Modell mit mehr Freiräumen für Schüler bewährt sich
Größere Motivation, weniger Fünfer und Fehlstunden

VON FRIEDRICH SALMEN

 

STEYR. In einem Pilotversuch gestalten Steyrer Handelsschüler ein Drittel des Unterrichts weitgehend selbst. Die Auswirkungen sind erfreulich: Weniger Konflikte, mehr Freude am Lernen und gute Leistungen.

Ein 120 Seiten starker Evaluationsbericht stellt dem Modell ein gutes Zeugnis aus. "Auch schwierige Schüler haben auf die offenen Lernmethoden sehr gut reagiert. Die Leistungen wurden nicht schwächer und die sozialen Ergebnisse sind beeindruckend. Der Schulversuch müßte in der Handelsakademie sogar noch besser laufen", ist der Erziehungswissenschafter Herbert Altrichter von der Uni Linz überzeugt.

Der von Georg Neuhauser, einem Biologielehrer und freiberuflichen Psychotherapeuten, und der Englischlehrerin Helga Wittwer entwickelte Versuch soll ab dem Herbst 2000 in einer HAK-Klasse erprobt werden.

In der 2 a der Handelsschule gab es im Vorjahr um die Hälfte weniger Fünfer als in der Parallelklasse, die nach herkömmlichen Methoden unterrichtet wird. "Wegen der vielen Aufgaben beim offenen Lernen ist es für die Schüler aber schwieriger, ein Sehr gut zu bekommen", berichtet Neuhauser. Während des Schuljahres 1997/98 sei die Kooperationsbereitschaft der Schüler in den Modellversuchsklassen um 37 Prozent gestiegen. Die Verantwortlichkeit nahm um ein Drittel, die Selbständigkeit um ein Viertel zu.

"Die Schüler schätzen ihre Stärken und Schwächen nun realistischer ein als beim Start des Modells. In den Versuchsklassen gab es im Vorjahr bis zu 50 Prozent weniger Fehlstunden als in den Parallelklassen", freut sich Wittwer über den Motivationsschub, der das Unterrichten wesentlich erleichtert. Während offene Lernformen in vielen Volks- und Hauptschulen seit Jahren praktiziert werden, sind sie in AHS und BMHS noch kaum vertreten. Vor allem Gymnasien befürchten, daß das Leistungsniveau sinken könnte.

Dazu der Linzer Erziehungswissenschafter Ferdinand Eder: "Im BG Dornbirn wird das offene Lernen seit Jahren erprobt. Ich habe bei der Evaluation des Versuchs festgestellt, daß sich das Klassenklima stark verbessert hat. In Mathematik und naturwissenschaftlichen Fächern waren Aufgaben eines internationalen Tests zu lösen. Die Leistungen in den Versuchsklassen sind sogar etwas besser als in den Normalklassen."


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