung oder Entwertung anderer Identitäten der Lohnabhängigen ist, die noch aus anderen Zeiten kommen.
Der neue Diskurs von den Kompetenzen generell, der sozialen Kompetenz im besonderen betont die Möglichkeiten persönlicher Mobilisierung im Interesse des Unternehmens und ist Symptom einer neuen Konzeption von Arbeitsbeziehungen. Das Unternehmen sucht die optimale Nutzung der humanen Ressourcen, ohne genau zu wissen, worin diese besteht; die Beschäftigten hingegen sind an einer möglichst guten Bewertung ihrer Fähigkeiten interessiert, wobei sie ebenfalls nicht von vornherein wissen, wie nützlich diese in welchen Situationen sein werden. Diese doppelte Unsicherheit wurde früher als "Unvollständigkeit des Arbeitsvertrages" bezeichnet, die einer Regelung durch allgemeine Normen bedarf, die nur Gegenstand eines Kompromisses gegensätzlicher Interessen sein konnten und weiterhin sein können. So erhalten die heute eingeforderten "sozialen Kompetenzen" einen genau angebbaren Stellenwert: sie bestehen in der Fähigkeit der Beschäftigten, die Interessen des Unternehmens als die allein maßgeblichen zu betrachten und die eigenen Interessen zu ignorieren, wie dies Grégoire Philonenko / Véronique Guienne (1998, S. 147) im Detail beschreiben.7 Damit wird die Unsicherheit des Arbeitsvertrages zugunsten des Unternehmens beseitigt. Dessen Wettbewerbsfähigkeit wird dadurch zweifellos gestärkt, gleichzeitig läuft es aber Gefahr, früher oder später mit massivem individuellem Desinteresse oder kollektiven Formen des Widerstandes konfrontiert zu sein.
Die Management-Theorie ist vom Einfluß angelsächsischer Vordenker bestimmt und für häufige Trendwechsel bekannt, wobei hinter neuen Begriffskreationen sich oft lediglich altbekannte Dinge verbergen. Der rasche Wechsel der Moden in sprachlichem Ausdruck und perspektivischer Orientierung dient jedoch einem konstant bleibenden Anliegen: Konstant bleibt das Bestreben, einzelbetriebliche Prozesse zu optimieren, variabel sind Konzepte und Rezepte, die als unmittelbar zielführend angepriesen werden. John Micklethwait / Adrian Wooldrige (1996, S. 18) weisen darauf hin, daß die Entwicklung und der Verkauf von Konzepten und Rezepten selbst zu einem so erfolgreichen Geschäft geworden ist, daß dadurch die Seriosität der theoretischen Anstrengungen beeinträchtigt wird.
Die Unterscheidung in Zielkonstanz und Mittelvariabilität ist nur insofern von Nutzen, als sie nicht unterschlägt, daß auch die Formel von der Optimierung der einzelbetrieblichen Prozesse nicht unproblematisch ist. Dies deswegen, weil sie bereits ein Vorverständnis dessen transportiert, was unter einem Betrieb, einer Firma, einem Unternehmen verstanden werden soll. Handelt es sich dabei um Maschinen zur raschen Realisierung von Gewinnen oder um kooperative Formen der Tätigkeiten, welche die Prozesse des Austausches mit der Natur regeln? Sind Unternehmen Orte der Ausbeutung der Beschäftigten oder Orte ihrer Selbstverwirklichung durch Arbeit? Ist ein Betrieb eher eine in sich geschlossene Einheit oder offen für vielfältige Beziehungen zur Umwelt? Bedarf er einer klar ausgeprägten Hierarchie oder haben die Abstände zwischen den einzelnen Stufen möglichst gering zu sein? Sind Strukturen und Prozesse im Unternehmen theoretisch mit organisationsbezogenen oder mit institutionellen Zugängen (Coriat / Weinstein 1995, S. 7) angemessener zu analysieren?
Ungeachtet der vielen offenen Fragen ist festzuhalten, daß sich in den 80er Jahren der gesellschaftliche Stellenwert des Unternehmens merklich verändert hat. Jene, die von Aufwertung sprechen, haben wohl eher die Tatsache im Auge, daß unternehmerische Aktivitäten an Prestige gewonnen haben. Jene, die mehr den Aspekt der Rehabilitation der Unternehmen betonen, weisen auf die Verflüchtigung der negativen Konnotationen hin, die zu Zeiten des Klassenkampfes, resultierend aus dem Interessenkonflikt zwischen Kapital und Arbeit, mit der Unternehmerrolle verbunden gewesen sind. Die neue Unternehmensrhetorik der vergangenen Jahre darf jedoch nicht den Blick auf die vorangehenden Jahrzehnte verstellen, die für das Verständnis der neueren Entwicklungen mitzuberücksichtigen sind. John Micklethwait und Adrian Wooldrige (1996, S. 105) weisen darauf hin, daß im Bereich der Management-Theorie Alfred Sloan dasselbe leistete wie Henry Ford für den realen Produktionsprozeß. Nach Sloans Vorstellungen sollte das Unternehmen eine sich selbst erhaltende Einheit sein. Zu diesem Zweck hatte er vorgeschlagen, es in verschiedene halbautonome Einheiten mit je eigenen Handlungsspielräumen zu gliedern, die für die Zentrale Gewinne zu erwirtschaften hatten. Trotz des beträchtlichen Grades an Dezentralisation funktionierte das Ganze nach einem System rigider Befehls- und Kontrollabläufe.
Dieses Modell, das den amerikanischen Kapitalismus über lange Jahre erfolgreich inspirierte, ist inzwischen von den realen Entwicklungen her (lean production, Silicon Valley mit den neuen Kleinfirmen, Desavouierung der funktionellen Gliederung) überholt worden. Mit der Lockerung strenger formaler Kontrollen und der Preisgabe der Orientierung an der betrieblichen Selbsterhaltung (selfsufficiency) ist es zu einer Relativierung der hierarchischen Strukturen gekommen. Dies bedeutete gleichzeitig eine Ausweitung der Zonen der Unsicherheit und, damit verbunden, eine Zunahme der Bedeutung kognitiver Faktoren.
Bei der Suche nach einem neuen Modell stehen die beiden Momente der Errichtung von Netzwerken und der Pflege der Unternehmermentalität (enterpreneurialism) im Vordergrund. Doch, wie Micklethwait / Wooldrige (1996, S. 110) bemerken, steht am Beginn jeder betrieblichen Reorganisation heute einer der häßlichsten, aber auch wichtigsten der obskuren Ausdrücke der Management-Theorie: die Kernkompetenzen (core competencies). Zum Verständnis dessen, was damit gemeint ist, verweisen die beiden Autoren auf G. Hamel und C.K. Prahalad: Kernkompetenzen sind das Können (skills) und „die Fähigkeiten, sowohl kodifizierte wie nicht kodifzierte, die einem Unternehmen ein eigenartiges Flair geben und von der Konkurrenz nicht so ohne weiteres imitiert werden können" (a.a.O.). Sich für eine Kompetenz entscheiden bedeutet auch, sich aus jenen Bereichen zurückzuziehen, in denen die eigene Leistungsfähigkeit als unbefriedigend einzustufen ist. Neben dem Problem der Entscheidung für eine bestimmte Kernkompetenz geben Hamel und Prahalad zu, daß auch noch mit anderen Problemen zu rechnen ist (a.a.O., S. 111). Denn Märkte können sich rasch ändern, Manager können ihre Ansichten und Vorlieben wechseln, und unversehens werden dann Kernkompetenzen zu Kernbeschränktheiten (core rigidities). Zusätzliche Gefahren ergeben sich aus dem Hang zur Selbstgefälligkeit oder dem Wunsch, des Guten zu viel zu tun.
Hatte das Unternehmen nach dem Modell Alfred Sloans eine klare und strenge hierarchische Struktur, so fehlen solche im post-sloanschen Modell weitgehend. Was nun die Kohäsion sicherstellen muß, das ist die Kultur, jener unsichtbare Faktor, der die Selbstdisziplin der Beschäftigten und ihr gegenseitiges Vertrauen zu gewährleisten hat. Erfolgreiche Unternehmen pflegen daher ihre zentralen Werte (core values), eine Art kultureller Variante der Kernkompetenzen. Dies bedeutet, daß geschäftlicher Erfolg an die Fähigkeit der Führung gebunden ist, in der Belegschaft Enthusiasmus und Engagement zu generieren. Die besten Möglichkeiten, die Unternehmenskultur zu stabilisieren und zu erneuern, sind Personalrekrutierung und innerbetriebliche Weiterbildung. Damit wird es möglich, mit Unsicherheiten zu leben und den kognitiven Faktor zu entwickeln, was dann zum Konzept der „lernenden Organisation" führt. Eine solche sollte ständig auf der Suche nach neuen Ideen sein leidenschaftlich neue Dinge ausprobieren wollen. In vielen der erfolgreichsten Gesellschaften ist der oberste Chef selbst dafür verantwortlich, eine Atmosphäre höchsten Eifers (a culture of obsession) zu erzeugen: „selbst ein Besessener, sucht er sich andere Besessene und animiert sie dazu, ihr Leben ihren Produkten zu weihen" (Micklethwait / Wooldrige 1996, S. 133).
Diese Besessenheit hat sich an Zielen zu orientieren, die Gegenstand der Vision sind, in welche Richtung sich die Märkte entwickeln. Stehen die Ziele einmal fest, so gelte es, die Zeiten der Produktentwicklung zu halbieren, die Fehlerquellen zu reduzieren, die anteilsmäßigen Leistungen der einzelnen Mitglieder der Teams genau zu bestimmen und den Arbeitsdruck ins Extreme zu steigern. Dies seien die Bedingungen, unter denen Kreativität sich am ehesten entfalte und „Wissensarbeitern" (knowledge workers) erfolgreiche Innovationen gelingen könnten. In der künftigen Ökonomie des Wissens werde für die meisten Beschäftigten die fundamentale Spaltung der Gesellschaft nicht mehr jene zwischen Kapital und Arbeit sein, sondern jene zwischen Insidern und Outsidern (Micklethwait / Wooldrige 1996, S. 139). Insider sind hier jene, die zu den Belegschaften wissensintensiver Unternehmen gehören und so die Chance haben, ihre Intelligenz und Fähigkeiten einzusetzen, Outsider hingegen jene, die draußen in der Kälte gelassen sind. Als Oberflächenbeschreibung mag dies zutreffend sein, doch die Negation der fundamentalen Spaltung8 der Gesellschaft scheint verwegen zu sein in Anbetracht der Diskrepanzen zwischen Reichen und Armen, die derzeit immer größer werden.
Aus der Perspektive der Management-Theorie sind Kompetenzen daher keine generellen Qualitäten, sondern, als Folge von Selektionsprozessen, unternehmensspezifische Merkmale und Fähigkeiten. Kompetenzentwicklung hat die Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens zu erhöhen, das sich als „lernende Organisation" versteht. Der Ausdruck „lernende Organisation" bedeutet heute dasselbe, was vor etlichen Jahren noch Organisationsentwicklung geheißen hat. Doch auch die neuere Bezeichnung der „lernenden Organisation"schon wieder nicht mehr ganz aktuell. An ihre Stelle tritt nun das Konzept des Wissensmanagements, womit ein reichlich abgenutzter, wenn auch keineswegs umgesetzter Topos (die lernende Organisation) oberflächlich rezykliert wird (Schneider 1996, S. 7 ). Die Sache, die gleich bleibt, ist der Anspruch an jeden, der zu den Insidern gehören will, seine persönliche Identität in seiner betrieblichen Identität aufgehoben zu sehen. Von den normativen Implikationen her verweist dies alles auf eine Wiedergeburt der Figur des Helden der Arbeit, dessen Glück darin besteht, sich zu verzehren im Dienst an der Sache und seine eigenen Interessen zu vergessen. Die bisher wichtige Unterscheidung zwischen Emanzipation und Entfremdung wird damit obsolet.
Die Kurzlebigkeit der Management-Theorien ist weitgehend dadurch bedingt, daß sie mehr das thematisieren, was sein soll und das vernachlässigen, was ist. Aussagen zu dem, was ist, präsentieren sich in der Gestalt eines vordergründigen Positivismus und Chosismus, der das Komplexe dem Einfachen opfert9 und nur das zu sehen bereit ist, was zugreifender Intervention offen zu sein scheint. Im Bemühen, die Leistungskomponente zu forcieren, wird alles, was erfolgreich ist oder zu Mißerfolgen geführt hat, zu einer Frage des Leistungsvermögens. Dieses selbst aber ist eine Resultante des Drucks von außen oder eines unbändigen inneren Leistungswillens. Die Trennlinie zwischen Insidern und Outsidern ist nach Maßgabe der Leistungsfähigkeit gezogen, wobei die Frage, warum die Starken stark und die Schwachen schwach sind, nicht einmal gestellt wird.
Neuere Untersuchungen zu den Kriterien der Rekrutierung von Topmanagern weisen da auf andere Fakten hin, die hinter einem vordergründigen großen oder kleinen Leistungswillen wirksam sind. Es sind dies vor allem exklusive Bildungsabschlüsse, eine gehobene soziale Herkunft und, in Abhängigkeit von dieser, bestimmte Persönlichkeitsmerkmale. Was die Bildungsabschlüsse betrifft, so liegen diesbezüglich im deutschsprachigen Raum andere Verhältnisse vor als in Frankreich, Großbritannien oder den USA. Dort sind es vor allem die Elite-Einrichtungen der Grandes Ecoles, Oxford und Cambridge sowie der „Big Three" Harvard, Yale und Princeton, aus deren Absolventenkreis sich der Großteil der Inhaber von Spitzenpositionen in Wirtschaft und Gesellschaft rekrutieren.
In Deutschland stammten bis in die 60er Jahre 50-60 % der Topmanager noch aus der Mittelschicht und auch Angehörigen der Arbeiterschaft (Hartmann 1995, S. 448) war es möglich, zu höchsten Positionen zu kommen. Diese Situation hat sich inzwischen im Sinne einer Angleichung an die Rekrutierungsmechanismen in den anderen Ländern geändert und damit sozusagen „normalisiert". Mehr als 60 % der Spitzenmanager, die in den 90er Jahren in den Ruhestand treten, kommen aus Elternhäusern, die zu den oberen 2 - 3 % der Einkommensbezieher ihrer Zeit zählen (Hartmann 1996, S. 452). Fast drei Viertel des obersten Segments der Manager stammt aus Haushalten, die nicht einmal 5% der Erwerbstätigen ihrer Zeit umfaßten, während andererseits aus der Arbeiterschaft, die zwischen 1939 und 1960 mit 60 % die große Mehrheit der aktiven Bevölkerung stellte, es nur 5 % zu einer Spitzenposition brachten. Seit den 70er Jahren verfügen Topmanager, im Gegensatz zu früheren Jahren, vermehrt über einen universitären Abschluß, wobei die beiden Fächer Betriebswirtschaft und Jus mit einem hohen Anteil dominant vertreten, Absolventen der naturwissenschaftlichen Fächer und Techniker jedoch in den oberen Rängen stark unterrepräsentiert sind.
Weit wichtiger als der universitäre Abschluß ist jedoch das Persönlichkeitsprofil des jeweiligen Kandidaten, wenn es um den Zugang zu Top-Positionen geht: er muß die für Spitzenpositionen „üblichen Umgangsformen beherrschen und die dort geltenden ungeschriebenen Regeln kennen; er muß ein hohes Maß an Souveränität im Auftreten und eine hohe Allgemeinbildung besitzen; schließlich muß er eine optimistische Lebenseinstellung mitbringen und - ganz entscheidend - über ein hohes Maß an unternehmerischem Denken verfügen" (Hartmann 1995, S. 456). Dies impliziert, den „Dress Code" zu kennen und ihn auch zu akzeptieren sowie ein „parkettsicheres" Verhalten zu haben. Das heißt, neben Beachtung der Kleidungs- und Verhaltensvorschriften sind ein souveränes und gelassenes Auftreten, Selbstsicherheit und Ruhe unabdingbare Merkmale für jene, die ganz nach oben kommen wollen. Als weiteres wichtiges Persönlichkeitsmerkmal gilt eine solide Allgemeinbildung, die umso breiter sein muß, je höher die angestrebte Stellung ist. Ergänzt wird die Palette der wünschenswerten Persönlichkeitsfaktoren durch eine Biographie, die Rückschlüsse auf ein hohes Maß an Initiative, Entscheidungsfreude und beträchtliche Risikobereitschaft erlauben. Weil diese Kriterien im Hinblick auf erfolgsorientierte Männer entwickelt worden sind, also nur sehr bedingt auch für Frauen gelten, haben letztere in ihrem Streben nach einflußreichen Positionen eine zusätzliche Barriere, ihr Geschlecht, zu überwinden.
Diese sozial bedingten Persönlichkeitsmerkmale, die gleichzeitig Zugehörigkeit zur „Upper-Class" signalisieren, werden daher auch als „innate qualities (leadership, courage, decisiveness, judgement)" bezeichnet, die als „class as much as individual qualities" für die soziale Auslese der Kandidaten und damit gleichzeitig für stabile Verhältnisse sorgen (Locke, subcit. Hartmann 1997, S. 30). Für dieses Bündel an persönlichkeitsrelevanten Faktoren wie Selbstsicherheit und Souveränität, Auftreten und Stil, die man in die Wiege mitbekommt oder eben auch nicht, aber schlecht lernen kann, verwenden Personalberater sowohl den Ausdruck „soziale Kompetenz" wie auch den der „Kernkompetenzen" (Hartmann 1995, S. 460). Weniger irreführend ist es, dafür in Anlehnung an Pierre Bourdieu von einem „klassenspezifischen Habitus" zu sprechen. Damit ist jene Kombination von vorteilhaften Persönlichkeitsmerkmalen gemeint, welche als Basis der erforderlichen „sozialen Distinktion" den Zugang zu Spitzenpositionen erleichtern: gutes äußeres Erscheinungsbild, angemessene Umgangsformen, Souveränität, Allgemeinbildung und unternehmerisches Denken (ders., a.a.O., 462).
Für die Zukunft werden fachbezogene Kenntnisse weniger wichtig sein als die Summe dieser sozialbedingten Persönlichkeitsfaktoren. Wenn diese Annahme Michael Hartmanns richtig ist, so kommt es damit de facto in der Verteilung sozialer Chancen zu einer Renaissance ständischer Zuweisungskriterien. Ulrich Beck (1996, S. 249) spricht daher von einer Refeudalisierung in der Chancen- und Risikoverteilung auf dem Arbeitsmarkt, weil erneut jenseits der Ausbildungszertifikate nach Kriterien gemessen wird, die sich allen Rechtfertigungszwängen entziehen.
Der Ausdruck Kompetenz im weiteren Sinne eines Beitrags zur Erhöhung der Wettbewerbsfähigkeit bleibt jedoch unklar und unbestimmt, solange das dazu gehörende Wettbewerbsfeld nicht bekannt ist. Ist die Konkurrenz schwach, so ist Kompetenz bald sichergestellt. Im anderen Fall, bei hoher Konkurrenz, ist es sehr schwer, kompetent zu sein im Sinne von in der Lage zu sein, die anderen dominieren oder zumindest in entscheidenden Phasen mithalten zu können. Daher stellt Guy le Boterf (1997, S. III) zu recht fest, daß in allen großen Unternehmen und Organisationen der Wille zur Entwicklung der erforderlichen Kompetenzen an vorderster Stelle der Absichtserklärungen steht, doch den großen Worten meist nur unbedeutende oder keine praktischen Konsequenzen folgen. Le Boterf führt dies auf die Unterbestimmtheit des Begriffes zurück, unter dem häufig nur die Summe des Wissens verstanden wird, bisweilen auch das Tun-Können (savoir faire) oder auch das Sein-Können (savoir etre) oder auch nur einfach die Anwendung theoretischen oder praktischen Wissens. Wo der Begriff durch eine Liste heterogener Merkmale näher umschrieben wird, verliert er seine Konsistenz, damit auch die Operationalisierbarkeit und letztlich seinen Sinn. Mit der Logik der Dekomposition, so Le Boterf, verflüchtigt sich der Inhalt des Begriffes. Daher verlangt er dringend eine strengere begriffliche Fassung. Sonst komme es dazu, daß die Entwicklung der Kompetenzen mehr und mehr vernachlässigt werde, und dies in einer Situation, in welcher deren Notwendigkeit nicht mehr in Frage zu stellen sei.
Le Boterf sucht dem Begriff der Kompetenz durch folgende Bestimmungen schärfere Konturen zu geben. Zunächst einmal durch ein Verständnis der Kompetenz als kombinatorisches Wissen und die stärkere Berücksichtigung des Subjekts als das Zentrum der Kompetenz. Das Individuum konstruiert seine Kompetenzen, indem es eine doppelte Ausstattung mit Ressourcen kombiniert und mobilisiert: seine inkorporierten Ressourcen (Kenntnisse, Erfahrungen, praktische Fähigkeiten, persönliche Qualitäten) und die Ressourcen seiner Umwelt (berufliche Beziehungen, Dokumentationen, Datenbanken....). Eine weitere Annahme Le Boterfs besteht darin, daß das kombinatorische Wissen der je verschiedenen Individuen nicht dasselbe ist und daß es sich im Lauf der Zeit weiter entwickeln kann. Daraus folgt, daß es nicht nur eine Art geben kann, kompetent zu sein im Hinblick auf ein Problem oder ein zu realisierendes Projekt. Kompetenz läßt sich also nicht auf eine einzige Verhaltensäußerung reduzieren, die der Beobachtung zugänglich ist. Dies führt in einem dritten Schritt dazu, die Kompetenz eines Individuums - die in seinem kombinatorischen Wissen und in seiner Fähigkeit der Ressourcenkombination und Ressourcenmobilisierung liegt - von den Kompetenzen zu unterscheiden, die es mit seinem kombinatorischen Wissen hervorbringt. Kompetent ist demnach jene Person, die dazu in der Lage ist, rechtzeitig jene Kompetenzen zu entwickeln, die zur Bewältigung einer komplexen beruflichen Situation erforderlich sind.
Mit diesen drei Annahmen lassen sich einige wichtige Unterscheidungen treffen. An erster Stelle einmal jene zwischen den Ressourcen, die nötig sind, um Kompetenzen zu konstruieren und den Kompetenzen selbst. Ebenso ist die Ökonomie der Kompetenzen und die Ökonomie der Wissensbestände auseinanderzuhalten. Objektiviertes Wissen dient dazu, Kompetenzen zu erzeugen, ist aber nicht Teil der Kompetenzen selbst. Inkorporiertes Wissen und objektiviertes Wissen sind verschieden, jedoch komplementär. Weitere Unterscheidungen beziehen sich einmal auf die Evaluierung der Kompetenzen und die Evaluierung der Ressourcen, die zur Schaffung von Kompetenz erforderlich sind, dann aber auch die Trennung von Ausbildung und Professionalisierung. Ausbildung dient der Erhaltung und Erweiterung der inkorporierten Ressourcen, der Einübung in ihre Kombination und Mobilisation, Professionalisation hingegen inkludiert die Ausbildung, fügt ihr jedoch die Organisation der Arbeitssituationen hinzu, die dazu führen soll, die Konstruktion von Kompetenzen zu erlernen. Eine letzte Feststellung Le Boterfs bezieht sich auf die Vermittelbarkeit von Kompetenzen. Diesbezüglich vertritt er die Ansicht, daß eine solche nicht möglich ist. Was sich machen läßt, beschränkt sich darauf, günstige Bedingungen für die immer persönliche Konstruktion von Kompetenzen zu schaffen.
In der Mitte des hier dargestellten Konzepts von Kompetenz steht das Subjekt und seine Ressourcen, sowohl die äußeren wie auch die inneren. Die inneren Ressourcen stellen die inkorporierten Potentiale dar, die äußeren hingegen die diversen Beziehungsnetze und objektiviertes Wissen, auf welches das Subjekt zurückzugreifen versteht. Die Kompetenz des Individuums besteht demnach darin, die zur Meisterung komplexer Situationen erforderlichen Kompetenzen schaffen zu können. Ausbildung ist die Voraussetzung von Kompetenz, doch kann Ausbildung allein keine Kompetenz vermitteln. Wenn diese These richtig ist, dann sind Erwartungen an das Ausbildungssystem, Kompetenzen im Sinn des beruflich unmittelbar Verwertbaren vermitteln zu können, überzogen und irreal. Ausbildung kann nur insofern der Entfaltung persönlicher Kompetenz dienen, als sie das kombinatorische Wissen fördert und jene Fähigkeiten stützt, die auf die Mobilisierung und Kombinierung verfügbarer Ressourcen gerichtet sind.
Es zeigt sich, daß es zu wenig ist, nur dem Diktat der Sprach- und Denkmoden zu folgen und mehr Kompetenzen zu reklamieren. Ohne genauere Angaben, wie dies geschehen könnte, bleibt dies alles im Bereich der frommen Wünsche. Le Boterfs Konzeption von Kompetenz hat den Vorteil, äußere und innere Komponenten zu unterscheiden. Die innere Komponente ist das mobile, kombinierende Subjekt, das in der Lage ist, Kompetenzen zu konstruieren. Substrat dieser Herstellung von Kompetenz sind die inkorporierten Fähigkeiten einerseits, verfügbare objektive Ressourcen andererseits. Dieser Kompetenzbegriff entspricht in etwa der Grundfigur dessen, was N. Luhmann (1969, S. 218 f) als "reflexive Mechanismen" bezeichnet: dem Lernen des Lernens, dem Normieren der Normsetzung, dem Übermächtigen der Macht, dem Entscheiden über Entscheidungsprozesse, dem Verstehen des Verstehens und der Information über die Information. Auf den Kompetenzbegriff übertragen bedeutet dies: Kompetent sein heißt, die von bestimmten Situationen erforderten Kompetenzen erzeugen zu können. Dazu prädisponiert ist das „aktive" Subjekt im Sinne A. Etzionis (1975): informiert, engagiert und mit Zugängen zur Macht ausgestattet sein. In der Terminologie von P. Bourdieu würde zu formulieren sein: kompetent ist, wer über entsprechendes kulturelles, symbolisches und soziales Kapital verfügt und dies auch entsprechend einzusetzen versteht. Kompetenz dieser ersten Ebene besteht darin, mit jenen inneren und äußeren Ressourcen ausgestattet sein, die das Subjekt als aktiven Einzelnen, als Akteur in Erscheinung treten lassen. Kompetenz der zweiten Ebene ist das, was die Akteure aus ihren Ressourcen im Hinblick auf bestimmte Aufgabenstellungen zu leisten in der Lage sind. Dies bedeutet, daß für Subjekte mit unzulänglicher Ressourcenausstattung die Wege zur Kompetenz weit sein müssen bzw. auch zu weit sein können, um sie realisieren zu können.
Ein derartiges Verständnis von Kompetenz gibt dem Begriff eine bestimmte Bedeutung. Denn sein Stellenwert läßt sich aus seinen Beziehungen zu benachbarten Begriffen ableiten, die das theoretische Feld bestimmen, in die er eingebettet ist. Zudem ist nicht von vornherein klar, daß "kompetent" ein Führungskräfte oder, was mehr oder weniger dasselbe ist, ein Angehörige der Oberschicht kennzeichnendes Merkmal ist. Die Geschichte hält zahlreiche Beispiele bereit, in denen Untertane, Knechte, Unterdrückte, Kolonisierte Kräfte zu mobilisieren in der Lage gewesen sind, um die von ihren Obrigkeiten, Herren, Beherrschern und Kolonisatoren erzeugte Probleme bearbeiten zu können. Ohne diese nähere Bestimmung über eine mit dem Begriff verbundene Theorie bleibt der Ausdruck leer und unverbindlich. Es besteht die Gefahr, daß damit lediglich ein neues Wort in Umlauf gesetzt wird, das auf semantischer Ebene Verwirrung stiftet.
Im Bereich des soziologischen Denkens ist der Begriff der Kompetenz zwar keine zentrale, aber auch keine unbekannte Kategorie. Nicht zentral deswegen, weil ihr in den Denkgebäuden der schulbildenden Autoren, die den Rahmen der Disziplin abstecken und die perspektivischen Orientierungen vorgeben, keine tragende Bedeutung zukommt. Anders ist dies bei Versuchen, die darauf hinauslaufen, den Rahmen zu erweitern und einen Wechsel der Perspektiven herbeizuführen, wie dies Jürgen Habermas in seinem Entwurf zu einer "Theorie des kommunikativen Handelns" (1982) unternommen hat.
Damit will Habermas frühere Handlungskonzepte, die er auf die Modelle eines teleologischen (Max Weber), eines normregulierten (Durkheim, Parsons) und eines dramaturgischen (Mead, Goffman) Handelns reduziert, in eine neue Synthese einordnen, die er über eine Freilegung der ontologischen Voraussetzungen dieser Konzepte gewinnt, die gleichzeitig drei verschiedene Aktor-Welt-Beziehungen repräsentieren. Im teleologischen Handlungsmodell verhält sich das Subjekt zu etwas in der objektiven Welt, im normregulierten zu etwas in der sozialen Welt, und im dramaturgischen zu etwas in der subjektiven Welt. Objektive Welt die dabei die Gesamtheit der Entitäten, über die wahre Aussagen möglich sind, soziale Welt die Gesamtheit legitim geregelter objektiver Beziehungen und subjektive Welt die Gesamtheit der privilegiert zugänglichen Erlebnisse, die ein Sprecher vor einem Publikum wahrhaft äußeren kann (Habermas 1982, I, S. 184).
Diese drei Typen pragmatischer Aktor-Welt-Beziehungen, die sich in den verschiedenen Arten der Sprachverwendung finden, sind nun für Habermas (1982, I, S. 184) lediglich Grenzfälle des kommunikativen Handelns, das für ihn ein verständigungsorientiertes Handeln ist. Wo immer es um kooperative Deutungsprozesse geht, wird zumindest implizit immer auf objektive, soziale und subjektive Welt Bezug genommen. Dies bedeutet, daß sowohl Sprecher wie auch Hörer Äußerungen jeweils dahingehend zu relativieren haben, daß diese auch bestritten werden können. Eine geteilte Sicht der Wirklichkeit, bis zu einem gewissen Maße unabdingbar für menschliches Zusammenleben, ist an vorausgehende Verständigungsprozesse gebunden, in denen die Kommunikationsteilnehmer auch mit den implizit erhobenen Geltungsansprüchen einverstanden sind. Bei der Analyse der Verständigungsprozesse geht es ihm weniger um empirische Beschreibungen aus der Beobachterperspektive (empirisch-pragmatischer Ansatz), sondern um eine formalpraktisch ansetzende Theorie, "die sich in rekonstruktiver Absicht, also im Sinne einer Kompetenztheorie, auf die Bedingungen möglicher Verständigung richtet" (Habermas 1986, I, S. 440). Eine derartige formalpragmatische Analyse zielt wie die Analysen des später Husserl oder die Lebensform-Analysen des späten Wittgenstein auf Strukturen, die gegenüber den historischen Ausprägungsformen partikulärer Lebenswelten und Lebensformen als invariant angesetzt werden (Habermas 1982 I, S. 182).
Es geht also bei derartigen Analysen nicht um empirische Befunde aus Linguistik, Soziologie, Anthropologie oder Psychologie, sondern um die Strukturen der Lebenswelt, wie sie früher in der Transzendentalphilosophie abgehandelt worden sind. Der Begriff Lebenswelt ist demnach für Habermas ein dem "kommunikativen Handeln" komplementärer Begriff. Er steht für den horizontbildenden Kontext von Verständigungsprozessen. Der kommunikationstheoretische Begriff der Lebenswelt, der phänomenologisch ausgerichtet ist und das bewußtseinphilosophische Verständnis hinter sich läßt, ist inhaltlaich bestimmbar durch eine Rekonstruktion des vortheoretischen Wissens, wie es sich bei kompetenten Sprechern antreffen läßt (Habermas 1982 II, S. 205). Dieses vortheoretische Wissen bezieht sich auf die Fähigkeit der Sprecher, selbst intuitiv entscheiden zu können, wann Verständigungsprozesse mit anderen gelungen oder fehlgeschlagen sind.
Handlungssituationen bilden für die Beteiligten jeweils das Zentrum der Lebenswelt, das jedoch einen offenen und beweglichen Horizont hat, den sie verschieben, expandieren oder verengen können. Bevor Sachverhalte als situationsrelevant thematisiert sind, existieren sie lediglich als lebensweltliche Selbstverständlichkeiten, die weder der Begründung bedürfen noch bestritten werden. Lebenswelt steht daher für die Summe der Selbstverständlichkeiten und nicht in Frage gestellter Überzeugungen, repräsentiert den kulturell überlieferten und sprachlich organisierten Vorrat an Deutungsmustern (Habermas 1982 II, 189). Inhaltlich ähnlich konzipiert Habermas (a.a.O., S. 209) Kultur als jenen Wissensvorrat, aus dem die Kommunikationsteilnehmer sich mit Interpretationen versorgen, um sich verständigen zu können. Als Gesellschaft bezeichnet Habermas jene legitimen Ordnungen, über welche die Teilnehmer ihre Zugehörigkeiten regeln und damit Solidarität sichern. Unter Persönlichkeit versteht er hingegen jene Kompetenzen, die ein Subjekt sprach- und handlungsfähig machen.
Ein solches Verständnis der Kompetenzen als Sprach- und Handlungsfähigkeit, die es zu entwickeln gilt, ist im Rahmen der Handlungstheorie insofern eine innovative Akzentsetzung, als sie auch die Möglichkeit der Absenz oder zumindest eine unzureichende Entfaltung dieser Fähigkeiten als unausgesprochene Implikation mit ins Spiel bringt. Diese ist darin zu sehen, daß der Bereich des Handelns enger zu fassen ist als in jenen instrumentellen, normorientierten oder dramaturgischen Konzeptionen, die Habermas mit seiner Theorie des kommunikativen Handelns zu überwinden sucht. Handeln ist hier nicht einfach Tätigkeit, das Tun eines isolierten Individuums, sondern eine erfolgreiche Verständigung im Rahmen legitimer Ordnungen, wobei der Rückgriff auf einen kulturell vorgegebenen Wissensvorrat in entscheidender Weise ins Gewicht fällt.
Mit einer derartigen Transformation der Handlungstheorie in einer Theorie der Handlungsfähigkeit verliert erstere ihre theoretische Abstraktheit und wird Sozialwissenschaft von ihrem Kernbereich her attraktiver, weil sie so praktische Orientierung mitliefern kann, ohne Abstriche an ihren theoretischen Ansprüchen machen zu müssen. Als Beispiel dafür, wie dies möglich ist, läßt sich "Über den Umgang mit Unsicherheit" von Albert Evers / Helga Nowotny (1987) lesen. Sie beziehen sich zwar an keiner Stelle ihrer Ausführungen auf Jürgen Habermas, der auch mit keiner seiner Arbeiten in ihrem Literaturverzeichnis aufscheint. Dennoch lassen sich aus der Art und Weise, wie bei Evers / Nowotny und Habermas die zentralen Begriffe Verständigung, Kompetenzen, soziale Identitäten, Selbstsicherheit und Handlungsbefähigung Verwendung finden, unverkennbare Parallelen herauslesen.
Die Zunahme an Unsicherheit in der modernen Gesellschaft wird von Evers / Nowotny an zwei Beispielen plastisch demonstriert: der technische Fortschritt bringt weder kalkulierbare noch beherrschbare Gefahren und Risiken mit sich, die ökonomische Entwicklung stürzt eine immer größere Anzahl von Menschen in Armut und Elend, bedroht ebensoviele oder sogar noch mehr, dasselbe Schicksal erleiden zu müssen. Vielfach werden diese beiden Entwicklungen als unbeeinflußbare Systemdynamiken eingeordnet, welche private und öffentliche Gestaltungsmöglichkeiten als gegensteuernde Interventionen für illusorisch erscheinen lassen.
Dem treten Evers / Nowotny mit verschiedenen Argumenten entgegen. Zunächst einmal weisen sie darauf hin, daß Bedrohung und Unsicherheit zwei Seiten hat, eine objektive und eine subjektive. Die objektive, das sind die mit sozialen Transformationen in Umbruchphasen verbundenen Gefahren, die subjektive hingegen das Wissen, "das eine Gesellschaft im Umgang damit zu entwickeln und zu nutzen trachtet - Wissen im weitesten Sinn von kulturellen Grundmustern über konsensfähige Orientierungen und wissenschaftliche Paradigmen bis hin zum instrumentellen technischen Wissen" (Evers / Nowotny 1987, S. 12). Damit sind zwei Fixpunkte ihrer Überlegungen markiert: Es gibt Gefahren, doch lassen sich diese in unter bestimmten Bedingungen in kalkulierbare Risiken verwandeln. Diese Bearbeitung der Gefahren ist teils eine Frage der Definitionsmacht, teils aber auch eine Frage der Verteilung von Zugangschancen zu Wissen sowie zu den regulierenden Institutionen. Ziel von Evers / Nowotny ist es aufzuzeigen, daß es immer noch möglich ist, Sicherheit als Selbstsicherheit, soziale Identität und Kompetenzen aufzubauen, die Unsicherheiten einer offenen Zukunft souveräner als bisher zu gestalten.
Risiken und Gefahren haben nicht nur eine objektive und eine subjektive Seite, sondern damit verbundene Unsicherheiten sind sozial ungleich verteilt. Dies ergibt sich aus Analysen von Lebensbiographien, die darauf hinweisen, daß mit unterschiedlicher Beherrschung von Raum und Zeit sowohl unterschiedliche soziale Identitäten und Handlungskompetenzen wie auch unterschiedliche Gefühle und Sicherheiten verbunden sind. Sicherheit ergibt sich nicht nur aus dem Vorhandensein von diesbezüglichen Institutionen wie Polizei, Militär, Versicherungen, rechtlichen Vorschriften, sondern ist zusätzlich in Beziehungen verschiedener Art eingebettet. Die Angst vor dem Alter, die Angst vor der Einsamkeit ist dort geringer, wo zusätzlich gemeinschaftsbezogene Sicherheiten bestehen. Zudem sind Angst und Gefährdung in armen Stadtteilen größer als in reichen Bezirken. Daher ist für die beiden Autoren die Bürde der Unsicherheit in der Gesellschaft sehr ungleich verteilt. Sie wird von den Mächtigen zu den Schwächeren hin abgeschoben, bis sie kumulativ von den Allerschwächsten getragen werden muß (Evers / Nowotny 1987, S. 60). Wenn also staatlich garantierte Sicherheitssysteme ihre Funktionen reduzieren, so ist Angst und Betroffenheit dort am größten, wo zusätzliche kompensatorische Sicherheitsbedingungen fehlen.
Derartige Überlegungen führen dazu, Außengaranten der Sicherheit von Innengaranten zu unterscheiden, die jedoch in einem komplexen Wechselverhältnis zueinander stehen. Außengaranten sind die institutionalisierten Sicherheitskomplexe, sichernde Innengaranten sind Kompetenz, Umsicht und persönliche Ressourcen, die erworben werden müssen. An gleicher Stelle (a.a.O., S. 61) werden zu den Formen der Sicherheit die individuell erworbenen Kompetenzen gezählt, "die sich im einzelnen nur schwer fassen lassen. Wir bezeichnen sie als Selbstsicherheit. Darunter verstehen wir Sicherheit im Sinn von Orientierung, der gefestigten sozialen Identität und der sozialen Kompetenz, die es den Menschen ermöglicht, jeweils spezifische kompensatorische Kompetenzen im Umgang mit Unsicherheit...........zu entwickeln" (a.a.O).
Verunsicherung ergibt sich aus dem Verlust der Außen- und Innengaranten. Sicherheit hingegen aus der Verständigung im Hinblick auf soziale und institutionelle Arrangements und Regulative. Bei Auseinandersetzungen um entwicklungsbedingte Konsequenzen ist es zu wenig, wenn sich davon Betroffene und existentiell Verunsicherte nur auf ablehnende Positionen zurückziehen oder den Weg resignativer Anpassung gehen. Historisch gesehen hat die Entwicklung von Innengaranten der Sicherheit im Sinn des Erwerbs von sozialer Kompetenz mit der Entwicklung von Außengaranten nicht Schritt gehalten (a.a.O. S. 62). Daher gilt es, neue gesellschaftliche Lernprozesse zu initiieren, damit Zielformulierungen des weiteren technischen und ökonomischen Wachstums nicht allzu einseitigen Entscheidungen von auf nur partikuläre Rationalitäten fixierten Experten vorbehalten bleiben. Zur Herstellung von Sicherheit gehört also auch jenes Insistieren auf das Recht auf eigenes Handeln, das Grundlage der Selbstsicherheit ist, die jedoch erst in dem Maße entwickelt werden kann, in dem politische Strategien.....Aktionsräume und Optionen sichtbar machen, die im konkreten Alltag beschritten werden können (a.a.O., S. 284).
Für die Zukunft wird es also unumgänglich sein, nicht nur den Schutz der von Unsicherheit Betroffenen zu verstärken, sondern sie auch zu eigenständigem Handeln zu befähigen. Diese Handlungsbefähigung, im Angelsächsischen mit Begriffen wie "enabling" oder "empowering" umschrieben, wird es ermöglichen, zwischen einander blockierenden Positionen von Pro und Kontra bei bestimmten Vorhaben einerseits und fataler Anpassungsbereitschaft andererseits diskursiv untermauerte Wege aufzuzeigen, die als Resultate von Verständigungsprozessen technische und soziale Risiken minimieren, damit aber auch als kalkulierbar und akzeptabel erscheinen lassen.
Zwischen diesem Verständnis von Kompetenz im Umgang mit Unsicherheit und dem Kompetenzverständnis bei Jürgen Habermas gibt es offensichtlich Parallelen. Dies auch im Hinblick darauf, daß bei beiden die Herstellung von Handlungsfähigkeit urgiert wird, aber genauere Handlungsanweisungen dazu fehlen. Dies deswegen, weil Kompetenzen über komplexe Diskurse zur Deutung von Situationen und Handlungsnotwendigkeiten in lebensweltlich fundiert und damit in Horizonte eingebunden sind, deren Grenzen nicht feststehen. Eine Verbesserung der Handlungsfähigkeit gehört in beiden der hier angesprochenen Konzeptionen zu den Desideraten einer gedeihlichen Entwicklung gegenwärtiger Gesellschaften. Für beide ist Handlungsfähigkeit und damit auch Kompetenz ein knappes Gut. Doch die Beseitigung der Knappheit entzieht sich dem verfügenden Zugriff des Herstellens. Vielleicht deswegen, da das sich Verständigen-Können im Idealfall an die Sprechsituation eines herrschaftsfreien Zusammenhanges gebunden ist, die allerdings nicht den real existierenden sozialen Verhältnissen entspricht. Beim Wunsch nach einer Hebung des Niveaus der Handlungsfähigkeit ist darauf zu achten, ob er sich auf alle oder nur auf spezielle Gruppen oder Personen bezieht. Wenn letzteres der Fall ist, gilt wohl, daß die erweiterte Handlungsunfähigkeit der einen Beschränkung des Handlungsraumes der anderen zur Folge hat.
In Beschreibungen für offene Stellen finden sich heute vermehrt Hinweise auf "Sozialkompetenz" als ein neues zusätzliches Kriterium, nach dem Bewerber/-innen selektiert werden. Daher das Bestreben der Bildungseinrichtungen, ihren Absolventen diesbezüglich das Erforderliche zu vermitteln. Ein Vergleich der Programme verschiedener Lehrveranstaltungen diverser Universitäten in der Bundesrepublik Deutschland zum Thema "Sozialkompetenz" im WS 97/98 hat ergeben, daß dabei recht unterschiedliche Konzepte im Raum stehen: Einfaches Kommunikationstraining, Einübung in Verhaltenstechniken für Führungskräfte oder gemeinsame Verarbeitung der Alltagswirklichkeit
Überlegungen zur ethymologischen Herkunft des Ausdrucks "Kompetenz"haben ergeben, daß zwischen den Ausdrücken kompetent und kompetitiv, zwischen zuständig und wettbewerbsfähig eine enge sprachliche Verwandtschaft besteht. Von daher wäre es naheliegend, unter Kompetenzen jene Qualifikationen zu verstehen, die besondere Stärken betonen und daher im Wettbewerb wegen größerer Erfolgswahrscheinlichkeit ins Spiel zu bringen sind. Was erfolgreich ist, hängt jeweils von der Wettbewerbssituation ab. Kompetenz ist so gesehen ein relationaler Begriff.
C. Dubar hat untersucht, wie der Kompetenzbegriff in diversen empirischen Untersuchungen verwendet wird. Dabei zeigt sich, daß der Begriff in engem Zusammenhang steht mit dem Stand der Entwicklung der Produktionsbedingungen, der Art der beruflichen Sozialisation, der Formen der Arbeitsteilung und der Regulierung des Arbeitsmarktes. Außerdem wird der Begriff in verschiedenen kulturellen Traditionen mit unterschiedlicher Bedeutung verwendet. Mit den betrieblichen Neuerungen der 80er Jahre hat der Begriff der Kompetenz eine neue Aktualität gewonnen. Im Begriff der "sozialen Kompetenz" erfährt das eine Neuauflage, was früher als "soziale Qualifikation" bezeichnet worden ist. Das Adjektiv "sozial" ist ebenso positiv konnotiert wie das Substantiv der "Kompetenz". In Wirklichkeit ist damit jene zusätzliche Fähigkeit gemeint, über zertifizierte Ausbildung und berufliche Erfahrung hinausgehend, seine eigenen Interessen zu vergessen zugunsten der betrieblichen Interessen. "Sozial kompetent" sind daher jene Belegschaftsmitglieder, die sich unter verschärften Wettbewerbsbedingungen ohne jeden Vorbehalt in den Dienst des Unternehmenserfolges zu stellen bereit sind.. Damit verweist C. Dubar auch auf die möglichen ideologischen Verwendungsweisen des Ausdrucks "soziale Kompetenz".
Einen anderen Akzent erhält „soziale Kompetenz" im Kontext der Management-Theorie. Sie ist dort eine spezifizierte Kategorie des Konzepts der "Kernkompetenzen", womit jene charakteristischen Züge eines Unternehmens gemeint sind, deren Entwicklung besondere Wettbewerbsvorteile mit sich zu bringen verspricht. Der Ausdruck „soziale Kompetenz" soll auch der größeren Bedeutung kognitiver Momente für moderne Produktionsprozesse Rechnung tragen, was ihn damit in die Nähe kollektiver Lernprozesse (Organisationsentwicklung) führt. Auf der Sache nach dasselbe zielt das Konzept der „lernenden Organisation", das neuerdings durch den Ausdruck „Wissensmanagement" substituiert wird
Eine Analyse der Kriterien, die bei der Rekrutierung von Top-Managern wirksam werden, zeigt den dominanten Einfluß von exklusiven Bildungszertifikaten, sozialer Herkunft und Persönlichkeitsmerkmalen. Mit „sozialer Kompetenz" wird in diesem Kontext jene Kombination wünschenswerter Faktoren bezeichnet, die sich aus einer - familiär bedingten - vorteilhaften Ausstattung mit ökonomischem, symbolischem und kulturellem Kapital ergeben. Das heißt, „soziale Kompetenz" steht für einen Habitus, der Zugehörigkeit zur Oberschicht signalisiert und symbolisiert, ist eine klassenspezifische Persönlichkeitsverfassung, aus der sich Nähe und Distanz zu bestimmten Positionen ergeben.
Davon ausgehend, daß es notwendig ist, den Begriff der Kompetenz schärfer zu fassen, wenn er für die praktische Arbeit mit ihm von Bedeutung sein soll, entwickelt G. Le Boterf ein zweidimensionales Konzept. Die erste Ebene stellt das kombinatorische Wissen eines ins Zentrum des Kompetenzbegriffes gerückten Subjektes dar. Dieses Subjekt ist in etwa ähnlich konzipiert wie der "aktive Mensch" bei A. Etzioni mit den Merkmalen Wissen, Engagement und Zugang zur Macht, verfügt über wertvolle äußere Ressourcen und Netzwerke. Das Subjekt als der potente Akteur ist dank seine erworbenen Anlagen (Habitus) dazu imstande, sich die für bestimmte Problemlösungen erforderlichen Kompetenzen unter Verwendung ihm zugänglicher zusätzlicher äußerer Ressourcen anzueignen. Das heißt, nur wer kompetent ist im Sinne des Verfügens über Ressourcen, ist auch in der Lage, Kompetenzen zu erzeugen. Dieses Konzept entspricht einer bestimmten Logik, die auch impliziert, daß Kompetenz nicht jedermanns Sache ist und sein kann.
Die gemeinsame sprachliche Wurzel von Kompetenz und competition deutet darauf hin, daß die den beiden Bezeichnungen zugrundeliegenden Sachverhalte eng miteinander verbunden sind. In einem Wirtschaftssystem, dessen Prinzip die competition ist, muß der Kontrolle der Kompetenzen eine zentrale Bedeutung zukommen. Dies wird umso leichter möglich sein, wie es gelingt, die politischen Implikationen unter dem Schleier angeblich wirtschaftsbedingter Sachzwänge zu verbergen.
Der Ausdruck "Kompetenz" erfreut sich derzeit einer außerordentlichen Beliebtheit. Umgangssprachlich wird damit Technizität, Stärke, Exzellenz und Überlegenheit assoziiert. Der Kompetente erscheint als das glückliche Ergebnis einer gelungenen Kreuzung von Tapferkeit und Klugheit, die Inkarnation von Tüchtigkeit. Er ist in der Lage, sich auch in unvorhersehbaren Schwierigkeiten sich zurechtzufinden, sie zu meistern und besteht im Wettbewerb als strahlender Sieger.
In wissenschaftlichen Kontexten wird die umgangssprachliche Erfolgskategorie dahingehend präzisiert, daß die mit Kompetenz assoziierten Persönlichkeitsmerkmale je nach Klassen- und Geschlechtszugehörigkeit sozial unterschiedlich verteilt ist. Versuche, den Terminus "Kompetenz" schärfer zu fassen führen dazu, darunter die Fähigkeit zum Handeln zu verstehen. Mit der Betonung der Notwendigkeit, diese Fähigkeit entwickeln zu müssen, wird gleichzeitig unterstellt, die Unfähigkeit zum Handeln sei ein weit verbreitetes Merkmal gegenwärtiger Gesellschaften, gleichsam ein Hürde, die es zu überwinden gilt, um die nächste Stufe möglicher Entwicklung in Gesellschaft, Politik und Wirtschaft zu erreichen
Soferne Entwicklung der Kompetenzen zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit reklamiert wird, was die Konjunktur des Kompetenzdiskurses ausgelöst haben dürfe, bedeutet dies für die Adressaten, aufgefordert zu sein, sich in der Heteronomie einzurichten. Autonomie und Souveränität sind erwünscht, aber nur insofern honoriert, als sie den partikulären Sachzwecken entsprechen, die vom herrschenden Denken vorgegeben sind.
Eine "kompetente" Verwendung der Ausdrücke "Kompetenz" und "soziale Kompetenz" ist daher an Verständigungsprozesse verwiesen, ob diese in umgangssprachlichem Sinne, als wissenschaftlich näher bestimmte Kategorie oder in ideologischem Sinne verwendet werden.
1) Vorwort des Verlegers zum Nachdruck von Alfred Knigges Arbeit aus dem Jahre 1788
2) Diese Darstellung unterschlägt die Tatsache wichtiger Differenzen innerhalb marktorientierter Wirtschaftssysteme. R. Boyer (1996, S. 18) unterscheidet folgende vier Typen: Den liberalen Marktkapitalismus der angelsächsischen Länder, den halb-korporatistischen Kapitalismus Japans, den sozialdemokratischen Kapitalismus und den Kapitalismus unter staatlichem Einfluß. Wie die derzeitigen Diskussionen um das MAI zeigen, ist der Widerstand gegen die damit verbundene weitere Ausbreitung des angelsächsischen Modells gering.
3) Die hier angeführten Beispiele von universitären Lehrveranstaltungen zum Thema „Sozialkompetenz" sind Zufallsfunde einer Internetabfrage, die leicht von jedermann/-frau nachvollzogen werden kann (mit altavista)
4) "Schlagworte sind beliebt, weil leicht zu behalten. Daß sie Sachverhalte verfälschen, kümmert kaum jemanden", so der Beginn des Leitartikels der NZZ v. 21./22. Febr. 1998, S. 1
5) Ich danke Otto Mölk für diesen Hinweis und die kritische Lektüre des Textes, die es mir erlaubt hat, einige Akzente anders zu setzen.
6) Es wird hier übergangen, daß Begriffe in unterschiedlichen Kontexten unterschiedlich definiert werden und lediglich auf weithin konsensfähige Kriterien Bezug genommen.
7) Hier sind die alten Formen der Ausbeutung ihren neuen Erscheinungsweisen gegenübergestellt; vgl. insbes. den Abschnitt über die Notwendigkeit, Zwänge internalisieren zu müssen, S. 147 ff
8) Auf die Frage, ob es in Großbritannien einen Klassenkampf gibt, antworteten (vgl. Halimi 1997, S. 20) in den 60er Jahren 60% der befragten Engländer mit ja, um 1980 waren es 70%, und 1995 bereits 81%. Weiters: Die Ausgaben der Oberschicht für Dienstleistungen wie Köche, Hausgehilfinnen, Kindermädchen und Gärtner sind in den letzten 10 Jahren von jährlichen 524 Mio. Pfund auf 4 Mia. Pfund gestiegen
9) vgl. dazu die Anweisung, sich an KISS , d.h an „Keep It Simple Stupide" zu orientieren
(Madauss 1990, S. 32): auch komplizierte Zusammenhänge sollten möglichst einfach dargestellt und beschrieben werden.
Beck, Ulrich (1996): Risikogesellschaft. Auf dem Weg in eine andere Moderne. Frankfurt/M
Boyer R., In: Le Monde v. 4.6.96, S. 18
Coriat, Benjamin, Weinstein, Olivier (1995): Les nouvelles théories de l' enterprise. Paris
Degenkolbe, Gert (1965): Über die logische Struktur und gesellschaftliche Funktion von Leerformeln, in: Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie, Jg. 17: S. 327 - 338
Dubar, Claude (1996): La sociologie du travail face à la qualification et à la compétence, in: Sociologie du Travail, Vol.
XXXVIII: S. 179 - 19
Etzioni, Amitai (1975): Die aktive Gesellschaft. Opladen
Evers, Adalbert, Nowotny, Helga (1987): Über den Umgang mit Unsicherheit. Frankfurt/M
Habermas, Jürgen (1982): Theorie des kommunikativen Handelns, 2. Bde. Frankfurt/M
Halimi, Serge (1997): Et si les classes existaient encore?, in: Le Monde diplomatique, Nov., S. 20
Hartmann, Michael (1995): Deutsche Topmanager: Klassenspezifischer Habitus als Karrierebasis, in: Soziale Welt Jg. 46:
S. 440 - 468
Hartmann, Michael (1997): Die Rekrutierung von Topmanagern in Europa, in: Archives Européenes de Sociologie, Vol.
XXXVIII: S. 3 - 37
Jakubeit, Gudrun, Schattenhofer, Karl (1996): Fremdheitskompetenz. Ein Weg zum aktiven Neben- und Miteinander, in:
neue praxis Jg. 26: S. 389 - 408
Knigge, Adolf (1948): Umgang mit Menschen. Wien
Le Boterf, Guy (1997): Pour une définition plus rigoureuse de la compétence, in: Le Monde v. 2.7, p. III
Luhmann, Niklas (1969): Reflexive Mechanismen, in: ders., Soziologische Aufklärung. Opladen
Madauss, Bernd-Joachim (1990): Projektmanagement. Stuttgart
Micklethwait, John, Wooldrige, Adrien (1996): The Witch Doctors. Making Sense of Management Gurus. New York
Opp, Karl-Dieter (1970): Methodologie der Sozialwissenschaften. Reinbek bei Hamburg
Philonenko, Grégoire, Guienne, Véronique (1997): Au carrefour de l' exploitation. Paris
Otto, Hans-Uwe (1993): Das Soziale vor dem Zerfall?, in: neue praxis, Jg. 23: S. 473 - 474
Schneider, Ursula (Hrsg.) (1996): Wissensmanagment. Frankfurt
Stegmüller, Wolfgang (1967: Wissenschaftstheorie, in: Diemer / Frenzel (Hg.), Philosophie (Fischer-Lexikon), Frankfurt/M., S. 334 - 360
Topitsch, Ernst (1968): Sprachlogische Probleme der sozialwissenschaftlichen Theoriebildung, in: ders, Logik der Sozialwissenschaften, S. 17 - 36