"Ich schaffe es einfach nicht, mich hinzusetzen und zu lernen." - Über Ursachen einer weitverbreiteten Schülerkrankheit und die Möglichkeiten, sie zu beheben.


Peter Ustinov bringt es wie immer auf den Punkt ...

Auf der vorliegenden Seite können Sie sich mit Aufschiebestrategien und Möglichkeiten ihrer Bewältigung auseinandersetzen. Neben einführenden und erklärenden Textteilen finden Sie konkrete Materialien, mit Hilfe derer in Einzelarbeit oder in Gruppen an der Problematik gearbeitet werden kann. Die Seite ist folgendermaßen gegliedert:

  1. Zum Einstieg: ein Fallbeispiel
  2. Was ist der Sinn der Verzögerungstaktiken?
  3. Was kann gegen die Verzögerungstaktiken getan werden?
  4. Wie geht man als Lehrer oder Eltern mit Verzögerungstaktiken um?


1. Zum Einstieg: ein Fallbeispiel

Wer kennt ihn nicht, den Schüler Johannes. Johannes steckt in großen Schwierigkeiten: Er quält sich fürchterlich mit den Hausaufgaben, mit den Schulaufgabenvorbereitungen, mit dem Wiederholen von Wörtern und Grammatik oder mit  der Vorbereitung eines Referates. Täglich nimmt er sich fest vor, die Aufgaben bald, an diesem Nachmittag um jene Uhrzeit, zu erledigen, versichert dies auch immer wieder den Eltern und den Lehrern. Eine halbe Stunde vor Arbeitsbeginn wird Johannes jedoch unruhig. Er

beginnt durch die Wohnung zu schleichen, ist bald hier und bald dort, wirft den Blick in eine Zeitung, um sich festzulesen oder sie gleich wieder auf den Tisch zu feuern. Ihm fallen plötzlich viele verschiedene Sachen ein, die noch zu erledigen und von großer Wichtigkeit sind. Er muss schnell noch einen Freund oder die Freundin anrufen, auf die Post gehen, ein Heft einkaufen oder ein Klavierstück üben. Vielleicht muss er auch noch 
ein hochinteressantes Buch erst zu Ende lesen, die Bremsklötze an Fahrrad oder Moped überprüfen. Manchmal schafft er es sogar, den Schreibtisch ins Visier zu nehmen, in ein-, zweimal zu umkreisen, sich ein paar Minuten hinzusetzen, um ihn dann schnell, weil er hungrig oder durstig geworden ist, wieder zu verlassen. An anderen

Tagen wiederum zieht es ihn wie magisch an den Fernseher oder in das Computerspiel, über denen er Zeit und Arbeit wie in einem Traum vergisst. Oder er ist einfach müde, fürchterlich erschöpft müde, sodass nur noch ein Körper und Geist lähmendes Ruhen auf dem Bett die Lösung bringen kann.

 
Ein weiteres anschauliches Beispiel gibt Wolfgang Pohl zu Beginn des Kapitels "Hausaufgaben" in seinem Internet-Lehrgang "Das Lernen lernen"!
 

Die beschriebenen Schüler leiden an einer weitverbreiteten "Krankheit", die ab und an jeden von uns erfasst: die Aufschieberitis. Wie bei allen Krankheiten kommt es auch bei dem scheinbar unentrinnbaren Zwang, Wichtiges aufzuschieben, darauf an, wie häufig und wie intensiv man davon betroffen ist. Für manche kann das Aufschieben nämlich zu einem Leiden im wahrsten Sinne des Wortes werden, da sie tief von sich enttäuscht sind, wieder einmal einen Nachmittag durchgebracht zu haben, ohne etwas getan zu haben. Selbstvorwürfe bis hin zur Selbstverachtung können die Folge sein, und auf die Dauer führt das Aufschieben vor allem auch dazu, dass man ständig unter mehr Druck kommt, sich immer hoffnungsloser mehr unerledigte Geschäfte ansammeln und schließlich schulischen Verpflichtungen nur noch durch Fernbleiben vom Unterricht ausgewichen werden kann, ohne dass sich dadurch irgend etwas von selbst erledigen würde. Und manchmal beginnen dann die schulischen Leistungen so unter der Aufschieberitis zu leiden, dass man in ernste Gefahr gerät, die eigenen schulischen Ziele nicht mehr zu erreichen.
 

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2. Was ist der Sinn der Verzögerungstaktiken?

Bevor ich verdeutlichen möchte, dass die Aufschiebestrategien durchaus einen Sinn haben, sollten Sie vielleicht für sich selbst einmal testen, ob Sie von dem Problem überhaupt betroffen sind! Dazu können sie mit Hilfe eines Fragebogens ihren "Aufschieberitis-Quotienten" ermitteln. Der Fragebogen ist besonders auch für Gruppen und Gruppenveranstaltungen mit Schülern geeignet.
 
Natürlich ist es auf den ersten Blick unverständlich, warum jemand ein Verhalten wählt, das für ihn ganz offensichtlich abträglich ist. Aber in jedem noch so unsinnigen Verhalten kann ein Nutzen stecken, den der sich selbst Schädigende aus dem Verhalten zieht.
 

Hinter der Aufschieberitis steht oft nicht nur die dem Menschen angeborene und eigentümliche Faulheit, weil er sein Leben so angenehm wie möglich gestalten möchte. Aufschieben kann auch eine Form des Selbstschutzes, ein hilfloser Versuch sein, das eigene Selbstwertgefühl zu verteidigen. Das Selbstwertgefühl sieht man meist durch Ängste bedroht, die in den vielen missglückenden Leistungssituationen, mit denen man während des Lebens und der Schullaufbahn konfrontiert wird, ausgelöst wurden. 

Besonders häufig können festgestellt werden die

In allen drei Fällen der Angst erlebt der Schüler durch seine Aufschiebestrategie, dass die mit der Angst einhergehende innere Anspannung zumindest für eine gewisse Zeit vermindert werden kann, da er in eine andere Welt flüchtet (Zeitungen, Bücher, Fernsehen, Video, Computer) oder er in einer einfach erfreulicheren Tätigkeit vorübergehende Entlastung findet.

Das Aufschieben lohnt sich zudem manchmal, da sich im Nachhinein herausstellt, dass die zu erledigenden Arbeiten gar nicht so wichtig gewesen sind, weil sie beispielsweise der Lehrer nicht kontrolliert hat, das Referat ohnehin verschoben oder in der Schulaufgabe ein ganz anderer Aufgabentyp gefordert wurde. Einige Probleme lösen sich eben von selbst, wenn man die Zeit verstreichen lässt - aber eben nur einige! Leider kommt das dicke Ende oft erst nach Wochen und Monaten, wenn man nicht mehr direkt darauf reagieren kann.

Und: Paradoxerweise schafft die Verzögerungstaktik nicht nur eine zeitlich begrenzte Entlastung, sondern zwingt einen auch zum Arbeiten. Um es an einem Beispiel zu verdeutlichen: Für jeden Menschen, für Schüler wie Lehrer, ist es angenehm und einfach, eine leichte Aufgabe oder etwas, was Spaß macht, zu erledigen. Wem fällt es schon schwer, auf einem 35 cm breiten Brett, das auf dem Boden liegt, zu balancieren?

Ist die Aufgabe allerdings eine bedrohliche Schulaufgabe im Angstfach, ein Referat, das neben dem Einlesen auch eine schwierige Strukturierung des Stoffe erfordert, dann ist dies eher mit der Situation vergleichbar, in der sich das Brett zwischen zwei Hochhäusern befindet. Nun wird das Denken von der Angst zu versagen, von der Sorge abzustürzen bestimmt. Die Angst verhindert, den ersten Schritt zu tun, mit der Arbeit einfach anzufangen.

Wendet ein Verzögerer die Verzögerungstaktik an, setzt er gewissermaßen das Hochhaus, auf dem er steht, in Brand. Die Schulaufgabe, das Referat brennen im Nacken, und je größer die Hitze wird, je näher die Termine rücken, um so unbedeutender wird die Sorge vor der Häuserschlucht. Man begibt sich auf den Weg und taumelt schließlich leicht angesengt, mehr schlecht als recht - aber immerhin - durch die Vorbereitung, quält sich in einem Arbeitsmarathon durch die letzte Nacht, um auf dem anderen Hochhaus, in der Prüfung, in dem Referat anzukommen.

Eine zur Bedrohlichkeit gesteigerte Situation hat sich als Entscheidungshilfe und als Krückstock für mehr Motivation als richtig erwiesen und bewährt, da sie zu einem Ergebnis führte.

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3. Was kann gegen die Verzögerungstaktiken getan werden?

Um es vorweg zu sagen: Was sich über Jahre angebahnt, entwickelt und ausgebildet hat, lässt sich nicht von heute auf morgen verändern oder auflösen. Auch eine Behebung der Aufschieberitis bedeutet Arbeit. Doch die Arbeit lohnt sich ab dem ersten Schritt, da mehr Selbstsicherheit, ein höheres Selbstwertgefühl, weniger Angst und die Sicherheit, Leistungssituationen durch eigenes Handeln bewältigen zu können, winken.

Als Strategien, sich Schritt für Schritt neue Kompetenzen zu erwerben, haben sich bewährt:

a) Den Blick für die Verzögerungstaktik schärfen

Ein zentrales Problem in der Arbeit mit Betroffenen der Aufschieberitis ist, dass sie sich ihrer Aufschiebestrategien und der sie begleitenden Denkprozesse nicht richtig bewusst sind. Sie fühlen sich irgendwie unwohl, drücken sich irgendwie vor den zu erledigenden Aufgaben herum, merken, dass irgend etwas in ihnen sie hindert, vorwärts zu kommen.

Daher ist es besonders wichtig, durch ein Aufschiebe-Tagebuch die Selbstaufmerksamkeit zu unterstützen und einen Bewusstseinsprozess auszulösen.

Das Aufschiebe-Tagebuch ist ganz ähnlich konzipiert wie ein Wochenplan, nur werden neben

notiert.
 
Den eigenen Verzögerungsstrategien kommt man nur auf die Schliche, wenn man ein Aufschiebe-Tagebuch konsequent über einen längeren Zeitraum (zwei bis vier Wochen) führt und anschließend die angewendeten Verzögerungstaktiken und beteiligten Gedanken und Gefühle auswertet.
 
Bei den Aufschiebestrategien ist grundsätzlich zwischen zwei Arten zu unterscheiden:

  1. Von affektiven Lernhemmungen spricht man, wenn sich starke Gefühle (Wut, Freude, Spannung, Stress, Angst) auf die Lernvorgänge hemmend auswirken.
  2. Von dauerhaften Lernblockaden spricht man, wenn vor allem die persönlichen Selbsteinschätzungen (Glaubenssysteme), die in uns durch Selbstgespräche wirksam sind, die zentrale Rolle spielen und sich auf das Lernergebnis im Sinne einer selbsterfüllenden Prophezeiung auswirken.

Durch das Aufschiebe-Tagebuch soll in einem ersten Schritt bewusst werden, wie viel Zeit und geistige sowie gefühlsmäßige Energie mit den beiden Arten der Verzögerungsstrategien verloren werden, wie viele unangenehme Gefühle und Gedanken mit den einzelnen Aufgaben verbunden sind, welche inneren Gespräche sich um sie drehen.

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b) Innere Glaubenssysteme entdecken

Nach dem Führen des Aufschiebe-Tagebuchs kommt gerade der Auswertung der Selbstgespräche eine große Bedeutung zu, da sich jeder Mensch im Sinne von Selbstsuggestionen selbst beeinflusst. Menschen, die von der Aufschieberitis betroffen sind, weisen häufig Selbstbotschaften auf,

oder

In der Formulierung "Ich muss ..." spricht eine Autoritätsperson aus uns, die jeder in sich trägt. Man spricht sich damit selbst mit einem autoritären Tonfall an, übt als wertende Instanz selbst Druck auf sich aus. Besonders Schüler, die sich gegenüber Autoritäten (Eltern, Lehrer, andere Erzieher) in einer konfliktreichen Beziehung befinden, reagieren entsprechend und lehnen sich gegen ihr eigenes "Ich muss ..." auf. Der aufsässige, freiheitskämpferische, nach Unabhängigkeit strebende Persönlichkeitsteil schlägt dem autoritären ein Schnippchen, indem er ihn zeitweilig durch Verweigerung und Aufschieben entthront.
 

Die "Ich sollte ..."-Botschaft verkörpert eher den moralisierenden Persönlichkeitsteil, der uns als höhere, ideale moralische Instanz Selbstvorwürfe und Schuldgefühle einflüstert. In dem Satz "Eigentlich sollte ich Biologie lernen ..." ist das "aber" schon enthalten. Unbewusst weiß man damit, was eigentlich zu tun wäre, ohne dass man es wirklich tut. Die daraus resultierenden Vorwürfe und Schuld lähmen jedoch. Sie ziehen die Unfreiheit des schlechten Gewissens nach sich, gegen das man sich halbherzig und mit einem schalen Gefühl zu rechtfertigen versucht. Gleichzeitig steht man weder hinter dem eigenen Handeln noch hinter den Anforderungen der sich im Gegensatz dazu befindlichen verinnerlichten Normen.

 
Abwertende Selbsteinschätzungen gehen oft auf sehr alte, in der Kindheit erworbene innere Glaubenssysteme bezüglich der eigenen Person und Leistungsfähigkeit zurück. Sie können dabei wie ein Blockadenprogramm auf verschiedenen Ebenen der Persönlichkeit wirksam werden und unsere Kräfte zur Selbstentfaltung hemmen. Folgende Tabelle soll den Zusammenhang verdeutlichen und dem jeweiligen Blockadenprogramm ein mögliches Erfolgsprogramm gegenüberstellen:
 
 

Blockadenprogramm

Neuro-logische Ebene

Erfolgsprogramm

Ich gehöre zu den Erfolglosen / Unbegabten.

Zugehörigkeit

wer noch ? für wen?

Ich gehöre zu den sprachbegabten Menschen.

Ich bin erfolglos / unbegabt.

Identität

wer?

Ich bin technisch begabt.

Lernen ist mühsam und bringt mir nur Misserfolg.

Werte / Glaubenssysteme (beliefs)

warum?

Neues dazuzulernen ist immer ein Gewinn und macht mir Spaß.

Ich kann nicht richtig lernen / fomulieren.

Fähigkeiten

wie?

Ich kann gut zeichnen. Ich kann gut zuhören.

Ich mache viele Fehler. Ich spreche schlecht vor Publikum / Englisch.

Verhalten

was?

Ich arbeite gerne mit kleinen Gruppen und Einzelpersonen. Ich spreche gut Französisch.

In diesem Raum / bei dem Krach kann ich nicht arbeiten / lernen. Um 2 Uhr mittags kann ich mich nicht konzentrieren.

Umwelt / Zeit

warum? wo?

Mir kommen am Abend / im Café gute Einfälle. Mit ruhig fließender Musik kann ich mich am besten entspannen.

Um nicht missverstanden zu werden: Es reicht nicht, einfach nur negative innere Sätze in positive umzuwandeln, um alle Probleme los und erfolgreich zu werden. Dazu sind die alten, über viele Jahre

erworbenen Glaubenssätze oft zu fest verwurzelt, dazu müssen die neuen Glaubenssätze zur eigenen Person und den wirklichen Fähigkeiten und situativen Möglichkeiten passen. Aber das Bewusstwerden und Zuordnen-Können der Glaubenssätze zu den verschiedenen Ebenen ist ein erster, wichtiger und manchmal schon weitreichender Schritt, sich von einer Konzentration auf die Schwächen zu lösen und die eigenen Stärken (Ressourcen) in den Blick zu bekommen. Erst wenn ich weiß, wie mein innerer Kritiker arbeitet und wie er mit 

mir umgeht, kann ich die gleichzeitig in mir vorhandene lobende Instanz beachten und ihre Wirkung zur Geltung kommen lassen.

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c) Der bessere Arbeitsplan mit Freizeit

Gelingt es mit Hilfe des Aufschiebe-Tagebuchs, die Verzögerungstaktiken und die negativen Selbstsuggestionen herauszuarbeiten, kann in einem zweiten Schritt versucht werden, die Aufschieberitis direkt zu verändern.

Ein hilfreicher Ausgangspunkt ist dabei, wenn man sich nochmals verdeutlicht, dass das Auschieben Kraft und - in Form der panischen Arbeitsattacken in letzter Minute - auch mühevolle Arbeit kostet. Es gibt gewissermaßen keinen Ausweg, irgend eine Form von Arbeit muss getan werden. Warum dann nicht versuchen, selbstbestimmt zu arbeiten? Selbstbestimmte Arbeit beruhigt am meisten und gibt am ehesten Sicherheit. Warum also nicht mit einem ersten, einfachen Schritt anfangen?

Wie bei allen wichtigen Lebensereignissen steht am Anfang eines Veränderungsprozesses auch bei der Bewältigung der Aufschieberitis eine Bilanz. Das meint:

  1. eine Aktivitätenliste mit allen aufgeschobenen und belastenden Ereignissen erstellen;
  2. Prioritäten setzen, welche Aufgaben überhaupt noch erledigt werden können, welche von diesen die wichtigsten sind, welche am häufigsten aufgeschoben und als am belastendsten erlebt werden;
  3. die Gründe für das Aufschieben der Aufgaben mit dem Nutzen, der mit deren Erledigung einhergeht,

in einer Tabelle gegenüberstellen.
 

Erst dann hat der bessere Arbeitsplan mit Freizeit einen Sinn. Zuerst wird mit Hilfe eines Tages- und Wochenplanes der gesamte Tagesablauf über einen längeren Zeitplan hinweg erfasst. Zu notieren sind nicht nur die Arbeitsphasen, sondern besonders auch die Freizeitaktivitäten, Erholungspausen und die mit den Freunden verbrachte Zeit. Entstehen 

soll dadurch die bewusste Vorstellung von gegönnter und sorgenfreier Freizeit. Das ist deshalb so wichtig, weil Aufschiebetaktiker häufig von dem Gefühl beherrscht werden, einerseits durch das Aufschieben keine freie Zeit für bewusste Freizeit zu besitzen, andererseits während der freien und aufgeschobenen Zeit von der unvollendeten Arbeit belastet zu werden.

Entsprechend soll durch die Einplanung von Freizeit diese als Belohnung und Freiraum bewusst gemacht und genossen werden. Die Bedeutung von Freizeit soll keineswegs die Wichtigkeit von Arbeit und Ausdauer in Frage stellen. Sie erkennt vielmehr die Wichtigkeit von Arbeit an, rückt aber von der Vorstellung ab, dass Arbeit etwas Leid- und Mühevolles sein muss, das unablässig vom Leben fernhält.

Entsprechend geht der bessere Zeitplan von kleinen, begrenzten Arbeitsphasen und konkret ausführbaren Teilschritten aus (Salami-Taktik), die man mit sich selbst in Form eines Vertrages aushandelt und die zudem als Verbote vorgegeben werden. Ein Beispiel dafür könnte folgendermaßen aussehen:

Durch die bewusste Umkehrung von Geboten in Verbote soll ein Bewusstsein für Leistungen vermittelt werden, ohne dass dabei Angst vor dem Versagen erzeugt wird. Die Verbote müssen sich dabei in einem Rahmen bewegen, der von dem Schüler auch wirklich geschafft werden kann.
 

Eine ähnliche Funktion erfüllt der umgekehrte Kalender. Dieser zielt darauf ab, dass der Schüler ausgehend vom Zielpunkt die gesamte Arbeitsphase in kleine, bewältigbare Abschnitte unterteilt. Dazu wird der Abschlusstermin festgelegt und werden rückwärts schrittweise bis zur Gegenwart einzelne Arbeitsphasen mit bewältigbaren Aufgaben

festgelegt. Die konkreten Erledigungstermine können in die Tagesplanung übernommen werden. Mit dem erfolgreichen Erreichen eines jeden Teilzieles kann dann das Bewusstsein für die eigene Leistung wachsen und ein Gefühl von Unsicherheit oder Überforderung gegenüber einem fernen, unklaren Ziel genommen werden.
 

Da alles - wie schon oben angeführt - Mühe kostet, gleichgültig, ob es das systematische und zielgerichtete Arbeiten oder das Aufschieben der Arbeit ist, kann man sich auch für die Mühe des nächsten kleinen Schrittes nach vorne entscheiden. Nicht immer die spektakuläre Großtat bringt voran, sondern oft genug ein kleiner, unbedeutender Schritt, der einem erste Fortschritte erbringt und erste Erfolge, überhaupt etwas getan zu haben, ermöglicht.

Bald stellt sich der Nebeneffekt ein, dass sich die kleinen Schritte später selbsttätig beschleunigen. Ziel ist es, überhaupt vorwärts zu kommen. Eine wirklich geleistete, vollendete, vielleicht unvollkommene Arbeit ist besser als eine verspätete, unvollständige, nur in der Phantasie als ideal vorgestellte Arbeit. Da es keinen Grad menschlicher Perfektion gibt, der über jede Kritik erhaben ist, ist es besser, etwas Unvollkommenes zu leisten, als dem ewigen Wunschtraum der Vollkommenheit nachzuhängen.

Daher noch einmal das zentrale Motto ...

Oft hilft neben der Selbstkontrolle besonders die wohlwollende Außenkontrolle durch eine uns wichtige und vertraute Person. Und: Warum sich nicht nach jedem erfolgreichen Schritt etwas Schönes gönnen? Manchmal können schon Kleinigkeiten den Tag lebenswert machen, wenn man sie sich bewusst zugesteht!

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d) Selbstaussagen verändern

Wie oben schon angedeutet, lassen sich negative Selbstaussagen nicht einfach beiseite schieben. Sie sind Teil von uns und unserer Geschichte. Am effektivsten ist es, wenn die alten Blockaden durch Erfolge, durch neue Lernerfahrungen verändert werden und somit zu einer veränderten inneren Einstellung beim Lernen führen. Als sehr hilfreich hat es sich dabei erwiesen, den Blick auf schon vorhandene Fähigkeiten (Ressourcen) zu lenken, die beim Erwerb weiterer Fähigkeiten unterstützend wirken. Die Konzentration auf Ressourcen geht zudem meist mit positiven Selbstaussagen einher, die - gleichfalls herausgearbeitet - Modell für eine zur eigenen Person und den eigenen Möglichkeiten passenden Umformulierung der abwertenden Selbsteinschätzungen führen können.

Folgender Ablauf hat sich zum Abbau negativer Selbstsuggestionen bewährt:

  1.  

    Alte Botschaft / Regeln

    Neue Botschaft / Erlaubnis

    Nimm dich nicht so wichtig!

    Ich bin wichtig! Ich bin liebenswert!

    Werde nicht erwachsen!

    Ich darf erwachsen sein und mich selbst  mit meinen Fähigkeiten verwirklichen!

    Denke nicht!

    Ich darf meinen gesunden Menschenverstand benutzen, eigene Gedanken haben und äußern!

    Beeile dich!

    Ich kann mir die Zeit nehmen, die ich brauche!

    Mache es allen recht!

    Ich darf eine eigene Meinung, eigene Wünsche, Ziele und Gefühle haben und sie leben!

    Sei perfekt!

    Fehler sind menschlich! Ich darf Fehler machen!

    Streng dich an!

    Ich darf entspannt und locker sein, weil es dann besser geht!

 

Am besten ist es natürlich, wenn man ein solches Programm gemeinsam mit einem erfahrenen Gegenüber, der einen so annimmt, wie man ist, oder innerhalb einer Gruppe von in gleicher Weise Betroffenen durchläuft. Hilfreich können dabei die Arbeitsmaterialien zur 

 

und zur

sein.

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e) Die Arbeit mit den Sorgen und Ängsten

Sorgen sind eigentlich Signale, die vor möglichen Gefahren warnen sollen. Eine schnelle und intensive Folge furchterregender Gedanken, was in der momentanen Leistungssituation oder in der schulischen Zukunft alles passieren kann, lähmt jedoch die Kräfte, die zur Bewältigung der Aufgaben notwendig wären. Als Lernender ist man vor allem von sorgenbeladenen Selbstgesprächen bedroht, die das voraussichtliche Scheitern in den Mittelpunkt des Denkens rücken.

An diesem Punkt setzt die Arbeit mit den Sorgen an. Im Mittelpunkt stehen Fragen, durch die die gedachten Katastrophenszenarien übersteigert und durch die Vorstellung von einem wahrscheinlichen, wirklichkeitsangemessenen Geschehen ersetzt werden sollen.

  1. Was könnte schlimmstenfalls passieren?

    Das katastrophalste Szenario wird ausführlich ausgemalt.

  2. Was würde ich tun, wenn das Schlimmste wirklich eintritt?

    Das Bewusstsein, dass selbst die Katastrophe noch Möglichkeiten bietet, wird geweckt.

  3. Wie wahrscheinlich ist, dass das Schlimmste eintritt?

    Das Eintreten der Katastrophe wird kritisch relativiert.

  4. Was kann ich heute und jetzt tun, damit die Katastrophe nicht eintritt?

    Der Blickwinkel wird auf die nötigen kleinen Schritte und Handlungsmöglichkeiten gelenkt.

  5. Was kann ich jetzt tun, um die Chancen zu vergrößern, mein Ziel zu erreichen?

    Der Blickwinkel wird von der drohenden Katastrophe auf ein erreichbares Ziel gelenkt.

Wirkliche Sicherheit liegt nicht in einem erhofften Erfolg, sondern im Bewusstsein, dass man das Beste geben wird, ob man ruhig oder nervös ist, ob man Erfolg oder Misserfolg hat, ob man notfalls sogar einen neuen Versuch beginnen muss. Der Weg ist das Ziel.
 

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4. Wie geht man als Lehrer oder Eltern mit Verzögerungsstrategen um?

Es sei nochmals wiederholt: All die skizzierten Möglichkeiten, mit Aufschiebern zu arbeiten, sind keine schnell wirksamen Patentrezepte. Wer sich über Jahre in ein lähmendes Abseits manövriert hat, ist nicht durch guten Zuspruch in wenigen Wochen zu einem Workaholic zu bekehren. Es handelt sich vielmehr um einen langen, manchmal mühevollen und von notwendigen Rückschlägen begleiteten Prozess

Gegenüber Verzögerungstaktikern haben sich folgende Verhaltensweisen als sinnvoll erwiesen:

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©opyright, Fragen, Anregungen, Rückmeldungen bitte an Stephan.Reuthner@t-online.de

Quelle:
http://home.t-online.de/home/Stephan.Reuthner/aufschi.zip
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