Einsam am Computer? Sozialpsychologische Aspekte der Usenet Community (c) 1994 Nicola Doering, TU Berlin, Institut fuer Psychologie, FB 11 Das Werk ist urheberrechtlich geschuetzt. Die dadurch begruendeten Rechte, insbesondere die der Uebersetzung, des Nachdrucks, der Entnahme von Abbildungen, der Funksendung, der Wiedergabe auf fotomechanischem oder aehnlichem Wege, der Verbrei- tung in Datennetzen und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. Ein Zitieren dieser elektronischen Publikation ist moeglich unter Verweis auf folgenden URL: ftp://ftp.uni-stuttgart.de/pub/doc/networks/misc/einsamkeit-und-usenet Der Text entstand anlaesslich eines Vortrags auf den 2. Kieler Netztagen und ist auch auf Papier erhaeltlich: Doering, Nicola (1994). Einsam am Computer? Sozialpsychologische Aspekte der USENET Community. In Claus Schoenleber (Hrsg.), 2. Kieler Netztage '94. Kongressband. Kiel: Verlag Claus Schoenleber. S. 7-38. Inhalt Zusammenfassung 1. Die oeffentliche Vereinsamungs-Debatte 1.1. "Unsere Gesellschaft vereinsamt!" 1.1.1. Beziehungslos in der Ego-Gesellschaft 1.1.2. Robert Jungk (1980) 1.1.3. Focus (1993) 1.1.4. Der Spiegel (1994) 1.1.5. Zusammenfassung 1.2. "Der Computer schafft Einsamkeit!" 1.2.1. Kommunikationslos in der Informationsgesellschaft 1.2.2. Walter Volpert (1985) 1.2.3. Neil Postman (1992) 1.2.4. Die Zeit (1994) 1.2.5. Journalist (1994) 1.2.6. Zusammenfassung 2. Kritik der oeffentlichen Vereinsamungsdebatte 2.1. Trend zur Vereinsamung? 2.2. Einsamkeit durch den Zerfall von Ehe und Familie? 2.2.1. Ehe und Familie zerfallen nicht 2.2.2. Ehe schuetzt nicht vor Einsamkeit 2.3. Einsamkeit durch wachsenden Egoismus? 2.3.1. Individualismus ist kein Egoismus 2.3.2. Fuehrt Egoismus zur Einsamkeit? 2.4. Einsamkeit durch den Computer? 2.4.1. "Den Computer" gibt es nicht 2.4.2. Der Computer "macht" nichts 2.4.3. Einsamkeit bei Computernutzern 2.4.4. Fazit 2.5. Zusammenfassung 3. Einsamkeit aus empirisch-psychologischer Sicht 3.1. Was ist Einsamkeit? 3.2. Drei Ausloeser fuer Einsamkeitsgefuehle 3.3. Das multikausale Einsamkeitsmodell 3.4. Verschiedene Arten von Einsamkeit 3.5. Wege aus der Einsamkeit 3.6. Zusammenfassung 4. Soziale Funktionen der Usenet Community 4.1. Einsamkeit verhindern 4.2. Das Usenet 4.3. Vorteile computervermittelte Kommunikation im Usenet 4.4. Net Activity 4.4.1. Mood Management 4.4.2. Entwicklung neuer Interessen 4.4.3. Kreatives Alleinsein 4.4.4. Helfen und nuetzlich sein 4.4.5. Netzopfer 4.4.6. Fazit 4.5. Net Identity 4.5.1. Defensive Selbstdarstellung 4.5.2. Assertive Selbstdarstellung 4.5.3. Multiple Identitaeten 4.5.4. Anonymitaet 4.5.5. Netz Betrueger 4.5.6. Fazit 4.6. Net Community 4.6.1. Gemeinschaftsgefuehl 4.6.2. Sozialverhalten 4.6.3. Neue Kontakte innerhalb des Netzes 4.6.4. Stabilisierung von vorhandenen Beziehungen 4.6.5. Neue Kontakte ausserhalb des Netzes 4.6.6. Fazit 4.7. Net Support 4.7.1. Persoenliche Probleme loesen 4.7.2. Beziehungsprobleme loesen 4.7.3. Bedeutungsvolle online Beziehungen anknuepfen 4.7.4. Hilfe in Krisensituationen 4.7.5. Einsamkeit direkt als Problem angehen 4.7.6. Trost und Geborgenheit 4.7.7. Geben und Nehmen 4.7.8. Fazit 5. Literatur ....................................................................... Zusammenfassung In der oeffentlichen Diskussion ist die Vorstellung verbreitet, dass unsere Gesellschaft zunehmend vereinsamt. Der Zerfall von Ehe und Familie, wachsender Egoismus, Individualismus und Narzissmus sowie die zu- nehmende Technisierung und Computerisierung werden dafuer verant- wortlich gemacht, dass Menschen sich angeblich immer mehr vonein- ander entfremden. Eine kritische Analyse dieses Vereinsamungsmodells und eine Konfrontation mit Befunden der empirisch-psychologischen Einsamkeitsforschung foerdert zahlreiche Inkonsistenzen und Argu- mentationsfehler zutage, die den Verdacht nahelegen, dass Einsamkeit, die Angst vor Einsamkeit und die stigmatisiernde Wirkung von Einsam- keitszuschreibungen im politischen Diskurs um gesellschaftliche Veraen- derungen instrumentalisiert werden. Pauschalurteile und Wertungen praegen auch die Argumentation jener Computerkritiker, die den Computer als Einsamkeitsursache postulieren und behaupten, dass 1) Computernutzer eine technikzentrierte Persoen- lichkeit entwickeln, 2) Computernutzung die soziale Kompetenz redu- ziert, 3) computervermittelte Kommunikation defizitaer und unmensch- lich ist und 4) Mensch-Mensch-Interaktionen zunehmend durch Mensch-Maschine-Interaktionen ersetzt werden. Betrachtet man das USENET als eine moderne Form der Computer- nutzung, deren Anwenderkreis exponentiell waechst, so erweist sich dieses hybride Kommunikationsmedium als ausgesprochen hilfreich zur Praevention und UEberwindung von temporaeren Einsamkeitsstimmungen sowie situativen Einsamkeitsphasen. Die im USENET realisierte Form computervermittelter Kommunikation dient der solitaeren Beschaeftigung (Net Activity), ermoeglicht besonders effektive Selbstdarstellung (Net Identity), erleichtert den Aufbau sozialer Netze (Net Community) und bietet Tag und Nacht viefaeltige Arten sozialer Unterstuetzung (Net Support). Die von Computerkritikern befuerchteten negativen Konsequenzen der Netznutzung sind auf der Basis beobachtbarer Netzaktivitaet und in- direkter Einsamkeitsanalyse teils zu verwerfen teils stark zu relativieren. ....................................................................... 1. Die oeffentliche Vereinsamungs-Debatte 1.1. "Unsere Gesellschaft vereinsamt!" Postmodern oder postindustriell wird unsere heutige Gesellschaft ge- nannt. Wenngleich Debatten um die Postmoderne in Literatur und So- ziologie bereits ab den spaeten fuenfziger Jahren und in der Architektur in den sechziger und vor allem siebziger Jahren gefuehrt worden sind, ist im Bewusstsein der breiteren OEffentlichkeit die Postmoderne erst seit den 80er Jahren angebrochen (Heinz-Guenter Vester, 1993, S. 9, S. 15ff.). "Postmodern" ist ein schillernder und v.a. durch seine Popularisierung haeufig missinterpretierter Begriff. Vereinfacht gesagt ist die postmoderne Gesellschaft durch Prozesse der Differenzierung, Pluralisierung und Polyvalenz gekennzeichnet. Den einzig gueltigen und akzeptablen Le- bensentwurf, das einzig wahre Glaubenssystem gibt es nicht mehr. Wie geht es uns Menschen in der Postmoderne? 1.1.1. Beziehungslos in der Ego-Gesellschaft Keine Frage, wir leben in einer kalten, hektischen, ruecksichtslosen Welt. Leistung und Konkurrenz, Egoismus und Selbstverwirklichung praegen zunehmend unser Leben. Immer gleichgueltiger und oberflaech- licher gehen Menschen miteinander um. Anonyme Grossstaedte und Grossbetriebe, riesige Massenuniversitaeten und oede Einkaufszentren praegen den Alltag. Geborgenheit, Sicherheit und Waerme sind im Privatleben immer schwieriger zu finden. Auf Familienbindungen ist laengst kein Verlass mehr. Werteverfall und Orientierungslosigkeit greifen um sich. Ehen scheitern reihenweise oder werden gar nicht erst geschlossen. Jeder dritte Haushalt ist mittlerweile ein Einpersonenhaushalt, in den Gross- staedten ist es jeder zweite. Die Zahl der Singles waechst staendig. Waehrend sich die Menschen immer mehr voneinander entfremden, haelt ueberall die moderne Technik Einzug. Neue Informations- und Kommu- nikationstechnologien sind das Markenzeichen unserer Informations- gesellschaft. Fast scheint es ein Hohn: Je fortschrittlicher die techni- schen Kommunikationsmedien umso groesser die Kommunikations- losigkeit zwischen den Menschen... So oder aehnlich denken und empfinden immer mehr Menschen in Deutschland. Dass unsere Gesellschaft vereinsamt, ist laengst nicht nur eine These, sondern wird offensichtlich taeglich hautnah und leidvoll erlebt. Einsamkeit ist vom verschwiegenen Privatproblem zum Massen- phaenomen avanciert - zumindest in der oeffentlichen Diskussion. Exemplarisch seien einige Standpunkte zitiert. 1.1.2. Robert Jungk (1980) Der Zukunftsforscher und Gesellschaftskritiker Robert Jungk (1980, S. 31) sieht - v.a. in den Staedten - die "Massenkommunikationslosigkeit" um sich greifen. "Zugleich verursacht und erleichert wird der Weg in die Isolation durch eine Umwelt, in der Schneckenhaeuser aller Art bereit- gestellt sind. Da ist das Auto, das Einzimmer'studio' oder die Zwei- zimmerwohnung in Hochhaeusern am Stadtrand, wo kaum einer den anderen wirklich kennt, der Eisschrank und der einsame kleine Koch- herd, die einem nach dem stummen Einkauf im Supermarkt tagelange Isolation erlauben; vor allem aber der Fernseh- oder Radioapparat. Ohne diese sogenannte 'Massenkommunikation', die darin besteht, dass Millionen stumm zuschauen oder zuhoeren, um zu erfahren, was 'draussen in der Welt vorgeht', waere diese Existenz wohl kaum zu ertragen. Und die Arbeit? Auch da wird das Einzelwesen mehr und mehr auf sich zurueckgeworfen, seit Arbeitsteilung die Regel ist. ... 'Guten Morgen!', 'Mahlzeit' und 'Na denn bis morgen' sind oft die einzigen Worte, die noch gewechselt werden. Immer oefter ersetzen Automaten menschliche Dienstleistungen. An die Stelle des Wortwechsels ist das genau abge- zaehlte Wechselgeld getreten: Kein Gespraech am Fahrkartenschalter, mit dem Strassenbahnschaffner, dem Parkwaechter. Laengst ist das 'Fraeulein vom Amt' verstummt, der Tankwart arbeitslos geworden und die Kanti- nenkellnerin fragt nicht mehr, wie man sich heute fuehlt, denn der Kaffee wird von einem stummen Roboter ausgeschenkt." 1.1.3. Focus (1993) Als "Preis der Ich-Sucht" identifiziert Michael Klonowsky in Focus (1993, S. 151) die angeblich massenhafte Einsamkeit, die unsere heutige Gesellschaft charakterisiert. "Ein Volk von Einzelgaengern: In seinem Grossstadt-Apartment, ausgestattet mit allem technischen Komfort, sitzt der Single und beschaeftigt sich vor dem Hintergrundgeraeusch des lau- fenden Fernsehers mit sich selbst. Nichts anderes treibt er im Buero, wenn er an seiner Karriere werkelt, oder in der Freizeit, wenn er sich in irgendeine Szene, unter ein beliebig austauschbares Publikum auf dem Vergnuegungsmarkt mischt." 1.1.4. Der Spiegel (1994) Der Spiegel titelte mit der Diagnose, bei uns lebe jeder allein fuer sich und gegen alle, d.h. wir seien eine "Ego-Gesellschaft". "Isolierung und Werteverfall, das Orientierungsdilemma in einer stetig wachsenden In- formationsflut und politische Abstinenz sind Kennzeichen einer neuen, zersplitterten Gesellschaft, deren Angehoerige nur eine verbindliche Bezugsgroesse haben: ihr Ego. ... Immer weniger Deutsche sind dazu bereit, ihre Eigenstaendigkeit dauerhaft aufzugeben. Gerade die Juengeren der Gesellschaft, die 25- bis 45jaehrigen, koennen sich seltener zu einer Heirat entschliessen, Ehepaare sind leichter dazu bereit, den Bund fuers Leben wieder zu loesen. Mittlerweile wird in der Bundesrepublik jede dritte Ehe geschieden. Vor allem fuer Frauen ist die Hemmschwelle zur Scheidung gesunken" (Der Spiegel, 1994, S. 63). Die Postmoderne wird folgendermassen interpretiert: "UEberkommene Lebensformen, die sich an Klassen und Geschlechterrollen orientierten, zerfallen. Genormte Biographien werden abgeloest durch hochindivi- duelle Lebensgestaltungen, in denen Solidaritaet mit anderen allenfalls eine Nebenrolle spielt" (Der Spiegel, 1994, S. 59). 1.1.5. Zusammenfassung Es besteht in der breiten OEffentlichkeit ein Konsens darueber, dass in unserer Gesellschaft Vereinzelung und Vereinsamung um sich greifen. Hauptsaechlich drei gesellschaftliche Trends werden fuer die Vereinsa- mung verantwortlich gemacht: 1. Ehe und Familie zerbrechen. 2. Individualismus, Egoismus und Narzissmus wachsen. 3. Technisierung und Computerisierung schreiten fort. 1.2. "Der Computer schafft Einsamkeit!" Dass die moderne Technik dem Fortschritt der Menschheit dient, ist laengst fragwuerdig geworden. Dies gilt gerade auch fuer die moderne Kommunikations- und Informationstechnologie. Seit Anfang der 80er Jahre werden die neuen Informations- und Kommunikations-Techniken heftig kritisiert, wobei man sich im Bereich der privaten Nutzung v.a. auf die Verkabelung und den Personalcomputer konzentrierte. Dabei nehmen Warnungen vor den psycho-sozialen Folgen der Technisierung und Computerisierung breiten Raum ein. 1.2.1. Kommunikationslos in der Informationsgesellschaft Das Leben in der technisierten und computerisierten Informationsge- sellschaft scheint den Menschen nicht zu bekommen. Laengst ist die Technik zum Fluch geworden, Information zum Informationschaos verkommen. Passiv und vereinzelt vor flimmernden Fernsehschirmen und Computermonitoren sitzend, vertiefen die Menschen sich in rea- litaetsferne Scheinwelten. Wo man sich frueher noch traf, einander gegenueber sass und sprach, wird heute rasch telefoniert oder gefaxt. Kontakte verarmen, die menschliche Psyche degeneriert, weil Men- schen gezwungen sind, sich der Technologie anzupassen. Computer- sucht, Beziehungsunfaehigkeit, technisches Denken gefaehrden bereits die Kinder. Und dabei verbauen all die neuen technischen Moeglichkei- ten nur den Blick auf das Wesentliche, lenken davon ab, was Menschen zum Glueck wirklich brauchen: das direkte Zusammensein mit anderen Menschen. Der Computer kann den Menschen nicht ersetzen. Thesen dieser Art tauchen in Massenmedien und Privatgespraechen auf. AEhnliche Argumente sind auch im sozialwissenschaftlichen Diskurs zu finden. Exemplarisch seien wieder einige Standpunkte zitiert. 1.2.2. Walter Volpert (1985) Der Psychologe Walter Volpert (1985) warnt vor der "gefaehrlichen Lie- be zum Computer". Die Beschaeftigung mit ihm fuehre zu einer "beschae- digten Psyche... bei den zwanghaften Programmierern (den Hackern), den bildschirmsuechtigen Video-Spielern und schliesslich bei den Technik- Zentrierten, jenen maschinenverliebten, einseitig leistungsorientierten Einzelgaengern." (Walter Volpert, 1987, S. 146). Zudem ersetze der Computer zwischenmenschliche Kontakte durch Mensch-Maschine- Interaktionen, die Walter Volpert (1987, S. 52ff.) als "Gespenster- formen des Handelns" kennzeichnet. Als Beispiel fuehrt er den Einsatz von Geldautomaten an, die nur starres Bedienen von Knoepfen erfordern, waehrend am Bankschalter ein Gespraech stattfinden kann. Nach Walter Volpert (1987, S. 92) dient die Informationstechnik nicht der Menschheitsbeglueckung oder humanistischen Zielen sondern traegt vielmehr zur Rationalisierung, Standardisierung und Mechanisierung menschlicher Handlungen und des mitmenschlichen Umgangs bei. Typisch sei dabei die "Verbindung von Welt-Entwirklichung, Selbst- Maschinisierung und sozialer Isolation, die wir nun immer wieder gefunden haben, vom Hacker ueber den Video-Spieler bis zum Technik- Zentrierten." 1.2.3. Neil Postman (1992) Der Medienkritiker Neil Postman (1992) entlarvt die nordamerikanische Gesellschaft in einer Monographie als "Technopol", d.h. als System, das unsichtbar beherrscht wird von der modernen Technologie. "Die Schu- len lehren die Kinder, mit computerisierten Systemen umzugehen, statt ihnen Dinge beizubringen, die fuer die Kinder viel wichtiger waeren." (Neil Postman, 1992, S. 18). "Vierhundert Jahre lang haben die Lehrer, obwohl sie dem Buchdruck den Vorrang einraeumten, der Muendlichkeit ihren Platz im Klassenzim- mer belassen... Jetzt kommt der Computer hinzu und propagiert auf seine Weise ebenfalls das isolierte Lernen und die individuelle Problem- loesung. Wird die Ausbreitung des Computers dem gemeinsamen Ge- spraech ein fuer allemal den Boden entziehen? Wir der Computer den Egozentrismus zur Tugend erheben?" (Neil Postman, 1992, S. 25). "Wir koennen uns auch fragen, welche anderen menschlichen Fertigkeiten und Traditionen zerfallen, indem wir uns auf die Computerkultur einlas- sen" (Neil Postman, 1992, S. 133). 1.2.4. Die Zeit (1994) AEhnlich argumentiert Christoph Droessner in der Wochenzeitung "Die Zeit" (1994) vom 4. Maerz 1994 in einem Dossier ueber interaktives Fernsehen. "Verlassene Einkaufszentren, geschlossene Kinos, leere Zeitungsstaende. Alles tot. Die Zukunft ist einsam: Nur du und dein Fernseher. Einkaufen per Knopfdruck, Filme nach Mass, flimmernde Zeitschriften. Alles kommt aus der Kiste. Das Leben wird zum Pro- gramm. Interaktives Fernsehen veraendert die Welt" (Christoph Droessner, 1994, S. 17). 1.2.5. Journalist (1994) Frauke Hoerbermann charakterisiert in "Journalist" (1994) - dem Organ des Deutschen Journalisten-Verbandes - die Menschen in der Informa- tionsgesellschaft als "autistische Einzelwesen", die millionenfach vor Bildschirmen sitzen, jeder in seiner eigenen Welt. "Der neue Partner des Menschen ist ein Computer. Mit ihm kann er Schach spielen oder Krieg, Einkaufen und Bankgeschaefte erledigen. Der Omi wird zum Geburtstag optisch und akustisch ueber Glasfaserkabel gratuliert - da muss man doch nicht erst hinfahren. Auf Talk-Lines (Vox) und in Night-Talks (Pre- miere) finden einsame Grossstadtwoelfe, schlaflose Sorgenkinder oder nimmermuede Betriebsnudeln Ventile in ihrem kommunkationsredu- zierten Einzeldasein" (Frauke Hoebermann, 1994, S. 16). 1.2.6. Zusammenfassung Im Kontext der Technologie- und Computerkritik wird darauf hin- gewiesen, dass der verstaerkte Einsatz moderner Kommunikations- und Informationstechnologie zur Vereinsamung fuehrt. Insbesondere vier einsamkeitskritische Konsequenzen der Computernutzung werden genannt: 1. Computernutzer entwickeln eine technikzentrierte oder maschinelle Persoenlichkeit. Sie schaetzen Technik mehr als ihre Mitmenschen und werden gefuehllos, zweckrational und buessen ihre soziale Kompetenz ein. 2. Computernutzer fluechten in eine fiktive Scheinwelt. Die Konzentration auf virtuelle Welten und Gemeinschaften fuehrt zu Realitaetsverlust. 3. Computergestuetzte Kommunikation ist kalt, entfremdet, verarmt und stellt letztlich eine unbefriedigende, wenn nicht gar gefaehrliche Alternative zu direkter zwischenmenschlicher Kommunikation dar. 4. Computer ersetzen Menschen. Zwischenmenschliche Kommunikation wird durch Mensch-Maschine-Interaktionen verdraengt. 2. Kritik der oeffentlichen Vereinsamungsdebatte Die oeffentliche Vereinsamungsdebatte ist durch weitgehenden Konsens gepraegt. Lehrer und Politiker, Psychotherapeuten und Studenten, So- zialwissenschaftler, Theologen und Journalisten sind sich groesstenteils einig: die Vereinsamung schreitet voran. Welchen Bestand hat das Vereinsamungsmodell aus empirischer Sicht? 2.1. Trend zur Vereinsamung? Konfrontieren wir die gaengige Meinung, unsere Gesellschaft sei einer zunehmenden Vereinsamung ausgesetzt, mit empirischen Daten, ergibt sich ein ebenso eindeutiges wie ueberraschendes Bild. Demoskopische Studien belegen, dass die Einsamkeit der Westdeutschen in den 60er, 70er und 80er Jahren relativ konstant geblieben bzw. eher noch ge- sunken ist (s. Nicola Doering & Juergen Bortz, 1993a, S. 512). Verein- samungstendenzen sucht man in diesen Daten vergeblich. Einsam- keitsunterschiede zwischen Ost- und Westdeutschland sind strittig. Waehrend aus der DDR - in der es offiziell zwischenmenschliche Ent- fremdung nicht geben konnte - keine empirischen Daten vorliegen, zeigen sich die Ostdeutschen nach der Wende teils mehr, teils etwas weniger einsam als die Westdeutschen. Grundsaetzlich gilt aber auch fuer die Ostdeutschen, dass die ueberwiegende Mehrheit der Menschen sich nicht einsam fuehlt (vgl. Nicola Doering & Juergen Bortz, 1993a). Demoskopische Untersuchungen erfassen Einsamkeit nur ueber direkte Einzelfragen zum Einsamkeitsempfinden. Fuer eine differenziertere Ein- samkeitsdiagnose sind in den 60er und 70er Jahren in den USA psycho- logische Einsamkeitsfrageboegen entwickelt und eingesetzt worden. Die ersten empirisch-psychologischen Einsamkeitserhebungen in West- deutschland wurden in den 80er Jahren mithilfe der aus 20 Fragen bestehenden "University of California Los Angeles Loneliness Scale" durchgefuehrt (s. Nicola Doering & Juergen Bortz, 1993b). Insgesamt be- steht noch ein starkes Defizit an wissenschaftlichem Datenmaterial zur Einsamkeit in Deutschland. Unabhaengig davon, ob wir von einer massenhaften Vereinsamung in un- serer Gesellschaft oder von einem eher konstanten Einsamkeitsniveau ausgehen - die Frage nach Ursachen und Ausloesern fuer Einsamkeit bleibt weiterhin aktuell. Wie stichhaltig ist eine Argumentation, die den Zerfall von Ehe und Familie, wachsenden Egoismus sowie die Computerisie- rung als Einsamkeitsursachen anfuehrt? 2.2. Einsamkeit durch den Zerfall von Ehe und Familie? Die Behauptung, der Zerfall von Ehe und Familie fuehre Menschen in die Einsamkeit, gliedert sich aus empirischer Sicht in zwei Teilfragen: 1. Zerfallen Ehe und Familie tatsaechlich? 2. Entsteht durch den Zerfall von Ehe und Familie Einsamkeit? 2.2.1. Ehe und Familie zerfallen nicht Vom Zerfall der Ehe zu sprechen, ist falsch. Stattdessen kann man kon- statieren, dass die Ehe ihre Monopolstellung verloren hat. OEkonomische und moralische Zwaenge, die ein Leben ausserhalb der Ehe in den 50er und 60er Jahren insbesondere fuer Frauen kaum ermoeglichten, sind heute gelockert. Das Ende des Monopols der Ehe ist aber weder das Ende der Ehe noch das Ende des familiaeren Zusammenlebens (vgl. Trutz von Trotha, 1990). Seit den 80er Jahren haben sich neben ehelichen Lebensgemeinschaften auch nicht-eheliche Lebensgemeinschaften etabliert. Zudem ist das Zu- sammenleben gleichgeschlechtlicher Paare, das Leben in Wohn- gemeinschaften oder als alleinerziehendes Elternteil zunehmend sozial akzeptiert und kann offen ausgelebt werden. Die Gefahr der "Versinge- lung" unserer Gesellschaft wird ueberschaetzt, da faelschlicherweise oftmals Ledige oder Alleinlebende als Alleinstehende bzw. Singles - d.h. Men- schen ohne Partnerschaft - klassifiziert werden. Dabei wird uebersehen, dass man unverheiratet sein, im eigenen Haushalt leben und dennoch eine feste Partnerschaft haben kann (zu alternativen Lebensformen s. Sibylle Meyer & Eva Schulze, 1988a; 1988b). Der tendenzioese Umgang mit demoskopischen Daten wird darin deut- lich, dass pauschal die Anzahl der Einpersonenhaushalte mit der Anzahl der Singles gleichgesetzt wird. Daraus entsteht dann das vollkommen falsche Bild, in Deutschland lebe in jedem dritten Haushalt ein Single (Der Spiegel, 1994, S. 63). Die Wirklichkeit sieht jedoch so aus, dass zwar von den ca. 30 Millionen Privathaushalten in Westdeutschland etwa ein Drittel Einpersonenhaushalte sind, in diesen leben jedoch ueber- wiegend Verwitwete (ca. 40%), Geschiedene oder Getrenntlebende (knapp 20%) und nur gut 40% Ledige (Heinz-Guenter Vester, 1993, S. 138f.). Diese Ledigen sind aus den o.g. Gruenden nicht pauschal als Singles zu bezeichnen, zumal man insbesondere bei den jungen Allein- lebenden (z.B. Studenten) in Rechnung stellen muss, dass ihnen im Zwei- felsfall die Familiengruendung noch bevorsteht. Veraenderungen von Ehe und Familie, wie sie in der postmodernen Ge- sellschaft stattfinden, sollten nicht zur "moralischen Panikmache ange- sichts der Gegenwart und nostalgischen Verklaerung der Vergangenheit" Anlass geben (Hans-Juergen Vester, 1993, S. 134). Die Transformation der Familie ist sozialhistorisch weder etwas Neues noch etwas Unge- woehnliches sondern eine notwendige Reaktion auf gesellschaftliche und kulturelle Veraenderungen. In der Postmoderne geht es hierbei offen- sichtlich darum, individuelle Entscheidungsspielraeume auch im zwi- schenmenschlichen Zusammenleben zu akzeptieren und familiale Varianten zuzulassen, die noch in den 50er und 60er Jahren als ab- weichend, krankhaft oder neurotisch angesehen wurden, was die Betroffenen oftmals durch massive Diskriminierung in die Isolation trieb. 2.2.2. Ehe schuetzt nicht vor Einsamkeit Wenngleich die Veraenderungen nicht so dramatisch sind, dass vom Zerfall der Ehe gesprochen werden koennte, ist doch die Zahl der Alleinstehenden offensichtlich gestiegen. Sind Singles besonders von Einsamkeit bedroht? Verheiratete dagegen gefeit? Singles schneiden in der oeffentlichen Diskussion meist deswegen so schlecht ab, weil ihre Lebensweise statt mit realen Alternativen (d.h. de facto Ehen) mit fiktiven Alternativen (d.h. mit idealisierten, problemlosen, gluecklichen Ehen) verglichen wird (Eva Jaeggi, 1992, S. 25). Dass Alleinstehende manchmal einsam und ungluecklich sind, spricht nicht besonders gegen das Singledasein, da sich bekanntlich auch Eheleute zuweilen ungluecklich und einsam fuehlen. Manchmal ist die "Einsamkeit allein" sogar noch leichter zu ertragen als die beruechtigte "Einsamkeit zu zweit". Stellt man etwa in Rechnung, dass das aus moralischen, religioesen und/oder oekonomischen Gruenden erzwungene Festhalten an einer unbefriedigenden Ehe hochgradig einsamkeitsgefaehrdend ist, koennen steigende Scheidungszahlen auch als Weg aus der "Einsamkeit zu zweit" interpretiert werden. Die Alternative zur Scheidung ist eben nicht die vielbeschworene glueckliche Familie, sondern allenfalls die unglueckliche. Da eine Scheidung fuer alle Beteiligten psychologisch ausgesprochen belastend ist, kann man nicht davon ausgehen, dass Menschen sich aus gluecklichen Verhaeltnissen mutwillig in die Einsamkeit begeben. Empirisch gut replizierbar fuehlen sich Geschiedene und Verwitwete im Durchschnitt deutlich einsamer als Ledige und Verheiratete, wobei letztere am besten abschneiden (Nicola Doering & Juergen Bortz, 1993a, S. 517f.). Wer in einer zufriedenstellenden Partnerschaft lebt, ist weni- ger einsam als jemand, der eine Liebesbeziehung vermisst. Zudem ist es in unserer heterosexuellen Paar-Kultur nach wie vor die Norm, bei ge- selligen Anlaessen als Paar aufzutreten. Alleinstehende haben es haeufig schwerer, sich in die auf Paare oder Familien zugeschnittenen Szenarien zu integrieren. Die bessere Einsamkeitsbilanz der Verheirateten laesst nicht den Schluss zu, Ledige wuerden durch Heirat weniger einsam sein oder Geschiedene waeren durch die Scheidung vereinsamt. Aus empirischer Sicht sind diese Aussagen deswegen spekulativ, weil die entsprechenden Vergleichs- gruppen nicht existieren. Ob Scheidung zur Vereinsamung fuehrt, waere nur dann zu pruefen, wenn man moeglichst aehnliche Ehepaare vergleichen koennte, von denen einige sich scheiden lassen und andere zusammen- bleiben. Diese Kontroll-Ehepaare existieren jedoch nicht, da gerade der Umstand, dass die einen sich scheiden lassen, waehrend die anderen zusammenbleiben, darauf hindeutet, dass die Ehen unterschiedlich erlebt werden. Schliesslich darf auch nicht vergessen werden, dass Einsamkeit keineswegs das einzige Lebensproblem darstellt und in bestimmten Situationen moeglicherweise Einsamkeit in Kauf genommen wird, damit andere Belastungen sich reduzieren. 2.3. Einsamkeit durch wachsenden Egoismus? Jeder kennt das Schlagwort von der Ego-Gesellschaft, die keine Soli- daritaet und keinen Zusammenhalt mehr kennt, weil sich narzisstische Individualisten auf ihren Selbsterfahrungs-Trips immer mehr vonein- ander entfremden. Handelt es sich dabei tatsaechlich um eine Beschrei- bung unserer Gesellschaft oder nicht eher um eine Wertung? Folgende Fragen sind zu klaeren: 1. Waechst der Egoismus in unserer Gesellschaft tatsaechlich? 2. Fuehrt Egoismus zur Einsamkeit? 2.3.1. Individualismus ist kein Egoismus Die eigenen Ziele zu verfolgen und fuer sein seelisches und koerperliches Wohlbefinden zu sorgen, ist die normale Reaktion des psychisch ge- sunden Menschen. Egoismus liegt erst dann vor, wenn die eigenen Beduerfnisse auf Kosten von und zum Nachteil von anderen befriedigt werden, ohne dass mit diesen eine Einigung erzielt werden kann. Ent- sprechend ist die in der populaeren Debatte vollzogene Gleichsetzung von wachsender Individualisierung mit wachsendem Egoismus frag- wuerdig. Wo Entscheidungsspielraeume wachsen wird Kompromissbildung not- wendig, da Interessenkonflikte entstehen - auf politischer wie privater Ebene. Dass Kinder und Jugendliche heute bessere Moeglichkeiten haben, sich elterlicher Gewalt und Bevormundung zu entziehen, dass Frauen die Chance haben, aus tradierten Geschlechterrollen auszubrechen, stellt herkoemmliche Familien- und Beziehungsstrukturen vor neue Aufgaben (vgl. Trutz von Trotha, 1990). Asymmetrische Beziehungen, die bislang durch soziale, moralische oder oekonomische Zwaenge stabilisiert wurden, muessen sich heute eher symmetrisch umstrukturieren, wenn sie nicht zerfallen sollen. Dies bedeutet fuer diejenigen, die in asymmetrischen Beziehungen bislang die bessere Kosten-Nutzen-Bilanz realisieren konn- ten (z.B. Ehemaenner), dass sie mehr investieren muessen. Die populaere Auffassung, dass durch die Emanzipationsbestrebungen der Egoismus der Frauen angestachelt und damit die Familie zerstoert wuerde, was dann zur Vereinsamung der Gesellschaft beitraegt, steht im Widerspruch zu der Tatsache, dass bis heute die Mehrzahl der Maenner weder Haus- noch Erziehungsarbeit in nennenswerten Anteilen uebernimmt (Sibylle Meyer & Eva Schulze, 1988b). Komischerweise wird dies nicht als Egoismus gewertet. Eine objektive Egoismus-Messung ist nicht moeglich, stattdessen werden bestimmte Verhaltensweisen von bestimmten Leuten als egoistisch gedeutet. Dabei spielen Wertungen die entscheidende Rolle. Wer mit dem Verhalten des anderen unzufrieden ist, weil er nicht bekommt, was er moechte, behauptet, der andere verhielte sich egoistisch. Dieses Sprachspiel ist im Privatleben wie im politischen Diskurs verbreitet. Waeren Frauen nicht so egoistisch in ihrer beruflichen Selbstverwirk- lichung, braeuchte der Staat keine Kindergartenplaetze bereitzustellen und es gaebe auch mehr Arbeitsplaetze. Waeren Singles nicht so egoistisch beim Alleineleben, gaebe es keine Wohnungsprobleme. Auffaellig an solchen Argumenten ist die Tatsache, dass Einsamkeitsursachen in erster Linie im Verhalten der Menschen gesucht werden, d.h. psychologisiert werden. Empirisch belegte strukturelle Ursachen von Vereinzelung und Einsam- keit wie etwa soziale Benachteiligung durch geringe Bildung, Armut, Arbeitslosigkeit, Wohnungsnot werden vernachlaessigt zugunsten der Forderung nach einer charakterlichen AEnderung der Menschen hin zu mehr Aufopferungsbereitschaft und Anpassung. 2.3.2. Fuehrt Egoismus zur Einsamkeit? Da es kaum moeglich ist, egoistisches Verhalten objektiv von nicht- egoistischem zu unterscheiden, ist auch schwer einschaetzbar, ob und inwieweit welche Art von Egoismus in die Einsamkeit fuehren kann. Haeufig wird der Psycho-Boom als Symptom von Egozentrismus und Egoismus gewertet. Das Individuum bespiegelt sich selbst, andere Menschen spielen keine Rolle. Diese Deutung ist aber nur bedingt gerechtfertigt, wenn man beruecksichtigt, dass die Auseinandersetzung mit psychologischen Themen und Problemen oftmals gerade interper- sonale Beziehungen retten oder verbessern soll und manchmal wohl auch kann. Wer eigene psychische Schwierigkeiten loest, ist eher in der Lage symmetrische und faire Beziehungen einzugehen. Emanzipationsbestrebungen und andere politische Forderungen als egoistisch zu diffamieren und sie als Einsamkeitsursachen hinzustellen, ist in der politischen Diskussion zweifellos instrumenteller Schachzug. Aus psychologischer Sicht ist dies aber differenzierter zu sehen. So ist das sozial isolierte Leben der unfreiwilligen, aufopferungsvollen Nur- Hausfrau fuer diese selbstverstaendlich einsamkeitserzeugend. Dass die Egoismus-Debatte wenig beitraegt zur Beschreibung der aktuellen ge- sellschaftlichen Situation, ist an ihren impliziten Modellen fuer eine einsamkeitsfreie Gesellschaft zu sehen. Insbesondere die Rueckkehr zu alten Mustern privater und oeffentlicher Beziehungen scheint einigen Kritikern der Postmoderne sehr am Herzen zu liegen. Sie beschwoeren die sozialromantische Vorstellung einer gleichgeschalteten Gesellschaft, in der nur heterosexuelle, unaufloesliche Ehen in klassischer Geschlechtsrollenverteilung existieren. Am fragwuerdigsten sind sicherlich Spekulationen, nach denen Einsam- keit dann am geringsten ist, wenn Entscheidungs- und Handlungs- spielraeume der Menschen auf ein Minimum reduziert sind, wie etwa in der Diktatur, "wo jeder seinen Platz hat". Entsprechend fuehrt der Sozial- psychologe Peter Hofstaetter (1975, S. 137) aus: "Im Zeitalter der frag- lich gewordenen Selbstverstaendlichkeiten laesst sich nur mehr schwer begreifen, wie beruhigend eine nicht angezweifelte, fuer gott- und natur- gewollt erachtete Rangordnung selbst fuer den Inhaber der geringsten Position ist. Die Ordnung eruebrigt Entscheidungskonflikte; sie bewahrt das Individuum auch dem Erlebnis der Vereinsamung, das sich am ehesten dann einstellt, wenn man sich mit Ungleichartigen zu verglei- chen beginnt." Das Beschwoeren vormals intakter, solidarischer, warmer Familien- beziehungen ist sozialhistorisch fragwuerdig. Gerade die voluntaristische Basis postmoderner Beziehungen garantiert das erwuenschte persoenliche Liebesglueck - wenngleich um den Preis der Instabilitaet. 2.4. Einsamkeit durch den Computer? Dass der Computer zur Entfremdung und Kaelte in dieser Welt beitraegt, meinen viele. Finster sind die Zukunftsvisionen von der totalen Computerisierung, die in der Debatte um Computerrisiken immer wieder angefuehrt werden. Macht der Computer uns tatsaechlich einsam? 2.4.1. "Den Computer" gibt es nicht Jede Aussage ueber "den Computer" ist a priori falsch. Computer sind Universalmaschinen, die jede andere Maschine nachahmen oder in ihr enthalten sein koennen. Sinnvolle Aussagen lassen sich deswegen nur ueber bestimmte Formen des Computereinsatzes formulieren. So ist bekanntlich ein PC mit einem Textverarbeitungsprogramm nichts weiter als eine komfortable Schreibmaschine, waehrend ein Kommunikations- programm den PC in ein genuin neues interaktives Medium verwandelt. Um Konsequenzen des Computereinsatzes fuer das Erleben des einzelnen und fuer seine sozialen Beziehungen zu beschreiben, muss unbedingt hinzugefuegt werden, um welche Art des Computereinsatzes es sich han- delt, sonst sind die Aussagen leer. Die in der populaeren Einsamkeitsdebatte - wenn ueberhaupt - nur sehr grob vorgenommene Differenzierung von Nutzungsformen ist fuer empirische Zwecke zu praezisieren. Dabei genuegt es nicht, Nutzer- gruppen anhand der verwendeten Anwendungen (z.B. Textverarbeitung oder Email) zu unterscheiden. Ausschlaggebend ist das individuelle Nutzungsverhalten, das z.B. in Computernetzen ausgesprochen vielfaeltig sein kann. Taxonomien von Nutzungsformen sind zwar theoretisch konstruierbar, hilfreicher waeren allerdings empirische Taxonomien, die Nutzergruppen danach differenzieren, welches Verhalten sie von sich aus typischerweise an den Tag legen. Hierfuer sind entsprechende Nutzungsanalysen not- wendig. Im Gegensatz etwa zur Fernsehforschung, die durch Tele- metrie-Geraete sekundengenau objektive Nutzungsdaten erfasst, ist eine entsprechende Netz-Forschung in Deutschland nicht implementiert, obwohl es prinzipiell moeglich waere, ein Panel aufzustellen und die Nutzungsdaten fuer wissenschaftliche Zwecke in anonymisierter Form aufzuzeichnen. 2.4.2. Der Computer "macht" nichts Die Sprechweise, dass "die Technik", "der Computer" oder "die neuen Medien" etwas mit dem Menschen "machen", ist fragwuerdig, da es sich um eine Anthropologisierung bzw. Mystifizierung von Dingen handelt. Die Sichtweise, dass Menschen den Medien - und ihren im sozialwissen- schaftlichen Diskurs ueberwiegend negativ beschriebenen Wirkungen - nur passiv ausgeliefert sind, ist im Bereich der empirischen Medienwir- kungsforschung laengst ueberholt (vgl. z.B. Winfried Schulz, 1992). D.h. man muesste zumindest auch fragen, "machen sich Menschen durch den Computer einsam"? Diese Frage wuerde nicht zu einer pauschalen Verurteilung der "Computersisierung" fuehren, sondern zunaechst zu weiteren empirischen Fragen der Form : Wie nutzen Menschen bestimmte Computeranwendungen? Mit welchen Motiven tun sie dies und mit welchen Konsequenzen? Genau darueber ist jedoch bislang nur relativ wenig bekannt. Negative Technikfolgen sind die Konsequenz menschlicher Entscheidungen ueber Einsatzmoeglichkeiten der Technik. Diese Verantwortung kann nicht auf "die Technik" oder "den Computer" abgeschoben werden, indem man ohne hinreichende empirische Belege im Diskurs Computer anthropo- logisiert und Menschen maschinisiert (vgl. Christine Doerner, 1989). 2.4.3. Einsamkeit bei Computernutzern Einsamkeit ist subjektiv. Ob jemand sich einsam und alleingelassen fuehlt, ist von aussen nicht beobachtbar, sondern nur durch Befragung mittels Interview oder standardisiertem Einsamkeitsfrageboegen herauszufinden (direkte Einsamkeitsmessung). Diesem Umstand wird bisher in der oeffentlichen und sozialwissen- schaftlichen Einsamkeitsdebatte kaum Beachtung geschenkt. Statt ueber das Gefuehlsleben des "autistischen Computerfreaks" mit "technikzen- trierter Persoenlichkeit" oder "maschinellem Charakter" zu spekulieren, sollte man ihn einfach fragen, wie er seine Lebenssituation einschaetzt. Stattdessen urteilen Computerkritiker ueber Computernutzer. Die von einigen Computerkritikern geaeusserten Argumente lassen den Verdacht mangelnder Sachkenntnis aufkommen. Man kann nun darueber spekulieren, inwieweit eine pauschale Computerkritik als Legitimation fuer die Nichtbeschaeftigung mit dem Computer dienen koennte. Ebenso liegt manchmal der Verdacht nahe, dass es sich in der Computerdebatte teilweise auch um den ueblichen Generationenkonflikt handelt. Compu- terkids und Hacker repraesentieren die mit dem Computer aufgewach- sene juengere Generation, deren Aktivitaeten die AElteren skeptisch und verstaendnislos gegenueberstehen. Fairerweise muss allerdings hinzugefuegt werden, dass empirische Unter- suchungen, die direkte Einsamkeitsmessungen an Computernutzern beinhalten und als Laengsschnittstudien angelegt sind, hohen Aufwand erfordern. Fuer eine erste Analyse ist deswegen auch eine indirekte Einsamkeitsbeurteilung mithilfe von Einsamkeitsindikatoren moeglich. Einsamkeitsindikatoren sind Sachverhalte, die empirisch nachgewiesen mit Einsamkeit zusammenhaengen. Eine indirekte Einsamkeitsanalyse wuerde eine moeglichst praezise Rekonstruktion des betrachteten Nutzungsverhaltens erfordern, wodurch einschaetzbar waere, ob und inwieweit sich in der Konsequenz typische Einsamkeitskonstellationen ergeben koennten. Eine solche explorative indirekte Einsamkeitsanalyse kann direkte Einsamkeitsmessungen nicht ersetzen aber vorbereiten. 2.4.4. Fazit Fuer eine wissenschaftliche Betrachtung des Zusammenhangs zwischen Computernutzung und Einsamkeit ist zu fordern, dass 1. nach unterschiedlichen Formen der Computernutzung unterschieden wird, 2. der Computers nicht anthropologisiert wird, 3. die Computernutzer nicht maschinisiert werden, 4. empirische Studien durchgefuehrt werden, in denen die Einsamkeitsgefuehle unterschiedlicher Gruppen von Computernutzern direkt erfasst und mit der Einsamkeit von Nicht- Nutzern verglichen werden. Wuenschenswert waeren zudem experimentelle Laengsschnittstudien, die am besten geeignet sind, Kausalwirkungen nachzuweisen. 5. Vorbereitend fuer direkte Einsamkeitsmessungen sind indirekte Einsamkeitsanalysen empfehlenswert. 2.5. Zusammenfassung Die in der OEffentlichkeit vertretene Auffassung einer rapiden Verein- samung unserer Gesellschaft in den letzten Jahren spiegelt sich in de- moskopischen Daten nicht wider. Aus Sicht der empirischen Einsam- keitsforschung, die ein multikausales Einsamkeitsmodell favorisiert, ist nicht von dramatischer Vereinsamung auszugehen, da die aktuellen gesellschaftlichen Veraenderungen teils einsamkeitsfoerdernd (z.B. Ar- beitslosigkeit, Armut) teils einsamkeitsverhindernd (z.B. Abbau von Diskriminierung) wirken koennen. Das populaere Vereinsamungs-Modell weist in seiner Argumentation Schwaechen und Inkonsistenzen auf, die darauf hindeuten, dass Einsam- keit, die Angst vor Einsamkeit und die stigmatisierende Wirkung von Einsamkeitszuschreibungen im politischen Diskurs instrumentalisiert werden. Deswegen scheint es lohnend, die in der Vereinsamungsdebatte angefuehrten "intuitiven" Einsamkeitsfaktoren einer empirischen Pruefung zu unterziehen. Bereits eine grobe Analyse der behaupteten Zusammen- haenge zwischen vermeintlichem Zerfall von Ehe und Familie, vermeint- lich wachsendem Egoismus sowie der Computerisierung einerseits und Einsamkeit andererseits, laesst Zweifel an der Validitaet der postulierten Wirkungszusammenhaenge aufkommen. Der Frage nach dem Zusammenhang zwischen Computernutzung und Einsamkeit soll im folgenden nachgegangen werden. Dazu wird eine indirekte Einsamkeitsanalyse des Usenet - als einer spezifische Form interaktiver Computernutzung - durchgefuehrt. Zuvor wird jedoch der psychologische Hintergrund zur Einsamkeitsthematik abgehandelt. 3. Einsamkeit aus empirisch-psychologischer Sicht Die oeffentliche Vereinsamungs-Debatte geht von einem intuitiven Verstaendnis des Begriffes "Einsamkeit" aus. Wie definiert, beschreibt und erklaert die empirische Forschung das Phaenomen Einsamkeit? 3.1. Was ist Einsamkeit? Einsamkeit ist unangenehmer subjektiver Zustand innerer Vereinzelung: ein Gefuehl der Bindungslosigkeit, des Abgeschnittenseins und Ausge- schlossenseins von der sozialen Welt verbunden mit dem Wunsch nach Kontakt zu anderen Menschen. Wer einsam ist, fuehlt sich ignoriert, aus- geschlossen, verlassen, vergessen, verloren, unverstanden, ungeliebt, wertlos, unnuetz, leer. Diese einsamkeitstypischen Gedanken und Gefuehle schlagen sich auch in der koerperlichen Befindlichkeit und im Verhalten nieder (Einsamkeitssyndrom). Man kann allein sein, ohne sich einsam zu fuehlen. Es gibt Einzelgaenger und Eigenbroetler, die die Isolation waehlen und gerade in ihr ein zufrie- denes Leben fuehren. Andererseits koennen auch Jubel und Trubel, Geselligkeit und Partnerschaft nicht vor der Einsamkeit bewahren. Denn Einsamkeit ist ein subjektiver Zustand. Die aeusseren Umstaende wie Alleinsein oder Isolation werden nur dann einsamkeitsrelevant, wenn sie vom einzelnen als Belastung, als unerwuenschter oder gar unertraeglicher Mangel empfunden werden. Alleinsein ist definiert als kurzfristiger, objektiver Zustand, in dem eine Person mit niemandem interagiert. Soziale Isolation ist dagegen ein langfristiger Zustand, der durch Kontaktmangel gekennzeichnet ist. Wer sozial isoliert lebt, ist oefter allein. Aber auch Personen mit grossem Freundes- und Bekanntenkreis erleben im Alltag kuerzere oder laengere Zeitraeume des Alleinseins. Dabei ist zu beachten, dass Alleinsein durchaus sehr positiv erlebt werden kann, z.B. wenn man sich ausruht und entspannt, wenn man ungestoert arbeitet, kreativ ist, nachdenkt. Dieses positive Alleinsein hat nichts mit Einsam- keit zu tun. Soziologie und Psychologie befassen sich seit den 50er Jahren verstaerkt mit der Einsamkeitsthematik und entwickelten zahlreiche Modelle zur Beschreibung und Erklaerung des Phaenomens (s. zum UEberblick Gerhard Lauth & Peter Viebahn, 1987; Eberhard Elbing, 1991). 3.2. Drei Ausloeser fuer Einsamkeitsgefuehle Die vorliegenden wissenschaftlichen Einsamkeitstheorien nennen uebereinstimmend drei zentrale Ausloeser fuer Einsamkeitsgefuehle (vgl. Nicola Doering & Juergen Bortz, 1993b): 1. belastendes Alleinsein 2. belastende Isolation 3. belastende Sozialbeziehungen Entscheidend ist, dass Alleinsein, Isolation oder konflikthafte Sozial- beziehungen grundsaetzlich nur dann einsamkeitskritisch sind, wenn sie unkontrollierbar, ausweglos und sehr belastend erlebt werden. Zudem bestehen erhebliche interpersonale und intrapersonale Unterschiede hinsichtlich der genannten Einsamkeitsausloeser. Manche koennen gut allein sein, anderen faellt sofort die Decke auf den Kopf. Allerdings lassen sich Menschen nicht pauschal in Einsame und Nicht-Einsame unter- teilen, da jeder im Laufe des Lebens Einsamkeitsepisoden oder -phasen durchlebt. Einsamkeit gilt als universelles Phaenomen, das zu allen Zeiten in allen Kulturen vorkommt. Kritische Lebensereignisse wie z.B. die Trennung vom Partner, Umzug, Tod von Familienangehoerigen, Arbeitslosigkeit, Behinderung oder Krankheit fuehren haeufig zu verstaerkter Isolation und erhoehen gleichzeitig das Beduerfnis nach sozialer Unterstuetzung, so dass in diesen Situationen Einsamkeit fast unvermeidlich ist. Die meisten Menschen bewaeltigen derartige Lebenskrisen und Einsamkeitsphasen aus eigener Kraft und entwickeln individuelle Strategien, um den Schmerz der Einsamkeit zu lindern. 3.3. Das multikausale Einsamkeitsmodell Die empirische Einsamkeitsforschung hat eine Fuelle von Faktoren ermittelt, die in engem Zusammenhang mit Einsamkeitsgefuehlen bzw. mit den genannten drei Hauptausloesern fuer Einsamkeit stehen. Dass z.B. manche Menschen ueber ein grosses soziales Netz verfuegen, waehrend anderen der Schritt aus der Isolation nicht gelingt, kann durch Faktoren in der Person (z.B. soziale AEngstlichkeit) und in der Umwelt (z.B. Geldmangel) bedingt sein. Dies sind einige Hintergrundvariablen, die bei der Einsamkeitsgenese eine Rolle spielen: 1. negatives Selbstbild 2. negatives Menschenbild 3. fehlende solitaere Interessen 4. problematisches Sozialverhalten 5. dysfunktionale Bewaeltigungsstrategien 6. mangelnde soziale Unterstuetzung 7. fehlende Integration in eine Gemeinschaft 8. geringe soziale Attraktivitaet 9. Diskriminierung 10. mangelnde Ressourcen (wenig Zeit, wenig Geld, wenig Wohnraum) 11. Ausschluss vom Erwerbsleben 12. Stigmatisierung des Alleinseins Forschungsmethodisch sind dabei die Kausalrelationen oftmals nur hypothetisch, da echte Experimente, die das Erzeugen oder Beenden von Einsamkeitsgefuehlen im Probanden beinhalten, nur bedingt moeglich sind. So koennen etwa Selbstwertprobleme, die man bei Einsamen oft beobachtet, sowohl eine Ursache fuer belastende Isolation und Einsam- keit sein (wer schuechtern ist, findet schwerer Freunde) als auch eine Konsequenz von Einsamkeitsgefuehlen darstellen (wer lange ungewollt alleine ist und sich abgelehnt vorkommt, verliert sein Selbstwertgefuehl). Waehrend also Kausalrichtungen nur schwer zu verifizieren ist, ist das Bestehen von Zusammenhaengen zwischen den genannten Hinter- grundvariablen einerseits und Einsamkeitsgefuehlen andererseits durch Korrelationsstudien replizierbar nachgewiesen. Das Modell ist durch die Menge der beruecksichtigten Faktoren nicht nur multikausal sondern auch komplex, da man davon ausgeht, dass einzelne Faktoren inter- dependent sind. Wer vom Erwerbsleben ausgeschlossen ist, verliert nicht nur soziale Kontakte zu den Arbeitskollegen sondern leidet in der Regel auch unter Geldmangel und Selbstwertproblemen. 3.4. Verschiedene Arten von Einsamkeit Aufgrund des Facettenreichtums des Einsamkeitsphaenomens ist es not- wendig, zwischen unterschiedlichen Formen von Einsamkeit zu unter- scheiden. Eine klassische Unterscheidung geht auf den Soziologen und Vater der empirischen Einsamkeitsforschung Robert Weiss (1973) zurueck, der zwischen sozialer und emotionaler Einsamkeit unter- scheidet. Soziale Einsamkeit tritt ein, wenn Freunde und geselliges Beisammensein fehlen, waehrend emotionale Einsamkeit auf eine feh- lende Partnerschaft oder Liebesbeziehung zurueckgeht. Kompensation ist hier nur bedingt moeglich, d.h. Freunde lenken zwar vom Liebeskummer ab, ersetzen aber keine Partnerschaft und umgekehrt. Die meisten Men- schen wuenschen sich Partnerschaft und Freundeskreis. Wie fast alle psychischen Problemen wird auch Einsamkeit umso quaelender und unveraenderlicher, je laenger sie dauert. Chronische Einsamkeit, die laenger als zwei Jahre andauert, ohne dass sich konkrete aeussere Ursachen angeben lassen, macht es fuer die Betroffenen sehr schwer, noch aus den einsamkeitstypischen Teufelskreisen von Selbstzweifeln, Depression und Rueckzug (depressive Einsamkeit) oder Misstrauen, Wut und Aggression gegen die Umwelt (paranoide Einsamkeit) auszubrechen. Von situativer Einsamkeit wird dann gesprochen, wenn sich ein- schneidende Lebensereignisse als konkrete Ausloeser fuer Einsam- keitskrisen identifizieren lassen. Situative Einsamkeit kann einige Wochen oder Monate dauern, je nach Schwere des kritischen Le- bensereignisses (Jeffrey Young, 1982, S. 382f.). Voruebergehende Einsamkeit haelt einige Minuten oder Stunden an und hat den Status einer Stimmung. Im Alltag gibt es immer wieder Anlaesse, in denen einem die existentielle Einsamkeit - d.h. die Tatsache, dass jeder Mensch letztlich in existentiellen Erfahrungen allein ist - bewusst wird. Krankheit oder Schmerzen, Misserfolge oder Verluste lassen das Gefuehl aufkom- men, alleine dazustehen und alleine zurechtkommen zu muessen. Hinter solchen alltaeglichen Einsamkeitsstimmungen verbirgt sich selten ein groesseres Problem. Vielmehr stellt das Umgehen mit der negativen Stimmung selbst das Problem dar. 3.5. Wege aus der Einsamkeit Es liegen einige Psychotherapiekonzepte vor, die speziell auf Ein- samkeitsprobleme zugeschnitten sind, wie etwa die kognitive Ver- haltenstherapie von Jeffrey Young (1982). Aber auch gaengige Psychotherapien behandeln Einsamkeit, die erfahrungsgemaess als Begleiterscheinung vieler psychischer Stoerungen auftritt. Neben professioneller Hilfe erweisen sich Selbsthilfegruppen als aeusserst effektiv bei der UEberwindung von Einsamkeitskrisen. In beiden Faellen handelt es sich jedoch um formelle Hilfsangebote, die fuer viele Betrof- fene eine relativ hohe Hemmschwelle aufweisen. Hindernisse entstehen durch zeitliche, geographische und finanzielle Barrieren, aber auch aufgrund psychischer Faktoren. Das Zugestehen der eigenen Hilflosig- keit und Schwere des Problems vor sich selbst und vor anderen, die Ungewissheit beim Aufsuchen von Institutionen, die Angst vor nega- tiven Konsequenzen etc. verhindern oft den Schritt aus der Isolation, dies trifft insbesondere auf sozial benachteiligte Gruppen (z.B. mit geringem Bildungsstand) zu. Weit typischer und verbreiteter als klinisch auffaellige, chronische Einsamkeit ist situative Einsamkeit. Sie verschwindet mit der Be- waeltigung des ausloesenden kritischen Lebensereignisses, wobei soziale Unterstuetzung diesen Prozess erleichert. Voruebergehende Einsamkeits- stimmungen werden durch Techniken der Stimmungsregulation (Mood Management) behandelt. Als effektiver Stimmungsregulator fungiert z.B. das Fernsehen. Hierbei muss es sich nicht unbedingt um eine Flucht handeln, sondern da das Problem die Stimmung selbst ist, wird durch Stimmungsregulation dieses Problem geloest (und nicht etwa verdraengt). 3.6. Zusammenfassung Einsamkeit ist ein subjektiver und aversiver Zustand innerer Verein- zelung. Hauptausloeser sind belastendes Alleinsein, belastende Isolation und belastende Beziehungen. Diese Einsamkeitsausloeser sind ihrerseits durch eine Fuelle interdependenter Kausalfaktoren beeinflusst. Zudem sind unterschiedliche Formen von Einsamkeit zu unterscheiden, wobei insbesondere die Zeitdimension entscheidend ist fuer die Schwere des Problems und die Chancen zur Bewaeltigung. Einsamkeitsphasen werden wegen ihrer Alltaeglichkeit in der Mehrzahl der Faelle aus eigener Kraft und mit der Hilfe von Verwandten oder Freunden ueberstanden. 4. Soziale Funktionen der Usenet Community Waehrend in der populaeren Vereinsamungs-Debatte der Computer als Einsamkeitsverursacher auftritt, scheinen aus psychologischer Sicht umgekehrt bestimmte Formen interaktiver Computernutzung - wie sie etwa das Usenet darstellt - gerade besonders gut geeignet, Einsamkeit zu verhindern oder zu lindern. Statt per indirekter Einsamkeitsanalyse nachzuweisen, wie in der Usenet Community Einsamkeit entsteht, wird im folgenden anhand psychologischer Einsamkeitsfaktoren gezeigt, wie die Usenet Community den einzelnen bei Bedarf effektiv vor Ein- samkeitsgefuehlen schuetzen kann. Damit wird nicht gesagt, dass nur das Usenet hilft oder dass das Usenet immer die beste Methode der Ein- samkeitsbewaeltigung darstellt. Vielmehr stellt das Usenet eine weitere Variante dar, mit unangenehmen Einsamkeitsgefuehlen umzugehen. Es wird vermutet, dass Netznutzer sich verstaerkt dem Usenet zuwenden, wenn sie sich einsam fuehlen. Zugleich wird angenommen, dass Netz- nutzung aus Informations- oder Unterhaltungmotiven praeventiv gegen Einsamkeit wirken kann. 4.1. Einsamkeit verhindern Um Einsamkeit vorzubeugen oder zu verhindern, muessen gemaess dem psychologischen Einsamkeitsmodell folgende Bedingungen erfuellt sein: a) Ausgefuelltes Alleinsein statt belastendes Alleinsein Ausgefuelltes Alleinsein ist dann gegeben, wenn man die alleinverbrachte Zeit subjektiv sinnvoll mit solitaeren Beschaeftigungen ausfuellt, sich wirkungsvoll von der eigenen negativen Stimmung ablenkt, sich nicht langweilt, das Gefuehl der Kontrolle ueber das Alleinsein behaelt, sein Selbstwertgefuehl aufrechterhaelt. b) Soziale Integration statt belastende soziale Isolation Soziale Integration bedeutet, sich einer Gemeinschaft zugehoerig zu fuehlen, in dieser Gemeinschaft eine subjektiv positive Rolle zu spielen, andere Menschen erreichen und neue Kontakte knuepfen zu koennen. c) Befriedigende soziale Beziehungen statt belastender Beziehungen Befriedigende Sozialbeziehungen sind durch Symmetrie, Verstaendnis, Erreichbarkeit, positives Feedback, Moeglichkeiten zur Konfliktloesung gekennzeichnet, sie bieten soziale Unterstuetzung bei Problemen und werden subjektiv als bedeutsam und wichtig erlebt. Um diese Bedingungen (wieder)herzustellen bzw. aufrechtzuerhalten, kann das Usenet bzw. die Usenet Community wichtige Beitraege liefern. 4.2. Das Usenet Das Usenet ist ein 1979 gegruendetes internationales Computernetz, das der UEbertragung der Netnews dient (s. Paul Gilster, 1994, Kap.11). Die Netnews kann man sich als elektronische Zeitung vorstellen, die the- matisch in Rubriken (Newsgroups) unterteilt ist und nur aus Leser- briefen besteht. D.h. die Nutzer schreiben die Artikel (Post) der Zeitung selbst, sie koennen die Artikel anderer Leute lesen und auf die vorge- fundenen Artikel mit eigenen Artikeln reagieren (Follow-up). Weiterhin besteht die Moeglichkeit, selbst neue Themengruppen (Newsgroups) zu eroeffnen. Zudem ist der Netnews-Dienst eng mit dem Email-Dienst gekoppelt, so dass neben der Kommunikation auf der oeffentlichen Plattform auch Interaktionen zwischen Einzelpersonen per PM (private mail) stattfinden koennen. Wenn man auf einen Artikel reagieren will, ohne dass dies oeffentlich passiert, schickt man statt eines Follow-ups ein Reply (d.h. eine Mail). Zur Zeit existieren ca. 10.000 international zugaengliche Newsgroups. Taeglich erscheinen etwa 60.000 neue Artikel (845.238 Artikel in zwei Wochen laut "Total Traffic through Uunet for the last 2 weeks" vom 24.7.1994 in news.lists) Die Usenet Community umfasst mehrere Millionen Mitglieder. Das Usenet ist als Hybridmedium zu kennzeichnen: Es weist sowohl Merkmale eines Massenmediums (disperses Publikum) als auch eines Individualmediums (direkte Kommunikation zwischen zwei Personen per private mail) auf. Diese Kombination eines interaktiven Massen- mediums mit einem Individualmedium bietet den Nutzern vielfaeltige neue Kommunikationsmoeglichkeiten. Wer kann das Usenet nutzen? Wesentliche Voraussetzung sind neben dem Netzzugang (Kosten) entsprechende Netzkenntnisse und eine gute schriftliche Verbalisierungsfaehigkeit in englischer Sprache. 4.3. Vorteile computervermittelte Kommunikation im Usenet Computervermittelte Kommunikation (Computer Mediated Commu- nication: CMC) erscheint aus Sicht der Computerkritiker deswegen defizitaer, weil sie Face-to-Face-Kommunikation a priori als Optimum zwischenmenschlichen Austauschs hypostasieren. Wenn zudem be- hauptet wird, dass - defizitaer aufgefasste - computervermittelte Kom- munikation auf Kosten von Face-to-Face-Kommunikation stattfindet bzw. letztere tendenziell zu verdraengen droht, muss CMC nachteilig wenn nicht gar gefaehrlich erscheinen. Betrachtet man jedoch realistischerweise CMC nicht als Surrogat fuer Face-to-Face-Kommunikation sondern als Ergaenzung, wird der Com- puterkritik vieles von ihrer Dramatik genommen. Computerkom- munikation ist ebensowenig eine defizitaere Variante der Face-to-Face- Kommunikation wie es ein Brief oder ein Telefonat ist. In bestimmten Situationen bieten bestimmte Kommunikationsmedien bestimmte Vorteile oder Moeglichkeiten, derer sich Menschen selektiv bedienen. Aus empirischer Sicht scheint sich abzuzeichnen, dass die Moeglichkeit computervermittelter Kommunikation, die Dichte von sozialen Netzwerken eher vergroessert als verkleinert (Roxanne Hiltz, 1984, S. 176f.). Die grundsaetzlichen Vorteile von Face-to-Face-Interaktionen werden in ihrer Ganzheitlichkeit sowie ihrer Natuerlichkeit, Menschlichkeit, Echt- heit o.ae. gesehen. Die Unschaerfe der verwendeten Attribute ist augen- faellig. Stattdessen kann man einfach sagen, dass in Face-to-Face-Situa- tionen potentiell alle menschlichen Kommunikationskanaele (sehen, hoeren, fuehlen, riechen, schmecken) involviert sein koennen, wenngleich in realen Situationen insbesondere Koerperkontakt nur sehr selektiv ein- gesetzt wird. Jede Form medial vermittelter Kommunikation reduziert die Anzahl der Kommunikationskanaele, wobei in der Regel fuehlen, riechen, schmecken ausgeschaltet sind. In vielen Faellen - wie etwa bei der Terrminabsprache - werden die vernachlaessigten Kanaele weder benoetigt noch vermisst. In manchen Situationen ist die Kanalreduktion nicht nur kein Nachteil sondern ein ausgesprochener Vorteil. Da die menschlichen Kapazitaeten zur Aufmerksamkeit und Informations- verarbeitung beschraenkt sind, ist "weniger tatsaechlich manchmal mehr". Wenn nur ein Text vorliegt, kann man sich voll auf seinen Inhalt kon- zentrieren und wird nicht durch AEusserlichkeiten wie etwa stoerendes Rauchen des Interaktionspartners oder unangemessen empfundene Kleidung abgelenkt. Ein grosser Vorteil ist weiterhin die Nivellierung von Statusunter- schieden, da diese in der Regel nonverbal vermittelt werden und im Netz weniger praesent sind. Auf diese Weise sinken Hemmschwellen und Barrieren, die ueblicherweise die vertikale Kommunikation in Hierarchien behindern (Sara Kiesler et al., 1984; Ronald Rice, 1984, S. 146f.). Im Netz hat eine Studentin soviel zu sagen wie ein Professor, waehrend bei fachlichen Diskussionen in Colloquien oder Seminaren, die Redezeit in der Regel statusabhaengig verteilt wird. Auch der informelle Ton im Netz, der beeinhaltet dass man sich in der Regel duzt (d.h. im Englischen mit Vornamen anredet), stellt Gleichheit her. Dies mag jedoch moegli- cherweise fuer Statushoehere unangenehm sein, die im Netz in einer Weise mit Kritik konfrontiert sein koennten, die sie aus dem realen Leben nicht gewoehnt sind. Das fuer computergestuetzte Kommunikation im Usenet typische Infor- mationsformat sind maschinengeschriebene Texte (zusaetzlich auch Grafiken), so dass nur der visuelle Kanal involviert ist. Derselbe Kom- munikationskanal uebertraegt jedoch in Face-to-Face-Interaktionen in der Regel ganz andere Informationen und eben keine schriftlichen Texte. Es ist unplausibel anzunehmen, dass etwa Emails, Posts oder andere elek- tronische Nachrichten einfach eine Verschriftlichung von Text dar- stellen, der in Face-to-Face-Interaktionen muendlich kommuniziert wuerde. Schriftliche AEusserungen koennen bei Bedarf aufgrund der Asyn- chronitaet im Netz in Ruhe ausgefeilt und ausformuliert werden, regen eher die Kreativitaet an als muendliche Konversationen. Waehrend Face-to-Face-Interaktionen an raeumliche Naehe und zeitliche Naehe bzw. Gleichzeitigkeit (Synchronitaet) gebunden sind, entfallen bei computervermittelter Kommunikation diese Restriktionen (Ronald Rice, 1989). Zudem ist Netz-Kommunikation eine Kommunikation vieler mit vielen. Der einzelne kann im Netz ein ausgesprochen grosses, hetero- genes und gleichzeitig nach Interessen gruppiertes Publikum erreichen, wie es im realen Leben nur der Prominenz moeglich ist. Computervermittelte Kommunikation ist im Vergleich zu Face-to-Face- Kommunikation nicht grundsaetzlich defizitaer. Vielmehr bietet sie durch Kanalreduktion, Textformat, UEberwindung raeumlicher Distanzen, Asyn- chronitaet, Erreichbarkeit eines heterogenen aber gruppierten Publikums Moeglichkeiten, die in Face-to-Face-Interaktionen nicht gegeben sind. In Hinsicht auf Einsamkeit werden im folgenden vier soziale Funktionen des Usenet diskutiert: Net Activity, Net Identity, Net Community und Net Support. 4.4. Net Activity Bevor das Usenet ueberhaupt irgendeine Wirkung auf den Nutzer aus- ueben kann, muss sich dieser erst einmal mit dem Netz beschaeftigen. Im Gegensatz zu Massenmedien wie Radio, Zeitung oder Fernsehen, deren Inhalte nur rezipiert werden muessen, erfordert das Usenet sehr viel mehr Aktivitaet des Nutzers. Die Navigation im Netz, Fachbegriffe und Regeln muessen gelernt werden. Aber auch wer das Netz beherrscht, muss sich aktiv durch die Newsgroups bewegen auf der Suche nach den ge- wuenschten Informationen. Beim Usenet kann man kaum von Medien- konsum sprechen. Stattdessen wird der Nutzer zu selbstaendiger Net Activity aufgefordert. Mediennutzung kann unterschiedlich motiviert sein, Unterhaltung und Information sind dabei klassische Beduerfnisse. Insbesondere allein verbrachte Zeit wird oft zum Medienkonsum genutzt, wobei Stim- mungsregulation eine wichtige Rolle spielt. Langeweile, Sorgen, Einsamkeit und sogar physische Schmerzen koennen durch Ablenkung, wie sie etwa ein spannender Film bietet, gemildert werden. Diese Funktion des Mood Management erfuellt das Usenet auf besonders wirkungsvolle Weise. 4.4.1. Mood Management Allein das Durchwandern des Netzes und das Besichtigen einzelner Newsgroups (Net Surfing) kann bereits eine sehr starke Ablenkungs- funktion haben. Die Fuelle des vorhandenen Informationspools, die durch aktive Exploration erschlossen werden kann, erzeugt Neugier und jene Versunkenheit, die die Zeit wie im Fluge vergehen laesst. Waehrend Computerkritiker in der starken Involviertheit, die Netznutzer entwik- keln, v.a. Suchtpotentiale entdecken, ist aus Mood Management-Sicht die Faszination, die das Netz ausuebt, eher ein Pluspunkt. Online im Netz ist die Aufmerksamkeit so stark absorbiert, dass Gedanken an Einsam- keit kaum mehr Platz haben. Dies ist dann eine Entlastung, wenn Nachdenken ueber Einsamkeit in erster Linie aus truebsinniger Gruebelei besteht, die das Problem nur verschaerft. 4.4.2. Entwicklung neuer Interessen Mood Management mithilfe des Usenet, das neben Unterhaltungsthemen auch diverse Fachinformationen bietet, kann - quasi als Begleiter- scheinung - zu neuen Lernerfahrungen fuehren und zur Entwicklung neuer Interessen fuehren, die das Alleinsein ausfuellen. Durch den interaktiven Charakter des Mediums ist in vielen Newsgroups die Verbindung zum Alltagsleben ausserhalb des Netzes enger und konkreter als bei Massenmedien. 4.4.3. Kreatives Alleinsein Mood Management durch Fernsehen ist zwar auch recht effektiv, erzeugt aber beim Zuschauer im Nachhinein nicht selten ein Gefuehl der Unzufriedenheit. Die vor dem Fernseher verbrachte Zeit ist spurlos verstrichen, die passive Berieselung bei der fuer Massenmedien typischen Einweg-Kommunikation hinterlaesst Leere. Ganz anders ist es bei der Nutzung interaktiver Medien. Wer im Usenet Artikel schreibt und veroeffentlicht, hinterlaesst Spuren und hat das Gefuehl, etwas getan zu haben. Obwohl Rechtschreibung, Stil und Inhalte mancher Artikel zu wuenschen uebrig lassen, ist doch unbestreitbar, dass mit dem Usenet eine Renais- sance des Schreibens zu beobachten ist. Dass dabei ein recht grosses Publikum erreicht werden kann, mag einzelne zu besonderer Kreativitaet anregen. Kreative Taetigkeiten sind besonders gut geeignet, Alleinsein ohne Einsamkeit zu gestalten. Waehrend privates Briefe- oder Tagebuchschreiben im Alltag unter Erwachsenen nicht besonders verbreitet ist, ist Schreiben im Usenet nie normale Form der Verstaendigung, so dass moeglicherweise vorhandene Hemmschwellen bei der schriftlichen Gestaltung abgebaut werden. Computerkritiker beschreiben die am Computermonitor verbrachte Zeit selten als gewinnbringend und produktiv sondern in der Regel als minderwertig. Sie postulieren, dass moeglichst viel Zeit direkt mit anderen Menschen verbracht werden sollte. Freizeit am Computer sehen sie als asoziale und pathogene Taetigkeit, die insbesondere suchtgefaehrdend ist. AEhnlich wie beim Egoismus-Vorwurf ist auch der Sucht-Vorwurf so- lange problematisch, wie keine objektiven Kriterien angegeben werden koennen und die Argumentation durch subjektive Wertungen und Inter- pretationen gepraegt ist. Wer Stunden konzentriert am Bildschirm ver- bringt, um fuer alt.art.stories eine Erzaehlung zu schreiben, steht im Ver- dacht computersuechtig zu sein, waehrend der Autor, der naechtelang an der Schreibmaschine sitzt, kreativ ist? 4.4.4. Helfen und nuetzlich sein Typisch fuer Einsamkeit ist neben Langeweile das Gefuehl, nutzlos zu sein. Oftmals versuchen Menschen Gefuehle des Alleinseins und der Einsamkeit dadurch zu ueberbruecken, dass sie anderen helfen und sich nuetzlich machen wollen. Waehrend man im Alltag anderen durch auf- gedraengte Hilfe leicht auf die Nerven gehen kann und Ablehnung er- faehrt, kann man im Netz jederzeit Beitraege liefern, die nur diejenigen erreichen, die auch dafuer empfaenglich sind. Die fuer Sender und Empfaen- ger unabhaengig voneinander moegliche Kontrolle des Zeitpunktes eines Austauschs macht direkte Zurueckweisungen, wie sie in direkten, syn- chronen Interaktionen notwendig sind, ueberfluessig. Auch in der gewuenschten Zeitdauer ist man voneinander unabhaengig. Wer einige Stunden Alleinsein ueberbruecken will, indem er z.B. mit Freunden telefoniert, kann Pech haben, wenn niemand erreichbar ist oder der Gespraechspartner gerade keine Zeit fuer ein mehrstuendiges Gespraech hat. Die Usenet Community dagegen ist immer erreichbar und hat unendlich viel Zeit und Geduld. Artikel, die in vielen Stunden des Alleinseins geschrieben werden, koennen - allerdings moeglichst in meh- reren Teilen - vollstaendig uebermittelt werden. Sich durch sichtbare Bei- traege im Netz bemerkbar zu machen, steigert das Gefuehl der Selbst- wirksamkeit (Self Efficacy) sowie - v.a. bei positivem Feedback - auch das Selbstwertgefuehl, das bei Einsamkeit in der Regel angegriffen wird. 4.4.5. Netzopfer Unangenehm empfundenes Alleinsein koennte als Signal dafuer dienen, sich anderen Menschen direkt zuzuwenden. Computerkritiker fuehren an, dass die Moeglichkeit des Usenet, Alleinsein zu verschoenern, moeglicher- weise die Motivation reduzieren koennte, sich ueberhaupt mit anderen Menschen abzugeben. Es ist eine empirische Frage, wie hoch das Suchtpotential - das schliesslich so gut wie jede Taetigkeit, die Spass macht, in sich birgt - im Falle Usenet tatsaechlich ist. UEbertraegt man Befunde aus der Fernsehforschung, die besagen, dass die durch Kabel und Satellit vergroesserte Programmvielfalt entgegen fruehe- rer Befuerchtungen die Sehzeit nicht erhoeht hat (Barbara Pfetsch, 1992, S. 282 ff.), kann man vielleicht auch fuer das Usenet vermuten, dass Personen normalerweise bestimmte Zeitkontingente der Mediennutzung widmen, die nicht automatisch wachsen. Aber selbst wenn sie wachsen - ist das unbedingt negativ zu sehen? Wenn Computerkritiker 70 Stunden online pro Woche bedenklich finden, dann nur aufgrund eigener sub- jektiver Wertvorstellungen darueber, wie man sein Leben gestalten sollte. Bewertungen von Online Aktivitaeten haengen immer stark davon ab, was man als realistische Alternative annimmt. Konstruiert man etwa ein Bei- spiel, in dem durch Online Zeit die mit den eigenen Kindern verbrachte Zeit reduziert ist, erscheint Netznutzung eher in negativem Licht. Wird dagegen das Bier in der Stammkneipe als Alternative zum Schreiben eines durchdachten Newsnet Artikels angefuehrt, sieht die Sache schon anders aus. Letztlich ist es eine rein subjektive Frage, welche Taetigkeit man sinnvoller und bereichernder empfindet. Dabei koennen sich jedoch ggf. Konflikte mit dem sozialen Umfeld ergeben, wenn dieses ausgiebige Computernutzung ablehnt oder eifersuechtig auf online Beziehungen rea- giert. Insbesondere das auch in der OEffentlichkeit viel beachtete Angebot an Newsgroups mit sexuellen Themen jeglicher Couleur koennte Akzep- tanzschwierigkeiten verursachen. Netzopfer sind jedoch nicht nur moegliche Zeitverluste sondern auch materielle Schaeden durch unerwartet hohe Gebuehrenrechnungen. Knappe materielle Ressourcen, die Einsamkeit foerdern koennen, sind also auch im Usenet tendenziell benachteiligend. Ebenso erschwert ein niedrigerer Bildungsstand den Zugang zum Usenet, waehrend z.B. Studierenden an den Universitaeten kostenlose Netzzugaenge und Einfuehrungskurse angeboten werden. Gerade da moderne Computer- technologie in allgemeinbildenden Schulen kaum behandelt wird, ist vieles der Privatinitiative ueberlassen, was der ohnehin divergierenden Entwicklung zwischen gut und schlecht Gebildeten weiteren Vorschub leistet (Knowledge Gap). 4.4.6. Fazit Belastendes Alleinsein geht haeufig mit unangenehmen Gefuehlen der Langeweile, Sinnlosigkeit, Nutzlosigkeit und Wertlosigkeit einher. Eine solche Stimmungslage laesst sich durch bestimmte Aktivitaeten - z.B. durch Mediennutzung - beeinflussen. Dabei ist das Usenet besonders effektiv, es ermoeglicht hohes Ego-Involvement, eigene Aktivitaet und Kreativitaet und stellt positive Rueckmeldungen bereit. 4.5. Net Identity Jeder Mensch besitzt ein Bild von sich, das sich aus dem Wissen ueber die eigenen Eigenschaften, Faehigkeiten, Kenntnisse, Erlebnisse etc. zusammensetzt und als Selbstkonzept (Self Concept, Self Image) bezeichnet wird. Da selbstbezogenes Wissen sehr umfangreich ist, kann es nie vollstaendig im Bewusstsein praesent sein. Stattdessen sind situativ nur bestimmte Selbst-Aspekte aktiviert (Working Self Concept). Die einzelnen Teil-Selbste koennen durch Nachdenken ueber sich selbst, durch AEusserungen anderer oder durch bestimmte Merkmale in der Umwelt in den Vordergrund treten. Wenn man sich beispielsweise einsam fuehlt, denkt man eher an Situationen, in denen es einem aehnlich ging, gruebelt ueber eigene Defizite und Fehler nach und aktiviert damit quasi ein Verlierer-Selbst oder ein Opfer-Selbst. Die subjektiv wichtigen Selbstaspekte bilden die Identitaet (Identity) eines Menschen, die eng mit den zentralen Lebenszielen und Sinnge- bungen verknuepft ist. Identitaetskrisen handeln entsprechend meist davon, welchen Sinn das Leben fuer einen hat und welche Ziele man verfolgen soll. Die Bewertung der eigenen Person ist das Selbstwert- gefuehl (Self-Esteem), das mehr oder weniger hoch (positiv) oder niedrig (negativ) ausgepraegt sein kann und ebenso wie Selbstkonzept und Identitaet im Laufe der Biographie ausgebildet wird, aber auch situativ beeinflussbar ist. Durch harte Kritik wird das Selbstwertgefuehl ange- griffen, so dass Menschen zur Herstellung ihres inneren Gleichgewichts (Selbstregulation) Massnahmen zum Schutz des Selbstwertgefuehls ergreifen. Erhalt und Schutz des Selbstwertgefuehls ist ein zentrales Motiv des Selbstsystems. Zudem steuern und lenken Selbstkonzept und Identitaet die Informationsverarbeitung, selektieren relevante Informationen und unterdruecken irrelevante Informationen. Eingehende Informationen zu gliedern und zu interpretieren oder auch bewusst zu suchen oder zu vermeiden, ist notwendig zur Orientierung in der Welt. Neben selbstbezogenen Funktionen ist die Identitaet auch wichtig fuer die Interaktionsregulation. So ist es etwa von entscheidender Bedeutung, wie man von anderen Menschen gesehen wird, welchen Eindruck sie sich von einem bilden. Mit jeder beobachtbaren Lebensaeusserung kommunizieren wir unvermeidbar auch selbstbezogene Informationen. Uns ist anzusehen, ob wir nervoes oder gelassen sind, unsere verbalen AEusserungen enthuellen Einstellungen und Werte, an Kleidung und Schmuck laesst sich moeglicherweise der Status ablesen. Durch gezielte Informationskontrolle versuchen wir, den Eindruck, den wir auf andere ausueben, in einer Weise zu regulieren, die a) fuer uns vorteilhaft ist und b) fuer andere glaubwuerdig bleibt. Selbstdarstellung (Self Presentation, Impression Management) ist kei- neswegs immer zynisch oder egoistisch. Die allgegenwaertige Eindrucks- manipulation dient der Selbstregulation (z.B. moechte man sein Selbst- wertgefuehl schuetzen, indem man sich unter Experten informierter darstellt, als man wirklich ist) und/oder der Interaktionsregulation (z.B. verbirgt man seine Enttaeuschung, um den anderen nicht zu verletzten). Selbstdarstellung ist nicht automatisch Taeuschung im Sinne. der ziel- gerichteten Vermittlung eines falschen Eindrucks. Vielmehr bedarf es mitunter auch erheblichen Anstrengungen der Selbstdarstellung, sich anderen so zu zeigen und verstaendlich zu machen, wie man wirklich ist (d.h. wie man sich selbst sieht). Dies liegt daran, dass bei der inter- personalen Wahrnehmung die Erwartungen des Wahrnehmenden den Eindruck, den er sich bildet, wesentlich mitbeeinflussen (zur Impression- Management-Forschung s. Hans Dieter Mummendey, 1990). Unaufmerksamkeit, Missverstaendnisse und Vorurteile koennen die Ver- staendigung erschweren. Zudem sind in vielen Zusammenhaengen die Rollen so stark festgelegt, dass es unangebracht scheint, andere Aspekte des Selbst zum Ausdruck zu bringen. Starre Rollenverteilungen bieten den Vorteil, dass man keine unangenehmen UEberraschungen erlebt und alles seinen gewohnten Gang geht. Der Nachteil besteht jedoch darin, dass die Festlegung auf eine Rolle, die dem eigenen Selbstbild nicht entspricht, zu Gefuehlen der Entfremdung fuehrt. Man weiss, dass die anderen einen nicht so sehen, wie man wirklich ist, und dadurch empfindet man die zwischenmenschlichen Beziehungen unvollstaendig und unbefriedigend. 4.5.1. Defensive Selbstdarstellung Im Usenet ist es besonders gut moeglich, gewuenschte Identitaeten zu kommunizieren. "AEhnlich wie fruehere Medien an Raum und Zeit gebundene soziale Schranken ueberwanden, scheint das neueste compu- tervermittelte Kommunikationsmedium nun auch die Grenzen der Identitaet zu ueberwinden." (Howard Rheingold, 1994, S. 185). Selbst- darstellungsprozesse bei computergestuetzter Kommunikation sind dadurch erleichtert, dass der Selbstdarsteller die Informationsweitergabe sehr viel besser kontrollieren kann als in Face-to-Face-Situationen. Hierbei kann aufgrund der Kanalreduktion verraeterisches Durchsickern widerspruechlicher Nebeninformationen nicht so leicht passieren. Weiterhin hat die Asynchronitaet den Vorteil, dass man AEusserungen genau ueberdenken und ausfeilen kann. Spontane Versprecher, das Herausrutschen von Bemerkungen oder ungeschickte Wendungen koennen unter der Voraussetzung, dass bestimmte Selbstdarstel- lungsmotive aktiviert sind, wirkungsvoller verhindert werden. Diese objektiv vorhandenen Kontrollmoeglichkeiten sind den Netzteil- nehmern auch subjektiv praesent. Das verstaerkte Kontrollgefuehl wirkt insbesondere auf sozial gehemmte, schuechterne oder selbstunsichere Menschen beruhigend und verringert Kommunikationsbarrieren. Lam- penfieber, das sozial AEngstliche auch bei begrenzter OEffentlichkeit erleben, ist im Netz reduziert. Wobei sicherlich neben der Self- Presentation-Kontrolle auch die Feed-Back-Kontrolle eine Rolle spielt. Auf Angriffe oder Kritik, mit denen man direkt konfrontiert ist, muss man reagieren, waehrend sich asynchrone, elektronische Reaktionen notfalls durch Killfiles eliminieren lassen und somit einen Schutz des Selbstwertgefuehls ermoeglichen. Effektivere Selbstdarstellungsmoeglichkeiten erhoehen die Chance, gewuenschtes Feedback zu erhalten. Aus dieser Position heraus ist Interaktion sicherer, d.h. negative Konsequenzen und Angriffe auf das Selbstwertgefuehl sind unwahrscheinlicher. Dieser Umstand wirkt psychologisch entlastend, insbesondere fuer Menschen, die sozial aengstlicher oder schuechterner sind. Sie brauchen weniger als in Face-to- Face-Situationen zu befuerchten, sie koennten sich durch Stottern, Rotwerden, ungeschicktes Benehmen oder Ringen nach Worten zu blamieren. 4.5.2. Assertive Selbstdarstellung Die verstaerkten Selbstdarstellungsmoeglichkeiten werden jedoch keineswegs nur defensiv, d.h. zur Verhinderung unguenstiger oder peinlicher Eindruecke eingesetzt. Tatsaechlich scheint die Moeglichkeit, vielfaeltige und alternative Netz-Identitaeten zu propagieren, psycho- logisch reizvoll zu sein. Legendaer sind die elektronischen Geschlechts- umwandlungen, die im IRC oder in MUDs beobachtet werden (Howard Rheingold, 1994, S. 204f.). Aber auch im Usenet ist niemand davor gefeit, hinsichtlich Geschlecht, Alter, Beruf oder sonstigen Merkmalen von Online Partnern getaeuscht zu werden. Obwohl Menschen empirisch nachweislich sehr subtile Faehigkeiten der Ausdrucks- und Imagekontrolle besitzen und davon Gebrauch machen, sind der Identitaets-Darstellung im echten Leben Grenzen gesetzt. Insbesondere veridikale Merkmale wie Hautfarbe, Geschlecht oder Alter lassen sich in Face-to-Face nur sehr begrenzt variieren. Im Netz ist dies dagegen durch einfache Selbstbeschreibung (Self Labeling) moeglich. Neben dem Unterhaltungswert den Geschlechtsumwandlungen haben, ist durch das Annehmen alternativer Identitaeten eine neue Basis fuer Interaktionen geschaffen. Indem man bestimmte Merkmale der eigenen Person hervorzustreichen oder gar erfindet (Faking), kann man z.B. die Sympathie oder Bewunderung anderer erlangen, von anderen bestimmte Informationen bekommen oder den Status eines Experten erringen. Nirgends im realen Leben ist es einem normalen Menschen moeglich, ein disperses Millionenpublikum zu erreichen. Nur im Netz besteht die Moeglichkeit, beruehmt zu werden. Durch Netzpraesenz, d.h. haeufiges Posten in gut frequentierten Newsgroups kann einem zu Net Fame verhelfen, insbesondere wenn die eigenen Beitraege sich durch Beson- derheiten auszeichnen. Selbstbestaetigung kann einsamen Menschen, die sich wert- und nutzlos fuehlen, zu neuem Mut verhelfen. Allerdings kann die Vorstellung, ohne schuetzende Netz Identitaet anderen gegenueber- zutreten, auch beunruhigend sein und wiederum neue Barrieren schaf- fen. Phil Agre, Assistant Professor of Communication an der University of California San Diego veroeffentlichte den Artikel "Net Presence" im Computer-Mediated Communication Magazine (Vol 1 (4), 1.8.1994. S. 6 ff.). Darin beschreibt er das Phaenomen der Netzpraesenz aus eigener Erfahrung: "Lately several people have remarked on my "net presence", and this has set me to thinking what this phrase might mean... I don't acquire a net presence if they go looking for evidence of me on the net, or if I simply send them a long series of net messages. Rather, I acquire my presence by evidence of me appearing on their screens in a remark-worthy variety of different connections, so that they can infer that I have a "presence" on the net and not just on their particular screens. ... People frequently infer from my net presence that I spend half my life on the net, even though the activities that give rise to my net presence actually occupy only a couple of hours a week. I have been driven partly by curiosity and partly by the desire to build a community of people who share my interests and values. At another level, I have been driven by a fascination with the phenomenon of personal identity, which goes beyond one's own physical presence to include all of the ways in which one becomes known to others. With the net it becomes possible for anybody to, in a certain sense, become famous. Now, I have absolutely no investment in the ego-trip of being famous, but I do have a deep interest in the sociological phenomenon." 4.5.3. Multiple Identitaeten Das Gefuehl, sich nicht so geben zu duerfen, wie man wirklich ist, stellt eine belastende Erfahrung dar. Wer bestimmte Aspekte der eigenen Persoenlichkeit verheimlichen muss, ist in diesen Lebensbereichen einsam. Hierbei koennen einerseits sozialen Normen und Tabus die Selbstoffen- barung verhindern, aber auch die Einstellungen des eigenen sozialen Umfeldes besonders problematisch sein oder einfach Gleichgesinnte fehlen. Wer sich fuer Esoterik interessiert, aber im Umfeld dafuer kein Verstaendnis vorhanden ist, wird vielleicht belaechelt und fuehlt sich am Ende unverstanden und ausgeschlossen. Im Netz sind Gleichgesinnte zu finden, mit denen dieser Interessensbereich geteilt werden kann, waehrend man gleichzeitig in anderen Newsgroups unbeeintraechtigt andere Selbstaspekte kommunizieren kann, ohne dass es zu Interferenzen kommt. Im Alltag ist es haeufig viel schwerer moeglich, soziale Netze zu segregieren, um glaubwuerdig verschiedene Facetten der eigenen Person zu etablieren. Da allerdings das Netz oft nicht zu unrecht als "globales Dorf" bezeichnet wird, ist auch hier mit Klatsch zu rechnen. Durch unterschiedliche Nicknames ist es problemlos moeglich, in der Netzgemeinde bzw. in unterschiedlichen Subgruppen der Netzgemeinde diskrepante Identitaeten zu kommunizieren. So mag etwa ein Kommunal- politiker in politischen Gruppen mit seinem Realname posten, aber fuer die Nutzung der alt.sex.* Hierarchie einen anonymen Account bevor- zugen. Je nach Art der individuellen Privacy-Ansprueche koennen auch mehrere anonyme Accounts verwendet werden. 4.5.4. Anonymitaet Die sicherste Moeglichkeit, Privatheit herzustellen, ist ein anonymer Account. Die Moeglichkeit zur Anonymisierung bietet die Chance, heikle Themen und problematische Selbstaspekte anzusprechen, ohne dass man im realen Leben Konsequenzen zu befuerchten hat. Selbstoffenbarung (Self Disclosure) ist die Mitteilung von intimen Informationen ueber die eigene Person. Self-Disclosure ist nur in bestimmten Interaktions- situationen angebracht und wahrscheinlich. Dazu zaehlt der Austausch zwischen guten Freunden und Vertrauenspersonen oder die OEffnung gegenueber Unbekannten bei Wahrung der eigenen Anonymitaet. Self- Disclosure kann Einsamkeit verringern, die durch das Verschweigen von Problemen entsteht. In sexuell expliziten Gruppen (alt.sex.bondage, alt.sex.stories) ebenso wie in einigen Support-Gruppen (alt.sexual.abuse.recovery) ist das Schreiben von Artikeln mit echtem Namen unueblich und teilweise sogar unerwuenscht. Dagegen ist in anderen Netzregionen Pseudonymisierung ein Verstoss gegen die Netiquette. In der in de.newusers von Joachim Astel publizierten "Netiquette" fuer die de.* Hierarchie ist zum Thema Anonymisierung zu lesen: "Pseudonyme ermoeglichen es, Dinge zu sagen und zu tun, die man sich sonst nicht erlauben wuerde. Aufgrund der negativen Erfahrungen, die sehr viele Leute auf dem Netz mit den Traegern solcher Pseudonyme gemacht haben, und auch aus presserechtlichen Gruenden sollten Sie Ihre Artikel mit Ihrem wirklichen Namen versehen. Wenn Sie nicht vorhaben, Ihren Namen preiszugeben, vergessen Sie das Usenet (oder zumindest das Schreiben von Artikeln und Mails) bitte schnell wieder. Die Betreiber von Systemen, die schreibenden Zugriff auf das Netz anbieten, sind angehalten, entspre- chende Massnahmen zu ergreifen (z.B. Eintragung des 'Fullnames' ins GECOS-Feld der Passwortdatei o.ae." 4.5.5. Netz Betrueger Bestimmte Formen von Einsamkeit - etwa in Folge von Enttaeuschungen - sind mit Misstrauen, negativen Erwartungen und zynischem Menschen- bild gekoppelt. Zwar ist die zur Zeit noch im Netz vorfindbare grosse Hilfsbereitschaft und Freigebigkeit oftmals Anlass, zu einem positiven Menschenbild, doch gerade die Moeglichkeit des Identitaets Managements ist missbrauchsgefaehrdet. Je mehr sich Einsame nach Kontakt sehnen, umso eher neigen sie zu vorschneller OEffnung. Sie verknuepfen schnell grosse Hoffnungen mit einer neuen Bekanntschaft. Umso groesser ist dann die (erneute) Enttaeuschung, wenn es wieder nicht klappt oder man Opfer eines Scherzboldes ist. Insbesondere wenn es um die Anbahnung von Liebesbeziehungen geht (Online Romance), ist es besonders schmerzlich, wenn das Gegenueber gar nicht die Identitaet besitzt, die man vermutet hatte. 4.5.6. Fazit Durch die Besonderheiten computervermittelter Kommunikation im Usenet ist es Nutzern leicht moeglich, den Austausch selbstbezogener Informationen so stark zu kontrollieren, dass beliebige Identitaeten ange- nommen werden koennen. Diese Moeglichkeit ist insofern einsamkeits- reduzierend, als sie Personen ermoeglicht, Facetten ihrer Persoenlichkeit zu zeigen, die im realen Leben negativ sanktioniert oder vom sozialen Umfeld nicht verstanden und deswegen unterdrueckt werden. Zudem wirkt sich das Gefuehl der Kontrolle ueber die eigene Selbstdarstellung psychologisch entlastend aus. Soziale AEngstlichkeit, Hemmungen und Schuechternheit reduzieren sich, wenn die Gefahr negativen Feedbacks verringert ist. 4.6. Net Community Ungewollte soziale Isolation, das Fehlen von Freundschaft und Partner- schaft ist ein Hauptausloeser fuer Einsamkeitsgefuehle. Soziale Integration bedeutet, ueber ein subjektiv ausreichend grosses soziales Netzwerk zu verfuegen, das in einer Form ausdifferenziert ist, die den eigenen Beduerfnissen entspricht. Objektive Massstaebe sind hier aus psycholo- gischer Sicht nicht anzulegen, denn Menschen unterscheiden sich darin, wieviele Freunde sie sich wuenschen und welche Funktionen diese Freundschaften haben sollen. Ungewollte soziale Isolation zu verhindern oder zu beenden, bedeutet Einsamkeit zu bekaempfen. Hierbei kann die Usenet Community wichtige Dienste leisten. Das soziale Umfeld einer Person besteht aus Partnerschaft, Familie, Freunden, Bekannten, Kollegen, Nachbarn etc.. Dieses Muster von Beziehungen wird insgesamt als soziales Netzwerk (Social Network) bezeichnet. Soziale Netzwerke lassen sich objektiv beschreiben, z.B. ueber die Anzahl der integrierten Beziehungspartner (Groesse des Netzes), die AEhnlichkeit bzw. Unaehnlichkeit der Beziehungspartner (Homo- genitaet des Netzes) oder ueber die Relation der vorfindbaren Verknuepf- ungen zu den potentiell moeglichen Querverbindungen im Netz (Dichte des Netzes). Das soziale Netzwerk realisiert sich durch Interaktionen: es wird kommuniziert, materielle und immaterielle Gueter werden ausgetauscht. Dies ist auch computervermittelt moeglich, so dass online Kontakte zum sozialen Netzwerk einer Person zu zaehlen sind. Eine interessante empi- rische Frage ist, inwieweit computerbasierte Netzwerke und direkte Face-to-Face-Netzwerke bei bestimmten Nutzergruppen miteinander verwoben sind. Die Staerke einer interpersonalen Bindung definiert Mark Granovetter (1977, S. 348) als Funktion von vier Parametern: 1. Zeitdauer der Bindung, 2. emotionale Intensitaet, 3. Intimitaet und 4. Reziprozitaet. Aus Sicht dieser Kriterien koennen online Kontakte enger und bedeutsamer sein als Beziehungen zu Personen aus dem direkten sozialen Umfeld. Soziale Netzwerke haben zwei wichtige Funktionen: sie ueben normative Kontrolle auf das Verhalten des Individuums aus, d.h. sie stellen Sozia- lisationsinstanzen dar, sanktionieren das Verhalten, sorgen fuer eine In- tegration in die Gesellschaft bzw. in lokale Gemeinschaften und beein- flussen die Bildung sozialer Identitaet. Das Bewusstsein, einer Gruppe oder Gemeinschaft anzugehoeren, steigert das Selbstwertgefuehl und wirkt praeventiv gegen Einsamkeitsgefuehle. Die zweite wichtige Funktion sozialer Netzwerke besteht darin, dass sie dem Individuum soziale Unterstuetzung gewaehren. 4.6.1. Gemeinschaftsgefuehl Im Selbstverstaendnis ist das Usenet eine Gemeinschaft, wenn nicht gar eine Familie. Geteiltes Wissen, Symbole und Regeln - die Usenet Kultur - unterscheiden Personen, die zum Usenet gehoeren, von Outsidern. Die Netzzugehoerigkeit schafft soziale Identitaet und kann - wenn die Person die Netzgemeinde positiv bewertet - zur Verbesserung des Selbstwert- gefuehls fuehren. Das Gefuehl des Abgeschnittenseins und Ausgeschlossen- seins von der sozialen Welt, das Einsamkeit charakterisiert, ist gemil- dert, wenn eine psychologische Bindung an eine soziale Gruppe ent- steht. Familiaere Gefuehle entstehen insbesondere in kleinen, uebersichtlichen Gruppen, die nicht durch uebermaessige Mobilitaet instabilisiert werden. Hier kennt man sich beim Namen, tauscht Geburtstags-und Weihnachts- wuensche aus, meldet sich zum Urlaub ab und nach dem Urlaub zurueck. Ein Beispiel fuer eine Newsgroup mit sehr starkem Zusammenhalt ist alt.sexual.abuse.recovery. Gerade bei dieser Gruppe scheinen starke UEberlappungen zwischen netz-externen und netz-internen Beziehungen zu bestehen. 4.6.2. Sozialverhalten Wie jede Gemeinschaft wird auch die Usenet Community durch Normen - die Netiquette - zusammengehalten. Neben der allgemeinen Netiquette gibt es noch die gruppenspezifischen Normen, die meist im FAQ festgehalten sind. Die Einhaltung der Normen wird durch Sanktionen in Form von sachlichen Hinweisen, Kritik, Flames, Ignorieren einer Person etc. geregelt. Dabei sind manche Personen besonders eifrig in der Verteidigung der Netiquette, was im Extremfall zum Phaenomen des sogenannten Netzpolizisten fuehrt. Auch im Netz kann man sich in eine Aussenseiterposition begeben. Einsamkeitsrelevant fuer Newbies ist die Fehlertoleranz, die eine Newsgroup aufbringt. Da Einsame ein labiles Selbstwertgefuehl haben und ohnehin davon ausgehen, abgelehnt zu werden, fassen sie Kritik wegen Verletzungen der Netiquette leicht als persoenlichen Angriff auf. Waehrend manche Gruppen einen ausgesprochen familiaeren Ton pflegen und Neulinge explizit willkommen heissen, wird in anderen Gruppen ein Neuling kaum zur Kenntnis genommen, solange er sich nicht Gehoer verschafft. In dem von Mark Moreas heraus- gegebenen FAQ "What is Usenet" (news.announce.newusers) wird ein gewisser Nick Szabo mit folgendem Ausspruch zitiert: "Those who have never tried electronic communication may not be aware of what a 'social skill' really is. One social skill that must be learned, is that other people have points of view that are not only different, but *threatening*, to your own. In turn, your opinion may be threatening to others. There is nothing wrong with this. Your beliefs need not be hidden behind a facade, as happens with face-to-face conversation. Not everybody in the world is a bosom buddy, but you can still have a meaningful conver- sation with them. The person who cannot do this lacks social skills." Waehrend Netzkritiker befuerchten, dass im Cyberspace soziale Kom- petenz verlorengeht, argumentieren andere Autoren, dass eher neue soziale Fertigkeiten - z.B. Toleranz - gelernt werden. 4.6.3. Neue Kontakte innerhalb des Netzes Wie man im Alltag neue Leute kennenlernt, ist eine nicht nur fuer schuech- terne und einsame Menschen wichtige Frage. Populaere Einsamkeits- ratgeber (z.B. Juergen Reurthmanns, 1994) empfehlen mittlerweile vom Krankenhaus bis zur Sauna, von der Kirche bis zur Telefonzelle die unterschiedlichsten Orte zwischenmenschlichen Zusammentreffens zur Brautschau. Umstritten sind Kontaktanbahnung per Zeitungsinserat, Telefon- oder Videoannonce, da die Erfolgschancen weitaus niedriger liegen als die Erwartungen. Zudem wird aus psychologischer Sicht darauf hingewiesen, dass das Finden von eines Liebes- oder Lebenspart- ners oftmals gerade dann erleichtert wird, wenn das Kennenlernen nicht durch das Ziel, einen Partner zu finden, belastet wird. Stattdessen wird dem beilaeufigen Kennenlernen bei gemeinsamen Aktivitaeten - z.B. Tref- fen im Bekanntenkreis, gleiches Hobby, Vereinsleben etc. - die beste Chance eingeraeumt. Vor diesem Hintergrund bietet die thematisch vor- sortierte Usenet Gemeinde optimale Jagdgruende. Netzkontakte durchlaufen einen Kennenlernprozess der schrittweisen Annaeherung wie er auch sonst im Alltag stattfindet. Beginnend etwa mit dem Antworten auf die Artikel eines anderen Mitglieds der Netzgemein- de, kann sich eine private Korrespondenz ergeben, die unter der Voraus- setzung geographischer Naehe auch zu Face-to-Face-Treffen fuehren kann. Nicht immer sind solche Treffen moeglich oder gewuenscht. Auch genuine Netzbeziehungen koennen eng sein. In der Regel ist es relativ leicht, im Netz Kontakte zu knuepfen. Das im Alltag erforderliche Fragen nach Wohnadresse und Telefon entfaellt - die Mail Adresse ist offen zugaenglich. Zudem sind soziale Risiken bei online Kontakten minimiert sind und auch der mit dem Kennenlernen ver- bundene Aufwand ist in der Regel geringer ist als im realen Leben, wo Treffen verabredet und Entfernungen ueberbrueckt werden muessen. Schwieriger ist es manchmal vielleicht, Kontakte aufrechtzuerhalten und zu intensivieren, die im ersten Enthusiasmus begonnen wurden. 4.6.4. Stabilisierung von vorhandenen Beziehungen Soziale Netzwerke von Personen sind raeumlich gestreut. Durch Umzug entfernt man sich von Verwandten oder ehemaligen Schulkameraden, durch Reisen ins Ausland erweitert sich der Bekanntenkreis ueber nationale Grenzen hinweg. Beruflich bedingt ist Mobilitaet gefragt. Raeumliche Distanzen sind oft eine Bewaehrungsprobe fuer Freundschaften und Liebesbeziehungen. Die Stabilitaet von Long Distance Relationships wird durch regelmaessige Kontakte erhoeht, die in der Regel durch Telefon, Fax, Briefe oder Reisen realisiert werden. Waehrend Briefe lange dauern und Reisen und Ferngespraeche teuer sind, bieten sich online Kontakte per Email geradezu an, bei minimalen Kosten einen maximal engen Kontakt weltweit zu halten. Auch bei raeumlicher Naehe greifen Menschen gerne auf online Kontakte via Email zurueck. So schicken sich z.B. Angehoerige derselben Organi- sation, die im Grunde Tuer an Tuer sitzen, manchmal taeglich Mails. Durch Asynchronitaet wird die beim Telefonieren notwendige Stoerung des anderen vermieden. Beide Interaktionspartner koennen sich zwischen- durch verstaendigen, ohne den Arbeitsplatz zu verlassen und dennoch intime Botschaften austauschen, mit denen sie einander aufmuntern (z.B. Kirk Johnson, 1994) 4.6.5. Neue Kontakte ausserhalb des Netzes Im Usenet sind diverse Gruppen zu finden, die der Anbahnung von Beziehungen ausserhalb des Netzes dienen. Dabei kann es sich um gleich- wie gegengeschlechtliche Sexualpartner, Austauschstudenten, Mitbewohner, Brieffreunde, Freizeitpartner, Reisebegleiter oder Ehepartner handeln. Entsprechende Gruppen sind z.B.: soc.penpals, soc.motss, soc.singles.personals, de.soc.kontakte, alt.personals, alt.personals.ads. Vom Prinzip unterscheiden sich diese Kontakt-Newsgroups nicht von den ueblichen Rubriken in Tageszeitungen, nur dass es sich um elek- tronische Inserate handelt und viele Inserenten von vornherein wegen der grossen geographischen Distanz nicht in Frage kommen. Auch an einem klassischen Ort des Kennenlernens - dem Café - wird heute Netzzugang zur Kontaktanbahnung angeboten und eifrig genutzt (Uwe Wolf, 1994). 4.6.6. Fazit Die Usenet Community ist ein soziales Netzwerk. Es schafft ein Gemeinschaftsgefuehl, normiert das Sozialverhalten und stellt soziale Unterstuetzung bereit. Durch online Verbindungen koennen bestehende Beziehungen gefestigt, sowie neue Kontakte innerhalb und ausserhalb des Netzes angebahnt werden. 4.7. Net Support Soziale Unterstuetzung (Social Support) beinhaltet Handlungen und Nicht-Handlungen, mit denen das soziale Umfeld einer Person bei der Lebensbewaeltigung hilft (s. Bernd Roehrle, 1987). Dabei kann es sich um alltaegliche Sorgen, Stress, gesundheitliche Probleme oder schwere Lebenskrisen handeln. Erhaelt man bei Problemen keine wirkungsvolle soziale Unterstuetzung, fuehlt man sich meist sehr einsam. Soziale Unterstuetzung beinhaltet im wesentlichen folgende Verhal- tensweisen: 1. Ratschlaege und Informationen geben 2. Hilfe leisten und gute Taten vollbringen 3. Mut machen und das Selbstwertgefuehl staerken 4. Zuhoeren und Verstaendnis zeigen 5. Troesten, Beruhigen und Besaenftigen. Alle fuenf Formen der Hilfe sind prinzipiell auch computervermittelt zu leisten, da sie zum grossen Teil auf verbaler Kommunikation beruhen. Helfer rekrutieren sich in der Regel aus dem bestehenden sozialen Netzwerk einer Person. Enge und vertrauensvolle Netzwerkbezuege, liefern verlaessliche engagement- und zeitintensive Unterstuetzungs- leistungen, ohne dass der Betroffene sehr darum bitten muss. Allerdings haben gerade enge und dichte Netze den Nachteil, dass sie den Hilfe- suchenden oft ueberversorgen, bevormunden oder durch sozialen Druck in die Enge treiben. Die bislang in der Netzwerkforschung weniger beachteten lockeren und weiteren sozialen Netzwerkbezuege sind haeufig besonders effektiv im Bereitstellen von Unterstuetzung (Mark Granovetter, 1977). Sie sind weniger sozial kontrollierend, bieten dem einzelnen groessere Handlungs- und Entscheidungsspielraeume und liefern durch ihre groessere Heteroge- nitaet ein breiteres Spektrum an Helfergruppen und Hilfeleistungen. Lockere Netzwerkbezuege sind insbesondere dann sehr wichtig, wenn es in intimen Beziehungen Probleme gibt, die dort nicht geloest werden koennen. Wenngleich Freunde, Bekannte und Partner die ersten Ansprechpartner bei Problemen sind, erweist sind unter bestimmten Bedingungen das enge soziale Umfeld einer Person als nicht besonders hilfreich bei der Problembewaeltigung. UEberfordert, selbst verstrickt oder schlicht un- wissend sind informelle Helfer formellen Hilfsangeboten nicht selten unterlegen. Selbsthilfegruppen sind eine der effektivsten Unterstuetzungs- formen bei vielen Problemstellungen. Zudem sind professionelle Helfer in Krisenanlaufstellen oder Beratungs- und Therapieeinrichtungen heutzutage in den meisten Orten verfuegbar. Das Usenet bietet eine Kombination der effektivsten formellen und informellen Unterstuetzungsformen, wie sie etwa Selbsthilfegruppen, Krisenanlaufstellen und der private Austausch mit Vertrauenspersonen bereitstellen. Wie ausgepraegt der Unterstuetzungsgedanke im Netz ist, manifestiert sich im starken Netzverkehr in der alt.support.* Hierarchie. Die grundsaetzlichen Vorteile computervermittelter sozialer Unter- stuetzung liegen in folgenden Punkten: 1. staendige Erreichbarkeit 2. hochspezialisierte Hilfsangebote 3. grosses Potential an unterschiedlichen Helfergruppen (Kompetenzen, Informationen) 4. maximale Kontrolle ueber Interaktionen (Anonymisierung, nur Lesen) 5. Minimierung zeitlicher, raeumlicher, finanzieller Hindernisse 6. Verringerung sozialer Unterschiede 7. soziale Regeln und Netiquette hinsichtlich Toleranz, Akzeptanz, Schutz der Privatheit etc. Folgende Unterstuetzungsangebote im Netz koennen dazu beitragen, Einsamkeit vorzubeugen oder zu lindern. 4.7.1. Persoenliche Probleme loesen Kontaktmangel kann durch aeussere Umstaende (z.B. Krankheit, Umzug, Arbeitslosigkeit) sowie innere Faktoren (z.B. soziale AEngstlichkeit, negatives Selbstwertgefuehl, inadaequates Sozialverhalten) erzeugt wer- den. Speziell bei psychologischen Hemmschwellen, die der gewuenschten Kontaktanbahnung im Wege stehen, ist es zunaechst am guenstigsten, diesen Ursachen auf den Grund zu gehen, bevor man forciert unter Leute geht, um doch nur immer wieder negative Erfahrungen zu machen. Sozial unterstuetzend koennen hierbei Newsgroups aus der alt.support.* Hierarchie sein, die Betroffenen ein Forum bieten. Eine Zusammenstellung der Support Gruppen wurde von John M. Grohol verfasst und ist z.B. regelmaessig in alt.support.loneliness zu finden unter dem Titel "Psychology & Support Group Newsgroups Pointer". In alt.support.shyness schrieb Kenneth B. Cadby am 10.6.1994 in seinem Artikel "Re: Shyness and the Net" folgendes: "I am definately a shy person (and hate it), and I know for certain that having access to email actually helped me come out of my shell. Take a look at some of the writing in this group of people who 'never know what to say', or 'don't like to talk about stupid things that everyone else talk about'. Having time to compose your thoughts and express them is very convenient for some of us, compared to competing with loud, boisterous, or popular people in the same room. ... I don't know yet what happens to people on the Internet if they don't get their act together and actually try to COMMUNICATE with people, as opposed to perfecting a monolog. I suspect that it could produce some pretty hardened deviants. But on the whole, I'll bet it's a big plus for society. It's a virtual community, that's better than no community, and will probably eventually enhance REAL communities." 4.7.2. Beziehungsprobleme loesen Der Vorwurf, Interaktionen im Usenet seien eskapistisch und wuerden eine Realitaetsflucht bedeuten, ist angesichts der im Netz allgegen- waertigen Praesenz von Themen, die das sog. wahre Leben ausserhalb des Netzes betreffen, unbegruendet. Das online Leben der Usenet Commu- nity ist nicht hermetisch, sondern weist zahlreiche Bezuege zu dem auf, was im Alltag der Betroffenen passiert. Insbesondere Beziehungs-Themen erfreuen sich grosser Beliebtheit. Ratschlaege und Denkanstoesse zu den Themen Ehe, Partnerschaft, Sexualitaet, Erziehung, Familie sind z.B. in der soc.* Hierarchie (soc.couples; soc.singles) ebenso zu finden wie in der alt.* Hierarchie (alt.parents.teens; alt.sex.wizards) oder der de.* Hierarchie (de.soc.familie; de.talk.romance). Mehr oder weniger ernsthaft werden die Hilferufe und Anfragen der Betroffen auf der oeffentlichen Plattform besprochen. Wer sich die Muehe macht, sein Problem ausfuehrlich zu schildern, erhaelt in der Regel auch ausfuehrliche Antwort, die mit Erfahrungsberichten anderer Netzteilnehmer angereichert sind. Liebeskummer, Eifersucht, Untreue kommen regelmaessig auf die Tagesordnung. Hier leistet das Netz eine wertvolle Ergaenzung des externen sozialen Netzwerkes, das haeufig bei Dauerproblemen die Geduld verliert und den Betroffenen ermahnt, sich zusammenzureissen. 4.7.3. Bedeutungsvolle online Beziehungen anknuepfen Die thematische Gruppierung der grossen und heterogenen Netz- gemeinde erhoeht die Chancen, Beziehungspartner zu finden, mit denen man sich seelisch und geistig verbunden fuehlt und auf die man nicht vornehmlich deswegen zugeht, weil sie eben in der Naehe wohnen. Auf diese Weise ist es im Usenet besonders leicht moeglich, auch bei sehr ausgefallenen eigenen Interessen oder extremen Positionen Gleich- gesinnte zu finden, die man im sozialen Umfeld vergeblich sucht und die sich als aeusserst sozial unterstuetzend erweisen. 4.7.4. Hilfe in Krisensituationen Besonders in Krisensituationen oder schweren Lebensphasen ist man fuer Einsamkeitsgefuehle besonders anfaellig. Die Probleme scheinen unueber- windbar, man fuehlt sich ueberfordert, allein und im Stich gelassen. Alleinsein wird unertraeglich, da das Denken fast ausschliesslich um das Problem kreist. In dieser Situation ist das Usenet v.a. durch seine staen- dige Erreichbarkeit und thematische Differenzierung eine unschaetzbare Hilfe sein. Medial vermittelte Kommunikation spielt traditionell bei Unter- stuetzungsangeboten fuer Notfaelle und Krisensituationen eine grosse Rolle. Eine Schluesselposition nimmt dabei bislang das Telefon ein, das eine schnelle Erreichbarkeit raeumlich entfernter Personen ermoeglicht und zudem bei Bedarf Anonymitaet gewaehrleistet (z.B. Rugby Abrahams, 1976). Not-, Krisen- und Beratungstelefone sowie die Telefonseelsorge sind mittlerweile in allen deutschen Grossstaedten zu finden. Hinsichtlich der Intensitaet der Betreuung und Unterstuetzung ist allerdings das Usenet ueberlegen. Eine anschauliche Beschreibung dessen, was Net Support ausmacht, liefert Jay Allison, dessen Tochter an Krupp erkrankte. Howard Rheingold (1994, S. 34) zitiert einen Artikel von Jay Allison, den dieser nach der Genesung seiner Tochter Lillie geschrieben hatte: "Vor dieser Zeit hatte ich den Computer niemals benutzt, um Trost zu finden. Das lag mir vollkommen fern. Aber dann war es soweit. In diesen Naechten, in denen ich bis spaet nachts bei meiner Tochter wachte, setzte ich mich an meinen Computer und gab unzusammenhaengendes Zeug von mir. Ich schrieb ueber das, was in jener Nacht oder auch in jenem Jahr passiert war. Niemanden von denen, mit denen ich 'sprach', kannte ich. Nie hatte ich sie gesehen. Um drei Uhr morgens schliefen meine 'richtigen' Freunde, deswegen wandte ich mich an diese fremde unsichtbare Gemeinschaft, um Unterstuetzung zu erhalten. WELL war immer wach. In der Isolation ist jedes Problem schwerer zu ertragen. An nichts kannst du dich orientieren, anlehnen. Als ich meine Tagebuchaufzeichnungen in einen Computer eintippte und ueber Telefonleitungen verschickte, fand ich Mitgefuehl und Beistand in diesem Medium, das dafuer gar nicht geeignet zu sein scheint." Computerkritiker halten daran fest, dass computervermittelte Kom- munikation nicht nur ungewohnt und ungeeignet scheint, zwischen- menschliche Naehe herzustellen, sondern tatsaechlich ungeeignet ist - und zwar trotz widersprechender Gefuehle. "Das Merkwuerdige an den Bild- schirm-Eremiten ist, dass sie sich nicht allein fuehlen. Keiner tut das. Weder Werner, der Hacker, noch Albert, der Video-Spieler. Nicht der Technik-Zentrierte und nicht der, dem das Fernsehen zum Ersatz fuer die reale Welt geworden ist. Alle fuehlen sich ueber Kabel und Antenne mit der Welt und mit vielen anderen Menschen verbunden." (Walter Volpert, 1985, S. 97). Diese Verbundenheit identifiziert Volpert als vollkommen fiktiv. So werden Email Partner angeblich gar nicht mehr als Menschen aus Fleisch und Blut wahrgenommen sondern als abstrakte Partner, als Informations-Austauscher. Und diese "synthetischen" Personen drohen die "wirklichen Kontakte aufzufressen" (Walter Volpert, 1985, S. 98) 4.7.5. Einsamkeit direkt als Problem angehen Am 19. Juni 1994 gruendete Fergus Duniho die Gruppe alt.support.loneliness und stellte sie folgendermassen vor: "This newsgroup is for the discussion of loneliness, whatever the cause of the loneliness may be. It could be shyness, physical isolation, insomnia, divorce, lack of good friends, nobody understands me, etc. There are newsgroups that deal with some of these problems (e.g. alt.support.shyness, alt.support.divorce), but that would leave discussions of loneliness fragmented and isolated from one another, and some discussions of loneliness would still have no suitable home, except perhaps for the general alt.support. The purpose of this group is to provide a place for people to share their feelings of loneli- ness and to help others cope with their loneliness." Die Diskussion in dieser Gruppe begann mit einem Flame. Jemand rief den Einsamen zu, sie sollten sich vom Computer wegbewegen, dann wuerde auch ihre Einsamkeit enden. Die Einsamen antworteten, sie waeren schon genuegend lange draussen im realen Leben gewesen - auf Parties und in Diskotheken - allerdings ohne Erfolg. Dann entspannen sich Diskussionen ueber moegliche Einsamkeitsursachen und die Qualitaet von Dating Services, problematische Beziehungen und Trennungsprobleme wurden abgehandelt etc. 4.7.6. Trost und Geborgenheit Das Thema Koerperkontakt - sei es Zaertlichkeit oder Sexualitaet - ist mit dem Einsamkeitsproblem eng verbunden. So sehnen sich Einsame oft nicht nur nach verstaendnisvollen Gespraechen sondern auch nach koerper- licher Naehe. Leider wurde dieses Thema in der wissenschaftlichen Einsamkeitsforschung bislang kaum aufgegriffen. Eine Ausnahme bildet die von Frieda Fromm-Reichmann (1959) angesprochene koerperliche Einsamkeit (physical loneliness), die aus Mangel an Koerperkontakt entsteht und insbesondere fuer die mit zahlreichen Beruehrungstabus aus- gestatteten westlichen Zivilisationen typisch sein soll. Koerperliche Naehe und Waerme sind genau das, was jeder medial ver- mittelten Kommunikation fehlt. Dennoch findet Sexualitaet medial vermittelt statt (z.B. Justine de Lacy, 1989), ebenso wie Zaertlichkeiten telefonisch, im Brief oder online ausgetauscht werden. Nonverbale Kommunikationsinhalte - insbesondere Emotionsausdruck - werden durch Symbole (v.a. Smileys) dargestellt und genauso wird auch Koerperkontakt symbolisch uebermittelt. Der aeusserst rege Netzverkehr in alt.cuddle beweist, dass auch elektronisches Kuscheln offensichtlich angenehm ist. Ein Hinweis auf die psychologische Wirksamkeit elektronisch ueber- mittelter Zaertlichkeiten wie etwa elektronischer Umarmungen (electronic hugs) ist der Umstand, dass auch diese sozialen Normen unterliegen. Ebenso wie im Alltag Koerperkontakt nur sehr selektiv eingesetzt wird und bekanntlich in viel staerkerem Masse als etwa Blickkontakt auf wechselseitigem Einverstaendnis beruhen muss, gilt auch im Netz, dass man niemanden mit elektronischen Annaeherungsversuchen belaestigen sollte. Insbesondere in alt.sex.abuse.recovery gilt es als Grenzueberschreitung, blindlings e-hugs zu verteilen. Ein Disclaimer der Art "hugs to everybody who wants them" ist nach Meinung vieler Asarians absolut notwendig. Grosszuegig wird dagegen in alt.cuddle mit hugs, backrubs, fuzzies, cuddles etc. hantiert. Wer welche braucht, bekommt sie auf Bestellung. So schreibt z.B. Eric Rude am 7.8.1994 unter dem Subject "Eric the newbie" folgendes: "Hi, I'm a newbie to this wondrous group, but not a newbie to hugs and cuddles! When I was in college, I spent my summers working at a camp for people with disabilities (Camp Paivika). One of my self-appointed 'duties' was as dispenser of 'morning hugs'! Everymorning, I made the rounds hugging nearly everyone at the camp. I figure I participated in about 14.000 hugs during those 4 summers! However, I am now in _need_ of hugs and cuddles. My wife and three children are on vacation in California- leaving me behind to work! I depend on their hugs everyday! Sooooo. . I was hoping this group might, maybe, if you wouldn't mind . . . . be of help?" 4.7.7. Geben und Nehmen Lockere Online Kontakte entstehen dadurch, dass eine Person in bestimmten Newsgroups nur selten aktiv auftritt und deswegen keine Netzpraesenz besitzt. Wenn keine UEberschneidung zwischen externem und online Netzwerk besteht, kann die Bitte um soziale Unterstuetzung so gut wie verpflichtungsfrei sein. Wer die gewuenschte Hilfe erhalten hat, kann sang- und klanglos verschwinden. Hier stellt sich die Frage nach der Symmetrie von Geben und Nehmen. In real life Beziehungen gilt das ungeschriebene psychologische Equity-Prinzip (Gerechtigkeitsprinzip), nach dem die Beteiligten darauf achten, dass alle Interaktionspartner in etwa dieselbe Kosten-Nutzen-Bilanz realisieren und niemand ausgenutzt wird. Insbesondere bei fluechtigen Begegnungen muss die Symmetrie sofort hergestellt werden, waehrend sich in laengerfristigen, stabilen Beziehungen Phasen des Gebens und Nehmens auch langfristiger abwechseln koennen. Ronald Rice (1987, S. 117-118) vermutet, dass die Instabilitaet und Fluktuation in computer based social networks dazu fuehrt, dass die Teilnehmer besonders strikt auf Reziprozitaet achten muessen und dadurch schliesslich nur instrumentelle Beziehungen sich durchsetzen. Zur Zeit trifft man im Netz jedoch immer noch auch Grosszuegigkeit und Freigebigkeit von Experten, die ihre Zeit opfern, um Fragen zu beantworten oder bei Problemloesungen zu helfen. 4.7.8. Fazit Die Net Community bietet besonders effektive Formen sozialer Unterstuetzung. Es ist im Netz Tag und Nacht moeglich, in kuerzester Zeit viele Experten zu erreichen. Schwierige und sehr private Probleme koennen offen diskutiert werden, da es moeglich ist, anonym zu bleiben. Hier ersetzt das Usenet keine Face-to-Face-Interaktionen sondern stellt eine wertvolle Ergaenzung in Sachen psychosozialer Beratung und Unterstuetzung dar. Die Alternative zu vielen Netz-Diskussionen ist Schweigen und das Alleingelassensein mit dem Problem. 5. Literatur Abrahams, Ruby B. (1976). Mutual Helping: Styles of Caregiving in a Mutual Aid Program - The Widowed Service Line. In Gerald Caplan & Marie Killilea (Eds.), Support Systems and Mutual Help. New York: Grune & Stratton. 245-260. De Lacy, Justine (1989). The Sexy Computer. In Tom Forester (Ed.), Computers in the Human Context. Information Technology, Productivity and People. Oxford: Basi Blackwell. 228-236. Doering, Nicola & Bortz, Juergen (1993a). Einsamkeit in Ost- und Westdeutschland. Koelner Zeitschrift fuer Soziologie und Sozialpsychologie, 45 (3), 507-527. Doering, Nicola & Bortz, Juergen (1993b). Psychometrische Einsamkeitsforschung: Deutsche Neukonstruktion der UCLA Loneliness Scale. Diagnostika, 29, 224-239. Doerner, Christine (1989). Die Hypostasierung des Computers. Berlin: Duncker & Humblot. Droessner, Christoph (1994). Die Glotze lebt. 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