Der Reformpädgoge Hugo Gaudig schrieb 1917 in seinem Hauptwerk "Die Schule im Dienste der werdenden Persönlichkeit" (n. Reble 1979, 78):
"Natürlich aber bedarf es einer planmäßigen Erziehung zur Selbsttätigkeit, damit immer schwierigere Arbeitsleistungen in selbsttätiger Wirksamkeit von den Schülern bewältigt werden können.
Durch diese planmäßige Einschulung ist dahin zu wirken, daß der Schüler Arbeitstechnik gewinnt. So paradox es klingen mag: der Schüler muß Methode haben. Dem Lehrer aber muß die Methode, seinen Zögling zur Methode zu führen, eigen sein. Selbstverständlich handelt es sich hier nicht um das Eindrillen von Arbeitsmanier, die, einmal eingedrillt, mechanisch angewandt wird. Schon die Einschulung in eine Arbeitstechnik muß im Geiste der Selbsttätigkeit erfolgen."
Der aus diesem Abschnitt berühmt gewordene, immer wieder falsch zitierte Satz "Der Schüler muß Methode haben" drückt wohl am deutlichsten aus, worauf zu Beginn des 20. Jahrhunderts die Arbeitsschulbewegung um Georg Kerschensteiner, Hugo Gaudig oder im Ausland John Dewey im Sinne der von ihr angestrebten "formalen Bildung" Wert legte. Sie richtete ihren Blick nicht wie die "materialen Bildungs-theorien" auf die Lehrinhalte, sondern auf den Vorgang, in dem sich der junge Mensch seine "Bildung" erwirbt. Man sprach auch von "methodischer Bildung" (vgl. Klafki 1969, 66). Damit ging es also bereits vor gut 80 Jahren um die Gewinnung, Beherrschung der Denkweisen, Gefühlskategorien oder Wertmaßstäbe, mit Hilfe derer sich der Mensch die Fülle der Inhalte zu eigen machen kann.
Heute erscheint dieser Satz Gaudigs in der Forderung nach "Methodenkompetenz" reaktualisiert. Dabei wird der Begriff im Vergleich zu Gaudig erweitert. Er wird meist als Teil der "Handlungskompetenz" aufgefasst, der im Zusammenhang mit dem Erwerb von Sach- , Fach-, Sozial-, Selbstkompetenz steht und das moderne Bildungsverständnis mitprägt
Wie sich dieses Konstrukt "Methodenkompetenz", das hier auf das "Lehren des Lernens" konzentriert wird, heute begründen lässt, anhand welcher Inhalte und wie der Erwerb der damit verbundenen Qualifikationen methodisch zu fördern ist, das soll im folgenden Beitrag skizziert werden.
1. Begründung und Umfeld des Lernenlehrens
Die postmoderne Gesellschaft, in der wir momentan leben, ist unter anderen dadurch charakterisiert, dass wir uns einer zunehmenden Vielfalt unterschiedlichster Lebenformen, Wissenskonzeptionen und Orientierungsweisen gegenübersehen. Man entfernt sich zusehens von den Formen des Monismus, der Unifizierung und Totalisierung und geht stattdessen zur Multiplizität, Deversifität und zur Koexistenz des Heterogenen über (vgl. Welsch 1988). Zu dieser Entwicklung gehört auch der rasant vor sich gehende Zuwachs von vielfältigem Wissen, der wiederum ein ebenso schnelles Veralten vorher bewährter Wissensinhalte impliziert. Ein Blick in gängige Informationsquellen wie das Internet oder in Listen neuerschienener Fachartikel bestätigt die Annahme, dass es zukünftig mehr noch als heute darauf ankommen wird, zum einen sich in den Informationsmengen ordnend zurechtzufinden und zum anderen die stets neuen Informationen aufzunehmen, zu verarbeiten und bei Bedarf anzuwenden.
Für die Schule bedeutet diese Entwicklung ein Umdenken, das neben der Vermittlung von bildungswirksamen Inhalten mehr Gewicht auf die Vermittlung von Methoden zur selbständigen Bewältigung der Informationsflut legt. Es muss demnach in dem institutionalisierten "Lern- und Lebenshaus Schule" künftig vermehrt darum gehen, die Lernenden explizit mit Strategien (d.h. also mit komplexen Wegen) zum "selbstgesteuerten Lernen" zu konfrontieren, um damit bei den Schülerinnen und Schülern mehr "Methodenkompetenz" zu erreichen. Ohne jetzt auf die komplexen handlungstheoretischen, kognitionstheoretischen, motivationspsychologischen Bezugstheorien oder auf Beiträge der Volitionsforschung eingehen zu können (vgl. Sprick 1997), versteht sich "Methodenkompetenz" im vorliegenden Beitrag als übergeordnete Kategorie, welche die unterschiedlichen Förderkonzepte (z.B. Leittext-Ausbildung, Methodentraining, Vermittlung metakognitiver und problemlösender Strategien, das Lernen durch Lehren) subsummiert.
"Methodenkompetenz" besteht aus (vgl. Sprick 1997, 29):
"Selbstgesteuertes Lernen" wiederum meint (vgl. Knowles 1975, 18) einen Prozess, in dem Individuen die Initiative ergreifen, um mit oder ohne Hilfe anderer ihre Lernbedürfnisse zu diagnostizieren, ihre Lernziele zu formulieren, menschliche und materielle Ressourcen zu ermitteln, angemessene Wege "Lernstrategien" auszuwählen und umzusetzen und ihre Lernergebnisse zu evaluieren.
In dieser Beschreibung des Selbstgesteuerten Lernens zeigt sich, dass der Erwerb von "Lernstrategien", d.h. also das Aneignen von bewusst oder unbewusst benützten Handlungssequenzen, mithilfe derer ein bestimmtes Ziel erreicht werden soll (vgl. Sarasin 1995, 8) entweder selbständig und spontan oder durch "Lehren" geschieht. Dabei kann das "Lehren", verstanden als die intentionale Vermittlung von Inhalten, "indirekt" oder "direkt" geschehen. Indirekte Konzepte zur Förderung von Methodenkompetenz im o.g. Sinn sind beispielsweise Arrangements der Lernumgebung, wie das Bereitstellen von Freiarbeitsmaterialien oder Lernwerkstätten, die durch die Anordnung und Organisation der Lerngegenstände die Schülerinnnen und Schüler zu selbständigem Lernen anregen sollen. Direkte Konzepte -und dazu gehört der hier vorgestellte Ansatz- gehen davon aus, dass das Lernen selbst zum Lerngegenstand gemacht wird. Dabei soll durch Lehren beim Schüler bzw. bei der Schülerin eine bewusste Auseinandersetzung mit dem eigenen Lernen ("Metalernen") provoziert und dazu auch Möglichkeiten zum effektiveren eigenen Lernen angeboten werden ("Lernenlehren").
Hierzu relevante, neuere Forschungsbefunde weisen die Tendenz auf (vgl. Friedrich 1995, 115 ff.), dass indirekte Trainingsansätze die Gefahr bergen, zu enge Bindung an Inhalte zu bewirken, wodurch ein "Transfer" der Lernstrategie auf andere, ähnliche Situationen erschwert wird. Umgekehrt besteht beim direktenTraining das Problem, dass die Methode zu sehr vom Inhalt losgelöst wird und somit auch hier ein "Transfer" erschwert wird. Dieser Vorwurf wurde auch gegen das oben genannte reformpädagogische Konzept Hugo Gaudigs erhoben, der mit der konkreten Umsetzung seines Satzes "Der Schüler muß Methode haben" Gefahr lief, zu abstrakte, zu formale und damit unbrauchbare "Methoden" zu vermitteln. Sowohl neuere Befunde der Empirischen Pädagogik (z.B. Friedrich 1995) als auch bereits der bildungstheoretische Ansatz der kategorialen Bildung von Klafki (vgl. 1969, 74 ff.) weisen darauf hin, dass die Verschränkung von Methoden und Inhalten am wirkungsvollsten sei. Dabei spielt das Alter und der Reifegrad des Lernenden eine wichtige Rolle. Wie verschiedene empirische Befunde und auch eigene Erfahrungen zeigen (vgl. Sarasin 1995, 129 bzw. 161), erscheint ab dem Schuleintritt die Beschäftigung mit dem eigenen Lernen sowie die Vermittlung von Lernmethoden und -techniken möglich. Da aber festzustellen ist (vgl. z.B. Klippert 1997, 22 f.), dass sich Lernende in der Schule häufig nicht mit seinem eigenen Lernen auseinandersetzen (können), erscheint es -eingedenk obiger Begründungszusammenhänge- auch notwendig, sich in der Schule mit Techniken, Methoden und Strategien des Lernens zu beschäftigen. Eine Konzeption für die Grundschule erfüllt dabei eher eine prophylaktische Funktion. Das bedeutet, Lernschwierigkeiten bei Schülerinnen und Schülern erst gar nicht aufkommen zu lassen, sondern diese von vornherein zu vermeiden. Aufgrund der Annahme, dass mit zunehmendem Alter die Lernschwierigkeiten wachsen, verlangen die Konzepte zur Förderung der Methodenkompetenz an weiterführenden Schulen eher intervenierende Maßnahmen, um bereits auftretende Lernschwierigkeiten abbauen zu können.
Das im Folgenden ausgeführte "Lehren des Lernens" geht von anschließendbeschriebenem Begriff und von diversen theoretischen Grundlagen aus.
2. Begriff
Das "Lehren des Lernens" (LL) beschreibt einen Prozess, in dem es um die an Lehrinhalte gebundene Vermittlung von Wissen, Fähigkeiten, Fertigkeiten und emotionalen Grundhaltungen geht. Dabei wird durch eine oder mehrere Personen versucht, durch das Bereitstellen und Arrangieren von Situationen, innere Prozesse bei Lernenden zu optimieren. Der so gekennzeichnete Lehrprozeß beinhaltet das bewußte Anbieten und Vermitteln diverser Primärstrategien sowie das Lernen unterstützender Sekundärstrategien. Ziel dieses Prozesses ist die "Selbständigkeit" oder -umfassender gesehen- die "Bildung" des Lernenden.
Primärstrategien umfassen:
Stützstrategien umfassen:
Ähnlich wie dies Ludwig Duncker (vgl. 1996, 92) für kreative Prozesse fordert, geht der hier vertretene LL-Ansatz davon aus, nicht nur eine lernanregende Umgebung für Schülerinnen und Schüler zu schaffen, sondern konkrete Unterrichts- und Anleitungs-möglichkeiten zu entwerfen, um Lernprozesse auf ihre "innere Grammatik" hin zu untersuchen.
Wichtig und relativ neu ist demnach die wiederholte, häufige, bewußte Beschäftigung der Schülerin/des Schülers mit dem eigenen Lernen ("Metakognition") und die bewußte, ausdrücklich thematisierte, an Inhalte gebundene, als Angebot verstandene Vermittlung von Strategien durch die Lehrkraft!
Theoretische Grundlage ist eine mathetische Sichtweise, die das Lernen in der Schule aus der Sicht des Schülers betrachtet und Lehren entsprechend als "Konstruktionshilfe" für das Schülerlernen begreift. Diese historisch auf Johan Amos Comenius zurückgehende Sichtweise (vgl. Golz u.a. 1996, 130 ff.) gründet sich heute zum einen auf Gedanken der weiterentwickelten Kommunikativen Didaktik, zum zweiten auf lernpsychologischen Theorien, die Piaget und (in ihrer didaktischen Umsetzung) Aebli nahestehen und zum dritten -wissenschaftstheoretisch- auf ein konstruktivistisches Lernverständnis. Das bedeutet, dass die "Lernkunst" (Mathetik) von Comenius unter kommunikativem, lernpsychologischem und unter wissenschaftstheoretischem Aspekt gesehen werden kann. Daraus resultiert die Relevanz der Lehrer-Schüler-Interaktion, die Wichtigkeit des systematischen Aufbaus kognitiver Strukturen und die Betonung je individueller Lernkonstruktionen bei der Betrachtung des schulischen Lernens. Das Verhältnis zwischen Lehrperson und Lernenden wird vor der Folie der mathetischen Auffassung, die schulisches Lernen aus dem Blickwinkel des Schülers betrachtet, eher "symmetrisch", "herrschaftsfrei" (vgl. Schaller 1978, 129) gesehen. Ebenso schließt die Mathetik -verstanden als Gegenpol der (lehrerorientierten) Didaktik- das unterrichtliche Voranschreiten über "konkretes" hin zum "formalen Operieren" (vgl. Piaget 1975, 337 ff.) ein. Schließlich impliziert die mathetische Sichtweise ein konstruktivistisches Verständnis von Lernen, das dieses als aktiven, selbstorganisierenden Prozess versteht, bei dem die je eigenen "Wirklichkeiten" des Individuums von diesem "errechnet" werden (vgl. z.B. v. Foerster 1997). In der Konsequenz heißt das, Lehren vor allem auch als Angebot an den Lernenden zu sehen und deshalb die, in der Lernzielorientierten Didaktik betonte, dezidierte Evaluation zu relativieren.
Auf der praktischen Ebene fragt man nach konkreten Lehrinhalten, die im Rahmen dieses Lernenlehrens den Schülerinnen und Schülern angeboten werden können. Dabei gilt es zwischen Grundschule und weiterführender Schule zu differenzieren.
Ohne den Anspruch auf Vollständigkeit zu erheben, sollen im Folgenden Beispiele für Lehrinhalte zur Realisierung des Lernenlehrens aufgelistet werden.
a. für die GRUNDSCHULE
b. E r g ä n z u n g e n für die weiterführenden SCHULEN
Siehe Uebersicht aus:
KLIPPERT, Heinz: Methodentraining. Übungsbausteine für den Unterricht. - 6. unv. Auflg. Weinheim Basel 1997, S. 35.
Nach der Beschreibung von konkreten Lehrinhalten, stellt sich die Frage nach den Möglichkeiten der methodischen Realisierung des Lernenlehrens in der Schule.
Als Organisationsformen sind denkbar:
Dazu können begleitend und ergänzend Themen des LL im Rahmen von Lehrerfortbildungen und Elternabenden eingebracht werden.
Da im Schulsystem der BRD kein "Schulfach Lernen" besteht, der Sinn einer solchen Einrichtung auch aus verschiedenen, hier nicht näher zu erläuternden Gründen in Zweifel gezogen werden muss, wird in der folgenden Beschreibung diese äussere Organisationsform ausgeklammert. Ebenso kann die Beschreibung eines Vortrages zum Thema "Selbständig lernen" vernachlässigt werden, da diese methodische Realisierung ohne weiteres z.B. aus einem Kursprogramm abgeleitet werden kann.
Der Lernhilfe-Kurs lässt sich für verschiedene klasseninterne oder -übergreifende Schülergruppen konzipieren. In einer gesonderten Fördergruppe, die für verschiedenartige "Problemschüler" eingerichtet wird, kann z.B. eine Hausaufgabenhilfe angeboten werden, in der man den Schülern nicht nur inhaltlich bei den Hausaufgaben hilft, sondern ihnen auch Möglichkeiten aufzeigt, wie schulische Arbeiten methodisch auch selbständig zuhause erledigt werden können. Andere mögliche Gruppen sind beispielsweise zukünftige Gymnasiasten, zukünftige Real- oder F10-Schülerinnen und -schüler, Prüflinge etc..
Solche Kurse sind ein Einstieg in die Förderung von selbständigem Lernen, der durch seine sichtbare Präsenz im Stundenplan eine gewisse positive Wirkung nach aussen zeigt. Problematisch ist allerdings zum einen, dass so ein Kursprogramm, wenn es für Schüler mehrerer Klassen realisiert wird, relativ lösgelöst vom natürlichen Lernkontext des Klassenunterrichts dasteht (vgl. den o.g. Ansatz von H. Gaudig). Das bedeutet nicht nur, dass die Lehrinhalte ziemlich separiert wirken, sondern auch, dass man große Probleme mit der Evaluation hat. Es sind intensive Gespräche, Rückfragen bei den diversen Fach- und Klassenlehrkräften notwendig, um auch nur ein einigermaßen aussagekräftiges Feed-back über den Lernerfolg zu bekommen, aufgrunddessen man weiterarbeiten kann. Zudem läuft der Lernhilfe-Kurs ständig Gefahr, "träges Wissen" zu schaffen, das vom Schüler bzw. von der Schülerin nicht oder nicht passend in entsprechenden Lernsituationen eingesetzt wird. Allerdings ist der Problemkreis um "inert knowledge" sehr komplex und es erscheint grundsätzlich in der Schule -aber nicht nur da- schwierig, Wissen zu transferieren und situationsgemäß einzusetzen. Eine relative positive Wirkung versprechen die Ansätze der "situierten Kognition", deren Gemeinsamkeit ist, dass an komplexen, authentischen oder zumindest realitätsnahen Problemstellungen gearbeitet wird (vgl. Renkl 1996, 87 f.). Damit deuten diese empirischen Forschungsergebnisse jedoch dahin, Lernenlehren im Rahmen des Fach- oder Klassenunterrichts zu realisieren, da hier die Authentizität am ehesten gewahrt werden kann.
Die Förderung von Methodenkompetenz innerhalb des Unterrichts erscheint nicht nur aus diesen Gründen sinnvoll. Weiter bietet die Unterrichtssituation vielfältige Möglichkeiten, oben genannte Inhalte in ihren Prozess einzubauen oder aufzunehmen. Dies kann nicht nur im Rahmen der Binnendifferenzierung geschehen, die es den Schülern ermöglichen soll, ihr eigenes Lernen zu konstruieren. Es geht immer wieder darum, sich auf eine Metaebene zu "normalen" Unterrichtsinhalten zu begeben und darüber zu reflektieren, wie das Lernen läuft oder um die Zeit zu benutzen, um neue, bessere Möglichkeiten zum Lernen anzubieten. Das kann geplant und ungeplant geschehen, wobei die Arbeitsvor- und -rückschau eine der grundlegenden allgemeinen Methoden darstellt. In ihr kann beispielsweise mit den Schülern reflektiert werden, weshalb die Gruppenarbeit heute gut geklappt hat oder woran es liegt, dass die Freiarbeitsphase so wenig konzentriert ablief.
Der tägliche Unterricht bietet häufig ungeplante Gelegenheiten, das Lernen zu thematisieren. Beispielsweise kann in einer kurzen "Auszeit" besprochen werden, wie ich mich verhalten kann, wenn ich mein Buch in der Schule vergessen habe, dieses aber zur Hausaufgabe unbedingt benötige. Auf diese Weise werden -hier für jüngere Schüler- konkret selbständige Verhaltensweisen angeboten, die ein kleines Modell für eine Problemlösungsstrategie darstellt.
Bei der Planung von Unterrichtssequenzen geht es ebenfalls darum, diese Metaebene einzubringen und nach Möglichkeiten für die Realisierung oben genannter Inhalte zu suchen. Dabei können im Unterricht einzelne Teilziele -wie z.B. eine Fehlersuchübung- oder ganze Unterrichtseinheiten (z.B. zum Thema "Wie gebrauche ich ein Inhaltsverzeichnis?") mit relevanten Inhalten gestaltet werden.
Im Anschluss an Osers Theorie "Choreographien unterrichtlichen Lernens" (vgl. Sarasin 1995, 142 ff.) erscheint folgendes Strukturmodell für die Gestaltung von Unterrichtseinheiten hilfreich:
1. Lernablauf erfassen mit und ohne Lernstrategie:
2. Perzeption der Techniken/Methoden/Strategie:
3. Anwendung und Generalisierung durch unterschiedliche Inhalte:
4. Evaluation der Techniken/Methoden/Strategien, Grenzziehung, Kritik:
Um den Lernenden die diversen Lehrinhalte zu veranschaulichen, können verschiedene methodische Möglichkeiten gewählt werden, von denen anschließend einige skizziert werden.
So helfen beispielsweise Checklisten manchen Schülerinnen und Schülern beim Überprüfen ihrer Schulsachen oder etwa auch dabei, die verschiedenen Tätigkeiten umfassend zu erledigen, um einen Vortrag vorzubereiten. Fragenbögen wiederum lassen sich ebenso vielfältig zum Beispiel zum Eruieren des Vorwissens, zum Herausfinden spezifischer Lernprobleme und zur Überprüfung einsetzen. Großes Interesse bringen Schülerinnen und Schüler jeden Alters bekanntlich Experimenten entgegen. Um Lernenden beispielsweise nachzuweisen, dass sich Mathematikaufgaben ohne dabei zu hörende Musik schneller und konzentrierter lösen lassen als bei laufendem Radio, erscheint es günstig, dies in einem Lernexperiment zu veranschaulichen. Auch die Effektivität von Mnemotechniken, das Funktionieren mancher Gedächtnisabläufe, die Wirkung verschiedener Wahrnehmungskanäle und Vieles andere mehr kann Lernenden "experimentell" nahegebracht werden. Weiter finden bei jüngeren Schülerinnen und Schülern Negativgeschichten meist guten Anklang. Darin werden im Rahmen einer Geschichte von fiktiven Personen oder von Comicfiguren offensichtliche Lernfehler begangen, wodurch die Reflexion und Konkretisierung der passenden Lernmöglichkeiten angeregt werden soll.
Hilfreich sind aber auch andere Maßnahmen, um das Nachdenken
über das eigene Lernen anzuregen (vgl. auch Guldimann/Zutavern
1992). Es erscheint vorteilhaft, die Arbeits- und Lernerfahrungen in
einem Lernheft, auf Blättern in einem Ordner und
auch im Klassenzimmer als Lernplakat schriftlich festzuhalten.
Damit schreibt man sichtbar Inhalten, Reflexionen und Erfahrungen zum
Thema "Lernen" nicht nur ein entsprechendes Gewicht zu, sondern es
lassen sich Erkenntnisse, Vorschläge, Techniken, Methoden,
Strategien etc. leicht (wiederholend) abrufen. Diese Lernerfahrungen
auch in Klassenkonferenzen regelmäßig einzubringen,
erscheint ebenso als methodische Möglichkeit das Lernen zu
thematisieren. Guldimann/Zutavern (vgl. 1992) schlagen weiter vor,
Lernpartnerschaften zu gründen. Das bedeutet, dass
angeregt wird in Partnerarbeit zu lernen und hierbei Lernerfahrungen,
Fragen und Probleme besprochen werden. Weiter legen die genannten
Autoren großes Gewicht auf ein sogenanntes
Ausführungsmodell. Man meint damit, dass eine Person -am
besten ein Schüler mit mittelmässigen Leistungen- eine
Aufgabe vor den anderen löst und dabei "laut denkt". Auf diese
Weise können verschiedene Lernwege miteinander verglichen und
besprochen werden. Dabei soll man nicht einfach Vorgehensweisen
kopieren, sondern die Lernenden sollen ihre eigenen Lernstrategien
überdenken und eventuell optimieren (vgl. Sarasin 1995,
137).
Gestützt auf empirische Befunde, sollen Lehrpersonen beim Lernenlehren folgende allgemeine Ratschläge berücksichtigen (vgl. auch Baumert 1993 und Sarasin 1995, 130):
Die diversen Theorien darüber (z.B. Sarasin 1995, 116 ff.), wie Gelerntes auf andere Situationen "übertragen" werden kann, deuten die Komplexität und Problematik des "Transferierens" an. Insofern muss man sich mit weniger genauen Evaluationsergebnisse zufrieden geben, die Methodenkompetenz bei Schülerinnen und Schülern aber aus seiner eingangs beschriebenen Notwendigkeit heraus trotzdem fördern.
Was für die praktische Umsetzung des Lernenlehrens notwendig erscheint, ist, die Auseinandersetzung mit dieser Thematik in der Schule zu institutionalisieren. Dabei genügt es -wie aus anderen Bereichen bekannt- für eine wirksame Realisierung nicht, hier Methodenkompetenz als Zielkategorie in Präambeln oder ähnlichen Grundsatz-schriften zu formulieren. Es muss vielmehr versucht werden, die damit verbundenen Inhalte und Methoden in den Lehrplänen der verschiedenen Schularten zu verankern. Konkrete Ansätze, wie sie zur Zeit in die Neugestaltung des Bayerischen Grundschullehrplans miteingebracht werden, liegen für die Grundschule vor (vgl. Chott 1996, 364-381) vor. Für die anderen Schularten gilt es z.B. am mehr theoriebezogenen Ansatz von Sprick (1997) oder an praktischen Vorstellungen von Klippert (1997)) weiterzuarbeiten und auch hier Inhatle, Methoden sowie den notwendigen, institutionellen Rahmen für konkrete Umsetzungsmöglichkeiten zu schaffen.
Neben dieser zu forcierenden Grundlagenarbeit, erscheint für Forschung und Praxis ein weiterer inhaltlicher Punkt relevant. Es ist dies das Lernen aus Fehlern. Dieses dürfte im Rahmen des Lernenlehrens sowie bei der Förderung der Methodenkompetenz eine entscheidende Rolle spielen, fand aber bisher in Forschung und Praxis wenig Beachtung. Auf der Theorie des "negativen Wissens", des Fehler- und Abgrenzungswissens basierend, widmen sich zur Zeit Fritz Oser (vgl. 1997, Teil 1) und seine MitarbeiterInnen dieser Problematik grundlegend. Sie streben insgesamt eine "Fehlerkultur" in der Schule an, die Fehlermachen nicht bloß zulässt, sondern den Umgang damit sinnvoll fördert. Damit will man zu erkennen geben, dass Verbessern, Richtigstellen von Fehlern, Reflektieren über Fehler einen wichtigen Teil des Lernprozesses darstellt, der mit auf die Metaebene des Lehrens und Lernens gehoben werden muss.
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