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BEITRÄGE |
Margarete Janosch
Die neuen Aufgaben der Schule im Urteil von LehrerInnen
Eine Untersuchung an Wiener HauptschullehrerInnen Musikhauptschule, Wendstattgasse 5/I, 1100 Wien,
Tel.: 689 67 23, FAX: 688 35 65Die 14. SchOG-Novelle gesteht den einzelnen Schulen begrenzte Freiräume zu, hält jedoch am Prinzip der staatlichen Oberhoheit hinsichtlich der Inhalte, sowie des Finanz- und Personalwesens weitgehend fest, was bedeutet, dass die gesetzlichen Vorgaben lediglich eine eingeschränkte Lockerung zentralistischer Organisationsstrukturen vorsehen. Trotzdem sind mit dieser recht begrenzten Autonomie hohe Erwartungen verbunden.
Die einzelnen Schulen sollen im Zuge autonomer Maßnahmen als pädagogische und organisatorische Institutionen gestärkt, selbstständiges Agieren soll erleichtert werden. Lehrerschaft und Schulleitung sollen die Schule als "kundenorientierte" Wirtschaftseinheit präsentieren, standortspezifische Vorteile ins rechte Licht rücken und Schulprogramme entwickeln, die den Eltern den Vergleich mit anderen Angeboten erleichtern und gleichzeitig für den Standort werben (Specht, 1997a). LehrerInnen sollen die nötigen Strukturmaßnahmen im Organisationsbereich mitentwickeln und mittragen, individuelle Autonomie soll zugunsten kollektiver Interessen in den Hintergrund treten (Marx/van Ojen nach Altrichter, 1996). Professionelles Handeln soll stärker als bisher auf kooperativer und partizipatorischer Ebene erfolgen, qualitätssichernde Maßnahmen und reflektive Evaluationstechniken sollen die gesetzten Standards erhalten und für die Öffentlichkeit transparent und nachvollziehbar machen. Um die gewünschten Standards zu erreichen respektive zu halten, soll auf eine gezielte Personalentwicklung und auf eine optimale Nutzung der Ressourcen am Standort Wert gelegt werden (Fend, 1996; Specht, 1997a). Die Ausweitung demokratischer Strukturen an den Schulen soll durch die verstärkte Einbindung von LehrerInnen, Eltern und SchülerInnen in Entscheidungsprozesse gewährleistet werden (Eder, 1998).
Vorbehalte werden angesichts dieser hochgesteckten Erwartungen von LehrerInnen und ihren Interessenvertretungen immer wieder geäußert.
Eine ökonomiepolitisch diktierte Linie zu Lasten pädagogischer Aspekte des Bildungswesens könnte auf einen Großteil der Lehrerschaft demotivierend wirken und latenten Widerstand auslösen. Die geforderte Kostenneutralität autonomer Maßnahmen und die aktuelle Sparpolitik der Regierung lassen wenig Hoffnung auf finanzielle Gratifikationen für die zu erwartende Mehrbelastung oder Unterstützungen für Projekte (Bachmann, 1996, 1997; Sertl, 1992, 1998). Der Wettbewerb im Hinblick auf die Qualität des Angebotenen zwischen den Schulen könnte dazu führen, dass jene Schulen einer Region, die mit standortbezogenen Nachteilen zu kämpfen haben, nicht konkurrenzfähig sind (Specht, 1997a). Die Vielfalt des Angebotenen könnte außerdem die Unterschiede zwischen den Schulen, Schulformen und Regionen empfindlich vergrößern und somit die Durchlässigkeit beeinträchtigen (Specht, 1997a). Nicht unerheblich könnte das Konfliktpotential sein, dass Konkurrenzsituationen innerhalb und zwischen den Schulen bergen. Diese Konflikte könnten zu einer massiven Beeinträchtigung des Schulklimas führen und ohne entsprechendes Konfliktmanagement, eine fortschreitende Entsolidarisierung innerhalb des Lehrkörpers oder zwischen den Schulen zur Folge haben (Specht, 1997a).
Angesichts dieser Perspektiven und aktueller Änderungen im dienstrechtlichen, organisatorischen und pädagogischen Bereich sind kontroversielle Diskussionen hinsichtlich der Entlohnung, des Berufsimages, der Mehrbelastung durch zunehmende Autonomie und der Installierung qualitätssichernder und qualitätssteigernder Maßnahmen an der Tagesordnung.
In diesem Zusammenhang bot es sich an mittels Fragebogen zu untersuchen, wie die LehrerInnen an Wiener Hauptschulen die neuen Aufgaben sehen, für wie schwierig sie deren Realisierung einschätzen und ob und inwieweit sie diese als belastend respektive motivierend erleben. Darüber hinaus sollte überprüft werden, ob mittelschwere Aufgaben, wie durch Ergebnisse der Motivationsforschung impliziert, LehrerInnen tatsächlich am meisten zur Mitarbeit motivieren. Folgende Items wurden zur Messung der untersuchten Dimensionen verwendet.
Item Faktoren
Pflege von Außenkontakten (AUSS) 2 Kontakte zu Medien pflegen 5 die Schule im Umfeld (z. B. bei Bezirksfesten, in anderen Schulen, etc.) präsentieren 7 Kontakte zur Aufstockung des Schulbudgets durch Sponsoring initiieren 12 einen Schulprospekt zu Werbezwecken entwickeln
Innerschulische Kooperation (KOOP) 1 eine standortbezogene Stundentafel entwickeln 4 neue Unterrichtsfächer (z. B. Soziales Lernen, zweite lebende Fremdsprache, Politische Bildung, etc.) einführen 10 Lehrplanergänzungen im Zusammenwirken von Schulleitung, Lehrern, Eltern und Schülern planen 13 das Schulbudget durch Schulleitung und Lehrerkollegium verwalten
Realisierung eines Förderkonzeptes (FOER) 3 die innere Differenzierung im Klassenunterricht ausbauen 6 Kinder mit Behinderungen integrieren 8 Schüler auf der 7. und 8. Schulstufe bezüglich der Berufswahl orientieren 16 Förderkonzepte wie Interessen- und Begabungsförderung, Stütz- und Förderstunden, Sprachheilstunden, etc. verwirklichen
Qualitätssicherung (QUAL) 9 Rückmeldungen von Eltern und Schülern einholen 11 ein Konzept erstellen, nach dem die Qualität der Arbeit der Schulleitung und der Lehrer evaluiert werden kann 14 die Schülerleistungen mit überregionalen Kennwerten vergleichen 15 die Entwicklungsarbeit mit externen Beratern reflektieren 1.Beurteilung der Sinnhaftigkeit, 2. Schwierigkeit der Realisierung, 3. Interesse an der Mitarbeit
Skala 1 Skala 2 Skala 3
Faktor Beurteil-ung
M SD Faktor Schwierig-keit
M SD Faktor Interesse
M SD 1. Rang
FOERB
4.23 .60 AUSSS
3.01 .69 FOERI
3.63 .79 2. Rang
AUSSB
3.85 .82 FOERS
2.95 .69 KOOPI
3.03 .79 3. Rang
KOOPB
3.84 .72 KOOPS
2.67 .65 AUSSI
2.97 .91 4. Rang
QUALB
3.33 .77 QUALS
2.42 .67 QUALI
2.71 .78 Tabelle 1: Rangliste der Faktorenmittelwerte skalenweise M = Mittelwert, SD = Standardabweichung, N = 130-141
Am insgesamt positivsten, mit zwei ersten Rängen und einem zweiten Rang, schneidet der Faktor "Realisierung eines Förderkonzeptes" (FOER) ab. Neue Aufgaben, die in direktem Zusammenhang mit der Tätigkeit in der Klasse stehen, erfreuen sich also breiter Zustimmung. Dies lässt den Schluss zu, dass LehrerInnen die Arbeit in der Klasse als ihre Domäne im eigentlichen Sinn sehen, wo sie sich relativ unabhängig bewegen und ihre Kompetenz zeigen können (Merz, 1979; Specht, 1997a; Urban, 1985).
Mit einem ersten, einem zweiten und einem dritten Rang erhält der Faktor "Pflege von Außenkontakten" die zweitbesten Akzeptanzwerte. Das könnte daran liegen, dass LehrerInnen die sich als kontaktfreudig und offen sehen, diese Aufgaben positiver beurteilen, ihre Realisierung einfacher einschätzen und auch lieber daran mitwirken (Drexler-Djogovic, 1999).
Die neuen Aufgaben im Zusammenhang mit innerschulischer Kooperation liegen an dritter Stelle der Beliebtheitsskala. Vermutliche Ursachen dafür dürften darin zu sehen sein, dass der Zeitaufwand für derartige Tätigkeiten relativ hoch anzusetzen ist und viel Teamarbeit erfordert, die koordiniert werden muss. Die Einführung autonomer Stundentafeln und neuer Unterrichtsfächer zu Lasten der bereits vorhandenen Unterrichtsfächer im Sinne der Aufkommensneutralität bedeutet auch, dass es Mitglieder in den Kollegien gibt, die Einbußen hinnehmen müssen. Dies könnte zu Konflikten im Lehrkörper führen (Specht, 1997b), die das Schulklima empfindlich beeinträchtigen würden, sofern die Konfliktkultur nicht besonders ausgeprägt ist. Darüber hinaus könnte ein grundsätzlich geringer Veränderungswillen im Kollegium und die Ablehnung zusätzlicher Belastungen latenten Widerstand auslösen (Specht, 1997a). Es liegt die Vermutung nahe, dass sich ein guter Teil der LehrerInnen nicht für strukturelle Verbesserungsmaßnahmen in die Pflicht nehmen lassen will.
Den letzten Rang bei allen drei Skalen nimmt der Faktor Qualitätssicherung ein. Die Übertragung qualitätssichernder Aufgaben an die jeweiligen Schulen wird deutlich weniger positiv beurteilt, deren Realisierung wird als eher schwierig angesehen, und man würde eher ungern daran mitwirken. Die zu erwartende Einschränkung der persönlichen Autonomie durch externe Kontrollen, mögliche Wettbewerbsnachteile, zusätzliche Belastungen (Specht, 1997b) ohne entsprechende Gratifikationen aufgrund der aktuellen Sparmaßnahmen (Specht, 1997a) und wenig konkrete Vorstellungen darüber, was Qualitätsentwicklung eigentlich ist, könnten dieses Ergebnis möglicherweise erklären.
4. Unterschiede von Gruppen
Generell muss gesagt werden, dass die Auswertung nach demographischen Merkmalen nur in relativ beschränktem Ausmaß signifikante Ergebnisse gebracht hat. Das lässt den Schluss zu, dass diese Parameter lediglich einen untergeordneten Einfluss auf die untersuchten Dimensionen ausüben. Die meisten LehrerInnen dürften die Einführung, den Schwierigkeitsgrad und die Realisierung der neuen Aufgaben weitgehend unabhängig von diesen Messgrößen sehr ähnlich beurteilen.
Signifikante Unterschiede können im Vergleich der Dienstaltersgruppen festgestellt werden, wo sich beim Faktor "Pflege der Außenkontakte" zeigt, dass die dienstältesten KollegInnen in diesem Bereich weniger gern mitarbeiten (würden) als die dienstjüngeren LehrerInnen, die auch die Realisierung dieser Aufgaben als signifikant einfacher einschätzen.
Tendenzen zeigen sich im Bereich Qualitätssicherung, die bei KollegInnen mit eigenen Kindern auf mehr Zustimmung stößt als bei der Vergleichsgruppe. Kleinere Kollegien sind tendenziell eher bereit, Medienkontakte zu pflegen oder die Schule bei Bezirksfesten zu repräsentieren, was möglicherweise daran liegen könnte, dass im letzten Jahrzehnt für kleine Schulen das Rekrutieren von SchülerInnen zur Existenzfrage geworden ist. LehrerInnen die keine zusätzlichen, unentgeltlichen Tätigkeiten ausführen, sind tendenziell eher bereit Aufgaben im Rahmen der innerschulischen Kooperation zu übernehmen, was schlicht am Zeitfaktor liegen dürfte, während LehrerInnen mit ehrenamtlichen Tätigkeiten tendenziell lieber bei eng unterrichtsbezogenen Maßnahmen einen Schwerpunkt setzen. KollegInnen, die in Schulen mit ganztägigen Schulformen beschäftigt, sind zeigen tendenziell weniger Interesse an der Mitarbeit bei der Realisierung neuer Aufgaben, was gleichermaßen auf LehrerInnen in einem Teilzeitdienstverhältnis zutrifft.
5., 6., 7. Einfluss der Beurteilung von neuen Aufgaben und deren vermuteter Schwierigkeit auf die Motivation, und Einfluss der Aufgabenschwierigkeit auf deren Beurteilung
In sehr signifikanter Weise wird bestätigt, je positiver die LehrerInnen die Einführung einer neuen Aufgabe sehen, desto lieber würden sie dabei mitarbeiten. Die Annahme, dass mittelschwere Aufgaben am meisten zur Mitarbeit motivieren würden, konnte nicht bestätigt werden. Sie musste dahingehend revidiert werden, dass durchwegs jene Aufgaben die als einfach oder eher einfach beurteilt werden, am meisten zur Mitarbeit motivieren. Diese Aufgaben sind es auch, die im Zusammenhang mit dem Statement "Diese Aufgabe an die Schule zu übertragen, das halte ich für richtig" durchgängig am positivsten beurteilt werden.
Dies lässt den Schluss zu, dass die neuen Aufgaben zwar generell als sinnvoll angesehen werden, die Mitarbeit der LehrerInnen aber nur dann erwartet werden darf, wenn kaum mit Schwierigkeiten bei der Realisierung gerechnet wird.
8. Schlussfolgerungen
Die Ergebnisse liefern eine relativ realistisches Bild davon, was im Zusammenhang mit zusätzlichen Aufgaben von den Wiener HauptschullehrerInnen erwartet werden darf. Auffallend ist die Tatsache, dass trotz der vorhandenen Bedenken hinsichtlich zusätzlicher Belastungen, Einschränkungen der persönlichen Handlungsfreiheit, Wettbewerbsnachteilen und Konflikten eine positive Grundstimmung ausgemacht werden kann. Um diese positiv eingestellten LehrerInnen nicht zu frustrieren und ihr Potential für die Schulentwicklung nutzen zu können, müssen ihre Bedenken von staatlicher Seite ernst genommen werden. In Spechts (1997a) Untersuchung zu Autonomie und Innovationsklima an Schulen, wurden unter anderen auch HauptschullehrerInnen befragt, warum sie der Einführung schulautonomer Maßnahmen ablehnend gegenüberstehen. Nur 28 % orteten die Ursachen in Dissens über wünschenswerte Neuerungen und zu geringem Engagement (AHS 41%) der LehrerInnen, jedoch 50% der Befragten (AHS 59%) sahen die Gründe in den schlechten Rahmenbedingungen (Specht, 1997a, S 141ff.).
Es wäre daher wichtig, dass die Schulbehörden Rat und Unterstützung bieten und den Eindruck vermitteln, dass sie an konkreten Fortschritten interessiert sind. Dazu gehört auch, dass zusätzliches Engagement finanziell honoriert wird. Ebenso sollten die LehrerInnen als professionelle Persönlichkeiten geschätzt und Konflikte im Lehrkörper durch professionelle BeraterInnen (Supervision) moderiert werden, stellt doch ein gutes Schulklima eine wesentliche Voraussetzung für Berufszufriedenheit und pädagogisches Engagement dar (Lechner et al., 1995; Merz, 1979; Urban, 1985). Hier ist die Schulaufsicht gefordert, der von den LehrerInnen in dieser Hinsicht nur sehr beschränkte Kompetenz zugesprochen wird (Schratz, 1996). Der Zusammenhalt im Kollegium muss gefördert, der Trend zur Entsolidarisierung aufgehalten werden (IFES, 1992). So könnten etwa erfahrene LehrerInnen mit ihrer sukzessive, im Berufsverlauf erworbenen Routine und Expertise professionelle Hilfestellung für BerufseinsteigerInnen bieten (Altrichter, 1996). Die durch autonome Maßnahmen komplexer werdenden Strukturen an den einzelnen Schulen, verlangen eine klarere und differenziertere Verteilung der Verantwortlichkeiten als bisher, um Kompetenzstreitigkeiten zu vermeiden.
Um nicht nur partielle Korrekturen durchzuführen, sind darüberhinaus eine Reihe weiterer Maßnahmen gefragt.
Soll der Beruf für dynamische, vielseitig begabte Personen attraktiv sein, so müssen die finanziellen Gratifikationen aufgestockt und neben der Anciennität auch mit einer leistungsabhängigen Komponente versehen werden. Maßnahmen wie ein Arbeitsplatz mit entsprechender Infrastruktur oder die Betrauung von LehrerInnen mit Forschungsaufträgen und Entwicklungsarbeit könnten helfen, das Berufsprestige zu steigern (Altrichter, 1996). Der kollegiale Erfahrungsaustausch sollte von der weitgehend informellen Ebene auf eine formellere (Tagungen, Kongresse) transponiert werden. Forschungsstipendien könnten ausgesetzt und Preise für Entwicklungsarbeit vergeben werden. Im Rahmen der Personalentwicklung sollte der Erwerb von Zusatzqualifikationen gefördert werden, die nicht mit dem Erhalt einer Kursbestätigung enden.
Ein weiterer wesentlicher Punkt ist die Schaffung von Karrieremöglichkeiten, die an transparente, objektiv nachvollziehbare Kriterien gebunden sind. Den BewerberInnen für eine Position sollte ein genau definierter Anforderungskatalog zur Verfügung stehen, der verlässlich angewendet wird (Altrichter, 1996). Um die professionelle Basis abzusichern, muss der Aufbau professionellen Wissens ein honorierter Teil des Berufsbildes werden. Forschungsarbeit, kollegialer Austausch und Projekte zur Entwicklung der professionellen Wissensbasis müssen unterstützt werden. Die LehrerInnen sollten offensiv demonstrieren, dass ihnen Qualität wichtig ist und sie bereit sind bei der Entwicklung entsprechender Maßnahmen mitzuarbeiten (Altrichter, 1996). Ein eindeutig formuliertes Berufsbild, sollte nicht nur die professionellen Anforderungen klarstellen sondern die LehrerInnen auch vor Überforderung schützen, denn der "Lehrberuf ist auf die immanente Erwartung der deutlichen zeitlichen Übererfüllung der Arbeitspflicht angelegt, und alle stricken an der Steigerung dieser Erwartungen mit. Eltern und ihre Kinder wollen alles von den Lehrern, gesellschaftlich werden beliebig Aufgaben an die Schule delegiert (und) Lehrer ziehen sich so gut wie jedes soziale Problem zu ..." (Schönwälder, 1999).
Eine ebenfalls wichtige Maßnahme stellt die Einführung einer vollakademischen Ausbildung der PflichtschullehrerInnen dar (Vierlinger, 1999), wie sie in vergleichbaren Ländern Europas durchaus üblich ist. Eine Studienberatung sollte obligat sein, die angehenden StudentInnen Orientierungshilfen bietet. Auch die Möglichkeit, sich selbst hinsichtlich berufsrelevanter Parameter einzuschätzen, sollte gegeben sein. Instrumente dafür wie das Faltblatt Lehrer/in werden"? von Mayr und Brandstätter (Mayr/Brandstätter, 1998) wurden bereits entwickelt und werden auch eingesetzt (Mayr, 1997). In diesem Zusammenhang wäre eine verpflichtende Evaluation vor Studienbeginn zu diskutieren. Die Pädagogischen Akademien nur formell in die Universitäten einzugliedern, ist allerdings zu wenig. Das gesamte Ausbildungsangebot müsste nach praxisrelevanten, pädagogischen und akademischen Kriterien revidiert werden, um eine professionellere Lehrerbildung zu ermöglichen (Altrichter, 1996). Ebenso wie für den Pflichtschulbereich vorgesehen, sollten auch diese pädagogischen Hochschulen Konzepte zur Selbstevaluation und Qualitätssicherung entwickeln und gezielte Öffentlichkeitsarbeit betreiben. Ein wesentliches Merkmal universitären Schaffens ist die Forschung, die im Verein mit der Qualität der Lehrveranstaltungen den Ruf einer derartigen Institution begründen. Forschungsvorhaben sollten daher gefördert werden, um auch in diesem Bereich Qualität signalisieren zu können. Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Entwicklung eines Berufswissens, das "von der Öffentlichkeit als spezifisch und überindividuell wertvoll anerkannt wird" (Altrichter, 1996, S.154) und auf das die Lehrerbildung gestützt werden kann.
Schlussendlich muss gesagt werden, dass auf lange Sicht nur dann qualifizierte, engagierte und mit dem nötigen professionellen Selbstbewusstsein ausgestattete LehrerInnen an unseren Pflichtschulen unterrichten werden, wenn die Voraussetzungen dafür durch Lehrerbildung, Personalentwicklung, innerschulische Kooperation und strukturelle Änderungen geschaffen werden.
Bibliographie
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Bachmann, H. et al. (1996 ). Auf dem Weg zu einer besseren Schule. Evaluation der Schulautonomie in Österreich. Auswirkungen der 14. SchOG-Novelle. (Bildungsforschung 11). Innsbruck: Studien Verlag
Bachmann H. (1997). Anmerkungen zum aktuellen Stand der Autonomieentwicklung. In: Schule gestalten. Autonomie. ZSE Bereich I. Klagenfurt: BMUK
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Gupfinger, F. (1998a). Schulautonomie an Hauptschulen. Überlegungen zur theoretischen Konzeption. Unser Weg, 1/1998, S. 23-30.
IFES & ÖIBF. (1992). Schulimage. Selbstbild und Öffentlichkeitsbild der Schule im Spannungsfeld von Schülerinnen und Schülern, Eltern und Lehrerinnen und Lehrern. Wien: BMUK
Lechner, F. et al. (1995). Das Befinden von Lehrerinnen und Lehrern an österreichischen Schulen. Eine empirische Erhebung zum physischen und psychischen Zustandsbild. Bildungsforschung, Band 9. Innsbruck-Wien: Studien Verlag
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Schönwälder, H.-G. (1999). Probleme der Arbeitsbelastung im Lehrerberuf. Darstellung und Bewertung vorliegender empirischer Untersuchungen. APS, 6-7/1999, S. 3-8
Schratz, M. (1996). Die Rolle der Schulaufsicht in der autonomen Schulentwicklung. Bildungsforschung des BMUK, Band 10. Innsbruck-Wien: Studien Verlag
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Sertl. M. (1998). Die Schule ist kein Dienstleistungsbetrieb. LehrerInnen Zeitung 2/98, S. 9-11
Specht, W. (1997a). Autonomie und Innovationsklima an Schulen. Rezeption und Wirkungen der Schulautonomie an Hauptschulen und allgemeinbildenden höheren Schulen. ZSE, Forschungsbericht 26. Wien-Graz: BMUK
Specht, W. (1997b). Autonomie und der Arbeitsplatz Schule. Die Sicht der LehrerInnen. In: LehrerInnenarbeit-heute und morgen. Band VII der Reihe Zukunftsforum, S.149-155. Innsbruck-Wien: Studien Verlag
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Vierlinger, R. (1999). PflichtschullehrerInnen an die Universität! Erziehung und Unterricht, 5/6/1999, S. 386-396