Österreichische Gesellschaft für Psychologie (ÖGP)

Kommentare und Informationen zur Evaluierung
an Österreichs Universitäten

 

Vorbemerkungen

Intentionen

Der anhaltende Diskussionsprozeß zur Evaluationsthematik ist vielfach durch Informationsmängel und Unsicherheit geprägt. Dies hat die Österreichische Gesellschaft für Psychologie (ÖGP) veranlaßt, das vorliegende Papier zu verfassen. Es verfolgt im wesentlichen drei Intentionen:

Erstens wird eine kurze allgemeine Einführung in Evaluation unter Berücksichtigung des aktuellen Forschungsstandes gegeben, die eine Basis für die Bewertung von Evaluationsmaßnahmen liefern soll.

Zweitens werden die Unterschiede zwischen der Evaluierung von Lehre und der Evaluierung von Lehrveranstaltungen herausgearbeitet.

Drittens werden Empfehlungen für die Durchführung der gesetzlich vorgeschriebenen Bewertung von Lehrveranstaltungen durch Studierende formuliert. Dabei werden Möglichkeiten und Grenzen dieses Evaluierungsansatzes aufgezeigt. Diese Empfehlungen sind nicht als Handanweisungen konzipiert, sondern dienen als Informationsgrundlage.

Abschließend wird ein Resümee gezogen.

Obwohl wir die Evaluierung des gesamten Aufgabenprofils von Lehrenden und Institutionen für höchst wichtig erachten, gehen wir hier, um das Papier nicht zu überfrachten, nicht auf die Evaluierung von Forschung- und Verwaltungstätigkeiten ein, sondern beschränken uns in unseren Ausführungen auf den Lehraspekt.

Aus Gründen der Übersichtlichkeit und der angestrebten Kürze sind die Formulierungen teilweise schlagwortartig. An manchen Stellen wird ergänzend auf die Ergebnisse empirischer Studien Bezug benommen.
 
 

Präsident:

Univ.-Prof. Dr. Gerold Mikula 
Institut für Psychologie
Karl-Franzens-Universität Graz
Universitätsplatz 2/III, A - 8010 G r a z
Tel.: 0316/380-5113, Fax 380-9807
e-mail: gerold.mikula@kfunigraz.ac.at

Schriftführer:

Univ.-Prof. Dr. Urs Baumann
Institut für Psychologie
Universität Salzburg
Hellbrunnerstraße 34, A - 5020 Salzburg
Tel.: 0662/8044-5119, Fax 8044-5126
e-mail: urs.baumann@sbg.ac.at

Kassierin:

Univ.-Prof. DDr. Christiane Spiel
lnstitut für Psychologie 
Karl-Franzens-Universität Graz
Universitätsplatz 2/III, A - 8010 G r a z
Tel.: 0316/380-5133, Fax 380-9807
e-mail: christiane.spiel@kfunigraz.ac.at

Rahmenbedingungen

Im österreichischen Bundesgesetz über die Organisation von Universitäten (UOG 1993, BGBl. Nr. 805, § 18 Abs. 2 und 7 in Verbindung mit § 8 Abs. 2), konkretisiert in der Evaluierungsverordnung (EvalVO; BGBl. Nr. II 224/1997), ist die Evaluierung der österreichischen Universitäten, im speziellen die Bewertung von Lehrveranstaltungen durch Studierende, gesetzlich vorgeschrieben. In den letzten Jahren hat sich auch für Bildungsinstitutionen zunehmend mehr abgezeichnet, daß eine nachhaltige Qualitätssteigerung nur im Rahmen eines systematischen Qualitätsmanagements erreichbar ist, in dem evaluationsgestütztes Controlling einen integraler Bestandteil darstellt. In den Erläuterungen zur EvalVO wird auch darauf hingewiesen.

Bemerkungen zu den gesetzlichen Bestimmungen

Die Einführung einer Evaluierung an Universitäten und deren Ziele (siehe EvalVO) werden von der Österreichischen Gesellschaft für Psychologie grundsätzlich begrüßt. Allerdings erfüllen die vorliegenden Gesetzestexte nicht den gestellten Anspruch. Die gesetzlich festgeschriebenen Evaluierungen sind nach Gegenständen gegliedert (Lehrtätigkeiten, Forschungstätigkeiten, etc.) und sehen keine integrative Betrachtung aller Leistungen einer evaluierten Einrichtung vor. Sie berücksichtigen nicht, daß diese Gegenstände durch die Person des/der Lehrenden eine Einheit darstellen, die auch in der Form der Evaluation ihren Niederschlag finden sollte. Eine faire und sinnvolle Beurteilung universitärer Leistungen ist nur im Kontext des gesamten Aufgabenprofils (Lehre, Forschung, Selbstverwaltung, etc.) inklusive der vorhandenen Rahmenbedingungen möglich. In den derzeit vorliegenden Gesetzesvorgaben fehlt die Integrierung der Evaluierung in ein systematisches Qualitätsmanagement an Universitäten und damit auch in Personalenwicklungsmaßnahmen.

Weiters sieht der Gesetzestext zwei Evaluierungsinstrumente ausdrücklich vor (Arbeitsberichte der Institutsvorstände und Lehrveranstaltungsbewertungen durch Studierende), ohne diese zu begründen und ohne auf ihre Aussagekraft bzw. ihren Stellenwert im Kontext anderer Evaluierungsmethoden einzugehen.
 
 

Inhalt
 
 

1

Allgemeines zu Evaluation .........................................................................................

4

1.1

Was ist Evaluation?........................................................................................................

4

1.2

Welche Arten von Evaluationsvorhaben werden unterschieden? (Begriffsklärung) ...........

4

1.3

Welche generellen Voraussetzungen sollten bei Evaluierungen erfüllt sein?.......................

5

1.4

Welche Fragen sind vor der konkreten Durchführung von Evaluierungen zu klären? 

6

2

Evaluierung von Lehre ...............................................................................................

7

2.1

Die entscheidende Frage: Was ist gute Lehre? ..............................................................

7

2.2

Welche Indikatoren gibt es für die Bewertung von Lehre? ..............................................

7

2.3

Was kann die gesetzlich vorgeschriebene Bewertung von Lehrveranstaltungen 
durch Studierende leisten? ............................................................................................

8

2.4

Welche Indikatoren gibt es für die Bewertung von Lehrveranstaltungen? ........................

8

3

Empfehlungen für die Durchführung der gesetzlich vorgeschriebenen Bewertung von Lehrveranstaltungen durch Studierende ..................................................................

9

3.1

Worauf ist bei der Erstellung eines Fragebogens zu achten? ...........................................

9

3.1.1

Informationsquellen ......................................................................................................

9

3.1.2

Inhalte des Fragebogens ...............................................................................................

9

3.1.3

Bewährte Instrumentformen .........................................................................................

10

3.2

Welche praktischen Aspekte sind zu berücksichtigen? ..................................................

10

3.3

Wovon werden die Bewertungen der Studierenden beeinflußt? .....................................

11

3.4

Was kann man tun, um den Einfluß von Störfaktoren auf die studentische Lehrveranstaltungsbewertung möglichst gering zu halten? ................................................

11

4

Resümee ......................................................................................................................

12

4.1

Was können Beurteilungen von Lehrveranstaltungen durch Studierende leisten? ...............

12

4.1.1

Informationswert für Lehrende .......................................................................................

12

4.1.2

Informationswert für die Studienrichtung (das Institut) ....................................................

12

4.2

Ist eine Qualitätssteigerung der Lehre aufgrund der Beurteilung der Lehrveranstaltungen durch Studierende zu erwarten? ...................................................................................

13

4.3

Wie kann Evaluierung zu Qualitätssteigerung führen? ...................................................

13

 

1 Allgemeines zu Evaluation

1.1 Was ist Evaluation?

Unter Evaluation wird die systematische Analyse und empirische Untersuchung von Konzepten, Bedingungen, Prozessen und Wirkungen zielgerichteter Aktivitäten verstanden. Dabei werden sowohl Effektivität (Grad der Zielerreichung) als auch Effizienz (Verhältnis von Nutzen und Kosten) bewertet. Gegenstände von Evaluierungen sind Programme, Interventionsmaßnahmen, Produkte, Institutionen, Personen, etc.

Evaluation

Die Ableitung von Konsequenzen aus den Ergebnissen von Evaluierungen impliziert eine große Verantwortung der Evaluatoren. Umso mehr ist zu fordern, daß Evaluierungen durch Experten und Expertinnen durchgeführt werden, damit sie den Standards wissenschaftlicher Erkenntnisprozesse genügen.

Evaluation ist als Prozeß zu verstehen, wobei auch das Evaluationssystem, d.h. die eingesetzten Methoden und Instrumente, offen und "lernfähig" sein sollte. Ebenso ist zu berücksichtigen, daß auch der Qualitätsbegriff nicht statisch ist, sondern Wandlungen unterliegt.

1.2 Welche Arten von Evaluationsvorhaben werden unterschieden? (Begriffsklärung)

Evaluationsvorhaben können nach den folgenden Gesichtspunkten eingeteilt werden:

(1) Einteilung nach dem Gegenstand der Evaluation in Implementations- oder
Wirkungsforschung;

  • Implementationsforschung liegt dann vor, wenn die Einführung bzw. Implementierung von Maßnahmen Gegenstand der Evaluation ist. Wenn die Wirkung bereits gesetzter Maßnahmen untersucht werden soll, spricht man von Wirkungsforschung bzw. Erfolgskontrolle.
  • (2) Einteilung nach Zeitpunkt und Zweck der Evaluation in formative oder summative
    Evaluation;

  • Formative Evaluation (oder Begleitforschung) dient der Verbesserung laufender Projekte. Sie begleitet die Durchführung eines Projekts bzw. einer Maßnahme. Summative Evaluation wird nach Abschluß eines Projekts bzw. einer Maßnahme durchgeführt und dient der Entscheidungsfällung.
  • (3) Einteilung nach der Herkunft der Evaluatoren in Selbst- oder Fremdevaluation;

  • Selbstevaluation liegt vor, wenn die Mitglieder der Institution die Evaluation vornehmen. Wenn die Evaluation durch Dritte (z.B. außenstehende unabhängige Forscher) durchgeführt wird, spricht man von Fremdevaluation.
  • (4) Einteilung nach der Bewertungsinstanz in intern oder extern konzipierte Evaluation.

  • Bei intern konzipierter Evaluation setzt sich die Institution selbst Interventionsziele, deren Erreichung sie anhand festgelegter Beurteilungskriterien bewertet. Extern konzipierte Evaluation dient im allgemeinen der Systemsteuerung. Von einer übergeordneten Institution (z.B. Ministerium) wird das System (Ziele etc.) vor- und die Evaluation in Auftrag gegeben.
  •  
  • 1.3 Welche generellen Voraussetzungen sollten bei Evaluierungen erfüllt sein?

  • Folgende Voraussetzungen sollten erfüllt sein:

    (1) Festlegung erreichbarer Ziele

  • Sehr selten wird bei einer Evaluierung ein einziges gesetztes Ziel auf seine Erreichung geprüft, sondern meist liegen mehrere Ziele vor. Solche Zielsysteme sollten konsistent, d.h. logisch widerspruchsfrei sein. Des weiteren sollten sie operationalisierbar sein, d.h. durch Daten abbildbar.
  • (2) Kenntnisse über die angemessene Vorgehensweise zur Erreichung der Ziele

  • Es genügt nicht, Ziele zu definieren, sondern es muß auch klar sein, mit welchen Maßnahmen, Aktivitäten etc. diese Ziele erreicht werden können.
  • (3) Kriterien zur Bewertung der Zielerreichung

  • Es muß, je nach Fragestellung und Zielen, ein Kriterienkatalog definiert werden, anhand dessen entschieden werden kann, ob ein Ziel oder Teilziel erreicht ist bzw. in welchem Ausmaß es erreicht ist.
  • (4) Vorhandensein von Ressourcen

  • Es ist zu bedenken, daß Evaluierung verschiedene Arten von Ressourcen erfordert (finanzielle, personelle, etc.). Damit Evaluierung nicht Selbstzweck ist, sollten die Nutzen der Evaluierung ihre Kosten in jedem Fall übersteigen.
  • (5) Akzeptanz der Evaluierung durch die zu evaluierenden Personen

  • Evaluierung im Sinne des Qualitätsmanagements ist nur dann wirklich zielversprechend, wenn die zu evaluierenden Personen diese akzeptieren. Evaluation stellt immer eine gewisse Bedrohung für die Beurteilten dar. Ängste und Widerstände können durch Information über mögliche Konsequenzen und durch die Einbindung der zu beurteilenden Personen und Institutionen in die Planung des Evaluationsprozesses reduziert werden.
  • (6) Bereitschaft zur Akzeptanz der Evaluierungsergebnisse durch Entscheidungsträger (Auftraggeber der Evaluierung)

  • Häufig werden Evaluierungen im Auftrag gegeben, bei denen bereits im vorhinein bestimmte Ergebnisse erwartet werden. Eine sinnvolle Maßnahme des Qualitätsmanagements ist Evaluierung jedoch nur dann, wenn auch unerwartete und unerwünschte Ergebnisse akzeptiert werden.
  • Zur Prüfung, inwieweit diese Voraussetzungen gegeben sind, ist das gedankliche Durchspielen verschiedener Evaluationsvarianten inklusive entsprechender Konsequenzen zu empfehlen.

    1.4 Welche Fragen sind vor der konkreten Durchführung von Evaluierungen zu klären?

    Die Beantwortung dieser Fragen ist nicht unabhängig voneinander möglich.

  • Folgende Gründe könnten z.B. vorliegen: Die Evaluation dient als Steuerungsinstrument, z.B. für die Zuteilung von Ressourcen. Die Evaluation kann auch ein Planungsinstrument für Qualitätsentwicklung sein; es könnte z.B. untersucht werden, welche Wirkung verschiedene neue Lehrmethoden haben, wie aufwendig sie sind, etc., um daraus Optimierungsmöglichkeiten abzuleiten. Die Intention kann auch sein, Evaluierung als Kontrollinstrument zu verwenden, z.B. "gute Lehrende" versus "schlechte Lehrende" zu identifizieren. Evaluierung kann auch als Rückmelde- und Informationsinstrument dienen. Z.B. könnten schriftliche Beurteilungen von Lehrveranstaltungen durch Studierende als Diskussionsbasis verwendet werden. Im negativen Fall kann Evaluierung auch Selbstzweck sein, z.B. um die gesetzliche Forderung danach zu erfüllen.
  • Es können die "Betroffenen" sich selbst evaluieren. Die Evaluierung kann durch Peers, d.h. durch Personen gleicher Ausbildung und Position, jedoch aus anderen (externen) Institutionen erfolgen. Die Evaluierung kann durch ausgebildete Evaluatoren durchgeführt werden. In den meisten Fällen werden, vor allem wenn Evaluation als Teil des Qualitätsmanagements aufgefaßt wird, alle Varianten gleichzeitig oder sukzessiv eingesetzt. Ein häufiges Vorgehen umfaßt Selbstevaluation, Fremdevaluation durch Peers, Abfassung eines Berichts und Vereinbarung eines Entwicklungsplans.
  • Es können Personen, z.B. Lehrende, evaluiert werden, aber auch Umgebungsfaktoren, wie Hörsaal- oder Bibliotheksausstattungen. Die Evaluation kann sich auch auf Produkte beziehen, wie z.B. schriftliche Unterlagen für Lehrveranstaltung, oder auf Methoden, z.B. der Lehre. Es können auch Zielvorgaben, z.B. Qualifikationsprofile von Absolventen, evaluiert werden. Häufig wird eine Kombination verschiedener Aspekte evaluiert.
  • Zur Informationsgewinnung können verschiedene Methoden eingesetzt werden. So können z.B. schriftliche Befragungen durchgeführt werden, wobei zu entscheiden ist, welche Personengruppen befragt werden (Studierende, Lehrende, Peers, Absolventen, Arbeitgeber, etc.). Die Daten können auch durch Beobachtung oder Interviews gewonnen werden, wobei hier die Umsetzung der primär qualitativen Daten in quantitative Maße oft ein Problem darstellt. Weiters können Kennwerte, wie Studienabbruchsquoten, Absolventenzahlen, Anzahl der abonnierten wissenschaftlichen Zeitschriften etc., herangezogen werden. Auch hier wird häufig eine Kombination von Verfahren verwendet.
  • Die Evaluierung kann direkt vor Ort erfolgen, z.B. in einer Lehrveranstaltung. Fragebögen zur Bewertung von Lehrveranstaltungen können an Studierende aber auch postalisch versandt werden. Kennzahlen können ohne Besuch der zu evaluierenden Institution herangezogen werden.
  • 2 Evaluierung von Lehre

    Evaluierung von Lehre, die den vielen Facetten von Lehre gerecht wird, ist veranstaltungs- und dozentenübergreifend. Sie inkludiert ebenso die Evaluierung der Ausbildungsinhalte, der Studienpläne bzw. Curricula, der Qualifikationsprofile von Absolventen, wie die Evaluierung der Ausstattung (z.B. hinsichtlich EDV, Bibliothek, Hörsälen etc.) und einzelner Lehrveranstaltungen. Die Evaluierung von Lehre umfaßt jedoch auch die Evaluierung von Studienzeiten, Absolventenchancen, etc.

    2.1 Die entscheidende Frage: Was ist gute Lehre?

    Voraussetzung für die Evaluierung von Lehre ist die Klärung der Fragen

    (Diese Diskussion wurde bisher nicht oder nicht ausreichend geführt.)

    2.2 Welche Indikatoren gibt es für die Bewertung von Lehre?

    Es gibt eine Vielzahl von Indikatoren für die Bewertung von Lehre, jedoch keinen, der für sich genommen, alle Aspekte ausreichend abdeckt. Außerdem weisen alle Indikatoren gewissen Vor- und Nachteile auf.

    Die folgende Aufzählung der Indikatoren ist exemplarisch und erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit:

    2.3 Was kann die gesetzlich vorgeschriebene Bewertung von Lehrveranstaltungen durch Studierende leisten?

    Die in der Evaluierungsverordnung konkretisierte Bewertung von Lehrveranstaltungen durch Studierende (§ 6 (1)) ist nicht gleichzusetzen mit der Evaluierung von Lehre, denn sie bezieht sich nur auf einen Teilaspekt davon.

    Die Beurteilung von Lehrveranstaltungen durch Studierende ist auch nur bedingt eine Evaluierung im Sinne der gängigen Definition von Evaluation. Denn eine wesentliche Vorraussetzung dafür ist die Festlegung von Zielen, deren Erreichung überprüft und bewertet wird. Dies könnte z.B. dadurch geschehen, daß zu Beginn der Lehrveranstaltung didaktische Kriterien festgelegt werden, deren Einhaltung bewertet wird. In den meisten Fällen stellt die Bewertung von Lehrveranstaltungen durch Studierende jedoch analog zur Meinungsforschung die Erhebung, Aufbereitung und Auswertung bewertender (= evaluierender) Aussagen dar. Dennoch kommt ihr aus der Perspektive des Qualitätsmanagements ein durchaus relevanter Stellenwert zu (siehe auch später).

    Empirische Studien zeigten, daß Studierende organisatorische und motivationale Aspekte recht gut beurteilen können, weniger jedoch wissenschaftliche Aspekte.

    2.4 Welche Indikatoren gibt es für die Bewertung von Lehrveranstaltungen?

    Die folgende Aufzählung ist exemplarisch und erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit:

    Diese Indikatoren sind zum Teil prozeß- bzw. verhaltensorientiert (z.B. Selbsteinschätzung der Lehrenden, Bewertung durch TeilnehmerInnen), zum Teil outputorientiert (z.B. Lernerfolg der Studierenden).

    Aufgrund der Einfachheit der Erfassung wird die Beurteilung von Lehrveranstaltungen durch Studierende (TeilnehmerInnen) als häufigster (und oft einziger) Indikator für die Qualität von Lehre herangezogen.

  • Zur Bewertung von LV durch Studierende liegen eine Reihe publizierter Fragebögen vor, die sich jedoch in der Anzahl und Art der inhaltlichen Bereiche, die sie erfassen, unterscheiden. Fast alle Verfahren enthalten die Bereiche Organisation, Didaktik und Engagement (Enthusiasmus) des/r Lehrenden, die auch in testtheoretischen Analysen bestätigt werden konnten.
  •  
  • Einige Bereiche (z.B. Struktur, Engagement, Klarheit) konnten in einer Reihe von Studien repliziert werden; in anderen Bereichen zeigten sich Unterschiede zwischen verschiedenen Wissenschaftsdisziplinen. Das heißt, man kann nicht davon ausgehen, daß ein allgemeingültiger Konsens darüber besteht, was gute Lehre ist und welche Relevanz den verschiedenen Bereichen zukommt. Die Wirksamkeit unterschiedlicher Lehraspekte gilt auch für verschiedene Veranstaltungstypen (Seminare, Vorlesungen, Praktika, etc.) und zum Teil auch innerhalb von Studienfächern (z.B. bestehen Unterschiede zwischen methoden- und praxisorientierten Lehrveranstaltungen).

  •  
  • 3 Empfehlungen für die Durchführung der gesetzlich vorgeschriebenen Bewertung von Lehrveranstaltungen durch Studierende

    Die folgenden Empfehlungen basieren auf den Ergebnissen vieler empirischer Studien. Sie sind, wie bereits einleitend ausgeführt, nicht als Handanweisungen, sondern als Informationsgrundlage zu verstehen.

    3.1 Worauf ist bei der Erstellung eines Fragebogens zu achten?

    3.1.1 Informationsquellen

    Um eine Wissensbasis für die Erstellung von Fragen und Skalen zu gewinnen, sollten zumindest folgende drei Informationsquellen herangezogen werden:

    3.1.2 Inhalte des Fragebogens

    Mit dem Fragebogen sollten Informationen über zumindest folgende Bereiche erhoben werden:

    3.1.3 Bewährte Instrumentformen

    Am günstigsten haben sich Instrumente erwiesen, die aus folgenden Elementen bestehen:

  • Achtung: Erhebungsinstrumente sollten den Testgütekriterien (u.a. Reliabilität, Validität) entsprechend den wisssenschaftlichen Standards genügen !
  • 3.2 Welche praktischen Aspekte sind zu berücksichtigen?

  • Achtung: Zu häufige Vorgaben von Fragebögen an Studierende führt zu "Beurteilungsmüdigkeit" und in der Folge zu einer schlechteren Qualität der Angaben!
  • 3.3 Wovon werden die Bewertungen der Studierenden beeinflußt?

    Zur Frage, inwieweit Studierende Lehrveranstaltungen valide bewerten, d.h. das Geschehen in diesen adäquat beschreiben können, liegen eine Vielzahl empirischer Studien vor. Als mögliche Einflußfaktoren auf die Bewertungen der Studierenden wurden u.a. Merkmale der Lehrenden, der Studierenden, Fach- und Veranstaltungscharakteristika und Charakteristika der Studienrichtung untersucht.

    Die Ergebnisse zeigten über alle Studien hinweg, daß das Interesse der Studierenden am Inhalt der Veranstaltung diejenige Einflußgröße ist, die den höchsten Zusammenhang mit der Bewertung aufweist (je größer das Interesse, desto besser die Bewertung). Ebenfalls Zusammenhänge (jedoch nicht in allen Untersuchungen und weniger hoch) wurden auch für den Besuchsgrund gefunden (Pflichtveranstaltungen werden schlechter bewertet).

    Des weiteren konnte beobachtet werden, daß ein Kernmerkmal die anderen Bewertungen beeinflußt (z.B. können aufgrund hohen Interesses am Thema alle Aspekte von Lehrveranstaltungen und alle Merkmale von Lehrenden positiv bewertet werden bzw. umgekehrt).

    Außerdem zeigte sich, daß verschiedene Studierende dieselbe Lehrveranstaltung sehr unterschiedlich beurteilen, d.h nur geringe Übereinstimmung zwischen ihren Urteilen bestehen. Die Bewertungen der Studierenden unterscheiden sich auch systematisch. Sie sind z.B. umso besser, je besser der Lernerfolg ist und je häufiger die Studierenden in der LV anwesend sind.

    3.4 Was kann man tun, um den Einfluß von Störfaktoren auf die studentische Lehrveranstaltungsbewertung möglichst gering zu halten?

    4 Resümee

    4.1 Was können Beurteilungen von Lehrveranstaltungen durch Studierende leisten?

    Auch wenn Beurteilungen von Lehrveranstaltungen durch Studierende nur bedingt den Kriterien einer Evaluierung genügen, so bilden sie doch die Basis für eine sachliche Diskussion über Lehre und Studium zwischen Lehrenden und Studierenden. Sie liefern nicht nur für Studierende (Veröffentlichung der Evaluierungsergebnisse), sondern auch für Lehrende und die Studienrichtung (das Institut) bzw. die Fakultät wichtige Informationen.

    Die folgenden Aufzählungen sind exemplarisch und erheben keine Anspruch auf Vollständigkeit.

    4.1.1 Informationswert für Lehrende

    4.1.2 Informationswert für die Studienrichtung (das Institut)

    4.2 Ist eine Qualitätssteigerung der Lehre aufgrund der Beurteilung der Lehrveranstaltungen durch Studierende zu erwarten?

    Die Ergebnisse einer großen Zahl empirischer Untersuchungen zeigten, daß die bloße Rückmeldung der studentischen Bewertung an die Lehrenden im Mittel zu keiner Verbesserung der Lehre führt.

    Diese kann nur erreicht werden durch ein zusätzliches ausführliches, individuelles Beratungsgespräch oder, noch besser, durch Fortbildungsangebote. (Einbindung der Evaluierung an Universitäten in Personalentwicklungsmaßnahmen; fehlt bisher leider gänzlich).

    4.3 Wie kann Evaluierung zu Qualitätssteigerung führen?

    Sofern die Evaluierung von Lehre an Universitäten nicht Selbstzweck sein soll, sondern eine Maßnahme zur Qualitätssteigerung, müssen zumindest folgende Punkte berücksichtigt werden:


     
     
     
     

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    Für den Inhalt hauptverantwortlich: Univ.-Prof. DDr. Christiane Spiel

    Wir bitten um Verständnis, daß der Vorstand der Österreichischen Gesellschaft für Psychologie aus Mangel an finanziellen und personellen Ressourcen über das vorliegende Papier hinaus keine Unterstützung hinsichtlich Evaluation anbieten kann.