p@psych
e-zine
|
Das erste pädagogisch-psychologische e-zine im
internet
Seit 1996
|
ISSN 1561-2503
|
5. Jahrgang 2000
|
Modifizierter Auszug aus den "Ethischen Richtlinien
der Deutschen Gesellschaft für Psychologie e. V. und des
Berufsverbands Deutscher Psychologinnen und Psychologen
e. V."
(zugleich Berufsordnung des Berufsverbands Deutscher
Psychologinnen und Psychologen e. V.)
Fassung vom 29.09.1998
Es wurden solche Passagen
ausgewählt, die auf (elektronische) Publikationen im internet
anwendbar sind bzw. im Zusammenhang mit deren Entstehung relevant
sein könnten. Die Bezifferung derAbsätze wurde aus dem
Original übernommen.
A. Präambel
Die Aufgabe von Psychologen ist es, das Wissen über den
Menschen zu vermehren und ihre Kenntnisse und Fähigkeiten zum
Wohle des einzelnen und der Gesellschaft einzusetzen. Sie achten die
Würde und Integrität des Individuums und setzen sich
für die Erhaltung und den Schutz fundamentaler menschlicher
Rechte ein. Der Beruf des Psychologen ist seiner Natur nach frei.
Das berufliche Handeln von Psychologen, seien sie nun
wissenschaftlich in Lehre und Forschung, in der Diagnostik,
Psychotherapie, Supervision, Beratung, als Experten oder in anderen
Funktionen tätig, ist geprägt von der besonderen
Verantwortung, die Psychologen gegenüber den Menschen tragen,
mit denen sie umgehen. Um helfen zu können, benötigen sie
ihr Vertrauen. Der Schutz und das Wohl der Menschen, mit denen
Psychologen arbeiten, sind das primäre Ziel dieser
Richtlinien.
Psychologen sind dazu verpflichtet, in der praktischen
Ausübung ihres Berufs zu jeder Zeit ein Höchstmaß an
ethisch verantwortlichem Verhalten anzustreben. Sie sind dazu
verpflichtet, die Rechte der ihnen beruflich anvertrauten Personen
nicht nur zu respektieren, sondern, wann immer erforderlich, auch
aktiv Maßnahmen zum Schutz dieser Rechte zu ergreifen.
Psychologen anerkennen das Recht des Individuums, in eigener
Verantwortung und nach eigenen Überzeugungen zu leben. In ihrer
beruflichen Tätigkeit bemühen sie sich um Sachlichkeit und
Objektivität und sind wachsam gegenüber persönlichen,
sozialen, institutionellen, wirtschaftlichen und politischen
Einflüssen, die zu einem Mißbrauch bzw. zu einer falschen
Anwendung ihrer Kenntnisse und Fähigkeiten führen
könnten.
Psychologen arbeiten auf der Basis von zuverlässigem und
validem, wissenschaftlich fundiertem Wissen. Ihre psychologischen
Kenntnisse finden in einer Vielzahl beruflicher Kontexte Anwendung.
Verantwortliches berufliches Handeln erfordert hohe fachliche
Kompetenz. Psychologen sind dazu verpflichtet, sich kontinuierlich
fortzubilden und auf dem neuesten Stand der wissenschaftlichen
Erkenntnis zu halten. Sie bieten nur Dienstleistungen an, für
deren Erbringung sie durch Ausbildung oder fachliche Erfahrung
qualifiziert sind. In Tätigkeitsfeldern, in denen es noch keine
wissenschaftlich anerkannten Standards gibt, orientieren sich
Psychologen am Grundsatz wissenschaftlicher Redlichkeit und
überprüfen regelmäßig den Erfolg ihrer
Interventionen. Zugleich ergreifen sie alle notwendigen
Maßnahmen, um die Wohlfahrt derer, mit denen sie arbeiten, zu
schützen.
Die Ethischen Richtlinien der Deutschen Gesellschaft für
Psychologie e. V. und des Berufsverbands Deutscher
Psychologinnen und Psychologen e. V. geben verbindliche Regeln
für das professionelle Verhalten von Psychologen vor. Sie finden
nicht nur auf berufliche Kontexte im engeren Sinne Anwendung, sondern
haben für die Berufsangehörigen in ihrer Eigenschaft als
Psychologen in allen Lebenssituationen bindenden Charakter.
Im öffentlichen Bewußtsein besitzt der Beruf des
Psychologen heute ein hohes Ansehen, dem auch durch ein
differenziertes Netz an ethischen und rechtlichen Bestimmungen
Rechnung getragen werden muß. Die gemeinsamen Ethischen
Richtlinien der Deutschen Gesellschaft für Psychologie
e. V. und des Berufsverbands Deutscher Psychologinnen und
Psychologen e. V. sind Ausdruck des Selbstverständnisses
des Psychologenberufs. Sie vermitteln den Berufsangehörigen eine
gültige Orientierung für ihre praktische Arbeit und setzen
Maßstäbe, anhand derer psychologische Tätigkeiten
öffentlich überprüfbar werden. Auf diese Weise dienen
die im folgenden aufgestellten Regeln der inneren Ordnung des
Berufsstandes und ermöglichen bei Nichteinhaltung von Normen
entsprechende Sanktionen.
Soweit Gesetze oder Rechtsnormen diese Ethischen Richtlinien
für einzelne psychologische Tätigkeiten weiter
einschränken, sind sie vorrangig.
B.III. Umgang mit Daten
III.1. Schweigepflicht
- Psychologen sind nach § 203 StGB verpflichtet, über
alle ihnen in Ausübung ihrer Berufstätigkeit
anvertrauten und bekannt gewordenen Tatsachen zu schweigen, soweit
nicht das Gesetz Ausnahmen vorsieht oder ein
bedrohtes Rechtsgut überwiegt. Die Schweigepflicht
von Psychologen besteht auch gegenüber
Familienangehörigen der ihnen anvertrauten Personen. Ebenso
besteht die Schweigepflicht von Psychologen gegenüber ihren
Kollegen und Vorgesetzten.
- -
- Die der Schweigepflicht unterliegenden Tatsachen, Befunde und
Beratungs- bzw. Behandlungsergebnisse dürfen anonymisiert
weiterverwendet werden, sofern ausgeschlossen ist, daß
Rückschlüsse auf die Patienten/ Klienten möglich
sind.
- -
III.2. Aufzeichnungen, Erhebung und Speicherung von Daten
Psychologen dürfen nur nach vorheriger Einwilligung durch die
Klienten / Patienten Aufzeichnungen auf Bild- oder Tonträger
über Besprechungen oder Behandlungen erstellen oder
Besprechungen von einem Dritten mithören lassen. Psychologen
dürfen nur im Rahmen ihres Auftrages Daten über Klienten /
Patienten erheben, speichern und nutzen. Dies gilt auch für
Telefongespräche. Aufzeichnungen jeder Art, insbesondere auf
Datenträger, sind gegen unrechtmäßige Verwendung zu
sichern. Urmaterialien und ihre Aufbereitung sind entsprechend den
Festlegungen der Auftraggeber oder mindestens für 10 Jahre
aufzubewahren.
C. Psychologie in Forschung und Lehre
C.I. Wissenschaftsfreiheit und gesellschaftliche
Verantwortung
- Das Grundrecht der Wissenschaftsfreiheit (Art.5, Abs.3 GG)
erlegt den in der Forschung und Lehre tätigen
Psychologen die Verantwortung für Form und Inhalt ihrer wissenschaftlichen Tätigkeit auf.
Das Grundrecht der Wissenschaftsfreiheit ist formal
unbeschränkt. Es findet aber seine Grenze dort, wo andere
Grundrechte verletzt werden. In ihrer Berufsausübung sind die
in Forschung und Lehre tätigen Psychologen an ihre ethische
Verantwortung gegenüber ihren Mitmenschen und der
natürlichen Umwelt gebunden.
- Aus dem Recht auf Freiheit von Forschung und Lehre
erwächst die ethische Verpflichtung der in diesem Bereich
tätigen Psychologen, Forschung und Lehre von Fremdbestimmung
und wissenschaftsfremder Parteilichkeit freizuhalten. Das
schließt ein, daß in der Forschung tätige
Psychologen die Fragestellung ihrer Forschungsarbeit, die
methodischen Grundsätze, die Ergebnisinterpretation und deren
Verbreitung selbst zu verantworten haben und nicht nur berechtigt,
sondern verpflichtet sind, verfassungswidrige Eingriffe in diesen
Verantwortungsbereich abzuwehren.
Die Anerkennung der wissenschaftlichen Leistungen Andersdenkender,
Andersgläubiger, Angehöriger anderer Altersgruppen und
des anderen Geschlechts, anderer sozialer Schichten und Kulturen,
und die Bereitschaft, eigene Irrtümer durch überzeugende
Argumente, welcher Herkunft auch immer, zu korrigieren,
kennzeichnen das Berufsethos der in Forschung und Lehre
tätigen Psychologen in besonderem Maße.
- Die grundgesetzlich garantierte Freiheit der Forschung von
Fremdbestimmung ist zugleich als Appell an die moralische
Verantwortung der in Forschung und Lehre tätigen Psychologen
zu verstehen, innerhalb der wissenschaftlichen Gemeinschaft
demokratische Arbeitsformen zu fördern. Neue Fragestellungen,
Denkansätze und Methoden sind ohne Rücksicht auf ihre
Herkunft unvoreingenommen zu prüfen.
- Die vorstehenden Grundsätze gelten auch für
Psychologen, die in weisungsabhängiger Stellung forschen,
sowie für in der Auftragsforschung tätige
Psychologen.
- Unbeschadet der Verantwortlichkeit Angehöriger anderer
Berufsgruppen für die von ihnen im Rahmen eines
Forschungsvorhabens durchgeführten einzelnen Maßnahmen,
tragen Psychologen als Leiter solcher Forschungsvorhaben für
diese die Gesamtverantwortung.
C.II. Grundsätze guter wissenschaftlicher Praxis
- Grundlegend für die Berufsausübung in Forschung und
Lehre ist die unbedingte Redlichkeit in der Suche nach und bei der
Weitergabe von wissenschaftlichen Erkenntnissen. Um gesicherte
wissenschaftliche Erkenntnisse zu gewinnen, verpflichten sich in
Forschung und Lehre tätige Psychologen zur Einhaltung
folgender Grundsätze:
- Sie unterwerfen ihre Forschungstätigkeit den allgemein
gültigen Regeln methodischen Vorgehens und der
Überprüfbarkeit von Ergebnissen. Sie sind jederzeit
bereit, ihr wissenschaftliches Vorgehen entsprechend dem
jeweiligen Untersuchungsziel darzustellen, zu begründen und
rationaler Kritik zugänglich zu machen.
- Werden Forschungsvorhaben realisiert, ohne daß sie,
zumeist auf dem Wege der Finanzierung, personell bzw.
institutionell an Strukturen gebunden sind, die der Sicherung
guter wissenschaftlicher Praxis dienen, so obliegt es den
Forschenden selbst sicherzustellen, daß die
Durchführung solcher Vorhaben mit den wissenschaftlichen,
fachlichen und ethischen Grundsätzen dieser Ethischen
Richtlinien in Übereinstimmung steht.
- In Forschung und Lehre tätige Psychologen sind darum
bemüht, bereits im Forschungsprozeß alle
verfügbaren Informationen und Gegenargumente angemessen zu
berücksichtigen. Sie sind offen für Kritik und bereit,
auch eigene Erkenntnisse konsequent anzuzweifeln.
- In Forschung und Lehre tätige Psychologen verpflichten
sich, ihre Forschungsergebnisse zu dokumentieren. Sie sind bereit,
wissenschaftliche Aussagen vollständig und ohne Auflagen
zugänglich zu machen und so ihren Einbezug in den kumulativen
Prozeß der Forschung und Lehre zu gewährleisten. Diese
Selbstverpflichtung gilt im Grundsatz auch für solche
Forschungsergebnisse, die der eigenen Theorie bzw. den eigenen
Hypothesen widersprechen oder deren Veröffentlichung aus
anderen Gründen als nicht opportun erscheint.
- Die Beiträge von Partnern, Kollegen, Studierenden und
Vorgängern zum eigenen Forschungsthema werden explizit und
deutlich kenntlich gemacht.
C.III. Grundsätze der Forschung am Menschen
- Psychologische Forschung ist auf die Teilnahme von Menschen
als Versuchspersonen angewiesen. Psychologen als Wissenschaftler
sind sich der Besonderheit der Rollenbeziehung zwischen
Versuchsleiter und Versuchsperson und der daraus resultierenden
Verantwortung bewußt. Sie stellen sicher, daß durch
die Forschung Würde und Integrität der teilnehmenden
Personen nicht beeinträchtigt werden. Sie treffen alle
geeigneten Maßnahmen, Sicherheit und Wohl der
Versuchspersonen zu gewährleisten, und versuchen, Risiken
auszuschließen.
- Die Verantwortung ist besonders hoch zu bemessen, wenn es sich
bei den Versuchspersonen um Abhängige oder um Personen
handelt, die nicht in der Lage sind, eigenverantwortlich zu
handeln, oder wenn die Forschungssituation geeignet ist,
eigenverantwortliches Handeln der Versuchspersonen zu
reduzieren.
- Die Teilnahme an psychologischen Versuchen erfolgt freiwillig
(unbeschadet der Bestimmungen in Prüfungsordnungen, die
grundsätzlich die Teilnahme an psychologischen Versuchen
vorschreiben können). Die Versuchspersonen sind über
alle Ziele, Einzelheiten, Belastungen und Risiken auf
verständliche Weise zu informieren, die für ihre
Teilnahmeentscheidung mutmaßlich von Bedeutung sind.
Über verdeckte Beobachtung sind sie zu informieren. In den
Ausnahmefällen, in denen eine vollständige Information
vor der Versuchsdurchführung mit dieser nicht vereinbar ist,
muß in besonderem Maße sichergestellt sein, daß
den Versuchspersonen durch ihre Teilnahme kein Schaden entstehen
kann. In diesem Fall sind die Versuchspersonen in allgemeiner Form
über die mangelnde Aufklärung zu informieren. Nach
Abschluß der Untersuchung sind die Probanden
aufzuklären. Gleiches gilt analog für die verdeckte
Beobachtung. Im Falle nicht einwilligungsfähiger Personen ist
die Einwilligung der gesetzlichen Vertreter einzuholen.
- Handelt es sich bei den Versuchspersonen um Studierende oder
um von den projektverantwortlichen Psychologen abhängige
Personen, so sind diese verpflichtet sicherzustellen, daß
diesen Teilnehmern aus einer Rücknahme ihrer Zustimmung zur
Teilnahme vor bzw. während der Untersuchung keine
schädlichen Konsequenzen erwachsen.
- Psychologen setzen ihre Versuchspersonen keinen psychisch oder
physisch schädigenden Einflüssen oder Gefährdungen
aus. Versuche sind unverzüglich abzubrechen, wenn
Versuchspersonen unerwartete Belastungsreaktionen zeigen. Treten
unerwünschte Konsequenzen der Versuchsteilnahme auf, so hat
der Psychologe diese zu beseitigen bzw. für ihre Beseitigung
zu sorgen.
- Psychologen sind auch verantwortlich für eine ethisch
einwandfreie Ausführung der unter ihrer Supervision oder
Kontrolle durch andere Personen ausgeführten
Forschungsarbeiten am Menschen. Anderen an der Forschung
beteiligten Personen dürfen nur solche Aufgaben
übertragen werden, für die sie angemessen trainiert und
vorbereitet wurden.
- Psychologische Versuche sind nur in jeweils dazu geeigneten
Einrichtungen oder Institutionen durchzuführen.
C.V. Veröffentlichung von Forschungsergebnissen
- Die Ergebnisse psychologischer Forschung sind der
Fachöffentlichkeit zugänglich zu machen. Durch korrekte,
vollständige und eindeutige Darstellung sind
Fehlinterpretationen zu verhindern.
- Daten, über die Individuen identifizierbar sind, sind zu
anonymisieren.
- Fachinterne Diskussion und Kritik sind der Entwicklung der
Wissenschaft zuträglich und dürfen nicht verhindert
werden.
- Bei gemeinsamen Publikationen sind die wesentlichen
Mitarbeiter explizit und deutlich zu beteiligen. Die Reihenfolge
der Autoren sollte ihrem Leistungsbeitrag gerecht werden.
- Psychologen, die in ihren veröffentlichten Daten
nachträglich bedeutsame Fehler entdecken, sind verpflichtet,
sinnvolle Schritte zu deren öffentlicher Korrektur, etwa
durch ein Erratum oder durch andere angemessene
Publikationsmaßnahmen zu ergreifen.
- Psychologen, denen Planungsvorhaben, Ergebnisberichte oder
sonstige unveröffentlichte wissenschaftliche Texte im Rahmen
ihrer Tätigkeit als Gutachter für Publikationen,
Forschungsanträge etc. zugänglich gemacht werden, sind
verpflichtet, die Vertraulichkeit und die Autorenrechte derer, die
diese Materialien eingereicht haben, zu wahren.
Quelle:
http://www.dgps.de/gesellschaft/mitteilungen/ethikrichtlinien.html
(99-07-21)