|
BEITRÄGE |
Nach der möglichen Bedeutung der skeptischen Pädagogik für die Entwicklung der Pädagogischen Akademien zu Hochschulen zu fragen, ist wohl ein riskantes Unternehmen. Riskant deswegen, weil sich die skeptische Pädagogik primär und von ihrem Ursprung her als strenge Analytik definiert und erst in ihrer konstruktiven Wende hypothetisch-problematische bildungstheoretische Vorschläge macht. Wenn sie also überhaupt konstruktiv wird und bedingt für bestimmte Optionen sich ausspricht, so tut sie das eigentlich nicht mehr in Wahrnehmung ihrer ursprünglich kritisch-analytischen Funktion. Schon gar nicht dürfen ihre konstruktiven Vorschläge und Stellungnahmen dogmatisch vereinnahmt werden.
Der zweite Grund, warum es sich hierbei um ein riskantes Unterfangen handelt, liegt in der speziellen Sicht der skeptischen Pädagogik auf das Theorie-Praxis-Problem.
In der klassischen neukantianischen Tradition wurde Theorie immer als Theorie für Praxis verstanden. Davon weicht die skeptische Pädagogik ab. Es geht ihr nicht länger darum, in der theoretischen Anstrengung regulative Prinzipien zu entwickeln, die die pädagogische Legitimität der Praxis gewährleisten, so sie vom Praktiker in seinem jeweiligen Handlungsfeld realisiert werden.
W. FISCHER, der Vater der skeptischen Pädagogik, führt einen Hiatus zwischen Theorie und Praxis ein, der allerdings nicht als völliger Abbruch der Beziehung verstanden wird. Die Theorie erhebt aber nicht mehr den Anspruch praxisleitend wirken zu wollen und so die Praxis vor Irrationalität und Amoralität zu bewahren und im Rahmen des Pädagogischen zu halten. Statt Theorie als Theorie für Praxis zu verstehen, wird sie als Theorie der Praxis bestimmt. Ihre Aufgabe bleibt streng analytisch begrenzt. Sie will nicht mehr die pädagogische Wahrheit entdecken und auf den Begriff bringen. Als unnachgiebige Theorie richtet sie ihr Interesse darauf, die Voraussetzungen und Prämissen bestimmter Praktiken und Theorien aufzudecken und zu problematisieren.
Auch für J. RUHLOFF bleibt es trotz seiner Kritik am Problemlösungsansatz FISCHERs unmöglich, daß praktische Maßnahmen aus theoretischen Maßgaben deduziert werden. Dennoch solle Theorie nicht in reiner Analytik verharren. Ihr obliege zudem die synthetische Aufgabe, konstruktiv nach einem allerdings problematisch bleibenden Bildungsbegriff zu fragen. Umgekehrt aber solle die pädagogische Praxis nicht nur identitätsfördernd in gesellschaftlich akzeptierte Interpretationshorizonte einweisen, also sozialisieren, sondern selber analytisch und antithetisch werden, also diese Horizonte distanzieren und relationieren.
Was könnte das für die Weiterentwicklung der PA bedeuten?
Der praktische Ausbildungsdruck trägt natürlich die große Gefahr in sich, daß man sich eben auf bloße Ausbildung zurückzieht und die Bildung überhaupt vernachlässigt. Dem ist aus der Sicht skeptischer Pädagogik entgegenzuhalten:
In ihrer konstruktiven Wende frägt auch die skeptische Pädagogik nach dem heute möglichen, aktuell aussagbaren Sinn von Bildung. Sie maßt sich allerdings nicht mehr an, zu dem überzeitlich gültigen, allgemeinen Bildungsbegriff vorzudringen, wie das noch in der klassischen, prinzipienwissenschaftlichen Pädagogik der Fall war.
Knapp zusammengefaßt sieht skeptische Pädagogik in ihrer konstruktiven Wende den aktuellen Sinn von Bildung im Philosophieren. Darunter wird allerdings nicht mehr das Bemühen um den Aufbau einer umfassenden Metaphysik verstanden, sondern die Kritik der Vernunft und ihrer Leistungen. Das bedeutet, heute müsse vielleicht die Einsicht in die Begrenztheit unseres Wissens und Könnens als Sinn der Bildung ausgesagt werden.
Aufrecht bleibt allerdings die anthropologische Rückbindung des Bildungsbegriffs an die kritische Vernunft des Subjekts. So kommt es bei J. RUHLOFF zum Vorschlag, Pädagogik postmodern insgesamt im Sinne eines problematischen bzw. problematisierenden Vernunftgebrauchs zu verstehen und zu betreiben. Der Widerstreit zwischen relativ berechtigten Betrachtungsgesichtspunkten und Standpunkten sei heute unabweisbar. Bildung könne daher verstanden werden als die Verwicklung in die Prüfung von Legitimitätsansprüchen und die damit verbundene Eröffnung neuer Blickweisen und Praktiken. Das Bildungspostulat stehe für das Ansinnen, die eigenen Lebensvollzüge in die Grenzen der Frage zurückzunehmen, auf eine bloß bedingte Berechtigung.
Welche Konsequenzen läßt das zu?
Vom Bildungsgedanken her rückt offenbar die Geltungsfrage ins Zentrum der Pädagogik.
Die prinzipienwissenschaftliche Pädagogik hatte erkenntnistheoretisch noch auf der Notwendigkeit absolute Erkenntnis bzw. der Erkenntnis des Absoluten beharrt. Sie folgte sozusagen der sogenannten teutonischen These: Wenn nichts absolut sicher ist, ist absolut nichts sicher. Um der Sicherung der Pädagogizität der Praxis willen, will sie zur Letztbegründung vordringen. Davon rückt die skeptische Pädagogik entschlossen ab.
Die Geltungsproblematik bildet aber auch das Zentrum und den Schwerpunkt der skeptischen Pädagogik. Sie versteht sich ja primär als Analytik. Pädagogische Wahrheits- und Geltungsansprüche in Theorie und Praxis werden auf ihre Voraussetzungen und Bedingungen hin kritisch untersucht. Zu diesem Zweck sieht die skeptische Pädagogik die Etablierung eines dekompositorischen Diskurses innerhalb der systematischen Pädagogik vor. In dieser Rolle sieht sie sich selber.
Für die PA könnte das bedeuten:
Der Bildungsbegriff im Sinne des kritischen Denkens beruht natürlich auf einer wesentlichen anthropologischen Voraussetzung: der Vernunft des Subjekts.
Obwohl die Konstitution des Subjekts nicht mehr ihr Anliegen ist, nimmt auch die skeptische Pädagogik den Menschen als im Denken gründendes Subjekt wahr. Sie sieht in der vernunftbegründeten Anthropologie des Subjekts natürlich nicht mehr das ewige, zeitlos sich aussprechende, absolut gültige Wesen des Menschen, sondern eine hochproblematische, zeitbedingte, eben neuzeitliche, Auslegung des Menschseins. Dennoch bleibt die Vorstellung vom Menschen als vernünftigem Subjekt weiterhin die entscheidende Herausforderung der Pädagogik, wie das ja auch schon in der prinzipienwissenschaftlichen Tradition der Fall war. Lehrer wie Schüler sehen sich also herausgefordert zur Selbständigkeit im Denken und Besonnenheit im Handeln.
Damit sind wir auch schon bei der entscheidenden strukturellen Herausforderung:
Damit sind wir immer wieder bereits auf den Weg der Reform gewiesen worden. Die wesentlichsten Elements der nötigen Strukturreform können abschließend herausgehoben werden.