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Peter Haupt, Nina Kärst, Nadin Engelhardt, Sandra Kanngießer, Claus Veting, Nina Ockenga, Jens Huchthausen, Birgit Neite (1996):

Weitere Methoden im Ökonomieunterricht


5. Zukunftswerkstatt

Ausgangssituation und historische Entwicklung

  1. Mit der Methode Zukunftswerkstatt werden wünschenswerte, utopische Zukünfte entworfen, wobei es irrelevant ist, ob diese Zukunftsvorstellungen realistisch sind. Man setzt sich vielmehr mit der Frage auseinander, wie eine ideale Zukunft aussehen sollte, und wie man in dieser leben will. Das Besondere an der Zukunftswerkstatt ist die Umkehrung der Perspektiven, denn man betrachtet die Gegenwart aus Sicht der idealisierten Zukunft, um dann alternative Entwicklungen der Gegenwart zu erarbeiten, die zu einer solchen Zukunft führen.

    Die Idee der Zukunftswerkstatt - Entstehung: 1964, Veröffentlichung: 1969 - ist untrennbar mit dem Zukunftsforscher, Friedenskämpfer und Humanisten Robert Jungk verbunden. Er wies auf eine immer konzentriertere Machtverteilung einiger weniger hin und forderte demokratischere Verhältnisse. Außerdem beobachtete er ein zunehmendes Auseinanderklaffen des technisch-ökonomischen Fortschrittes einerseits und der Entwicklung humaner Lebensbedingungen andererseits. Die Lösung dieser Probleme sieht Jungk in der Entwicklung gewaltfreier Methoden, die zur Verbesserung der sozialen, politischen und ökonomischen Verhältnisse beitragen sollen.

    Wesentliche Merkmale und Ziele sind:


     

    Verlaufsstruktur für die Durchführung von Zukunftswerkstätten

    Die folgende Darstellung basiert auf der Methode, wie sie in der einschlägigen Literatur seit 1981 beschrieben wird. Hinsichtlich der vorhergehenden Darstellungen (1.Darstellung: 1973,2.Darstellung: 1978) lassen sich nur unwesentliche Veränderungen erkennen.

    Die Verlaufsstruktur der Zukunftswerkstatt läßt sich in 5 Phasen gliedern, wobei die Phasen der Vor-und Nachbereitung den Kernphasenbereich (Kritik-,Phantasie-und Verwirklichungsphase) umschließen.

    1.  
    2. In der Vorbereitungsphase wird ein Diskussionsthema festgelegt. Die Gruppe, die dieses als dringend lösungsbedürftig ansieht, sollte soweit wie möglich mit in die Bestimmung des Themas einbezogen werden. Ferner sind Arbeitsmaterialien zu beschaffen und die Teilnehmer in Methode und Thematik einzuführen. Um eine Vertrauensgrundlage zu schaffen, sollten Kennenlern-und Auflockerungsspiele durchgeführt werden.
    3. Mit der Kritikphase beginnt die eigentliche Arbeit in der Zukunftswerkstatt. Jeder Teilnehmer äußert seine Kritipunkte zum Diskussionsthema, und daraufhin werden die Hauptkritikpunkte von der Gruppe herausgefiltert. Abschließend wandeln die Teilnehmer die negativen Sätze in positive Aussagen um, z.B.der Satz "Der Stadtverkehr belästigt die Fußgänger durch Lärm und Abgase" in die Aussage "Durch autofreie Innenstädte werden Fußgänger vor Lärm-und Abgasbelästigungen geschützt." Hiermit wird ein Fundament für eine konstruktive Weiterarbeit gelegt.
    4. Diese erfolgt in der Phantasiephase. Die Gruppenmitglieder entwerfen mit Hilfe des Brainstormings möglichst viele Wunschziele für die Zukunft, die sie dann den jeweiligen Kritikpunkten zuordnen. Dabei wird davon ausgegangen, daß die Teilnehmer alle Macht und alles Geld der Welt haben, und es sei außerdem darauf hingewiesen, daß die Wunschziele nicht umsetzbar zu sein brauchen, sondern im Gegenteil so unrealistisch und utopisch wie möglich sein sollen. Hier tritt oft die Schwierigkeit auf, wirklich neue, eigene Vorstellungen, Phantasien und Utopien zu entwickeln, und nicht schon Erdachtes nur zu wiederholen. In der anschließenden Ideenverarbeitung werden die geäußerten Wünsche für die Weiterarbeit bewertet und geordnet.
    5. In der Verwirklichungsphase führt man die Teilnehmer wieder zurück in die Gegenwart. Die Durchsetzungschancen der Entwürfe werden kritisch geprüft, wobei auch Experten zu Rate gezogen werden können. Im nächsten Schritt werden Durchsetzungs-strategien für die erfolgversprechendsten bzw. interessantesten Phantasien entwickelt. Danach können ein Forderungskatalog für die Realisierung aufgestllt und in Kleingruppen Durchsetzungsvorschläge entwickelt und zu einem Aktionsplan verdichtet werden.
    6. Ideal wäre es, wenn sich die Teilnehmer in der sogenannten Nachbereitungsphase in regelmäßigen Abständen träfen, um an der Umsetzung der Ideen weiterzuarbeiten und sich gegenseitig über die jeweiligen Erfolge zu informieren.

    Im Hinblick auf Zeitplanung einer Zukunftswerkstatt sind folgende Varianten möglich und bisher erprobt:


    Zukunftswerkstatt: Vor-und Nachteile im unterrichtlichen Einsatz

    Für die Durchführung einer Zukunftswerkstatt müssen räumliche Gegebenheiten bereitstehen, die einen schnellen Wechsel von Kleingruppen und Plenum erlauben.

    Elemente der Zukunftswerkstatt lassen sich zwar in einen 45-Minuten-Rhythmus "pressen", aber es ist sinnvoller ein solches Projekt in einer Einheit durchzuführen, beispielsweise in Projektwochen. Schüler bilden in bezug auf ihr Wissen und ihre Erfahrungen weitestgehend homogene Gruppen, daher ist es für sie oft schwierig, sich gegenseitig bei der Bearbeitung von Problemstellungen aus unterschiedlichen Perspektiven zu ergänzen.

    Das kreative Potential, welches durch Zukunftswerkstätten geweckt wird, ist eines der Hauptargumente, das für den unterrichtlichen Einsatz von Zukunftswerkstätten spricht.