Massive Hürden bremsen den Ausbau der Schulautonomie
VON FRIEDRICH SALMEN
LINZ. Fast alle europäischen Länder setzen auf mehr Schulautonomie. Auch Österreich plant neue Initiativen, stößt dabei aber auf gewaltige Hürden.
"Ohne ein neues Lehrerdienstrecht und eine umfassende Qualitätssicherung an den Schulen ist ein weiterer Ausbau der Autonomie nicht möglich", warnt Herbert Altrichter, Professor am Institut für Pädagogik und Psychologie der Universität Linz. Österreich befinde sich bisher bei der Erneuerung des Bildungssystems zwar auf einem guten Weg, es bestehe aber die Gefahr, daß der Reformprozeß ins Stocken gerät.
"Wenn zum Beispiel ein Lehrer einen schulautonomen Lehrplan erstellt, ist das zwar Arbeit, diese muß aber nicht honoriert werden. Das veraltete Lehrerdienstrecht paßt nicht zur Schulautonomie. Bisher werden Lehrer vor allem für den Unterricht in der Schule bezahlt", kritisiert der Linzer Erziehungswissenschafter.
Gegen die in Versuchsprojekten bereits mit Erfolg praktizierte Qualitätssicherung an Schulen gebe es in Teilen der Lehrerschaft noch immer massive Widerstände. Ohne Qualitätssicherung sei der vom Unterrichtsministerium geplante Ausbau der Lehrplan-autonomie an den Schulen nicht möglich.
Spielraum beim Lehrplan
Dazu Altrichter. "Nach dem Konzept `Lehrplan '99' könnten die Hauptschulen und die Unterstufe der Gymnasien in Zukunft 40 Prozent der Lehrplaninhalte nach eigenen Schwerpunkten gestalten. Bisher ist dies nur bei rund zehn Prozent der Inhalte der Fall."
Mehr Möglichkeiten, durch selbstgewählte Unterrichtsschwerpunkte Profil zu gewinnen, sollen auch die berufsbildenden Schulen und die AHS-Oberstufe bekommen.
Bei der Lehrplanautonomie der Schulen ist Österreich laut Altrichter ein Vorbild für andere Länder - zum Beispiel Deutschland, Italien und die Schweiz. Bei der Entbürokratisierung der schulinternen Abläufe hat das Land der Berge Nachholbedarf. "In Schulen in ehemaligen Ostblockländern wie Ungarn oder Tschechien wurden zentralistische Organisationsstrukturen rascher aufgebrochen. In Ungarn steht zum Beispiel jeder Schule ein eigenes Lehrerfortbildungsbudget zur Verfügung. Sie kann auswählen, welche Kurse aus dem breitgefächerten Angebot privater Veranstalter besucht werden", berichtet Altrichter.
Er koordiniert ein Forschungsprojekt, bei dem in Zusammenarbeit mit Wissenschaftern aus Tschechien, Slowenien, Ungarn und der Slokawei untersucht wird, wie sich die Autonomiekonzepte in den Ländern bewährt haben. Altrichter wünscht sich für Österreichs Schulen auch mehr finanzielle und personelle Autonomie.