(c) 1996 Nicola Döring
Inhalte
1.1. Zwei Thesen zur Bildungsfunktion des Internet
2.1. Warum soll sich die Schule mit dem Internet beschäftigen?
3. Internet in der Universität
3.1. Internet für Studierende
"Internet führt zur informierten Gesellschaft"
So finden Sie auch zum Thema Lernen und Lehren im Netz informative Online-Quellen, darunter:
Wollen Sie wirklich die Meldungen der Presseagenturen studieren oder den Online-Kurs zur Differentialrechnung
durcharbeiten? Hier gibt es noch:
Welche Lernerfahrungen mit der Freizeitaktivität "Aus-dem-Haus-Gehen" verbunden sind und welche nicht, läßt sich
kaum einschätzen, solange man nicht weiß, wie sich die Aktivitäten des "Aus-dem-Haus-Gehens" im einzelnen
gestalten (im Park spazierengehen, Freunde besuchen, sich in der Kneipe betrinken, einen
Geschäftebummel machen, die Zeitung holen etc.). Genausowenig sind sinnvolle Aussagen über die Konsequenzen "der
Internet-Nutzung" möglich.
Ob jemand täglich 3 Stunden online ist oder alle paar Tage für 10 Minuten, ob jemand viele oder
wenige Email-Kontakte hat, lange oder kurze, private oder geschäftliche EMails schreibt, ob jemand die News nur liest
oder auch postet, welche Newsgroups genutzt werden und welche nicht, ob jemand im WWW Zeitschriften und Zeitungen
liest oder nach skurillen Homepages und Sportinformationen Ausschau hält, selbst Hypertexte im WWW anbietet und
Java-Applets programmiert, in einem MUD spielt oder regelmäßig auf dem IRC anzutreffen ist und Relay Parties organisiert
- diese konkreten Nutzungsformen bestimmen, welche Lernerfahrungen im Netz gemacht werden.
Die große Bandbreite von Nutzungsformen, Nutzungsstilen und Nutzungstypen wird nicht
nur in der öffentlichen Diskussion viel zu häufig
vernachlässigt, sie ist auch aus empirischer Sicht bislang so gut wie gar nicht beschrieben. Eine umfassende, zuverlässige
empirische Erfassung des Nutzungsverhaltens läßt sich mit Befragungsmethoden kaum erreichen.
Zum einen dürfte es aus gedächtnispsychologischen
Gründen schwierig sein, Details der eigenen Netznutzung zuverlässig zu rekonstruieren,
zum anderen wäre eine entsprechende Abfrage für die Untersuchungsteilnehmer recht anstrengend . Wer möchte
schon einen 10 seitigen Bogen zu Merkmalen seiner Internet-Nutzung ausfüllen, bevor dann das eigentliche
Untersuchungsinstrument folgt.
Die bisher
bekannten Studien beschränken sich dementsprechend meist auf eine grobe Erfassung von Merkmalen
der Internet-Nutzung. So wird häufig gefragt, wie oft und wie lange man online ist, welche Dienste genutzt und
welche Nutzungsziele dabei verfolgt werden. Ergebnisse lesen sich dann z.B. so:
81% zum Abrufen aktueller Informationen
(Quelle: W3B-Umfrage,
n=1.880 Fragebögen einer WWW-Umfrage 1.10.95-12.11.1995)
Versteht man das Internet als sozialen Handlungsraum, in dem Personen in unterschiedlicher Weise miteinander
kommunizieren und mit Informationen umgehen, so muß man auch damit rechnen, daß diese Aktivitäten mit
vielfältigen
Lehr- und Lern-Erfahrungen, Entwicklungs- und Sozialisationsprozessen einhergehen. Es ist ein großer Irrtum zu glauben,
Lernen würde im Internet nur dort stattfinden, wo Menschen "Lernen" explizit als ihr Nutzungsziel bzw.
Nutzungsmotiv angeben und ihre Internet-Nutzung als "Abruf von Lehrmaterial" o.ä. beschreiben.
Schließlich wird auch das Lesen von Romanen, die Familiengründung oder der Parteibeitritt kaum mit dem Motiv "ich tue das, um
zu lernen" begründet werden, und doch sind diese Ereignisse und Aktivitäten hochgradig lernintensiv, verändern Person und
Persönlichkeit und sorgen auch für ganz konkrete Anlässe zum
Lehren (z.B. den Kindern schwimmen beibringen).
Selbstlern-Prozesse sind jedoch gerade wegen ihrer Mühsal
besonders belohnend. Das Erfolgserlebnis, sich selbst etwas anzueignen und die intensive (auch retrospektive)
Reflexion dieser Erfahrungen vermitteln einen bewußten Zugang zur Lernprozessen. Wodurch Neulinge auffallen,
was sie falsch machen und wie man sie z.B. mit FAQs oder Manuals anleiten kann,
wird z.B. in den News oft diskutiert. Selbstlernprozesse werden nicht nur durch das Studium von Unterlagen begleitet, die
andere Netznutzer bereitstellen, sondern werden nicht selten auch durch inviduelles Tutoring oder Mentoring begleitet,
in dessen Verlauf fortgeschrittene Netznutzer Neulingen Tips und Ratschläge geben (z.B. in den News oder per Mail).
Somit wird die informelle Netzaneignung in einen sozialen Prozeß eingebettet und ermöglicht es vielen Netzakteuren auch in die
Rolle von Lehrenden zu schlüpfen. Diese Methode des
Lernen durch Lehren ist nicht nur motivierend, weil sich
die eigenen Kenntnisse sinnvoll umsetzen lassen, sondern tatsächlich auch sehr lernintensiv, weil das Weitergeben des
eigenen Wissens beim Erklären neu strukturiert, auf die Zielperson zugeschnitten und damit auch tiefer elaboriert wird.
Internet-Aneignung beschränkt sich dabei keinesfalls auf den Erwerb technischer Kompetenz bzw. Bedienungs-Kompetenz
(Hardware, Software). Auch die kognitive Kompetenz (Informationsbewertung, Selbstlernen, problemlösendes Denken etc.)
und die soziale Kompetenz (Erlernen der Netiquette, Netzpolitik) spielen eine wichtige Rolle. Wie tiefgreifend und individuell
bedeutsam diese Lernprozesse sind, hängt natürlich vom Nutzungsstil ab. Internet-Aneignung ist aufgrund der fortlaufenden
sozialen und technischen Veränderungen im Netz auch bei erfahrenen
Nutzern nie abgeschlossen.
Indem das Netz hohe Lernanforderungen an seine Nutzerinnen und Nutzer stellt, regt es diese zu Selbstlernprozessen,
gegenseitiger Hilfe und Unterstützung, zur Bildung neuer Interessensgruppen etc. an. Gerade weil Internet-Nutzung
für die meisten Nutzer eben mehr sein soll als bloße Berieselung, ist der Weg zu einer subjektiv befriedigenden Form
der Nutzung steinig. Nicht jeder ist bereit und zeitlich in der
Lage, zunächst einmal "für das Internet" zu lernen, um die Netzressourcen zu erschließen. Welche individuellen Verläufe
Aneignungsprozesse nehmen, ob und warum sie abgebrochen oder weiterverfolgt werden, ist eine offene empirische Frage.
Was bedeutet es, in Mailinglisten und Newsgroups Unterstützung von fremden (und doch nicht fremden)
Personen zu erhalten oder sich als Teil einer
erweiterten Familie zu fühlen und am Erfahrungswissen
anderer Menschen zu partizipieren? Wie verändert sich unser Weltbild, wenn wir in sozialstatistisch
heterogenen Diskussionsgruppen im Netz mit einer Pluralität von
Positionen und Meinungen konfrontiert werden, wie wir sie aus dem Alltag "in real life" nicht gewöhnt sind?
Werden wir toleranter oder orientierungsloser, reagieren wir interessiert, amüsiert oder wütend, verfolgen wir
selektiv interessante Diskussionen als stille Beobachter oder schalten wir uns in die Diskussion ein?
Wie verändert sich unser Selbstbild, wenn wir uns im Netz nur via Text darstellen können und merken, daß
wir in mancher Hinsicht ungewohnte Rückmeldungen erhalten und zudem auch häufig mit den digital
überdauernden eigenen Texten konfrontiert werden? Können wir die Möglichkeit, bei der textbasierten
Netzkommunikation Identitäten zu simulieren und zu modulieren, fruchtbar nutzen, um im Alltag unterrepräsentierte
Facetten der eigenen Person zu explorieren? Oder sollte man das ganze nicht eher als großes
(Selbst)Täuschungs- und Betrugsmanöver begreifen, also Pseudo-Kontakt, bei dem Menschen sich hinter
Masken verbergen und gegenseitig manipulieren? Die philosophische und moralische Diskussion um solche
Netzphänomene ist in vollem Gange und auch die Alltagsgespräche von Netznutzern kreisen um solche
sozialen Erfahrungen.
Ob Netzerfahrungen wertvoll sind oder schädlich, ob Netznutzung eine Bereicherung darstellt oder Zeitverschwendung ist,
ob das Internet Jugendlichen schadet oder ihnen neue Handlungsmöglichkeiten gibt, hängt zum einen vom
konkreten Nutzungsverhalten ab, und zum anderen von den Wertmaßstäben, die man anlegt.
Sozialisation im Netz ist genau wie Sozialisiation in anderen sozialen Systemen keineswegs nur ein bereichernder
Prozeß der persönlichen Weiterentwicklung. Sie beinhaltet vielmehr auch Verunsicherung, Frustration, Enttäuschung und
Konflikt. Da im Netz eben nicht Regellosigkeit und Anarchie herrschen, sondern in den einzelnen sozialen Räumen
im Netz mehr oder weniger klare Normen und Werte gelten, hat man natürlich auch mit Sanktionsmaßnahmen zu rechnen.
Wenn z.B. Neulinge die Erfahrung machen, daß sie wegen geringfügiger Regelverletzungen beschimpft ("angeflamt") werden, kann
das auch dazu führen, daß sie sich lieber schweigend zurückziehen. Idealisierende und sozialromantische Vorstellungen einer
egalitären Netzwelt, in der soziale Unterschiede herausgefiltert sind und man einander vorurteilsloser gegenübertritt,
haben sich mittlerweile zum großen Teil als wirklichkeits- bzw. virtualitätsfremd erwiesen.
Näheres zu Sozialisationsprozessen im Netz findet man u.a. bei
Während einerseits die Sicherstellung eines egalitären Zugangs zum Netz nach wie vor ein großes Problem darstellt, läßt die
bislang vollzogene moderate Popularisierung des Internet in den letzten 3 Jahre bereits die ersten Schattenseiten
erkennen. So wird anekdotisch immer wieder berichtet, "früher" sei das Klima "im Netz" freundlicher und hilfsbereiter
gewesen, habe es mehr sinnvolle Diskussionsbeiträge und weniger Konflikte gegeben.
Im Zuge fortschreitender Popularisierung ist mit einer weiteren Vereinfachung von Oberflächen und einem
wachsenden kommerziellen Konsumangebot zu rechnen. In den kommunikativen Netzbezirken wird es darum
gehen, Zugangsfilter einzubauen, um sinnvolle Kommunikation zu gewährleisten, ohne damit eine negative Abschottung herzustellen
(vgl.
Finding One's Own in Cyberspace von Amy Bruckman).
Der erste Grund ist ein (medien)pädagogischer: Medien spielen in unserem Alltag eine immer wichtigere Rolle.
Für Kinder und Jugendliche sind sie zu zentralen Sozialisationsinstanzen geworden. Vor diesem Hintergrund
fällt es in den Aufgabenbereich der Schule, die Schülerinnen und Schüler mit diesen Erfahrungen nicht allein
zu lassen, sondern Medienerfahrungen zu besprechen und zu einem kritischen Medienumgang anzuleiten.
Dies gilt für Computerspiele ebenso wie für Fernsehen, Werbung, Bücher oder Internet. Aus pädagogischer Sicht
werden hierbei meist die negativen Medienwirkungen in den Mittelpunkt gestellt.
Ein zweiter Grund für die Schule, sich mit dem Internet zu beschäftigen, ist die Vorstellung, das Internet können sich
genau wie andere "neue Medien" oder "Multimedia-Techniken" als Lehr- und Lernmedium eignen, um den Unterricht zu
verbessern. Auch eine Unterstützung der Vor- und Nachbereitung des Unterrichts verspricht man sich vom
Internet.
Ein dritter Grund, der dafür spricht, das Internet zum Unterrichtsgegenstand zu machen, liegt in der wachsenden
Bedeutung der Computer- und Vernetzungstechnologie in allen Lebensbereichen. Wenn Schule auf das Leben
vorbereiten soll, darf sie sich diesen Entwicklungen nicht verschließen, sondern sollte zeitgemäß Technik-Kompetenz
als Kulturtechnik vermitteln. Ob
Internet-Nutzung tatsächlich als Kulturtechnik zu bewerten ist, wird unter Lehrern kontrovers diskutiert. Für einige
liegt gerade in Verweigerung und Gegen-den-Strom-Schwimmen die pädagogische
Tugend. Die Gretchenfrage lautet, ob man Schülerinnen und Schülern wirklich einen Gefallen tut und sie in ihrer
Persönlichkeitsentwicklung unterstützt, wenn man ihnen Computer- und Internet-Kompetenzen beibringt, oder
ob sie dadurch nicht vorzeitig den Wünschen der Industrie entsprechend auf ein technologisches Handeln
eingestimmt werden.
Zusammenfassend kann man feststellen, daß das Verhältnis der Schule zum Internet bislang ein wenig
entwickeltes und auch kontrovers diskutiertes ist. Gerade im Hinblick auf die pädagogischen Einwände gegen
einen Computer- und Internet-Einsatz (der ja z.B. bislang in Deutschland den Einsatz von PC in Grundschulen
verhindert hat) muß man feststellen, daß diese nicht auf empirischen Befunden beruhen, sondern v.a. einen
Gesinnungsstreit darstellen.
Hausaufgaben
Demotivierend an Hausaufgaben ist nicht nur ihr Umfang,
sondern auch die Tatsache, daß sie oft als reines Ritual und Selbstzweck vollzogen werden. Eine
entsprechende Würdigung und Rückmeldung ist keine Selbstverständlichkeit. Dies kann sich
ändern, wenn Hausaufgaben in stärkerer Weise so ausgerichtet werden, daß sie nicht nur eine
ausschließlich im Kontext des Unterrichtsgeschehens bedeutungsvolle Leistung darstellen, sondern
darüber hinaus auch für Dritte Sinn bekommen. So ist anekdotisch bekannt, daß die Option, Informationen im
WWW bereitzustellen und öffentlich zu machen, Kinder und Jugendliche (und natürlich auch
Erwachsene) sehr stark motiviert.
Außerschulische Aktivitäten
Hierbei gibt es für Lehrer zum einen die Chance, mit vergleichsweise wenig Aufwand Einblick in die
wissenschaftliche Entwicklung in den eigenen Fächern zu nehmen. Die Teilnahme an fachbezogenen
wissenschaftlichen Mailinglisten oder Newsgroups kann dazu beitragen, den Spaß am
eigenen Fach aufrechterhalten und neue Impulse für den
Unterricht zu bekommen. Dasselbe gilt für Kontaktnetze mit Fachkollegen, die sich informell über
Mailinglisten oder Newsgroups entwickeln können.
Erste Versuche, ein nach Fächern, Schultypen und Klassenstufen gegliedertes Archiv mit Unterrichtsmaterialien
anzulegen werden bereits unternommen. Hierbei können Lehrerinnen und Lehrer sowohl eigene Materialien anbieten als auch
aus dem vorhandenen Pool schöpfen. Drei WWW-Archive mit Unterrichtsmaterialien für die Schule sind hier zu nennen:
Traditionelle Unterrichts-Modelle unter dem Label "Multimedia"
Ein Beispiel ist das Comenius-Projekt.
Aus der Selbstbeschreibung: "COMENIUS ist ein medienpädagogisches Forschungsprojekt. Fünf Berliner Schulen
werden ab August 1995 über das ATM-Hochgeschwindigkeitsnetz verbunden, um die
Kinder und Jugendlichen auf die Anforderungen der Informationsgesellschaft
vorzubereiten." Das Projekt legt viel wert auf die das neu-konzipierte dreidimensionale Benutzer-Interface und
hat die Landesbildstelle zum wichtigen Netzknoten erkoren. Internet-Nutzung ist nach Mitteilung von DeTeBerkom bis
heute nicht realisiert. Eine Schule ist noch gar nicht angeschlossen. Die Evaluation soll von einem der Projektpartner
durchgeführt werden (Selbstevaluation).
Email-Projekte
"Even during the first three weeks, however, a growth in the students' ability to post their
questions in ways that would help others understand them has increased, and the quality of
questions has become something that the students discuss among themselves. I believe that posting
questions in this public environment has helped the students' own words become objects for them
to think with and about."
MUD-Projekte
Fanderclai (1996) beschreibt ihre Unterrichtserfahrungen mit Educational MUDs folgendermaßen:
The English department's tiny computer lab was packed, and at least half of the machines were taken
up by my first-year composition students, all of whom were typing furiously, lines scrolling rapidly up their
screens, pausing now and then to consult a handout or to scribble in a notebook. But their more
obvious behaviors were giggling, poking at their neighbors, pointing to each other's screens, waving papers
at each other, and talking in the tones of people who are trying to be quiet but can't quite contain
themselves. I cringed a little as one of the more serious, businesslike faculty members appeared in the doorway...
WWW-Projekte
Sehr schöne
WWW-Projekte von Schülern (College Students) werden an der Universität Texas im Bereich Rhetoric/Composition durchgeführt. Darunter
z.B. ein Projekt der
Evaluation von WWW-Seiten, bei dem die Schüler zunächst
Beurteilungskriterien erarbeiten, diese dann auf selbst ausgewählte Seiten anwenden und das Evaluationsergebnis als
WWW-Seite publizieren. In einem anderen Projekt erarbeiten die Schüler Lösungen für gesellschaftliche Probleme, darunter
auch Netz-Belange wie z.B. Pornographie und veröffentlichen ihre Vorschläge als
proposal arguments im WWW
(s. auch Projekt-Liste von David Liss).
David Liss)
Angesichts der angespannten Haushaltslage und der aktuellen Sparmaßnahmen
in den Schulen ist die Forderung nach Neuzuweisung von Stellen für Netz-Betreuung unrealistisch. Wünschenswert
wäre jedoch auch für Schulen langfristig die Einrichtung von kleinen "Rechenzentren" wie sie an Universitäten gängig
sind (auch hier droht aktuell Stellenabbau).
Netzbetreuer hätten die Aufgabe, das Netz zu warten und LehrerInnen, SchülerInnen und Eltern bei der
Netznutzung zu unterstützen (z.B. durch Einführungskurse, Vorträge, Verteilung von Software etc.).
Internet-Einsatz in der Schule wird nicht nur durch fehlende technische Ausstattung sondern auch
durch fehlendes Know-How bedingt. Die aktuelle Praxis, daß engagierte LehrerInnen einen Großteil ihrer
Freizeit opfern (müssen), um sich
in Netztechnik einzuarbeiten, wirkt auf arbeitsüberlastete und teilweise technik-kritische FachkollegInnen sicherlich nicht sehr
attraktiv. Die Aufgabe von LehrerInnen sollte es jedoch sein, die didaktischen und pädagogischen Optionen des Netzes
auszuloten, ohne einen Hauptteil ihrer Zeit mit technischen Problemen verbringen zu müssen.
Zudem sind Referate, Studienarbeiten oder Diplomarbeiten,
die man sonst nur für die Schublade (und den Schein) schreibt, im WWW zu publizieren.
D.h. Internet-Nutzung im Rahmen des Studiums ist nicht auf das Abarbeiten von
Lehrmaterial beschränkt, obwohl es auch hier ganz interessante Angebote gibt (z.B.
Statistik lernen mit interaktiven Hypertexten).
An der HU Berlin werden einige Tips zum
Psychologie studieren mit Hilfes des WWW gegeben.
Beispiele für Netz-Einsatz in Präsenzveranstaltungen an der Universität:
Sicherlich bringt der Verzicht auf eine Präsenzveranstaltung bestimmte Nachteile mit sich (z.B. kein Treffen mit
Freunden in der Caféteria, keine mündliche Präsentation im Plenum, bei der Redeangst abgebaut wird, keine
muntere Diskussion in der Gruppe etc.). Allerdings zeigt die Praxis, daß man hier nicht das idealisierte Bild der
kommunikativen und lernintensiven Präsenzveranstaltung
einem schwarzgezeichneten Bild des entfremdeten, öden Fernlernens am Computer
gegenüberstellen sollte. Eine gelungende virtuelle Lehrveranstaltung könnte vielfältige Kontakte beinhalten
(z.B. per Email, Chat)
und sogar besondere Qualitäten von Humor, Spiel und Exploration beinhalten, von denen ein im
stickigen, überfüllten Seminarraum in letzter Reihe sitzender und auf den Knien schreibender Student nur träumen kann.
Das Thema Fernlernen und virtuelle Lehrverstaltung stößt häufig deshalb auf Ablehnung, weil automatisch in einem
Entweder-Oder-Schema argumentiert wird. Dabei wären unterschiedlichste Formen der Ergänzung eigentlich das
wünschenswerte Modell.
Die befriedigende Abwicklung virtueller - d.h. vornehmlich auf Netzkontakte basierender Lehrveranstaltungen -
ist jedoch an eine Reihe von Bedingungen geknüpft. Mehrarbeit muß insbesondere in der Anfangsphase in
Kauf genommen werden, v.a. von Dozenten-Seite. Für eine möglichst reibungslose technische
Abwicklung zu sorgen, ist keine triviale Aufgabe. Dann gibt es noch das Kostenproblem, das im wesentlichen zwei
Teilprobleme beinhaltet: a) die
Finanzierbarkeit, die manche Studierenden von vornherein ausschließt, b) die Lernatmosphäre, die stark leidet, wenn einige
Leute ständig auf den Zähler schauen müssen. Auch im Usenet entstehen eine Reihe von Konflikten über
sog. "Datenmüll" eben gerade aus Kostengründen.
Zudem wird es für das Gelingen virtueller Lehrveranstaltung auch
entscheidend sein, daß diese optional angeboten werden und nicht die herkömmlichen Veranstaltungen aus
Effizienzgründen ersetzen. Gegen den eigenen Willen in ein technisches Szenario gebrachte Personen werden
wohl eher mit der Technik kämpfen und sich über die ungewohnten Erfahrungen ärgern, als diese fruchtbar umzusetzen.
Im Sommer-Semester 1996 findet an der FernUniversität Hagen
unter Leitung von Dr. Horst Heidbrink
ein
Virtuelles Seminar zur Fragenbogenkonstruktion statt.
Das Seminar operiert mit Email (Kontakt zwischen Studierenden und Studierenden und Dozent),
News (3 Newsgroups), Online-Sitzungen in einem Chat-Room. Zudem werden Lehrmaterialien und Software
via Netz zur Verfügung gestellt. In der Seminar-Newsgroup
feu.esgw.psychologie.seminar.methoden.cafe wurden am 17.6.1996
die erste Ergebnisse eines virtuellen Blitzlichtes (Email-Umfrage über die seminarbezogene Befindlichkeit der
Teilnehmerinnen und Teilnehmer) veröffentlicht.
Virtuelle Lehrveranstaltungen, die mit den gängigen Internet-Diensten operieren, sind von
aufwendigen Teleteaching-Veranstaltungen
zu unterscheiden, die den Multimedia-Aspekt in den Vordergrund stellen und mit digitalem Video, aufwendigen
Simulationen und Visualisierungen arbeiten. Beispiele für solche TeleTeaching-Projekte sind:
Unter dem Label Virtual College findet zur Zeit
in Berlin und Brandenburg ein Kooperations-Projekt statt, in dessen Rahmen virtuelle Lehrveranstaltungen
unterschiedlicher Institute und Universitäten realisiert werden. Allerdings sind hier die Aktivitäten noch nicht so
richtig angelaufen. Aus der Selbstbeschreibung des Projektes: "Ziel der Virtuellen Universität Berlin
ist die Erarbeitung eines virtuellen und universitären
Lernraumes,in dem komplette Lehrveranstaltungen live, medial aufbereiteter Lernstoff und Hinweise
zum Studium verfügbar sind. Die Virtuelle Universität ergänzt das herkömmliche Lernangebot um
Lernformen, die der Informationsgesellschaft angemessen sind. Wichtige Aufgabe ist das Finden von
Sponsoren und damit einhergehendes Einwerben von Drittmitteln."
Didaktische Konzepte zum "Virtual College"-Projekt:
"Virtuelle Universität als Zukunftsmodell der Präsenzuniversität"
"Virtuelle Universität als reformierte Fernuniversität"
"Virtuelle Universität als genuine Internet-Universität"
Optional angeboten können virtuelle Lehrveranstaltungen für bestimmte Studierenden-Gruppen eine attraktive
Alternative zur Präsenzveranstaltung darstellen. Im günstigen Fall könnte Virtualisierung für die ohnehin immer
heterogener werdende Studierenden-Population weitere Möglichkeiten der selbstbestimmten, flexiblen und
individuellen Organisation des Lerngeschehens bieten. Im ungünstigen Fall stelle man sich eine alternativlose
Zwangsumstellung auf mehr Tele-Veranstaltungen vor, die weniger den Bedürfnissen der Lehrenden und
Lernenden gerecht wird, als vielmehr Kosten von den Universitäten (Raummiete, Strom etc.) auf die Studierenden
umverteilt, die nun in eigenen Räumen, am eigenen Rechner und auf eigene Telefonrechnung arbeiten.
Gerade angesichts knapper finanzieller Ressourcen stellt sich die Frage, welchen Stellenwert aufwendige
Multimedia-Anwendungen haben. Da die Wissenschaft ohnehin in der Literalität verwurzelt ist, sind textbasierte
Internet-Dienste vertraute und adäquate Medien. Millionenschwere Multimedia-Projekte, die sich mit der Videoübertragung
von Vorlesungen befassen, lassen zum heutigen Zeitpunkt mehr Prestigewert als didaktische Rafinesse und
vertetbares Kosten/Nutzen-Verhältnis erkennen. Zudem vermindert in der Praxis die aufwendige Technologie die Möglichkeiten
eines flexiblen, von Studierenden und Lehrenden bequem zu handhabenden Medieneinsatzes.
Revolutionärer als jede Super-Visualisierung, die man in der Vorlesung vorführen kann, für die aber zu Hause kaum
ein Studierender die entsprechende Infrastruktur hat, wären kostengünstige und schnelle Netz-Zugänge für Studierende.
1. Internet in der Freizeit
1.2. Formen der Internet-Nutzung und ihre Konsequenzen
1.3. Internet-Aneignung als Selbstlernprozeß
1.4. Lernanlässe durch Internet-Nutzung
1.5. Sozialisation im Internet
1.6. Zukunftsperspektiven für die Freizeit
2.2. Internet für Schülerinnen und Schüler
2.3. Internet für Lehrerinnen und Lehrer
2.4. Internet im Schulunterricht
2.5. Ausstattung von Schulen mit Internet-Zugängen
2.6. Zukunftsperspektiven für die Schule
3.2. Internet für Lehrende
3.3. Internet in der Lehrverstaltung
3.4. Virtuelle Lehrveranstaltungen
3.5. Virtuelle Universität
3.6. Zukunftsperspektiven für die Universität
1. Internet in der Freizeit
Internet-Nutzung kann ein Hobby oder zumindest eine Freizeitaktivität sein. Die Metapher
vom Netz-Surfen läßt die Freizeitqualitäten Spiel, Sport und Spaß anklingen. Auch der
Erfolg von Cyber-Cafés zeigt, daß Internet-Nutzung der Entspannung, Unterhaltung und dem
Vergnügen nach Feierabend dienen kann. 1.1. Zwei Thesen zur Bildungsfunktion des Internet
Was hat Netz-Nutzung in der Freizeit nun mit Lernen bzw. Lehren zu tun? Hier stehen sich
zwei Positionen gegenüber.
Das Internet bietet vielfältige neue Möglichkeiten, sich von zu Hause aus mit aktuellen Informationen zu
versorgen, sich weiterzubilden und den individuellen Interessen gemäß orts- und zeitunabhängig zu lernen. Das
Internet schafft informierte und mündige Bürgerinnen und Bürger, die sich über das Tagesgeschehen in aller Welt
auf dem Laufenden halten. Durch Vernetzung wird Politik transparenter: Die Web-Seiten von Parteien, Ministerien und
Bundestag unterstützen die
politische Bildung. Virtuelle Museen und Ausstellungen vermitteln einen unmittelbaren Zugang zur Kunst.
Auch für Außenstehende ist im Netz ein Blick in Schulen und Universitäten möglich. Insgesamt unterstützt das
Internet nicht nur im wirtschaftlichen Sinne die Entwicklung zur Informationsgesellschaft, sondern im
kulturellen Sinne auch die Herausbildung einer informierten Gesellschaft.
"Internet führt zur desinformierten Gesellschaft"
Das Internet bietet zwar einige wertvolle Informationen sowie Lehr- und Lernhilfen; diese stehen in der Praxis der
Internet-Nutzung jedoch im Hintergrund. Stattdessen verhalten sich Netznutzer ganz ähnlich
wie Fernsehzuschauer; sie zappen durch die bunte
Bilderwelt, klicken sich durch das WWW, lassen sich berieseln. Ein besonderer Lern- oder Bildungswert ist
in dem Durchkämmen von Unmengen von Datenmüll, Pornographie und belanglosem Geschwätz kaum auszumachen.
Stattdessen ist eher zu befürchten, daß Menschen, die ihre Zeit zunehmend allein zu Hause am Bildschirm verbringen, eine ganze
Reihe von Erfahrungen versäumen und somit vieles verlernen. Angefangen bei motorischen Fertigkeiten, über
Naturerleben bis zur sozialen Kompetenz. Datenrausch und Informationsflut schaffen die Illusion, informiert zu sein,
während in Wirklichkeit Desinformation und Orientierungslosigkeit wachsen.
In den beiden hier skizzierten Pro- und Contra-Positionen spiegelt sich eine technikdeterministische Sicht auf das Internet,
von dem angenommen wird, daß es den einzelnen und schließlich die gesamte Gesellschaft entweder informiert und bildet oder
desinformiert und verdummt. Hierbei wird übersehen, daß Internet-Nutzung wie jede andere Mediennutzung ein Prozeß der
Auseinandersetzung ist, in dem die Mediennutzer gleichzeitig Objekte und Subjekte ihrer Medienerfahrungen sind. Um
einschätzen zu können, welche Veränderungen des Erlebens und Verhaltens durch das Internet zustande kommen, müßte man
also zunächst genauer betrachten, wie welche Personen und Personengruppen das Internet nutzen.
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1.2. Formen der Internet-Nutzung und ihre Konsequenzen
Internet-Nutzung ist ein in quantitativer wie qualitativer Hinsicht äußerst vielschichtiges Konzept. Der Sammelbegriff
"Internet-Nutzung" ist ungefähr so allgemein wie der Sammelbegriff "Aus-dem-Haus-Gehen".
Verwendungszweck des WWW
67% aus Neugier
66% zur Unterhaltung
71% zum Herunterladen von Software
68% für schulische oder wissenschaftliche Recherchen
62% zur Aus- und Weiterbildung
63% zum Lesen von Online-Zeitungen/-Magazinen
Um Netzerfahrungen und ihre psycho-sozialen Konsequenzen zu strukturieren, lassen sich ganz grob zwei Funktionen des
Internet unterscheiden: Information und Kommunikation. Mit Information sind vielfältige Tätigkeiten des Suchens,
Sammelns, Sortierens, Bewertens, Anbietens, Produzierens etc. von Informationen gemeint. Dies können Postings,
WWW-Seiten, Dateien auf FTP-Servern, Online-Zeitschriften u.ae. sein. Mit Kommunikation sind vielfältige
Formen des zwischenmenschlichen Austauschs über das Netz gemeint. Hierzu zählen Email-Kontakt,
Diskussionen in Mailinglisten und Newsgroups oder in Chat Räumen bzw. auf dem IRC. Rollenspiele und soziale
Begegnungen in MUDs, aber teilweise auch die Selbstdarstellung auf persönlichen Homepages.
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1.3. Internet-Aneignung als Selbstlernprozeß
Internet-Aneignung ist vielfach ein Selbstlernprozeß.
Genau wie sich Computer und Computerspiele im Freizeitbereich
im Zuge von Selbstlernprozessen verbreitet haben, ist das auch mit dem Internet. Man probiert es selber aus, Freunde und
Bekannte innerhalb und außerhalb des Netzes geben Anleitung und Unterstützung, man greift zu Büchern und
Skripten. Selbstlernen ist kognitiv beanspruchend, es erfordert Selbst-Disziplin, problemlösendes Denken, Selbstreflexion,
bringt häufig Frustration und Hilflosigkeit mit sich.
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1.4. Lernanlässe durch Internet-Nutzung
Im Zuge spezifischer Formen der Internet-Nutzung (z.B. Spielen in einem MUD, Diskutieren in der
Newsgroup de.sci.psychologie, Plaudern auf dem IRC, Erstellen einer eigenen Homepage) stellen sich quasi
automatisch eine Reihe von Lernaufgaben. Diese beinhalten z.B. die Verbesserung der Englisch-Kenntnisse
(um Newsgroups zu lesen, zu Chatten oder die Homepage international zu gestalten), das Lernen von
Programmiersprachen (z.B. Diku, LP für MUDs, Java für Homepages oder andere WWW-Seiten), die
Auseinandersetzung mit Politik und Recht (z.B. um in aktuellen Internet-Kontroversen um Zensur und Free Speech
kompetent mitreden zu können) usf..
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1.5. Sozialisation im Internet
Sozialisation im Netz ist zu verstehen als unausweichlicher, beiläufiger Prozeß der Auseinandersetzung mit den
Werten, Normen und sozialen Spielregeln im Netz. Insbesondere
aus sozialpsychologischer Sicht sind eine Vielzahl von Veränderungen des Verhaltens und Erlebens durch
Netz-Erfahrungen beschrieben und analysiert worden.
Dazu gehören u.a. Veränderungen in unserem Verständnis von Identität, Geschlecht, Beziehungsskripten,
Nähe und Gemeinschaft.
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1.6. Zukunftsperspektiven für die Freizeit
Zur Zeit nutzen ca. 3% der Deutschen das Internet, wobei es sich um eine v.a. durch Bildung und Einkomen
privilegierte Gruppe handelt. Die Gefahr, daß die Lernmöglichkeiten des Internet nur den Wissensvorsprung einer
Bildungselite vergrößern (Information Rich), während die breite Masse der Information Poor aus der Virtualität
ausgeschlossen bleibt, ist nicht ganz unberechtigt. Obwohl v.a. durch WWW und Online-Dienste die Netzwelt eine
leichter bedienbare Oberfläche erhalten hat, sind bildungs-, interessen- und motivationsbedingte Zugangsbarrieren
nicht abgebaut. Um einer Spaltung der Gesellschaft in Information Rich und Poor engegenzuwirken wird u.a. eine Vermittlung
von Netzkenntnissen in den allgemeinbildenden Schulen gefordert, gepaart mit einer kostengünstigen Grundversorgung
mit Netzanschlüssen
(Universal Access s.
Beitrag von Kubicek). Ob es eines Tages tatsächlich Soialbauwohnungen, Jugendfreizeitheime,
Seniorenheime und öffentliche Bibliotheken mit kostenlosen Internet-Terminals geben wird, ist fraglich.
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2. Internet in der Schule
1996 startete die Bundesinitiative Schulen ans Netz e.V. . Die Bundesregierung setzt sich also
dafür ein, daß das Internet in der Schule behandelt und genutzt wird. Andererseits gibt es
aus pädagogischer und didaktischer Sicht auch Bedenken gegen eine "Technisierung" der Schule.
Und nicht zuletzt wird ein Fehlen didaktischer Konzepte beklagt.
2.1. Warum soll sich die Schule mit dem Internet beschäftigen?
Warum soll sich die Schule mit dem Internet beschäftigen? Dafür gibt es zumindest drei Gründe.
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2.2. Internet für Schülerinnen und Schüler
Internet-Nutzung im Zusammenhang mit der Schule kann sich für Schülerinnen und Schüler zum einen auf die
Vor- und Nachbereitung des Unterrichts (sprich: Hausaufgaben) beziehen. Zum anderen läßt sich das Internet
auch sinnvoll in außerschulische Aktivitäten wie AGs oder Schülerzeitungs-Projekte integrieren.
Ob das gängige Hausaufgaben-Volumen
angemessen und ob Hausaufgaben überhaupt didaktisch und pädagogisch sinnvoll sind, wird
kontrovers diskutiert
(Ilse Nilshon: Schule ohne Hausaufgaben?).
Nicht nur Schülerinnen und Schüler fühlen sich von den
Hausaufgaben überfordert, auch
Eltern sind in den nachmittäglichen "Hausaufgaben-Streß" involviert. Hier kann das Internet sicherlich keine
Patentlösung bieten. Das prinzipiell sinnvolle Konzept, daß Kinder z.B. im WWW nach Hintergrundinformationen
für Aufsätze suchen und somit ihre Hausaufgaben anreichern, stößt in der Praxis nicht nur auf das Problem fehlender
Netzanschlüsse in den privaten Haushalten, sondern auch auf die Gefahr, daß die speziell am Beginn der Internet-Nutzung
unausweichlichen Mehrbelastungen im Zeitbudget noch zum ohnehin großen Hausaufgabenvolumen dazukommen.
Auch im Rahmen außerschulischer Aktivitäten wie AGs oder Schülerzeitungs-Projekten kann Internet-Nutzung
sinnvoll sein. Nicht zuletzt werden bislang viele Internet- bzw. WWW-Aktivitäten an Schulen von AGs getragen.
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2.3. Internet für Lehrerinnen und Lehrer
Die Vor- und Nachbereitung des Schulunterrichts ist in der heute praktizierten Form nicht nur
für die Schüler, sondern auch für die Lehrerinnen und Lehrer belastend. Lehrer, die
die Unterrichtsvorbereitung ernst nehmen, müssen oft sehr viel Zeit und Arbeit aufwenden, um
aktuelle Quellen für den Fachunterricht aufzutreiben und entsprechend aufzubereiten.
In dieser Situation kann das Internet als Medium des informellen und unkomplizierten
Informationsaustauschs von Bedeutung sein.
Wer Anregungen für die den Computer- und Netzeinsatz in der Schule sucht, wird ebenfalls im Netz fündig, u.a. hier:
[Zurück zum Inhaltsverzeichnis]
2.4. Internet im Schulunterricht
Bei der Integration des Internet in den Schulunterricht sind unterschiedliche Konzepte zu unterscheiden: Zum einen
den Frontalunterricht, zum anderen Formen des Gruppen- und Projektunterrichts, in denen auch die sozialen
Aspekte des Internets zur Geltung kommen können (eine Liste von
Schulprojekten ist beim SchulWeb zu finden).
Das einfachste und
sicherlich am wenigsten ergiebige Modell ist eine Internet-Präsentation im Rahmen des Frontalunterrichts. Hier tritt das
Internet an die Stelle der OH-Folie, des analogen Videos, der DIA-Präsentation o.ä.. Solche Einsatzformen werden zum einen
dadurch nahegelegt, daß in den Klassenzimmern keine PC stehen und somit der Lehrer allenfalls einen Rechner mitbringen kann.
Zum anderen ist es aber auch die Übernahme traditioneller Didaktik-Konzepte, die unter dem Stichwort "Multimedia" modern
erscheinen.
EMail-Projekte knüpfen an den Spaß beim Briefe-Schreiben und -Bekommen an und nutzen
das Mailen als Anlaß, Geschichten zu schreiben
(Geschichtenwurm), Sprachkenntnisse zu verbessern, landeskundliche
Informationen auszutauschen o.ä.. Auch die bekannten Aquadata- und Terradata-Projekte werden primär über
Email abgewickelt.
News-Projekte
Ein sehr interessantes News-Projekt mit 11 jährigen Kindern stammt von
Evard (1994).
Eine 5. Klasse programmierte mit der Sprache LOGO Videospiele. Dabei wurden sie von einer
älteren, LOGO-erfahrenen Gruppe über ein News-System beraten. Schon im Laufe der ersten drei
Wochen war deutlich erkennbar, wie die Kinder gegenseitig ihre Fragen und Antworten evaluierten,
soziale Regeln einführten und sich gegenseitig unterstützten. Edvard beschreibt den Lerngewinn
dieser Frage- und Antwort-Sequenzen folgendermaßen:
Es existieren diverse Educational MUDs mit explizit pädagogischem bzw. didaktischem Konzept. Fernlern-Kurse
operieren mit MUDs, in denen sich virtuelle Klassenzimmer, die Büros der Dozenten, Aufenthaltsräume, Cafés und
Museen befinden. Insbesondere die 1992 gegründete Fernuniversität
GNA (Globewide Network Academy) setzt
standardmäßig MUDs ein. In der "Teachers' Lounge" diskutieren die Dozenten ihre Erfahrungen mit diesen neuen
Lernszenarien.
Ein von einer deutschen Schule vorgeschlagenes WWW-Projekt hat die Erstellung eines
Malex (Mathe-Lexikon) zum Thema.
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2.5. Ausstattung der Schulen mit Internet-Zugängen
Im Mai 1995 waren gerade 5 allgemeinbildende Schulen im WWW präsent. Ein Jahr später gab es bereits
mehr als 200 Schulen mit eigenen WWW-Seiten (Angaben gemäß
SchulWeb an der HU Berlin).
Trotzdem ist die Ausstattung von Schulen mit Internet-Anschlüssen nach wie vor ein Problem.
Die auf 3 Jahre befristete Bundesinitiative
Schulen ans Netz e.V. (finanziert von Bund, Telekom AG und Sponsoren
aus der Wirtschaft) soll 10.000 Schulen mit kostenlosen Internet-Anschlüssen ausstatten. Voraussetzung ist
ein Projekt-Antrag, der das didaktische und pädagogische Konzept erläutert. Wer die laufenden Kosten für die
Schul-Anschlüsse nach Abschluß der 3jährigen Initiative trägt, ist unklar. Selbst die ca. 2% vernetzten
Schulen müssen sich in der Mehrzahl mit einem auf EMail beschränkten "Internet-Anschluß für Arme"
begnügen. Dies gilt auch für die beiden
Schulnetze
ODS (offenes deutsches Schulnetz, bundesweit, UUCP) und
DSN ("deutsches Schulnetz, Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg und Niedersachsen, FIDONET).
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2.6. Zukunftsperspektiven für die Schule
Nach wie vor sind an den Schulen Internet-Ausstattung und -Kompetenz ein großer Engpaß.
Der Anspruch, die Internet-Nutzung von Anfang an in pädagogische und didaktische Bahnen zu lenken, birgt die
Gefahr, daß das Internet als Lehr- und Lernmedium den bisherigen Unterrichtskonzepten stark angepaßt und somit
auf eine Form der "Spielwiese" reduziert wird. Stattdessen liegt in der Partizipation am Internet, wie es ist, eben die
Faszination des Echtheits-Charakters, der Außenkontakte und neuen Handlungsspielräume.
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3. Internet in der Universität
Im Vergleich zu Freizeitbereich und Schule ist die Universität ein vergleichsweise günstigerer Kontext für
Internet-Nutzung. Zum einen ist die Ausstattung wesentlich besser, sowohl bei den Lehrenden als auch bei
den Studierenden. Zum anderen sind individuelle Formen des Lernens, Recherchierens, der Organisation von Arbeitsgruppen
und der Anfertigung von Referaten und Seminararbeiten üblich. In diese selbstgesteuerten Lernprozesse fügt sich das
Internet als Arbeits- und Lernmittel nahtlos ein. Internet-Kurse werden mittlerweile von den universitätseigenen Rechenzentren
angeboten und in PC-Räumen stehen vernetzte Rechner bereit. 3.1. Internet für Studierende
Studierende können das Internet für Literaturrecherchen nutzen, wissenschaftliche Zeitschriften und graue Literatur
leichter beziehen, nach online-Quellen für Referate und Qualifikationsarbeiten suchen, sich beobachtend und ggf. auch
teilnehmend an wissenschaftlichen Mailinglisten, MOOs oder Newsgroups beteiligen. Damit wird die Scientific
Community lebendiger und erfahrbarer. Daß Wissenschaft nicht in den Büchern steht, sondern von Personen stammt, die
ihrerseits in spezifische soziale Systeme eingebunden sind, wird gut erlebbar, wenn man die Home Pages und Insitutsseiten
bekannter Autoren besucht.
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3.2. Internet für Lehrende
Die Vorteile und Lernchancen für Lehrende sind denen für Studierende vergleichbar. Neben der Möglichkeit,
Informationen abzurufen und anzubieten und mit Fachkollegen in Kontakt zu treten, ist v.a. für die
konzeptuelle Planung von Lehrveranstaltungen die Inspektion bereits realisierter Semester- und
Kurspläne (Syllabi) hilfreich.
Kurspläne für Lehrveranstaltungen zur Psychologie des Internet
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3.3. Internet in der Lehrveranstaltung
Da die meisten Veranstaltungsräume nicht mit Internet-Anschlüssen ausgestattet sind, ist Internet-Nutzung
in der Sitzung selbst eher schwer realisierbar. Trotzdem können Netzaktivitäten in vielfacher Weise den
organisatorischen Ablauf und das Arbeitsgeschehen von Lehrveranstaltungen ergänzen:
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3.4. Virtuelle Lehrveranstaltungen
Auch an der Präsenzuniversität findet ein Hauptteil des Lernens nicht im Seminarraum oder Vorlesungssaal,
sondern zu Hause, in der Bibliothek, beim Treffen mit der Arbeitsgruppe statt. Angesichts der zunehmend
schlechten Infrastruktur an Hochschulen (überfüllte Veranstaltungen, schwer erreichbare Dozenten, schlecht
bestückte Bibliotheken, Schlangen am Fotokopierer etc.), mag es für eine Reihe von - ohnehin selbstlernerfahrenen -
Studierenden durchaus attraktiv sein, Lehrveranstaltungen zu einer von ihnen gewählten Zeit per Netz zu absolvieren.
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3.5. Virtuelle Universität
Unter "virtueller Universität" wird momentan mindestens dreierlei verstanden (vgl. auch die
Auflistung virtueller Universitäten).
Seit es an Präsenzuniversitäten einfachere und aufwendige virtuelle Lehrveranstaltungen gibt,
wird auch die Frage diskutiert, wie virtuell denn die Universität in Zukunft werden kann und soll.
Werden sich die Lehr- und Lernbedingungen verbessern oder verschlechtern? Hier geht es darum,
rechtzeitig Zukunftsmodelle zu diskutieren, da die Zukunft ja nicht einfach auf uns zukommt, sondern
durch die heute getroffenen oder nicht-getroffenen Entscheidungen bestimmt wird. Das im Rahmen
des hochschuldidaktischen Seminars
Zukunft des Lernens
(Universität Frankfurt) gehaltene Referat
Virtuelle Universität:
Soziale Konsequenzen und Voraussetzungen diskutiert einige dieser Fragen.
Einen engeren Bezug als die Präsenzuniversität hat natürlich die Fernuniversität zur Virtualität.
So begreift die FernUniversität Hagen
den Prozeß ihrer Transformation zur
Virtuellen Universität v.a. als Umstellung bzw. Ergänzung von
Telefon-, Brief- und Faxkontakt zu mehr Netzkontakten. Im günstigen Fall könnte hier durch das
Netz ein Zugewinn an (Tele)Präsenzerfahrungen und Lebendigkeit möglich werden.
The Globewide Network Academy (GNA)
ist eine pure virtuelle Universität, die auf dem Internet gegründet wurde und nur dort existiert, allerdings
eine überdauernde organisatorische Struktur aufweist und die offizielle Anerkennung als Fernuniversität anstrebt.
Ihrer Selbstbeschreibung ist zu entnehmen: "The Globewide Network Academy is a non-profit organization whose
mission is to create a competitive market for distance learning courses and programs as well as to provide technical services to
distance educations. All corporate activities take place online and as such, GNA is the world's first virtual corporation.
At the GNA web site, you can find a) a course catalog with thousands of distance learning programs and courses,
b) discussion forums for distance educators, c) help wanted databases for distance educators."
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3.6. Zukunftsperspektiven
Vergleichsweise unaufwendig und elegant läßt sich das Internet in die Lehre an der Universität integrieren.
Internet-Zugänge für Dozenten und Studenten und selbstorganisiertes Lernen und Arbeiten können meist
vorausgesetzt werden. Zudem ist der Anreiz groß, via
Netz andere Mitglieder der Scientific Community beobachten, kontaktieren und kennenlernen zu können.
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5. Fazit
Abschließend seien noch einmal die Kernthesen des Vortrags zusammengefaßt:
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