Nachdem ich nun ca. 1 Jahr intensiv das Netz nach Psychologie relevanten Informationen durchstöbert habe, werde ich diesen Service nicht mehr systematisch weiter pflegen. Die in diesem Jahr erlebte Weiterentwicklung des WEB stimmt mich optimistisch und ich habe keinen Zweifel, daß sich dieses System als Informations- und Lernmedium durchsetzen wird. Seine schon jetzt erkennbaren Möglichkeiten werden aber viel zu wenig beachtet und umgesetzt, sowie vorhandene brauchbare Beiträge zu zögerlich zugänglich gemacht. Es hat den Anschein, daß manche psychologische Institute bzw. Organisationen den WWW-Kram irgendeinem (nicht selten einer Hilfskraft) auferlegen, sich aber ansonsten nicht weiter darum kümmern. Häufig wird das WWW überwiegend als Verwaltungs- oder eine Art Presseorgan betrachtet, zu selten zur Förderung des wissenschaftsrelevanten Wissens genutzt. Das wird sich hoffentlich bald ändern.
"...Users .... can view, search, print, and download complete articles ...without restriction for personal use" ('zitiert aus URL: http://www.apnet.com/www/ap/aboutid.htm [Stand 26.8.1996 ; 11 Uhr] ; mich störende Passagen durch Pünktchen ersetzt), das wäre meiner Meinung nach ideal.
Einige Anregungen für die Zeitschriftenherausgeber:
Die eigentliche wissenschaftliche Arbeit einer Zeitschrift lag schon immer im redaktionellen Teil (Auswahl, Bewertung und Verbesserungsvorschläge der Zeitschriftenbeiträge), nicht in der drucktechnischen Umsetzung. Das Motiv, eine Zeitschrift zu initiieren und zu pflegen ist kaum in zusätzlichem Gelderwerb zu vermuten - das wären wirklich peanuts im Vergleich zu sonstigen Nebeneinkunftsmöglichkeiten - , sondern liegt eher darin, eine bestimmte wissenschaftliche Position offensiv zu vertreten, diesbezgl. Einfluß auszuüben und die entsprechenden Interessen zu wahren. Schon heute verpflichet man den Zeitschriftenautor zur Einhaltung umfangreicher formaler Manusskriptrichtlinien und erwartet nicht selten druckfertige Vorlagen in elektronischer Form. Dann aber ist der Weg zum Netz kaum noch mit Arbeit verbunden. Was also verzögert eigentlich noch die kostenlose Darstellung der Zeitschriftenartikel im WWW? Höchstwahrscheinlich würden dann nur noch Wenige die Zeitschrift kaufen und eine Drucklegung wäre wirtschaftlich nicht mehr rentabel. Dafür aber würde sich Vieles vereinfachen, der Zugriff auf die Information wäre von jedermann/frau jederzeit möglich und der Artikel könnte zudem besser ausgewertet werden.
Manche Autoren ergreifen selbst die Initiative. Sie stellen ihre bereits veröffentlichten Artikel kostenlos im Netz zur Verfügung und ich habe schon manchen Bericht via Netz gelesen, von dem es hieß: "wird veröffentlicht in der Zeitschrift ......" Andere könnten sich veranlaßt sehen, ihre Beiträge Zeitschriften überhaupt nicht mehr anzubieten. (Das spart ne Menge Zeit und Ärger und letzlich braucht man sie auch nicht mehr.)
Wir brauchen letzlich weltweit eine zentrale Dokumentationsstelle, die gebührenfrei über alle Psychologie relevanten Beiträge informiert und eine entsprechende Recherche erlaubt.
Es ist aber sehr wichtig, umfassenende, detaillierte und spezielle Fachverweise zu den einzelnen Gebieten zu bekommen, die über die allgemeinen Verweise hinausgehen und die bis jetzt auch noch nicht mit Suchmaschinen einfach zu generieren sind. In Bonn wurde für die Fachgebiete Klinische Psychologie (von R. Ott) und Experimentelle (allgemeine) Psychologie ((Th. Krüger, J. Funke ) damit begonnen. Ich selbst war verblüfft, welche brauchbare Informationen man in einem sehr spezifischen Forschungsgebiet wie der graphischen Präsentation von Daten entdecken kann. Straßburger zeigt auf, wie man in einem ganz speziellen psychologischen Sachgebiet ( Visuelle Psychophysik ) die verfügbare Software zusammenstellen kann.
Die anstehenden Aufgaben sind am besten im Team zu bewältigen.und vielleicht sind die Fachgruppen der DGfP hier angesprochen, sich die Arbeit innerhalb der Gruppen entspechend aufzuteilen und sich gegenseitig zuzuarbeiten. Manche Fachgruppen haben ja schon ihre WWW-Beauftragten.
Es ist unökonomisch, wenn zum selben Thema jeder seine eigene Liste erstellt, weil dann insgesamt neben der zusätzlichen Arbeit auch noch die Redundanz im Netz erhöht wird. Das WWW bietet recht komfortable Möglichkeiten zur Kooperation und eine bisher unbekannte, wichtige Informationsquelle ist im Nu an einen potentiellen Interessenten gesendet. Leider haben sehr wenige Nutzer bei mir von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht.
Es geht nicht nur um die Sammlung und Strukturierung, sondern auch um Bewertung der Information. Bewußt einen bekannten Link nicht zu setzen, um die Navigation zu einer unbrauchbaren oder im gesetzen Zusammenhang irrelevanten Information zu verhindern, ist auch eine Dokumentationsleistung, obgleich sie nach außen gar nicht in Erscheinung tritt. (Philosophisch betrachtet ist dies ein positiver Aspekt des Nichts.) Gegenwärtig werden sicher zu viele Verweise gesetzt, da es wenig auszuwählen gibt.
Ordnen des Wissens ist primär Aufgabe der Wissenschaftler, die nun eben alle aufgefordert sind, sich allmählich mit der neuen Technik zu arrangieren. Schon bald werden sehr effiziente HTML-Editoren erwickelt sein, die das Schreiben fürs WWW in einer der Textverarbeitung ähnlichen Leichtigkeit erlauben. Letztlich wird man das WWW als ein völlig normales und selbstverständliches Arbeitstool begreifen und es analog der herkömmlichen Literatur nutzen mit dem einzigen Unterschied, daß nun der Zugriff schneller und die Medienvielfalt größer ist. Dann wird man etwa online in einem wissenschaftlichen Beitrag direkt zu wichtigen Quellen geführt und kann sich innerhalb kürzester Zeit über relevante Wissenschaftbestände informieren. Auf diese Weise wird dann automatisch ein übersichtlicheres Bild in bestimmten Sachgebieten entstehen.
Auch wenn die meisten Lehrangebote bis heute eher den Status von noch unausgereiften 'elektronische Büchern' haben und mediendidaktisch nicht viel mehr hergeben als eine entsprechende Printfassung, so sind doch zunehmend auch echte tutorielle Ansätze erkennbar, die interaktiv den Lerner einbeziehen. Durch den direkten Zugriff auf Lernprogramme, Simulationen, Experimente oder Aufgabensammlungen kann die Lehre wirksam bereichert werden.Wie immer man den gegenwärtige Bestand auch kritisieren will, ich wurde nicht selten dadurch besser informiert als durch Vorlesungen oder manche Seminare.
Es wäre auch für wissenschaftlich arbeitende Psychologen reizvoll, mal ein richtiges Lernprogramm für ihr Fachgebiet zu konzipieren, welches die bisherigen psychologischen Erkenntnisse didaktisch umsetzt, um selbst einmal zu testen, wieviel diese in der Praxis hergeben. Für anspruchsvolle Lernsoftware reicht einfach konzipiertes Hypermedia (meist reduziert auf Hypertext) im WWW nicht aus und der einzelne Wissenschaftler ist ziemlich überfordert, so etwas zu programmieren. Technisch wird bald fast alles möglich sein, die eigentliche Schwierigkeit aber liegt in der sinnvollen Nutzung der schon bereits vorhandenen Möglichkeiten.