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Aufgrund zunehmender komplexer Lebenssituationen wird "Systemdenken" als notwendiger Bestandteil bei der Persönlichkeitsbildung von Schülern und Auszubildenden angesehen. Im schulischen Lernprozeß dient "Systemdenken" zur Erkenntnisgewinnung, es wird als Synonym zum vernetzten Denken behandelt.
Der Mensch hat sich in einem langen Evolutionsprozeß (Arbeiten, Wirtschaften, Technik, Politik etc. ) der unmittelbaren Abhängigkeit von der Natur entzogen. In der immer komplexer werdenden Welt ist es für den Menschen eine Notwendigkeit geworden, in Systemen zu denken. Der Begriff "System" hat in diesem Zusammenhang die Bedeutung von "systematisieren, generalisieren, zusammenfassen, abstrahieren, Beziehungen herstellen usw.".
Die Theorien des "Systemansatzes" dienen zur Bewältigung komplexer Problemlösungs-, Planungs- und Entscheidungsprozesse. Ein System ist dabei immer nur ein Konstrukt der Wirklichkeit, dieses ist abhängig von der subjektiven Wahrnehmung und den Erkenntnisprozessen des Konstrukteurs. In der Literatur gibt es keinen einheitliche Definition des Begriffs "System". Jenzen (1983, 13f.) bezeichnet den Begriff zunächst als ein operatives Konzept, eine Vorgehensweise bzw. Strategie, einen Ausschnitt der Realität zu betrachten, d. h. als komplexen Wechselwirkungszusammenhang vieler Elemente. Der Begriff kann mit Hilfe der Grundbegriffe "Offenheit von Systemen, Wechselseitigkeit der Vernetzung, Komplexität, Selbstorganisation,-erhaltung und -referentialität, Dynamik, Konflikt, Kontext und Umwelt" charakterisiert werden.
Die Analyse bzw. der Problemlösungsprozeß kann in sieben Schritte unterteilt werden. Diese Vorgehensweise soll die Wahrscheinlichkeit des Findens einer 'guten' Lösung erhöhen.
Abgrenzung des Problems
Aus Elementen und ihren Beziehungen ist eine Struktur, ein Netzwerk zu entwickelen. Hierzu gehört, die Anzahl und Eigenschaften der Elemente, den Kreislauf im Netz, die Beziehungsart (verstärkende/abschwächende) und die Wechselbeziehungen zu bestimmen.
Die zeitlichen Interdependenzen der Einflußnahme der Elemente innerhalb der Problemkonstellation müssen erfaßt werden. Die Auswirkungen der Elemente können kurz-, mittel- oder langfristiger Art sein. Das Einflußverhalten eines Elementes auf andere Elemente (aktiv, passiv, kritisch, träge) und die Intensität der Beziehungen zwischen den Elementen muß ermittelt werden.
Problemsituationen verändern sich im Zeitablauf,die möglichen Entwicklungen (Szenarien) müssen erfaßt werden. Aus den Szenarien sind Maßnahmen abzuleiten.
Die Problemsituation ist im Hinblick auf mögliche Lenkungseingriffe zu untersuchen. Es wird unterschieden zwischen lenkbaren und unlenkbaren Größen/Elementen. Indikatoren helfen über Rückkopplunngsmechanismen den Erfolg eines Eingriffes zu beurteilen.
Nachdem die Strategie lenkbarer Größen festgelegt wurde, ist deren Wirksamkeit zu beurteilen.
Problemlösungen müssen reparatur- und entwicklungsfähig sein, um sich besser an verändernde Umweltbedingungen anpassen zu können.
Achtenhagen u. a. (1992) und Dubs (1989, 1993) haben neuere Arbeiten entwickelt, Systemdenken in der Schule zu realisieren. Sie haben
a) zielgerichtete Netzwerke und
b) Feedback-Diagramme
eingeführt.
Der Kreis dient als Grundvorstellung der Vernetztheit der Elemente
eines Systems, da er keinen Anfang und kein Ende besitzt.
Den Schülern kann mit Hilfe eines zielgerichteten Netzwerkes gezeigt werden, welche Auswirkungen eine bestimmte Maßnahme haben kann. Bei der Entwicklung eines Netzwerkes wird von einem Problem, einer Zielvorstellung und einer Maßnahme ausgegangen. Anhand folgender Schritte kann ein Netzwerk erstellt werden:
Für die Einführung von Netzwerken in der Schule ist die induktive Vorgehensweise (vom Speziellen zum Allgemeinen) zu empfehlen. In zielgerichteten Netzwerken können unterschiedliche Standpunkte einander gegenüber gestellt werden, die im folgenden als Diskussionsgrundlage dienen können.
Feedback-Diagramme sind eine Weiterentwicklung der einfachen Netzwerke, sie helfen Denkfehler zu vermeiden und ermöglichen ein 'ganzheitliches' Problemlösen. Über Rückkopplungsschleifen werden die Auswirkungen der Elemente in bezug auf das Netzwerk deutlich. Auch zur Einführung in die Arbeit mit Feedback-Diagrammen wird die induktive Lehrstrategie empfohlen, dabei könnte folgendermaßen vorgegangen werden:
Zentrales Problem des Denkens in Netzwerken ist die Informationsfülle, aus der Schlüsseldaten herausfiltriert werden müssen. Dies ist aber nur möglich, wenn die Schüler über gutes 'Grundlagenwissen' verfügen. Liegt für eine Problemstellung hinreichend Sachwissen vor, so können zielgerichtete Netzwerke und Feedback-Diagramme ergänzend in den herkömmlichen Unterricht eingebaut werden. Transferwirkungen ergeben sich aber nur dann, wenn Netzwerk und Feedback-Diagramme immer wieder an 'neuen Inhalten' angewandt werden.