Donnerstag, 12. Juni 1997
VON WERNER STANGL
In der Diskussion um die Qualitt unserer Schulen werden hufig Schwchen und Problembereiche aufgezhlt, jedoch keine Maþnahmen vorgeschlagen, wie diesen zu begegnen wre. Gleiches gilt f¸r Ziele, die abstrakt abgehandelt werden, ohne zu zeigen, wie sie erreicht werden knnen.
Einige dieser diskutierten Schlagwrter sollen mit Handlungsanweisungen zur Erhhung der Schulqualitt konfrontiert werden. Ich beziehe mich auf die vordringlich reformierungsbed¸rftigen Allgemeinbildenden Hheren Schulen, die sich immer hufiger Fragen nach ihrer Existenzberechtigung zu stellen haben - gleichwohl gilt vieles f¸r alle Schulformen.
Schlagwort "Belastung": Weit ¸ber 50 Stunden Beschftigung mit der Schule lassen den Heranwachsenden keine Zeit, das Schulwissen mit ihrer Lebenswelt zu konfrontieren. Daher: Verk¸rzung der Unterrichtsstunden auf ein lernpsychologisch vertretbares Hchstmaþ von 25 Stunden wchentlich, zu dem ein Anteil von 15 Stunden f¸r selbstndige Lernarbeit kommt. Damit wre auch das Ungleichgewicht an zeitlicher Belastung zwischen Lehrern und Sch¸lern aufgehoben.
Schlagwort "Soziales Lernen": In Aus- und Weiterbildung der Lehrer sollte sozialen Fertigkeiten der Vorrang vor Fachausbildung gegeben werden. Die Entwicklung von sozialen Fertigkeiten muþ wesentlicher Bestandteil jedes Unterrichts sein, um eine verantwortliche Beteiligung der Sch¸ler an der Lernaufgabe zu erreichen. Daher: Verpflichtung der Lehrer, etwa ein Drittel der Unterrichtszeit f¸r Gruppen- oder Partnerarbeit vorzusehen. Die Vermittlung von Kooperations- und Teamfhigkeit durch die Schule kann nur durch erlebtes Teamteaching, Projekt- oder Gruppenarbeit erreicht werden. Langfristig sollte die Mitwirkung der Eltern am Unterrichtsprozeþ erhht werden.
Schlagwort "Lebenslanges Lernen": Die Lehrer sollten verpflichtet werden, neben den fachlichen Inhalten den Sch¸lern zu vermitteln, wie diese Inhalte erlernt werden knnen, dazu gehren Lern- und Arbeitstechniken. Lernen und Ðben d¸rfen nicht allein nach auþen (Haus¸bung, Nachhilfe) verlagert werden, sondern sind in grþerem Umfang in den Unterricht einzubinden (Wochenplan-, Leitprogramm-, Freiarbeit). Nur Sch¸ler, die gerlernt haben, Lernen zu organisieren, werden auf der Universitt oder im Beruf zur Selbstverantwortung und Selbstorganisation in der Lage sein.
Schlagwort "Leistungsorientierung": Abkehr von der Fehler- und Mngelorientierung bei der Bewertung zu einer positiven Leistungsorientierung. Das herkmmliche System der Beurteilung belohnt nicht die Leistung, sondern die Vermeidung von Fehlern. Es wird nicht aus Interesse am Gegenstand gelernt, sondern aus Angst, Fehler zu machen. Daher sind durchschaubare Formen der Leistungsbeurteilung einzuf¸hren, etwa gemeinsam von Lehrern und Sch¸lern definierte Leistungserwartungen und festzulegende Handlungsziele.
Schlagwort "Neues Lernen": Orientierung des Unterrichts am Lehrplan und Zur¸ckdrngen des Schul- und Lehrbuchs im Austausch mit anderen Unterrichts- und Informationsmedien. Lehrer sollten dazu verpflichtet werden, ein Drittel des Jahresunterrichts durchgehend ohne Lehrbuch zu unterrichten. Ein solcher "Zwang zur Freiheit" m¸þte in einem Rahmenlehrplan verankert werden. Damit knnten verstrkt regionale Eigenheiten oder aktuelle Ereignisse ber¸cksichtigt werden.
Schlagwort "Schulautonomie": Einige der eingesparten Unterrichtsstunden sollten zur Einf¸hrung von koordinativen Pflichtstunden f¸r Lehrer einer Klasse bzw. zum fachlichen Austausch innerhalb von Fchergruppen genutzt werden. Solche Maþnahmen sollten mittelfristig mit einer verpflichtenden permanenten Weiterbildung und anderen Maþnahmen der Qualittssicherung in den Schulen verbunden werden.
Kritikern, die aufgrund der hier vorgeschlagenen K¸rzungen und Vernderungen ein Absinken der Qualitt gelernter Stoffmengen bef¸rchten, sei angeraten, ohne Ank¸ndigung Sch¸lern dieselben Pr¸fungsfragen oder denselben Test vorzulegen, die diese vor einem Jahr bearbeitet haben.