Unterhaltung und Lebenshilfe: Wie Psychotests funktionierenVon Britta Schmeis, dpa Iserlohn/Freiburg (dpa/gms) - Ob es um die eigene Menschenkenntnis geht, um das Talent zum Flirten oder die Treue in der Paarbeziehung: Psychotests in Frauenzeitschriften, Lifestyle-Magazinen und Klatschblättern sollen dem Leser helfen, seine Befindlichkeiten zu ergründen und sich in verschiedenen Lebenslagen zurecht zu finden. Seriöse wissenschaftliche Aussagen liefern sie zwar nicht. Werden sie nicht allzu ernst genommen, sorgen sie aber für Unterhaltung und bieten ein wenig Orientierung im Alltag. Da wundert es nicht, dass die Kästchen zum Ankreuzen beim Friseur oder Zahnarzt nur selten noch unangetastet sind. Psychotests seien ausgesprochen beliebt, sagt der Psychologe und Psychotherapeut Arnd Stein aus Iserlohn (Nordrhein-Westfalen). Seiner Erfahrung nach werde «der Gewinn von Selbsterkenntnis» viel höher bewertet als der Gewinn einer Kaffeemaschine. «Viele Menschen haben das Bedürfnis, etwas über sich zu lernen», sagt auch der Psychologe Michael Ziegelmayer aus Freiburg. Daher rühre das starke Interesse an den Tests. Dass sie in der Regel nur wenig mit strenger Wissenschaft zu tun haben, tue dem keinen Abbruch. Für ernsthafte Intelligenz-, Persönlichkeits- oder Personalauswahltests bedürfe es einer Entwicklung von zwei bis drei Jahren und eines Budgets von bis zu 200 000 Euro. Das sei ein erheblicher Aufwand, den viele Magazine gar nicht leisten könnten, sagt Ziegelmayer, der Mitglied im Vorstand der Landesgruppe Baden-Württemberg im Berufsverband deutscher Psychologinnen und Psychologen ist. Einen Zeitschriftentest könne daher jeder Psychologe mit mehr oder weniger Kreativität in einigen Stunden entwerfen. Trotzdem steckt natürlich auch hinter populärwissenschaftlichen Tests ein Schema: «Wenn ich einen neuen Test entwerfe, überprüfe ich die Fragen an einer Gruppe von Versuchspersonen», erzählt Arnd Stein, der seit mehreren Jahren Psychotests für verschiedene Medien erarbeitet. Die Versuchsgruppe soll quasi als Kontrollinstanz das Testergebnis bestätigten oder in Frage stellen. «Manchmal müssen nach einem solchen Probelauf einzelne Formulierungen oder Inhalte wieder geändert werden», sagt der Psychologe. Aufbau und Struktur von Psychotests sind dann meist ähnlich. «Den meisten Persönlichkeitstests liegen fünf Faktoren zu Grunde: Normgebundenheit, Belastbarkeit, Unabhängigkeit, Entschluss- und Kontaktbereitschaft», erläutert Werner Stangl, Psychologe an der Johannes Kepler Universität in Linz (Österreich). Diese Bestandteile seien weitgehend austauschbar und würden je nach Test unterschiedlich gewichtet. Mit dem Ergebnis lasse sich dann etwas über Eigenschaften und Verhalten eines Menschen aussagen. Dazu werde wiederum die Reaktion des Lesers in konkreten Situationen abgefragt. «Wenn ich eine bestimmte Eigenschaft des Lesers testen will, muss ich diesen seelischen Bereich in verschiedene, lebensnahe Fragen aufgliedern. Diese sollten - auch unterschwellig - einen Teilaspekt des gesamten Wesenszugs widerspiegeln», erklärt Stein. Je besser ein solches Spiegelbild gelingt, desto gültiger und aussagekräftiger sei dann der ganze Test. Das ist auch der Grund, warum manche Fragen bisweilen sehr platt daher kommen. «Je konkreter gefragt wird, desto eindeutiger kann auch die Antwort interpretiert werden», sagt Stein. Manche Leser allerdings meinen daher so manches Mal, den Test durchschauen und austricksen zu können. Oder sie versuchen, die Fragen mit Blick auf das gewünschte Ergebnis zu beantworten. Das sei allerdings wenig sinnvoll. «Es ist ein grundlegendes Missverständnis, dass in den Testaufgaben etwas Geheimnisvolles steckt», gibt Werner Stangl zu bedenken. «In der Regel wird man ja aufgefordert, vor allem zu sich selbst ehrlich zu sein und auch so zu antworten.» Das liefere dann auch die besten Ergebnisse. Denn schließlich gehe es nicht darum, das Frageschema auszutricksen. «Die Autoren und Herausgeber der Tests spekulieren darauf, dass der Mensch etwas von sich erfahren will», erläutert Stangl. Die Funktion der Tests geben die Experten daher auch als «Unterhaltung gepaart mit Persönlichkeitsdiagnostik» an. Allzu ernst sollte man die Ergebnisse daher nicht nehmen - und bei ernsthaften Lebensproblemen sollte man sie schon gar nicht zu Rate ziehen. «Da sind professionelle Beratungsstellen und Psychologen die besseren Ansprechpartner», rät Ziegelmayer. Aber auch wenn die Tests keine wissenschaftlich korrekten Ergebnisse liefern: Ein Garant für Kurzweil und Diskussionsstoff können sie nach Worten von Arnd Stein sehr wohl sein. «Und aussagekräftiger als Horoskope sind sie allemal.»Quelle: dpa 11.7.2006 Auch erschienen in: http://www.sol.de/beauty/mode/art4477,1805723.html? http://www.lr-online.de/freizeit/lifestyle_mode/berichte/art846,1320907.html http://www.general-anzeiger-bonn.de/index.php?k=ratg&itemid=10279&detailid=194365 http://www.stuttgarter-zeitung.de/stz/page/detail.php/1206850 http://www.g8way.de/anders_auftreten/aauftreten-trends-psychotests.html http://www.wiesbadener-kurier.de/ratgeber/objekt.php3?artikel_id=2482938 |