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Was ist Hypertext?

Die Antwort auf diese Frage kann nicht kurz ausfallen: zu verschieden sind die Perspektiven, unter denen man Hypertext betrachten kann, zu verschieden die spezifischen Anwendungsbereiche. Dementsprechend findet man in der Literatur fast so viele Definitionen von Hypertext wie es Autorinnen gibt, die über Hypertext schreiben.





Eine Basis-Definition
Grundlegend für das Hypertext-Konzept sind zwei Begriffe: Knoten und Links. Knoten sind die atomaren Informationseinheiten von Hypertexten, die über Links auf nicht-lineare Weise miteinander verbunden sind. Die Knoten eines Hyperdokumentes können Texte und/oder einfache Schwarz-Weiß-Graphiken beinhalten. Enthalten die Knoten darüber hinaus farbige Bilder, Töne, Videos, Simulationen oder Animationen, so spricht man von Hypermedia. Hypermedia ist also ein Oberbegriff für Hypertext und unterscheidet sich von Multimedia durch die nicht-lineare Verknüpfung der Informationsknoten. Unter einem Hypertext-System versteht man alle Software-Hilfsmittel, mit denen Hypertexte erstellt, verwaltet und genutzt werden können. Ein Hyperdokument oder kurz Hypertext ist eine mit einem Hypertext-System erstellte Informations- bzw. Hypertextbasis, die eine nicht-lineare Struktur aufweist.
Um einem Link zu folgen, muß die Leserin einfach einen auf dem Bildschirm besonders hervorgehobenen Bereich, der das Vorhandensein eines Links anzeigt, mit der Maus anklicken (oder ihn mit dem Finger auf einem Touch-Screen berühren), und der Inhalt des neuen Knotens wird auf dem Bildschirm dargestellt.

 

Traditionelle Texten sind linear organisiert, sie sollen in einer von der Autorin durch die Aneinanderreihung der Abschnitte vorgegebenen Sequenz gelesen werden, d.h. (wenn die Autorin Glück hat) von der ersten bis zur letzten Seite. In nicht-linearen Hypertexten stehen der Leserin immer mehrere Lesealternativen zur Verfügung, sie kann wählen, welchen Knoteninhalt sie als nächstes lesen möchte. Es gibt bei Hypertexten folglich keine fest vorgesehene Lesereihenfolge. Bei Texten entspricht die physikalische Struktur, die sequentielle Abfolge der Abschnitte - nicht der logischen Textstruktur, die meist hierarchisch ist und darüberhinaus Querverweise enthält. Bei Hypertexten - so wird angenommen - werden logische und physikalische Struktur miteinander in Einklang gebracht. Diese Übereinstimmung soll sich positiv auf das Lernen auswirken. Auf die Problematik dieser Annahme wird weiter unten noch ausführlich eingegangen.


Weitere Eigenschaften
Die beiden Hypertext-Komponenten Knoten und Link erlauben lediglich eine Basisdefinition von Hypertext - das, was allen Hypertexten gemeinsam ist, und die von allen, die über Hypertext sprechen, gleichermaßen akzeptiert wird. Darüber hinaus besteht aber weniger Einigkeit darüber, was einen Hypertext ausmacht und von anderen Medien der Wissensdarstellung unterscheidet. Je nach Anwendungsbereich, Forschungsrichtung und Forschungsschwerpunkt werden weitere Bedingungen genannt, die erfüllt sein müssen, um einen Text als Hypertext bezeichnen zu können.

Hypertexte sind elektronische Texte

Für die meisten Autorinnen sind Hypertexte elektronische Texte, sind also nur auf dem Computer denkbar. Gedruckte Enzyklopädien, Wörterbücher oder Karteikartensysteme sind nach dieser Definition keine Hypertexte, obwohl ihnen durch die im Text enthaltenen expliziten Verweise eine stark vernetzte Struktur zugrunde liegt. Conklin (1987) spricht in diesem Zusammenhang von manuellen Hypertexten. Der Grund für die Ausgrenzung gedruckter (Hyper-)Texte liegt darin, daß der Informationszugriff in Hypertexten ohne Aufwand für die Leserin erfolgt: die gesuchte Information ist idealerweise immer nur einen Mausklick weit entfernt.

Eins-zu-Eins-Beziehung von Datenbasis und Bildschirmanzeige

Weiterhin wird, besonders von Autorinnen, die in der Informatik zu Hause sind, eine Eins-zu-Eins-Darstellung der Struktur der Datenbasis an der Oberfläche gefordert, um von Hypertext sprechen zu können. Andere sehen diese Eins-zu-Eins-Abbildung der Datenstruktur auf die Bildschirmoberfläche nicht als notwendige Eigenschaft von Hypertexten an, da das für die Leserin, die nur über die Oberfläche mit dem System interagiert, ohne Belang ist. Diese benutzerinnenorientierte Auffassung soll auch hier vertreten werden. Wenn es um das Lernen mit Hypertext geht, dann ist alleine das von Interesse, was die Leserin während der Interaktion sieht und erfährt, egal wie dieses Etwas im Rechner repräsentiert ist. Für manche ist das "look and feel" sogar das einzige Kriterium, um von einem Hypertext sprechen zu können.

Graphische Übersicht über die Hypertext-Struktur

Das Vorhandensein einer graphischen Übersicht über die Hypertextstruktur, eines sogenannten Browsers, wird von den meisten Autorinnen als unverzichtbar angesehen. Browser dienen der Orientierung in Hypertexten: Die Visualisierung der Hypertext-Struktur soll die Leserin darin unterstützen, eine Art "mentaler Landkarte" der Hypertext-Struktur zu entwickeln. Browser dienen aber nicht nur der Übersicht über die Hypertext-Struktur, sondern erlauben auch einen direkten Zugriff auf die Knoten des Hypertextes. Durch Anklicken eines der im Browser als Ikonen dargestellten Knoten gelangt die Leserin direkt zu dem entsprechenden Knoten. chenden Knoten. Der Gestaltung, Darstellung und Funktionalität von Browsern ist ein Großteil der Forschungsanstrengungen gewidmet, insbesondere im Zusammenhang mit Hypertexten, die der Wissensvermittlung dienen.

Drei Arten des Informationszugriffs

Auf die Informationen eines Hypertextes kann auf drei Arten zugegriffen werden: durch das Verfolgen von Links, durch Volltextsuche und über den Browser.
Das Verfolgen von Links stellt gegenüber üblichen Datenbanksystemen eine zusätzliche Möglichkeit des Informationszugriffs dar, der bei diesen nur mit traditionellen Suchmechanismen (Eingabe von Suchbegriffen und deren logischer Verknüpfung) möglich ist. Oft wissen Benutzerinnen aber gar nicht, wonach sie genau suchen und können ihre Suchfrage folglich auch nicht exakt formulieren. In diesen Fällen stellt das Verfolgen von Links eine flexiblere Möglichkeit der Informationssuche dar: Die Benutzerin muß die Suche nicht im Vorhinein planen, sondern kann frei durch den Informationsraum wandern ("browsen").
Neben diesem hypertextspezifischen Zugriffsmechanismus über das Verfolgen von Links sollte auch die Volltextsuche bzw. die Suche über die Eingabe bestimmter Suchbegriffe, wie sie aus üblichen Datenbanksystemen her bekannt ist, unterstützt werden. Wenn das Suchziel exakt formuliert werden kann und die Einordnung der gesuchten Information in ihren Kontext nicht erforderlich ist, dann hat dieser Mechanismus einen eindeutigen zeitlichen Vorteil.
Die dritte Art des Informationszugriffs in Hypertexten geschieht über den Browser. Die Darstellung eines Knotens im Browser kann direkt mit der Maus angeklickt werden, woraufhin der entsprechende Knoten angesprungen und auf dem Bildschirm angezeigt wird. Ein Browser ist also eine spezielle Art von Knoten, eine Art Superknoten, der nicht nur die Textstruktur anzeigt, sondern auch direkte Links zu den anderen Knoten des Hyperdokumentes enthält.

Graphische Oberfläche und direkte Manipulation

Der Gestaltung der Benutzungsschnittstelle kommt bei Hypertexten eine zentrale Bedeutung zu. Simon (1991) stellt zurecht fest, daß das Schwergewicht bei Hypertext-Entwicklungen auf der Gestaltung der Interaktion und der Oberfläche liegt - im Gegensatz zur "normalen" Software-Programmierung, wo das Schwergewicht auf dem Entwurf der internen Programmlogik liegt. Durch diesen Wandel werden erstmals Forderungen der Software-Ergonomie ins Zentrum gerückt und es besteht die Chance, benutzerzentrierte Software-Entwicklung zu betreiben. Das Vorhandensein einer graphischen Oberfläche und das Prinzip der direkten Manipulation sind bei modernen Hypertext-Systemen feste Bestandteile ihrer Definition.


Knoten
Knoten sind die grundlegenen, atomaren Informationseinheiten von Hypertexten. Ähnlich wie ein Text sich aus Kapiteln und Abschnitten aufbaut, ist ein Hypertext aus Knoten aufgebaut, die über elektronische Verweise (die Links) miteinander verbunden sind.

Größe und Inhalt

Je nach Anwendung bestehen die Knoten eines Hypertextes nur aus einer einzigen Idee bzw. Proposition, oder auch aus umfangreichen Textdateien. Im letzeren Fall sind mehrere Textdateien über Links zu einem eventuell über mehrere Rechner verteilten Hypertext verknüpft. Der momentan faszinierendste Hypertext dieser Art ist das World Wide Web (WWW), ein über die ganze Welt verteiltes Hypertext-Netz, das über das Internet frei zugänglich ist.

Knotenarten

In vielen Hypertext-Sytemen werden den Autorinnen vordefinierte Knotentypen zur Verfügung gestellt. Werden mehrere Knotentypen bereitgestellt, dann werden diese an der Benutzungsoberfläche unterscheidbar gemacht durch Farbe, Größe und/oder Icons. Z.B. verfügt das Hypertext-System NoteCards über Textknoten und Graphikknoten. Weiterhin sind die Knoten typisiert nach der Hierarchie-Ebene, auf der sie angesiedelt sind, nach einfachen Knoten, strukturierenden Knoten und Überblicksknoten. Es gibt sogenannte "fileboxes", spezialisierte Knoten, die andere Knoten oder wiederum fileboxes enthalten können und denen somit eine hierarchisierende Funktion zukommt.
Systeme, die nur einen einzigen Knotentyp anbieten, erlauben es der Autorin, je nach Bedarf unterschiedliche Knotentypen zu definieren. Das Hypertext-System KMS kennt im Gegensatz zu NoteCards nur eine Knotenart. Eine Typisierung kann lediglich über den Knoteninhalt erfolgen (Text, Graphik, Bilder). Das hat für die Autorin und auch die Leserin den Vorteil, daß nur wenige Konzepte zu lernen sind. Hierarchische Strukturen werden in KMS einfach durch sogenannte "tree links" erstellt.
In manchen Hypertext-Systemen können mehrere Knoten zu einem "composite node" zusammengefaßt werden, der einen eigenen Namen zugewiesen bekommt. Ein solcher zusammengesetzter Knoten enthält dann eine Menge ihm untergeordneter Knoten zusammen mit den sie verbindenden Links. Zusammengesetzte Knoten können z.B. verwendet werden für Listenübersichten oder für sog. "Stretchtexte", bei denen durch die Leserin, ausgehend von einem Inhaltsverzeichnis, sukzessive Expansionen des Textes vorgenommen werden können, bis dieser vollständig angezeigt wird.

Darstellung des Knoteninhalts

Die Darstellung von Knoten an der Oberfläche geschieht in sog. Frames, Karten, Seiten oder Fenstern. Diese Fenster haben eine feste Größe, und innerhalb eines Fensters wird immer nur der Inhalt eines Knotens dargestellt. Die verschiedenen Hypertext-Systeme unterscheiden sich hinsichtlich der Größe und der Anzahl der gleichzeitig anzeigbaren Fenster.
In HyperCard kann beispielsweise zu jedem Zeitpunkt immer nur ein Knoten angezeigt werden, in SEPIA oder MEM wird jeweils der zuvor aktivierte Knoten simultan mit dem aktuellen Knoten angezeigt, indem der Bildschirm aufgeteilt wird. Wieder andere Hypertext-Systeme wie Intermedia können beliebig viele Knoten in sich überlappenden Fenstern gleichzeitig anzeigen, wobei deren Anzahl nur beschränkt ist durch den zur Verfügung stehenden Arbeitsspeicher.
Die Frage, ob nur ein Knoten oder mehrere Knoten gleichzeitig angezeigt werden können bzw. sollten, ist von einiger Relevanz für die Kontext- bzw. Kohärenz-Diskussion. Hypertext-Kritiker bemängeln, daß durch die Fragmentierung des Textes der Kontext verlorengeht, der bei traditionellen, linearen Texten einen stetigen Lesefluß erlaubt. Bei Hypertexten fehlt diese Kohäsion, die den Übergang von einem zum nächsten Knoten andeutet. Werden mehrere Knoten gleichzeitig auf dem Bildschirm angezeigt, kann dieses Problem zumindest reduziert werden. Andererseits kann aber auch die Anzeige beliebig vieler Knoten zu Verwirrungen auf Seiten der Leserin führen.
Ein weiteres Problem mit der Darstellung von Knoten auf dem Computer-Bildschirm ergibt sich dadurch, daß die Fenster, in denen der Knoteninhalt dargestellt wird, maximal die Größe des Bildschirms einnehmen können; umfangreichere Texte lassen sich nicht mehr simultan auf dem Bildschirm anzeigen. In diesem Falle bestehen zwei Darstellungs- bzw. Interaktionsalternativen: bildschirmweises Blättern (paging) und zeilenweises Auf- oder Abschieben des Textes mittels eines sog. Rollbalkens (scrolling).
Beim Blättern wird der gesamte Bildschirminhalt, ähnlich wie beim Blättern in Büchern, durch den nachfolgenden Text ersetzt. Je nach verwendeter Metapher (Hypertext als Buch, Karteikarten, usw.) kann durch verschiedene visuelle Überblendeffekte den Leserinnen der Eindruck vermittelt werden, sie blätterten tatsächlich nach rechts oder links, nach oben oder unten.
Beim Scrollen wird der u.U. sehr umfangreiche Knoteninhalt von den Leserinnen nicht seitenweise wahrgenommen, sondern eher als Einheit. Die Entscheidung für oder gegen eine der beiden Design-Alternativen ist nicht leicht zu begründen.


Links
Die Knoten eines Hyperdokumentes stehen nicht isoliert nebeneinander, sondern sind über elektronisch unterstützte Verweise, die Links, miteinander verknüpft. Links setzen die Knoten zueinander in Beziehung; sie erst erlauben den Leserinnen die Navigation durch das Informationsnetz. Erst Links und Knoten zusammen ergeben die typische, nicht-lineare Hypertext-Struktur. Alle Links haben einen Ausgangs- und einen Zielpunkt, die Ausgangs- bzw. Ziel-Anker genannt werden. Für Ausgangs-Anker finden sich in der Literatur auch die Begriffe references, linkpoints, Link-Indikatoren, link-icons, hotwords, hot spots oder buttons. Für Ziel-Anker findet man auch die Begriffe link regions, destination points und reference points.

Link-Arten

In der Literatur findet man die verschiedensten Link-Taxonomien, die sich hinsichtlich ihres Differenzierungsgrades, ihrer Terminologie und der zugrundeliegenden Dimensionen erheblich voneinander unterscheiden.
Links können unidirektional oder bidirektional sein. In den meisten Hypertext-Systemen können Links nur entlang einer Richtung verfolgt werden, und zwar vom Ausgangsanker hin zum Zielanker. Diese Links sind unidirektional. In solchen Systemen werden nur indirekt über eine sogenannte Backtrack-Funktion bidirektionale Links unterstützt, d.h. der umgekehrte Weg kann nur dann gegangen werden, wenn zuvor die andere Richtung verfolgt wurde. Intermedia ist eines der wenigen Systeme, das uneingeschränkt bidirektionale Links zur Verfügung stellt.
Links können intra-, inter- oder extrahypertextuell sein. Intrahypertextuelle Links verbinden zwei Bereiche innerhalb eines Knotens miteinander. Diese Link-Art wird meistens dann verwandt, wenn der Knoteninhalt umfangreich und nicht in einem Fenster darstellbar ist. Interhypertextuelle Links verbinden zwei Knoten desselben Hyperdokumentes miteinander, extrahypertextuelle Links verbinden zwei Knoten verschiedener Hyperdokumente.

Links können weiterhin unterschieden werden hinsichtlich der Globalität bzw. Lokalität ihrer Ausgangs- und Ziel-Anker. Ein globaler Anker bezeichnet einen ganzen Knoten, ein lokaler Anker eine bestimmte Region innerhalb eines Knotens. Abbildung 6 zeigt die vier möglichen Kombinationen von globalen und lokalen Ausgangs- bzw. Zielankern. In den meisten Fällen haben die Links einen lokalen Ausgangs-Anker und einen globalen Ziel-Anker. Diese Art der Verknüpfung ist man auch aus Büchern gewöhnt, z.B. von Fußnoten oder Verweisen auf folgende oder vorhergehende Kapitel.

Die wichtigste Unterteilung, die beliebig weiter differenziert werden kann, ist die Unterteilung in referentielle und typisierte Links. Referentielle oder assoziative Verknüpfungen sind die wesentlichen und typischen Verknüpfungen in Hypertexten. Sie stellen Hypertext-Knoten zueinander in Beziehung, ohne daß die Art der Relation explizit spezifiziert werden könnte; es besteht ein irgendwie gearteter Zusammehang zwischen den durch die Links verknüpften Einheiten. Aber auch assiziative Verknüpfungen werden nicht rein willkürlich gesetzt. Referentielle Links sind oft Links, bei denen das Wort selber als Linkanker dient. Meist verweist solch ein Link dann auf einen Knoten, der mehr Informationen zu dem Konzept enthält, das als Linkanker dient. Eine spezielle Form assoziativer Verknüpfungen sind Annotationen, die nicht als selbständige, in sich abgeschlossene Einheiten konzipiert sind, sondern sie ergeben nur im Zusammenhang mit der auf sie verweisenden Einheit einen Sinn. Annotationen werden nicht in separaten Hypertext-Knoten abgelegt, sondern temporär in einem separaten Fenster neben oder über dem aktuellen Text eingeblendet.
Typisierte Links sind Verknüpfungen, die die Art der Relation zwischen zwei Knoten angeben. Sie dienen der Strukturierung von Hypertexten und werden auch als strukturierende, organisatorische oder organisationelle Links bezeichnet Conklin (1987) versteht unter "organisationellen Links" solche, die eine hierarchische Struktur im Sinne von "Is-a"-Relationen aufbauen. Hypertexte sind nicht völlig strukturlos: sie verfügen oft neben den assoziativen Links auch über typisierte Links, die dem Text sein dem Inhalt angemessenes Gerüst verleihen. Je nach Anwendungsbereich werden spezielle Linktypen zur Verfügung gestellt, um der Leserin/Benutzerin die Textstruktur zu verdeutlichen.

Darstellung und Plazierung von Link-Ankern

In Hypertexten gibt es die unterschiedlichsten Methoden zur Anzeige und Plazierung von Link-Ankern. Link-Anzeigen können direkt in den Text integriert sein, oder aber sie werden von diesem getrennt angezeigt.
Sind die Anzeigen direkt in den Text integriert, so spricht man von eingebetteten Anzeigen (embedded links). Eine Technik zur Darstellung dieser eingebetteten Anzeigen ist die Markierung des Wortes selber, das dann Hotword oder Hot Spot genannt wird. Die Markierung kann durch farbliche Hervorhebung, durch Blinken, durch einen Fontwechsel oder durch die Umrandung des Wortes vorgenommen werden. Der Link-Anker ist in diesem Falle das Wort selber, d.h. um zu dem Knoten zu gelangen, auf den der Link verweist, muß die Leserin einfach das markierte Wort mit der Maus anklicken.
Eine weitere Möglichkeit zur Darstellung eingebetteter Anzeigen besteht darin, dem Wort ein kleines Ikon (embedded button) voranzustellen oder anzuhängen, das auf das Vorhandensein eines Link-Ankers hinweist. In manchen Hypertext-Systemen sind die Hotwords selber nicht markiert, es ändert sich lediglich die Cursorform, wenn er über sie hinwegfährt - er wechselt seine Form dann entsprechend des unter ihm liegenden Link-Typs. Das Hypertext-System Guide der Firma OWL ist ein Beispiel für ein solches System. Ein Vorteil dieser "unsichtbaren" Linkanzeigen besteht darin, daß der Lesefluß durch die Hervorhebungen nicht unnötig beeinflußt wird. Insbesondere dann, wenn ein Knoten viele Links unterschiedlicher Art enthält, kann sich die permanente Markierung eingebetteter Anzeigen sehr störend auf den Leseprozeß auswirken.

In einigen Hypertexten findet eine strikte Trennung zwischen dem Textteil und dem Anzeigenteil für die Links statt. Die Links können dabei entweder ständig aktiv/sichtbar sein oder müssen explizit von der Leserin, z.B. über ein Menü, aufgerufen und aktiviert werden. Ein Vorteil der Verwendung von Menüs könnte darin bestehen, daß vielen Leserinnen diese Art der Interaktion aus anderen Anwendungsprogrammen vertraut ist. Der Nachteil der räumlichen Separierung von Text und Linkanzeige könnte in einer reduzierten Bereitschaft der Leserinnen liegen, diesen Links zu folgen. Diese reduzierte Bereitschaft kann aber auch als Vorteil ausgelegt werden, da so ein unkontrolliertes, chaotisches Navigieren im Hypertext verhindert bzw. reduziert werden kann.


Hypertext-Strukturen
Die Menge der Knoten und der Links ergibt zusammen die Struktur eines Hyperdokumentes. Die Betrachtung der Struktur von Hypertexten erlaubt es, sie auf einer höheren Ebene als der von einzelnen Knoten und Links zu analysieren und zu klassifizieren. Wenn im folgenden über Hypertext-Strukturen gesprochen wird, geschieht dies nicht im Hinblick auf die in der Datenbasis durch die Knoten und die elektronischen Verweise realisierte Struktur, denn diese kann sich dramatisch von derjenigen Struktur unterscheiden, die die Leserin eines Hypertextes tatsächlich erfährt. Die Klassifikation von Hypertext-Strukturen auf der Grundlage der im Rechner repräsentierten Struktur hat nur dann Sinn, wenn die Leserin sich auch ohne Beschränkungen im Hypertext bewegen kann. Bestehen z.B. Einschränkungen derart, daß die Leserin sich nur auf festgelegten Pfaden durch den Hypertext bewegen oder nur eine Teilmenge der tatsächlich vorhandenen Links verfolgen kann, dann ist aus beutzerorientierter Sicht die Hypertext-Struktur durch diese Einschränkungen gegeben. Auf diesen wichtigen Punkt soll vorab hingewiesen werden, da von einigen Autorinnen diese Unterscheidung nicht getroffen wird.

Klassifikation von Hypertext-Strukturen

Von mehreren Autorinnen wurden Versuche unternommen, Hypertexte aufgrund ihrer Struktur zu klassifizieren.
Jonassen (1986) nimmt folgende Klassifikation vor:

  • Knoten-Link-Hypertext: Von jedem Knoten aus können alle anderen Knoten direkt angesprungen werden. Dieser direkte Zugriff kann z.B. durch ein Menü oder einen Index realisiert werden, in dem alle Knoten aufgelistet sind und ausgewählt werden können.
  • Strukturierter Hypertext: Die Knoten sind zu mehreren Clustern zusammengefaßt, wobei von jedem Cluster aus jedes andere angesprungen werden kann. Auf dieser Ebene entspricht der strukturierte Hypertext also dem Knoten-Link-Hypertext. Innerhalb der Cluster können die Knoten auf vielfältige Weise miteinander verknüpft sein, z.B. linear, hierarchisch oder vernetzt.
  • Hierarchisch strukturierter Hypertext: Der Zugriff auf untergeordnete bzw. detailliertere Informationen kann immer nur über Knoten auf einer höheren Ebene erfolgen.
  • Festlegung der Hypertext-Struktur

    Die Festlegung der Hypertextstruktur durch die Autorin ist, wie auch die Festlegung des Knoteninhalts und des Knotenumfangs, eines der ungelösten Probleme der Hypertext-Technologie. Welche Knoten über welche Links nach welchem Muster miteinander verknüpft werden sollen, hängt von vielen Faktoren ab und läßt sich nicht eindeutig aus theoretischen Überlegungen ableiten. Der darzustellende Sachverhalt, die angestrebte Komplexität des Hypertextes, die Form der Nutzung und die potentielle Zielgruppe müssen von der Autorin in ihre Überlegungen mit einbezogen werden. Bei Hypertexten bleibt es weitgehend der Intuition und Erfahrung der Autorin überlassen, den Inhalt zu strukturieren. Während für viele Textarten Standards vorhanden sind, die auf Seiten der Autorin die Strukturierung des Materials leiten, z.B. beim Verfassen wissenschaftlicher Arbeiten oder technischer Dokumentationen, kann bei Hypertexten nur mit Einschränkungen auf diese Vorgaben zurückgegriffen werden.


    Browsen, Navigation und Orientierung
    Gedruckte Texte werden normalerweise von vorne nach hinten gelesen, es gibt immer nur ein "Vor" oder "Zurück". Man kann (meistens) der Autorin dahingehend vertrauen, daß sie die einzelnen Kapitel in einer verständlichen Reihenfolge angeordnet hat, daß neue Abschnitte auf zuvor Gesagtem aufbauen. In Hypertexten bleibt die Aufgabe der Sequenzierung der Leserin überlassen, sie muß sich ständig für eine von mehreren Alternativen entscheiden, was dann wiederum Folgen für weitere Entscheidungen hat. Sie muß navigieren. Das Navigieren stellt für die Leserinnen eine zusätzliche, durch die Nicht-Linearität von Hypertext bedingte Anforderung dar, die mit der Konzentration auf den Textinhalt konkurriert. Das daraus resultierende Problem wird in der Literatur als das Problem der kognitiven Überlastung (cognitive overload) bezeichnet.

    Browsen und Navigation

    Browsen und Navigation sind die wichtigsten in Hypertexten vorkommenden Benutzer-Aktivitäten. Der Begriff Browsen bedeutet soviel wie schmökern, sich unverbindlich in einem Buch oder einer Bibliothek umsehen. Browsen geht immer mehr in Navigation über, je mehr die Leserin sich im Informationsraum auskennt, also eine Vorstellung darüber entwickelt hat, wie die einzelnen Knoten zueinander in Beziehung stehen. Oft wird die Navigation in Hypertexten mit der Navigation in natürlichen Umgebungen verglichen.

    Das Orientierungsproblem: Lost in hyperspace

    Das Browsen bzw. die Navigation in Hypertexten bereitet den Leserinnen oft Probleme, die man unter dem Begriff der Desorientierung zusammenfaßt oder mit lost in hyperspace bezeichnet. Das Orientierungsproblem und das damit eng zusammenhängende Problem der kognitiven Überlastung werden als bis heute ungelöste Probleme der Hypertext-Technologie angesehen, und ein Großteil der Forschung ist ausschließlich der Lösung dieser beiden Probleme gewidmet. Das Orientierungsproblem gibt es eigentlich gar nicht, sondern es läßt sich in mehrere Teilprobleme differenzieren:

    Die Leserin weiß nicht,

  • wo genau in Relation zu den anderen Informationen des Hypertextes sie sich gerade befindet;
  • wie sie zu einer bestimmten Information gelangen kann, von der sie annimmt oder weiß, daß sie im Hypertext enthalten ist;
  • wie sie am besten den Einstieg in den Hypertext finden soll, welches der optimale Startpunkt für sie ist;
  • wie sie zu einer bestimmten Stelle zurückgelangen kann, die sie schon einmal gesehen hat;
  • welches der für ihre Fragestellung optimale Weg durch den Hypertext ist;
  • ob sie am Ende einer Sitzung wirklich alle relevanten Informationen gesehen hat;
  • wie umfangreich der Hypertext ist, welche Informationen er enthält;
  • was sie an ihrer aktuellen Position tun kann bzw. wohin sie gehen kann.
  • Einige der oben aufgelisteten Probleme sind auch beim Lesen traditioneller linearer Bücher zu beobachten, insbesondere dann, wenn die Bücher schlecht strukturiert sind und mangelhafte Inhaltsverzeichnisse oder Indizes aufweisen. Auch die Leserin eines Buches kann Probleme damit haben, eine zuvor gelesene Stelle wiederzufinden oder abzuschätzen, ob eine bestimmte Information im Text enthalten ist. Andere Probleme sind eher hypertextspezifisch. Die Leserin eines linearen Textes wird in der Regel nicht das Problem haben, daß sie an einer bestimmten Stelle nicht weiß, was sie als nächstes tun kann, denn es wird ja immer nur ein "Vor" und "Zurück" angeboten. Wenn sie das Buch durchgelesen hat, wird sie wissen, daß sie alle Seiten auch gelesen hat. Auch die Schätzung des Textumfangs bereitet bei traditionellen Büchern keine Probleme, während die Leserinnen eines Hypertextes dessen Umfang nicht so genau einschätzen können.
    Bücher enthalten im Gegensatz zu Hypertexten vielfältige Orientierungshilfen, die durch den häufigen Umgang mit diesen fast schon automatisch genutzt werden können. Z.B. gibt die Seitenzahl der Leserin ebenso wie der Vergleich der Dicke von rechter und linker Hälfte des aufgeschlagenen Buches Aufschluß über ihre (relative) Position im Buch; der Buchdeckel eines schon gelesenen Buches (neu, abgenutzt, Farbe, usw.) erlaubt ein schnelles Auffinden des Buches zwischen anderen Büchern, und der individuell unterschiedliche Aufbau der Seiten (Fußnoten, Graphiken, Überschrift, Anzahl und Länge der Abschnitte) erleichtert die Suche nach bestimmten Informationen innerhalb des Buches alleine aufgrund visueller Hinweisreize.


    Navigationshilfen
    Da es das einheitliche, einer Ursache zuzuschreibende Orientierungsproblem nicht gibt, wurden die verschiedensten Navigationshilfen entwickelt, die immer nur einen oder einige wenige Aspekte dieses Problems lösen bzw. entschärfen können. Aus diesem Grunde sind in konkreten Hypertexten auch immer Kombinationen mehrerer dieser Hilfen vorzufinden.

    Traditionelle Orientierungshilfen

    Unter traditionellen Orientierungshilfen werden Metainformationen verstanden, die auch in Büchern verwandt werden und auf das Hypertext-Konzept übertragen wurden. Traditionelle Orientierungshilfen haben zum einen den Zweck, die Textstruktur zu verdeutlichen, zum anderen dienen sie dem schnellen Auffinden bestimmter Informationen. Darüberhinaus eröffnen elektronische Texte die Möglichkeit, diesen traditionellen Orientierungshilfen eine dynamische Komponente zu verleihen.

    Inhaltsverzeichnis: In Büchern sollen Inhaltsverzeichnisse der Leserin einen ersten Überblick über den Inhalt und die hierarchische Struktur eines Textes vermitteln. Weiterhin erlauben sie über die Seitenangaben für die einzelnen Kapitel einen gezielten Zugriff auf bestimmte Textpassagen.
    Auch für hierarchisch aufgebaute Hypertexte sind solche, evtl. graphisch aufbereitete Inhaltsverzeichnisse sinnvoll. Über Inhaltsverzeichnisse kann in Hypertexten - ähnlich wie bei einem Browser - direkt auf die interessierenden Knoten zugegriffen werden, indem der entsprechende Eintrag mit dem Mauszeiger angeklickt wird. Weiterhin können schon gesehene Einträge markiert werden, um denjenigen Aspekt des Orientierungsproblems zu lösen, bei dem die Leserin nicht weiß, welche Knoten sie schon besucht hat.
    Eine besondere Art von Inhaltsverzeichnissen sind sog. Fisheye Views. Sie dienen dazu, umfangreiche Hypertext-Strukturen auf ein überschaubares Maß zu reduzieren. Fisheye Views sind Filtermechanismen "die ein verzerrtes Abbild der Umwelt zeigen, analog einer Linse mit sehr grossem Winkel (Fischauge). Es wird sowohl die nahe als auch die weitere Umgebung dargestellt, wobei die nahe Umgebung sehr detailliert und die vom aktuellen Betrachtungspunkt weiter entfernt liegenden Objekte weniger detailliert dargestellt werden.". Welcher Knoten zur näheren und welcher zur weiter entfernten Umgebung gehört, wird mittels einer "Degree of Interest"-Funktion berechnet. In diese Funktion gehen zwei Werte ein: a) die "A Priori Importance" eines Knotens x und b) die Distanz zwischen der aktuellen Position y und dem Knoten x. So wird - in Abhängigkeit von der aktuellen Position - jedem einzelnen Knoten ein "Interesse"-Wert zugewiesen. Ein Knoten wird nur dann im Inhaltsverzeichnis angezeigt, wenn sein Wert über einem zuvor festgelegten Kriterium liegt.

    Glossar: Jedes gute Fachbuch enthält ein Glossar. Es liefert kurze Erklärungen und Definitionen für die im Text vorkommenden Fachbegriffe und darüber hinaus Verweise auf das Vorkommen des Begriffes im Text. In Hypertexten wurden die verschiedensten Arten dynamischer Glossare realisiert. In dem Hypertext-System MEM beispielsweise kann durch Anklicken eines Begriffes im Hypertext ein Glossarfenster aufgerufen werden, in dem die Erklärung zu dem angeklickten Begriff gegeben wird. Darüber hinaus enthält das Glossarfenster Hinweise auf andere Textstellen, die für den Begriff relevant sind. Wird ein solcher Hinweis im Glossar angeklickt, wird der entsprechende Absatz im Textfenster angezeigt. Aus dem Glossarfenster heraus kann weiterhin eine alphabetische Liste aller im Glossar enthaltenen Einträge aufgerufen werden. Durch Anklicken eines Begriffs in dieser Liste wird die dazugehörige Erklärung im Glossarfenster angezeigt.

    Browser

    Ein Browser ist eine wichtige Komponente insbesondere von Hypertext-Systemen, die der Wissensvermittlung dienen. Ein Browser ist ein spezieller Knoten, der eine graphische Übersicht über die Hypertext-Struktur enthält. Er soll der Leserin helfen, ein mentales Modell oder eine mentale Karte der Textstruktur zu entwickeln, indem er ähnlich einer Landkarte eine graphische Übersicht über die Vernetzungsstruktur des gesamten Hypertextes oder auch nur eines Teilausschnittes bietet. Im Gegensatz zu Inhaltsverzeichnissen werden in einem Browser nicht nur die organisatiorischen Links angezeigt, sondern auch referentielle Links. Browser sind Hilfsmittel, die primär der Vermittlung von Übersichtswissen dienenund somit zur Reduktion von gleich mehreren Aspekten von Desorientierung beitragen.
    In kleinen Hypertexten können alle Knoten und Links noch problemlos in einem Browser angezeigt werden (globale Übersicht). In größeren Hypertexten werden diese graphischen Übersichten aber schnell unübersichtlich ("visual spaghetti". Man begnügt sich dann meist damit, mehrere Browser zu installieren, die jeweils einen Überblick über Teilstrukturen geben (lokale Übersichten). Eine weitere Reduktionsmöglichkeit besteht darin, graphisch aufbereitete Fisheye Views als Browser anzubieten.
    Die Idee, einen graphischen Überblick über die Textstruktur zu geben, ist nicht neu und wird manchmal auch in Büchern geboten. Dennoch ist diese Art der Veranschaulichung, die visuell-räumliche Darstellung der Textstruktur, doch eher als hypertextspezifisches Orientierungsmittel anzusehen. Auch hier wird durch Hinzufügen dynamischer Elemente wieder ein zusätzlicher Wert dadurch erreicht, daß auf die Informationen durch Anklicken eines entsprechenden Ikons direkt zugegriffen werden kann. Weiterhin kann der aktuelle Standort angezeigt und schon gelesene Knoten können entsprechend markiert werden, was einer zusätzlichen Reduktion des Orientierungsproblems zugute kommt.

    Metaphern

    Obwohl Metaphern üblicherweise nicht den Navigationshilfen zugerechnet werden, so dienen sie doch der Orientierung und Navigation in Hyperdokumenten, indem sie den abstrakten elektronischen Informationsraum in einen vertrauten Kontext stellen. Bekannte Metaphern dieser Art sind der elektronische Schreibtisch, der mit Elementen arbeitet, die den Benutzerinnen aus ihrem realen Büroalltag her bekannt sind. Durch den Rückgriff auf aus anderen Bereichen bekannte Objekte und deren Beziehungen untereinander kann man erreichen, daß die Benutzerin ein Anwendungs-Programm mit einem minimalen Instruktionsaufwand verwenden kann. Durch die Vertrautheit der Objekte wird das Lernen erleichtert und die Angst im Umgang mit dem Computer reduziert.
    Viele Hypertexte beruhen auf Metaphern, die uns vom Umgang mit traditionellen Informationssystemen her bekannt sind. So stellt das Hypertext-System HyperCard die mit ihm erstellten Hyperdokumente in den Kontext von Stapeln; die Knoten des Hypertextes sind die Karteikarten des Stapels. Das Autorensystem ToolBook beruht auf der Buchmetapher: das Hyperdokument ist ein Buch, die einzelnen Knoten sind die Seiten des Buches. In beiden Systemen hat die Autorin aber auch die Möglichkeit, durch eine eigene graphische Gestaltung der Karten und Buttons eine dem jeweiligen Inhalt angemessene Metapher zu generieren. Obwohl die Buchmetapher nicht alle Funktionen von Hypertexten abbilden kann, ist sie dennoch gut geeignet, besonders den anfänglichen Umgang mit Hypertexten zu erleichtern. Andere Metaphern sind räumlicher Natur und stellen Beziehungen zur Navigation in natürlichen Umgebungen her. Dabei scheinen dem Einfallsreichtum keine Grenzen gesetzt zu sein.
    Der Einsatz von Metaphern ist aber nicht unproblematisch. Metaphern sind nie identisch mit dem abgebildeten Gegenstandsbereich, sondern können immer nur mehr oder weniger gute Annäherungen an diesen sein. Probleme entstehen dann, wenn die Benutzerin versucht, Wissen über den durch die Metapher abgebildeten Gegenstandsbereich auf das System anzuwenden, die Metapher aber genau in diesem Punkt nicht zutreffend ist. Weiterhin kann das System Funktionen enthalten, die durch die Metapher gar nicht abgedeckt werden. Ist dies der Fall, dann kann die Funktionalität des Systems nicht voll genutzt werden. Die Buch- und Karten-Metapher können nur unzureichend die Möglichkeiten abbilden, wie sie z.B. durch das Verfolgen von Links zur Verfügung gestellt werden. Ein Schreibtisch auf dem Computerbildschirm ist eben kein Schreibtisch, und ein Hypertext ist kein Buch. Die Nützlichkeit einer Metapher hängt also vom Grad der Übereinstimmung zwischen abgebildetem Gegenstandsbereich und Systemleistung ab und davon, inwieweit die Benutzerinnen abschätzen können, welche Aspekte des abgebildeten Gegenstandsbereiches auf das System übertragbar sind und welche nicht. Sind diese Voraussetzungen nicht erfüllt, kehrt sich der Vorteil in einen Nachteil um: Der Benutzerin wird die Aufgabe unnötig erschwert, indem ihre Erwartungen enttäuscht werden.

    Einschränkungen der komplexen Hypertext-Struktur

    Eine weitere Möglichkeit der Vermeidung von Orientierungsproblemen besteht darin, die Komplexität der Hypertext-Struktur zu reduzieren, indem den Benutzerinnen nur Teilstrukturen zugänglich gemacht werden. Auch hier bieten sich wieder verschiedene Möglichkeiten an, die im folgenden vorgestellt werden.

    Geführte Unterweisungen: Geführte Unterweisungen (guided tours) sind von der Autorin ausgewählte Wege durch das Hypertext-Netz. Sie dienen der Reduktion umfangreicher und komplexer Hypertext-Strukturen auf interessierende bzw. zentrale Ideen, um ungeübten Leserinnen die Navigation zu erleichtern. Man kann sich Pfade vorstellen als eine Art Superlink, mittels dessen nicht nur zwei Knoten, sondern eine ganze Knotensequenz miteinander verknüpft wird. Sie haben sehr einfache Verknüpfungsmuster, normalerweise sind sie linear, manchmal auch hierarchisch aufgebaut.
    Meist werden geführte Unterweisungen in Lernumgebungen eingesetzt. Ein Hypertext kann mehrere Tours enthalten, die speziell auf verschiedene Zielgruppen zugeschnitten sind. Guided Tour können von der Leserin durch spezielle Buttons oder Menüpunkte aufgerufen werden. Innerhalb einer Tour kann sich die Leserin mittels eines "Vor"- oder "Zurück"-Buttons fortbewegen. Darüber hinaus sollte eine Tour es der Leserin erlauben, auch Links zu verfolgen, die zu abseits der Tour liegenden Knoten führen. Sie kann jederzeit zu dem Punkt in der Tour zurückkehren, an dem sie sie verlassen hat. So kann auch die Umgebung exploriert werden, ohne daß man Angst haben muß, verlorenzugehen.
    Guided Tours sind eigentlich gar keine Navigationshilfen, sondern machen die Navigation, so wie sie oben beschrieben wurde, weitgehend überflüssig. Wie in traditionellen Texten gibt es bei Tours oft nur ein "Vor" und "Zurück", es werden lineare Wege durch einen nicht-linearen Hypertext angeboten. Obwohl geführte Unterweisungen das Orientierungsproblem beseitigen und Navigation überflüssig machen, bringen sie uns doch auf direktem Wege zurück zu linearen Texten. Wenn die Lösung des Orientierungsproblems darin liegt, Linearität zu schaffen, dann liegt natürlich auch die Frage nahe, was dann noch vom nicht-linearen Hypertext-Konzept übrigbleibt.

    Individuelle und dynamisch erzeugte Pfade: Neben geführten Unterweisungen, die von der Autorin vordefiniert werden, gibt es auch Pfade durch einen Hypertext, die während der Navigation angelegt werden. Schon Bush (1945) sah den entscheidenden Vorteil seines Hypertext-Systems "memex" darin, daß die Benutzerin während einer Sitzung individuelle Pfade angelegen und dauerhaft speichern kann. In einer umfangreichen Datenbank können auf diese Weise die interessierenden Informationen gesammelt, herausgefiltert, assoziativ verknüpft und dauerhaft gespeichert werden. Pfade können auch als eine Reaktion auf eine Suchanfrage der Benutzerin vom System dynamisch erstellt werden. Dieser Mechanismus stellt einen Kompromiß dar zwischen den traditionellen Methoden der Inforamtionssuche in Datenbanken (Auflistung der Suchergebnisse) und der völlig freien Navigation in Hypertexten.

    Hypertrails: Im Gegensatz zu geführten Unterweisungen, die vorwiegend sehr einfache Verknüpfungsstrukturen aufweisen, sind Hypertrails Einschränkungen der Hypertext-Struktur, die wesentlich komplexer sind. Sie legen über die Gesamtmenge der Knoten-Link-Verknüpfung eine Teilstruktur, die das Thema hinsichtlich eines ganz bestimmten Aspektes strukturiert. Für unterschiedliche Inhalte, Zielgruppen und Aufgabenstellungen können durch Hypertrails verschiedene, aber dennoch strukturierte Sichten auf den Inhalt bereitgestellt werden. Mittels solcher Hypertrails können multidimensionale Hypertexte aufgebaut werden, bei denen sich die Informationen je nach Informationsbedarf unterschiedlich strukturieren lassen.

    Filtermechanismen: Durch Filtermechanismen kann während einer Hypertext-Sitzung die evtl. sehr komplexe Knoten-Link-Struktur auf aktuell interessierende Teil-Strukturen eingeschränkt werden. Diese Filtermechanismen können z.B. aufgrund einer Suchanfrage (zeige mir alle Knoten, die...) wirksam werden. Die Benutzerin bekommt dann im Browser nur die relevanten Knoten und Links angezeigt und kann auch nur entlang dieser ausgewählten Links navigieren. Enthält ein Hypertext typisierte Links, dann können Filtermechanismen implementiert werden, mittels derer nur bestimmte Linktypen angezeigt werden.

    Rückwärtsgerichtete Orientierungshilfen

    Rückwärtsgerichtete Orientierungshilfen sollen diejenigen Orientierungsprobleme vermindern, die durch die Frage aufgeworfen werden: Wie kam ich hier her? Wie komme ich zurück an einen bestimmten, schon besuchten Punkt? Rechnerintern werden solche Hilfen durch die Aufzeichnung einer Navigationsgeschichte (dialogue history) realisiert, entweder aktiv durch die Benutzerin oder passiv durch das Hypertext-System.

    Backtrack-Funktion: Die Backtrack-Funktion ist eines der wichtigsten und von fast allen Hypertext-Systemen zur Verfügung gestelltes Navigationshilfsmittel. Sie erlaubt es den Benutzerinnen, den Weg durch das Hypertext-Netz sukzessive zurückzuverfolgen, indem ein bestimmtes Kommando eingegeben oder ein "Back"-Button angeklickt wird. Die Knoten können über diese Funktion einer nach dem anderen in umgekehrter Lesereihenfolge angesteuert werden. Tauchen Orientierungsprobleme auf, kann die Leserin ihren Weg zurückverfolgen, bis sie auf vertraute Knoten stößt oder wieder am Anfang angelangt ist. Die Backtrack-Funktion sollte zum einen immer verfügbar und zum anderen immer auf die gleiche Weise aufrufbar sein. Desweiteren sollte die Aufzeichnung des zurückgelegten Pfades immer bis an dessen Anfang reichen.
    Die Backtrack-Funktion kann für ungeübte Hypertext-Leserinnen ein Problem darstellen, da sie in linearen Texten keine Entsprechung hat. Werden in einem Hypertext neben der Backtrack-Funktion auch Buttons zum seitenweisen Vor- und Zurückblättern bereitgestellt, dann wird der Unterschied zwischen Backtrack und Zurück oft nicht realisiert. Während der Zurück-Button zu einem Knoten führt, der in einem linearen Text vor dem aktuellen Knoten stehen würde, führt der Back-Button zum zuvor gesehenen Knoten. Wenn der Unterschied zwischen diesen beiden Navigations-Funktionen nicht korrekt repräsentiert ist, landet die Leserin evtl. bei einem Knoten, den sie nie zuvor gelesen hat. Hier zeigt sich, daß die Buch-Metapher nur unzureichend hypertextspezifische Konzepte abbilden kann.

    Dialog-Geschichte: Eine Dialog-Geschichte (history list) ist ein spezieller Knoten, in dem alle zuvor besuchten Knoten automatisch vom System der Reihe nach aufgelistet werden. Der entscheidende Unterschied zur Backtrack-Funktion besteht darin, daß auf alle schon besuchten Knoten direkt zugegriffen werden kann, indem die entsprechende Zeile bzw. der entsprechende Knotenname angeklickt wird. Abbildung 14 zeigt eine solche History-List, in der neben den Knotennamen als zusätzliche Orientierungshilfe auch die Zeiten festgehalten sind, zu denen der Knoten geöffnet wurde. History-Lists können temporär, d.h. nur für die Dauer der aktuellen Sitzung, oder dauerhaft gespeichert werden. Bei dauerhafter Speicherung ist es sinnvoll, neben der Zeit und dem Knotennamen auch das dazugehörige Datum aufzuzeichnen.

    Weitere retrospektive Hilfen: Das Hypertext-System HyperCard bietet einen graphischen Überblick über zuvor gesehene Karten. In diesem "Recent"-Überblick werden die letzten 42 zuvor besuchten Knoten verkleinert dargestellt werden. Mehrfach besuchte Karten werden nur einmal angezeigt. Auch wenn man sich nicht mehr an den Namen eines Knotens erinnern kann, so kann man sich doch manchmal an den visuell-strukturellen Aufbau erinnern ("oben links auf der Seite war eine Abbildung..."). Durch Anklicken eines der Kartensymbole im Recent-Überblick gelangt die Leserin direkt zurück zu dieser Karte.

    Das Setzen von Lesezeichen (bookmarks) ist eine aktive Navigationshilfe. Die Leserin kann interessante Knoten markieren und kann so zu späteren Zeitpunkten leicht auf sie zurückgreifen oder sie ausdrucken lassen. In HyperCard können z.B. über das Kommando "mark card" Knoten markiert werden, über die wiederholte Eingabe des Befehls "go next marked card" oder "go previous marked card" kann auf die markierten Karten nacheinander zugegriffen werden. Über den Befehl "print marked cards" werden alle markierten Karten ausgedruckt. Rechnerinterne Markierungen sollten in konkreten Anwendungen immer auch für die Leserin sichtbar gemacht werden.
    Eine weitere, den retrospektiven Orientierungsmitteln zuzurechnende Funktion ist die automatische Markierung schon gelesener Knoten im Browser oder Inhaltsverzeichnis. Greift die Leserin auf den Browser zu, sieht sie sofort, welche Themen sie schon gelesen hat und welche noch nicht. Durch diese Markierung wird ein versehentliches, wiederholtes Aufrufen von Knoten weitgehend vermieden. Zusätzlich ist derjenige Knoten invers dargestellt, von dem aus die Leserin auf das Inhaltsverzeichnis zugegriffen hat. So kann sie auch ihre aktuelle Position im Hypertext relativ zu den anderen Knoten bestimmen.


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