Und ewig lockt das Internet: Man stibitze einen fertigen Text, verquirle ihn mit einigen eigenen Sätzen, formatiere ihn neu - und fertig ist die Seminararbeit. Die Professoren sind die Studenten-Schummelei jetzt leid und entlarven Plagiate mit Suchmaschinen.
15 oder 20 Fachbücher lesen und mitsamt Einleitung und Ausblick zu einem eigenem Werk zusammenfassen: Das ist gängige Praxis an den Universitäten und reicht allemal für eine Diplomarbeit, mitunter auch für einen wissenschaftlichen Fachaufsatz oder gar eine Dissertation. Mittlerweile ist es nicht mehr unbedingt notwendig, die Bücher tatsächlich zu lesen. Dank Internet geht es noch einfacher: Dutzende von Angeboten im Web helfen gewitzten Studenten bei der Recherche für ihre Seminar- und Abschlussarbeiten. Und wer es darauf anlegt, kann mühelos eine ganze Arbeit klauen und sie als die eigene ausgeben - per "copy and paste".
Abschreiben statt schreiben, das ist offenbar längst keine Ausnahme mehr an deutschen Hochschulen. Durch das Internet sei eine neue Ära des wissenschaftlichen Betrugs angebrochen, warnen Hochschullehrer. Der Deutsche Hochschulverband (DHV) hat Professoren jetzt aufgefordert, stärker gegen Schummeleien vorzugehen und Plagiate einzudämmen.
"Einige Studierende stellen sich beim Erstellen schriftlicher Arbeiten nicht dem Anspruch guter wissenschaftlicher Arbeit", erklärte DHV-Präsident Hartmut Schiedermair. Der Verband vertritt rund 18.000 Universitätsprofessoren und hat eine Resolution zum Umgang mit Plagiaten verabschiedet. "Mit dem Einhalten gewisser Grundregeln steht und fällt jede wissenschaftliche Qualität", so Schiedermair, "wir wollen erreichen, dass Plagiate leichter enttarnt werden können und damit auch die Bereitschaft zum Plagiat insgesamt abnimmt."
Wie groß der Anteile der Betrüger unter den Studenten ist, weiß niemand genau. Seit Jahren häufen sich aber die Klagen von Professoren über Hausarbeiten, die mitunter Wort für Wort mit anderen Arbeiten übereinstimmen. Manche Schummler machen sich nicht einmal die Mühe, auffällige Schreibfehler zu beseitigen oder die Seminararbeit auch nur neu zu formatieren. In den USA befürchten Experten inzwischen, bis zu einem Drittel studentischer Arbeiten basierten auf Ideenklau.
In Deutschland sind Hausarbeiten-Börsen im Internet ähnlich weit verbreitet. Der Deutsche Hochschulverband rät Professoren nun, ihren Studenten frühzeitig die Grundsätze wissenschaftlicher Arbeit zu vermitteln - vor allem den "Umgang mit fremdem, geistigen Eigentum" und die "Methodik korrekten Zitierens". Außerdem sollen sie die Themenstellung so wählen, dass Abkupfern aus bereits vorhandenem Material scheitert, etwa durch spezielle Themen oder die Verwendung neuester Literatur.
Vor allem aber sollen Professoren die Trickser mit ihren eigenen Waffen schlagen, nämlich mit den Möglichkeiten des Internet. Neben allgemeinen Suchmaschinen empfiehlt der DHV auch spezielle Dienste wie turnitin.com oder plagiarism.org, mit denen US-Professoren häufig Studenten überlisten. Hilfreich sei zum Beispiel eine Fahndung nach gemeinsamen Sätzen in Seminararbeiten, ungewöhnlichen Wendungen oder Stilbrüchen.
Referate, Haus- und Abschlussarbeiten gibt es zwar im Internet massenhaft zum Download. Aber nicht alle Anbieter verstehen das als Einladung zum Schummeln. Manche distanzieren sich sogar ausdrücklich von Betrugsversuchen. UniSPIEGEL ONLINE etwa kooperiert mit Hausarbeiten.de. Im Archiv finden sich rund 17.000 meist kostenlose Arbeiten, übersichtlich sortiert nach 200 Fachbereichen.
"Informieren - nicht kopieren!", heißt es ausdrücklich auf der Webseite. Und hinzu kommt eine ausdrückliche Aufforderung an alle Nutzer, Urheberrechtsverletzungen per Telefon oder E-Mail durchzugeben. Die Arbeit werde dann sofort aus dem Archiv entfernt, versprechen die Anbieter. Und empfehlen den Professoren, die Seite als Kontrollmedium zu nutzen.
Ob das reicht, ist allerdings fraglich. Solange Professoren an Mammut-Unis eine persönliche Betreuung nicht leisten können oder wollen, werden sie gegenüber den Kopisten stets ins Hintertreffen geraten. Und auch die Konsequenzen bei Schummeleien sind diffus: Während Mogler an US-Hochschulen mit der sofortigen Exmatrikulation rechnen müssen, tun sich deutsche Hochschulen noch schwer.
Bislang setzen sie auf Appelle. Ein Plagiat sei "kein Kavaliersdelikt", betont der DHV und fordert die Fakultäten auf, "verbindliche Regeln zu treffen und diese Regeln konsequent anzuwenden" - etwa mit einem Verhaltenskodex, den Studienanfänger bereits bei der Einschreibung überreicht bekommen.