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BEITRÄGE |
Workshop 1.4 Integration und Begabungsförderung: Motoren der Schulentwicklung? Moderation: Ewald Feyerer und Silvia Hiebler
Input Da für den Workshop 1.4 von niemandem ein spezieller Diskussionsbeitrag eingebracht wurde, dienten kurze Zusammenfassungen einzelner Beiträge aus den Postersessions als Input.
In der Studie "Behindern Behinderte" von Ewald Feyerer wurde gezeigt, dass die nichtbehinderten Schüler aus neun Integrationsklassen auf der 8. Schulstufe weder bessere noch schlechtere Schulleistungen aufwiesen als ihre Kollegen in den Parallelklassen. Die soziale Integration geht also nicht auf Kosten der mess- und vergleichbaren Schulleistung. Bei der Frage nach der Zufriedenheit und dem Wohlbefinden der Schüler zeigten sich jedoch signifikante Unterschiede: Die Schüler und Schülerinnen der Integrationsklassen fühlten sich bedeutend wohler in der Schule. Als Ursache dafür kann vor allem eine bessere Lehrer-Schüler-Beziehung aber auch eine viel stärkere Individualisierung des Unterrichts genannt werden.
Gottfried Wetzel & Susanne Weiss stellten Ergebnisse der Beobachtung der didaktischen Praxis an 150 Salzburger und oberösterreichischen Volksschulklassen vor, die zeigten, dass sich das leistungsorientierte Verhalten der Lehrer in Klassen mit Kindern mit Sonderpädagogischem Förderbedarf nicht von dem der Lehrer in Klassen ohne behinderte Kinder unterscheidet, und somit den oben zitierten Leistungsvergleich indirekt bestätigen. Es zeigte sich überraschenderweise aber auch, dass die didaktischen Maßnahmen zur inneren Differenzierung sich nur in sehr geringem Maße unterscheiden. Dieser Widerspruch zu obigem Ergebnis ist wahrscheinlich dadurch zu erklären, dass sich die Studie Feyerer¥s auf klassische Integrationsklassen im Schulversuch beschränkte, während Wetzel & Weiss neben Integrationsklassen auch Stützlehrerklassen im Regelschulwesen untersuchten. Die Umsetzung einer integrativen Pädagogik ist im Regelschulwesen bei einer flächendeckenden Integration nicht mehr in dem Ausmaß zu erwarten wie im Schulversuch.
Hauer Karl stellte Ergebnisse seiner Fallstudien vor, in welcher er die Veränderung der Hauptschule durch die Integration behinderter Kinder untersucht. Er zeigt vor allem auf, dass das System Hauptschule letztlich nur sehr schwer von außen zu verändern ist. Nur wenn entsprechende Motivationen innerhalb des Systems vorliegen (wie z.B. deutlicher Schülerschwund, eine interessierte Lehrergruppe), kann eine pädagogische Innovation erfolgen. Entscheiden sind die in der einzelnen Schule vorhandenen Mentalitäten.
Das dynamische Förderkonzept wurde von Frau Gabriela Malin als eine konkrete Möglichkeit zur Begabungsförderung in der Volksschule vorgestellt. Kinder mit speziellem Interesse an naturwissenschaftlich-technischen Fragen bekommen in einer Lernwerkstatt die Möglichkeit, sich forschend und selbsttätig Wissen anzueignen.
Victoria und Markus Puchhammer stellten das Konzept CHESS: Center of Human Exellence in School Systems vor. Neben einer speziellen Förderung der kognitiven Leistung hochbegabter Schüler am TGM in Wien durch Teilnahme an Wettbewerben und Projekten in Kooperation mit der Wirtschaft wird hier auch der Gedanke des sozialen Miteinanders als zentraler Aspekt der Begabungsförderung gesehen. Hochbegabte Schüler unterstützen neben den Projektarbeiten in ihrer Freizeit auch Schüler mit Schwächen in bestimmten Fächern als Tutoren.
Folgende Fragestellungen wurden in der Diskussion behandelt:
- Welche Probleme bzw. Schwierigkeiten treten bei der "Individualisierung" des Unterrichts im Schulalltag auf und was brauchen Schulen um diese besser verwirklichen zu können?
- Integration versus Segregation von Begabten/Behinderten durch innere oder äußere Differenzierung?
- Welche Rahmenbedingungen und Unterstützungssysteme sind für heterogene Lerngruppen erforderlich?
- Wie steht es mit der Motivation der Lehrerinnen und deren Kompetenzen?
- Ist der vorhandene Gestaltungsfreiraum der Schule ausreichend?
- Wie stehen die derzeitigen gesellschaftlichen Strömungen diesem Thema gegenüber?
- Sind Schulen Lernende Organisationen?
Konsequenzen für die Schulentwicklung:
Gerade in dieser Thematik wäre mehr Wissen und weniger Glauben notwendig (Klima für Kritik ermöglichen, Lagermentalitäten hinterfragen). Integration wird oft als Gegenpol zur Begabtenförderung gesehen, ist aber in Wirklichkeit ein optimales Modell zur Begabungsförderung, da die Individualisierung ja nicht nur für die behinderten Kinder gilt. Untersuchungen ergeben, dass der Widerstand gegenüber einer integrativen Förderung aller Kinder steigt, wenn Lehrerinnen/Eltern mit der Idee Integration unter schlechten Rahmenbedingungen konfrontiert werden. Um dieser Tatsache entgegenzuwirken wurden in der Gruppe folgende Lösungsvorschläge diskutiert:
- Intensive Aufklärungsarbeit: in der Öffentlichkeit; bei den Eltern,...
- Bedeutend für das Gelingen der Integration ist die Überzeugungskraft und Kompetenz der LehrerInnen
- Wichtig ist das Miteinbeziehen der Eltern in den Diskussionsprozess
- Positive Öffentlichkeitsarbeit von und auf allen Seiten
- Bessere Kooperation und Kommunikation auf allen Ebenen
- Stärkung der Lehrerpersönlichkeit
- Mehr organisatorischer Freiraum
- Ausreichende Ressourcen (Teamteaching,.....)
- Schaffung eines Entwicklungsspielraumes an den einzelnen Schulen ("Forschungslabor")
- Neue Lehreraus- und -fortbildung; entweder Verpflichtung dazu - oder noch besser: Motivation zur Fortbildung durch eine positive Form der Anerkennung von Zusatzqualifikationen
- Unterstützung von außen
- Motivation durch Anerkennung von Mehrarbeit
- Öffnung der verschiedenen Schulsparten und -arten zur Wirtschaft und über die Grenzen hinaus
Schlussfolgerung:
Alle beteiligten DiskussionsteilnehmerInnen sehen in der Heterogenität eine zukunftsweisende Herausforderung, die aber nur langsam und schrittweise verwirklicht werden kann und entsprechende Unterstützung auf allen Ebenen benötigt.