Warum ist Lernen in der Gruppe wichtig, welche Vorteile bietet es?
Wenn in Gruppen gelernt wird, geht es nicht einfach darum, mit anderen zusammen ein "Produkt" zu erstellen (und diese Sache möglichst schnell hinter sich zu bringen), sondern das Lernen an sich sollte im Vordergrund des Interesses stehen. Denn die Gruppensituation bietet die Möglichkeit, neue Sichtweisen und Perspektiven kennenzulernen und vom Wissen anderer zu profitieren. Wenn sich die Gruppenmitglieder gegenseitig unterstützen, kann jedes seine Kenntnisse und Fähigkeiten erweitern.
Obwohl von seiten der Wirtschaft hohe Anforderungen hinsichtlich der Team-, Kooperations- und Kommunikationsfähigkeit an die StudienabgängerInnen gestellt werden, wird das Lernen in Gruppen von Studierenden (aber auch z. T. von den Lehrenden) häufig rundweg abgelehnt. Dabei fallen die Vorteile, die kooperative Lernformen sowohl auf kognitiver, als auch auf emotional-motivationaler und sozialer Ebene mit sich bringen können, meist unter den Tisch:
Darum ist das Lernen in Gruppen in den verschiedensten Bereichen so wichtig und erfolgreich. Dabei ist es völlig gleichgültig, ob es sich um ein Treffen der Vertriebspartner handelt oder um die möglichen Chefs von morgen in ihrem Management Studium. Ganz besonders interessant und sicher auch unerwartet sind Ergebnisse von Studien, welche besagen, dass eben nicht nur die Schwächeren in einer Gruppe profitieren, sondern diejenigen einen noch größeren Nutzen davon haben, die Hilfe eigentlich nicht nötig hätten, Experten auf einem bestimmten Gebiet sind und dadurch ihr Kompetenzgefühl (z. B. anhand der Gruppenpuzzlemethode) steigern können. Es zeigt sich also, dass das Lernen in Gruppen und kooperatives Verhalten auch die eigene Leistungsfähigkeit wesentlich erhöhen kann. Deshalb sollte jeder einmal die Erfahrung des Gruppenlernens machen. Dabei muss stets im Auge behalten werden, dass Gruppenarbeit, wie gezeigt, durchaus negative Phänomene hervorbringen kann. Diese gilt es zu beseitigen, um einen immerwährenden Lernprozess zu ermöglichen und qualitativ zu verbessern. Denn egal ob für den Fernstudium Master Hochschulabschluss oder im späteren Beruf: Das Arbeiten in Teams wird stets gefördert und vorausgesetzt.
Allerdings stellen sich diese positiven Auswirkungen von Gruppenarbeit nicht von selbst ein. Es müssen einige Voraussetzungen erfüllt sein, damit Gruppenarbeit auch funktioniert. Dazu müssen die Gruppenmitglieder zum einen bereit sein, miteinander zu kooperieren, zum anderen müssen sie die Gruppenarbeit aber auch organisieren.
Was sind wichtige Voraussetzungen für eine gute Zusammenarbeit in der Gruppe?
Welche Schwierigkeiten können beim kooperativen Lernen auftreten?
Da beim kooperativen Lernen mehrere Individuen mit eigenen Bedürfnissen, Wünschen und Vorstellungen zusammenarbeiten, kann es natürlich zu Schwierigkeiten kommen.
Hans Gruber (19**) beschreibt weiterhin folgende 6 Phänomene:
Aus welchen Phasen besteht der Gruppenprozeß?
Für denjenigen, der in einer Gruppe arbeiten will (oder muß) kann es sehr hilfreich sein, die verschiedenen Phasen des Entwicklungsprozesses von Gruppen zu kennen. Du kannst dadurch z.B. Dein eigenes Verhalten besser verstehen lernen. Weiterhin kann dieses Wissen auch bei der Analyse von Konflikten nützlich sein.
Diese Phase ist gekennzeichnet durch abwartendes Verhalten. Um die neue Situation für sich einfacher zu gestalten, werden zunächst einmal innerlich Etiketten verteilt, die die anderen in ein gewohntes Schema einordnen: nett, intellektuell, Kumpel, Stockfisch etc. Mit diesen Etiketten verschafft man sich zwar Übersicht, behindert aber gleichzeitig vorurteilsfreies Zugehen auf die anderen. Der gemeinsame Nenner hinter diesem Verhalten heißt Unsicherheit und Wunsch nach Orientierung, denn jeder der Teilnehmer ist auf der Suche nach seinem Platz und seiner Rolle in der Gruppe. Alle wollen akzeptiert werden, jeder möchte seine Werte und Vorstellungen berücksichtigt wissen. Der eine intensiver, der andere mit größerer Distanz.
Die Teilnehmer sind nun in der Gruppe vertrauter und zeigen ihr wahres ICH. Sie zeigen die eigenen Interessen und Erwartungen. Diese Phase ist geprägt von Durchsetzungswillen, Rollen- und Statusverteilungen, evtl. auch Aggressionen. Skeptische und konfrontative Fragen werden gestellt. Da jeder seine Interessen klarer ausdrückt werden die Unterschiede in den Erwartungen deutlicher. Rivalität und Durchsetzungswille, Rollen- und Statusverteilungen beeinflussen das Klima. Die Gruppe kommt nur langsam voran, die Konfusion und gegenseitige Blockade bringt die Gruppe zur ersten Krise und damit an einen wichtigen Punkt: Es wächst die Einsicht und Bereitschaft, Entscheidungsregeln zu finden, Rollen und Funktionen zu verteilen, akzeptable Normen für das Gruppenleben zu schaffen und unterschiedliche Fähigkeiten zu akzeptieren. Die Gruppe beginnt, sich zu organisieren und als Gruppe zu verstehen. Den TeilnehmerInnen wird klar, wofür sie in Bezug auf ihr Lernen und den Fortschritt in der Gruppe Verantwortung übernehmen müssen.
In dieser Phase wird die Unterschiedlichkeit der Personen als nutzbringend erkannt, und als Vorteil für eine kreative Aufgabenbewältigung gesehen. Aufgabenteilung und Rollendifferenzierung können stattfinden. Die Gruppe befindet sich in einer Phase relativ stabiler Arbeitsfähigkeit, Aufgabenstellungen werden konstruktiv aufgegriffen und auf der Sachebene bearbeitet. Das Klima ist von gegenseitigem Geben und Nehmen gekennzeichnet, die Kommunikation funktioniert gut. Die Gruppe ist nicht mehr so anfällig für Stimmungsschwankungen. Frustration und Konflikt können ertragen werden, ohne die Arbeitsfähigkeit der Gruppe in Frage zu stellen.
Häufig ist das Ende der Gruppe durch die vorgegebene Dauer oder durch das Erreichen der Ziele "vorprogrammiert". Abschluß, Transfer und Abschied sind die drei beherrschenden Themen der Schlußphase. Abschluß heißt, die bisherigen Themen zu einem Ende zu führen, auf der Sachebene ebenso wie auf der Beziehungsebene. Mit Transfer ist gemeint, daß sich der Teilnehmer mit der Frage konfrontiert, was er mit dem bisher gelernten anfangen will. Der Abschied braucht um so mehr Energie, je länger die Gruppe zusammen war und je persönlicher die Themen und Beziehungen wurden. Emotionale Bande müssen zu einem (vorläufigen) Abschluß gebracht werden.
Welche Hilfestellungen gibt es für eine kooperative, effektive Zusammenarbeit?
Gruppen sind soziale Systeme, die sowohl Aufgaben bewältigen, wie auch ihre inneren Beziehungen strukturieren müssen. Wird eines dieser Ziele vernachlässigt, so leidet auch das andere darunter. Ruth Cohn (1990) plädiert deshalb dafür, die drei Faktoren Person (Ich), die Gruppe (Wir) und das Thema bzw. die Aufgabe (Es) gleichwertig zu behandeln. Solange ein dynamisches Gleichgewicht dieser drei Faktoren immer wieder erarbeitet wird, existieren optimale Bedingungen für die TeilnehmerInnen als Personen, für die Interaktion der Gruppe und für die Erfüllung der Aufgabe. Ein besonderes Augenmerk gebührt auch dem Umfeld, denn Umfeld und Gruppe stehen auch in Verbindung: eine Änderung in Deinem Verhalten wird für das Umfeld spürbar und es wird darauf reagieren.
Nützlich sind auch die von Ruth Cohn aufgestellten Spielregeln der Themenzentrierten Interaktion (TZI). Sie helfen, die Interaktion zu erleichtern und sollen als Hilfe, nicht als zusätzlicher Streß verstanden werden, auch wenn sie zunächst eingeübt werden müssen.
Dies bedeutet soviel wie "übernimm die Verantwortung für Dich selbst". Bestimme wann und was Du sagen willst und bestimme Dein eigenes Vorgehen im Blick auf die Arbeit, die Gruppe und alles, was für Dich wichtig ist. Nimm Deine Ideen, Gedanken, Wünsche und Gefühle wichtig und wähle aus, was Du den anderen anbieten kannst und um was Du bitten möchtest.
Schmerzen, Abneigung oder Vorurteile können unter Umständen der aktuellen Mitarbeit in der Gruppen ebenso im Wege stehen wie große Freude, denn sie schwächen unterschwellig die Konzentration auf das eigentliche Vorhaben.
Deshalb: Unterbrich das Gespräch, wenn Du nicht wirklich teilnehmen kannst, wenn Du gelangweilt, ärgerlich oder aus einem anderen Grund unkonzentriert bist. Die Gruppe weiß dann, was in Dir vorgeht und welchen Anteil sie daran hat.
Werden Störungen nicht beachtet, so kann dies schwerwiegende Folgen haben, weil das Lernen oder die Arbeit be- oder sogar verhindert werden. Die Gruppe kann Störungen zwar ignorieren, wirksam sind sie trotzdem. Eine Gruppe, die die Störungen ihrer Mitglieder bearbeitet, gewinnt die scheinbar verlorene Zeit durch intensivere und konzentriertere Arbeit zurück.
Die verallgemeinernden Redewendungen wie z.B. "jeder weiß", "man sagt", "wir alle wollen" usw. sind häufig persönliche Versteckspiele; der Sprecher übernimmt nicht die volle Verantwortung für das, was er sagt. Er versteckt sich hinter der öffentlichen Meinung oder einer behaupteten Mehrheit um sich und andere zu überzeugen.
Informationsfragen sind nötig, um etwas zu verstehen. Fragen, die kein wirkliches Verlangen nach Information ausdrücken, sind unecht. Ausweichende Antworten oder Gegenfragen sind die Folge, es kommt zum Interview, statt zum Dialog. Wenn anstelle von Fragen Aussagen treten, inspiriert das zu weiteren Interaktionen. Versuche also, eigene Erfahrungen und Gedanken anzusprechen.
Sie stören und sind zugleich meist wichtig, sonst würden sie nicht geschehen. Wenn Teilnehmer Seitengespräche führen, so sind sie mit großer Wahrscheinlichkeit stark beteiligt &endash; oder gar nicht. Es kann sein, daß ein Gruppenmitglied etwas sagen will, was ihm wichtig ist, aber gegen schnellere Sprecher nicht ankommt und Hilfe braucht, um sich in der Gruppe zu exponieren.
Niemand kann mehr als einer Äußerung zur gleichen Zeit zuhören. Damit man sich auf verbale Interaktionen konzentrieren kann, müssen sie nacheinander erfolgen. Sofern mehr als einer gleichzeitig reden wollen, verständigt man sich in Stichworten über das, was gesagt werden soll, und über die Reihenfolge der Sprecher.
Authentisch sein heißt, Kontakt zu den eigenen Gedanken und Gefühlen zu haben, die Auskunft darüber geben, was ich jetzt brauche, wünsche oder tun sollte. Wähle aus, was Du davon den anderen sagen oder zumuten willst. Alles, was Du sagst, sollte wahr sein, aber nicht alles, was wahr ist, muß gesagt werden.
Wer die Sprache seines Körpers kennt, versteht, wie Gedanken und Aussagen von bestimmten Körpergefühlen begleitet werden und wie diese ihrerseits eine Aussage machen. Auf die Sprache des Körpers zu achten, verschafft wichtige zusätzliche Informationen über das Gesprochene und Gehörte hinaus. Körpersprache signalisiert Emotionen sehr deutlich und in der Regel eher als sie ausgesprochen werden.
Sind Interpretationen inadäquat ausgedrückt, so erregen sie Abwehr und verlangsamen oder unterbrechen den Gruppenprozeß. Direkte persönliche Reaktionen aber, also Gedanken und Gefühle, die das Gehörte bei Dir auslösen, führen immer zu weiteren Aktivitäten und fördern die spontane Interaktion.
Eine weitere Möglichkeit, gruppenförderliches Verhalten zu lernen, ist es, in der Gruppe regelmäßig Feedback-Runden durchzuführen.
Feedback geben und erhalten ist wichtig für unser Lernen und die persönliche Entwicklung. Angemessenes Verhalten gegenüber Personen und Situationen lernen wir in hohem Maße dadurch, daß wir die Auswirkungen des eigenen Verhaltens auf andere beobachten und die entsprechenden Signale nutzen.
Feedback geben verbindet sich meist mit drei Zielsetzungen:
Die positiven Wirkungen von Feedback liegen darin, störende Verhaltensweisen zu korrigieren und somit die Zusammenarbeit effektiver zu gestalten. Allerdings ist es keine leichte Angelegenheit, Feedback zu geben oder zu nehmen. Es kann manchmal sehr weh tun, peinlich sein, Abwehr auslösen oder neue Schwierigkeiten heraufbeschwören. Auch muß der offene Umgang mit Gefühlen häufig erst gelernt werden.
Auch beim Feedback sollten bestimmte Regeln beachtet werden:
Wie können Konflikte bewältigt werden?
Konflikte treten in Gruppen recht häufig auf. Sie sind Teil der Gruppendynamik und führen nach einer erfolgreichen Bewältigung meist zu einer produktiven Arbeit.
Konflikte entstehen dann, wenn die betroffenen Parteien voneinander abhängig sind und eine oder beide Parteien zum gleichen Zeitpunkt Handlungen beabsichtigen oder Durchführen, die zur Folge haben (könnten), daß sich die andere Partei behindert, blockiert, bedroht oder verletzt fühlt. Die Bedingungen, die zum Konflikt führen können z.B. Werte, Visionen, Ziele, Einstellungen, Motive, Wahrnehmungen oder Verhaltensweisen sein.
Solange ein Konflikt existiert, hält er die Gruppe davon ab, Ziele geschlossen anzustreben, Aufgaben koordiniert abzuwickeln und Beziehungen vertrauensvoll zu gestalten. Eine konstruktive Konfliktlösung ist deshalb anzustreben.
Zur Bewältigung eines Konflikts kommen zwei Strategien in Frage:
Hilfestellungen zur Konfliktbewältigung
Was sind Methoden kooperativen Lernens?
Nachfolgend werden Dir zwei Methoden für kooperatives Lernen vorgestellt:
1. Gruppenpuzzle
2. Reziprokes Paarlernen
(für 2-er Gruppen gedacht, kann aber auch in größeren Gruppen durchgeführt werden)
Checkliste für die eigene Sozialkompetenz
Checkliste für gruppenförderliches Verhalten
für Phase 1 des Gruppenprozesses
für die Phasen 2 und 3 des Gruppenprozesses
Langmaack, B & Braune-Krickau, M. (1995). Wie die Gruppe laufen lernt. Anregungen zum Planen und Leiten von Gruppen. Weinheim: Beltz Psychologie Verlags Union.
Friedrich, H.F. & Ballstaedt,S-P. (1995). Strategien für das Lernen mit Medien. Tübingen: Deutsches Institut für Fernstudienforschung an der Universität Tübingen (DIFF).
Berkel, K. (1992). Konflikttraining. Arbeitshefte Führungspsychologie.Band 15. Heidelberg: Sauer Verlag.