Ein Kurzfragebogen dient zum einen der Ermittlung von Sozialdaten (Alter, Beruf der Eltern usw.). Das nachfolgende Interview, das eine Aushandlung der subjektiven Sichtweise der Interviewten zum Ziel hat, wird von denjenigen Fragen entlastet, die als Frage-Antwort-Schema aufgebaut sind. Zum anderen können die in ihm enthaltenen Informationen - und insbesondere in Kombination mit einer offenen Frage - einen Gesprächeinstieg ermöglichen.
Die im allgemeinen von den Interviewten akzeptierte Tonträgeraufzeichnung erlaubt im Gegensatz etwa zu Gesprächsprotokollen die autentische und präzise Erfassung des Kommunikationsprozesses; sie sollte anschließend vollständig transkribiert werden. Der Interviewer kann sich ganz auf das Gespräch sowie auf Beobachtungen situativer Bedingungen und nonverbaler Äußerungen konzentrieren.
Im Leitfaden sind die Forschungsthemen als Gedächtnisstütze und Orientierungsrahmen zur Sicherung der Vergleichbarkeit der Interviews festgehalten. Darüber hinaus sind einige Frageideen zur Einleitung einzelner Themenbereiche und eine vorformulierte Frage zum Gesprächsbeginn enthalten.
Als Ergänzung zur Tonträgeraufzeichnung werden unmittelbar nach dem Gespräch Postskripte erstellt. Sie enthalten eine Skizze zu den Gesprächsinhalten, Anmerkungen zu den o.g. situativen und nonverbalen Aspekten sowie zu Schwerpunktsetzungen des Interviewpartners. Außerdem werden spontane thematische Auffälligkeiten und Interpretationsideen notiert, die Anregungen für die Auswertung geben können.
Die Gestaltung des problemzentrierten Interviews
Zunächst ist die unmittelbare Kontaktaufnahme Teil des Interviewablaufs. Die weitere Gestaltung des Gesprächs erfolgt dann zum einen mit den erzählungsgenerierenden Kommunikationsstrategien Gesprächseinstieg, allgemeine Sondierungen und Ad-hoc-Fragen; zum anderen mit den verständnisgenerierenden Strategien der spezifischen Sondierungen mit den Elementen Zurückspiegelungen, Verständnisfragen und Konfrontationen.
Eine vorformulierte Einleitungsfrage ist ein Mittel der Zentrierung des Gesprächs auf das zu untersuchende Problem. Zugleich soll die Frage so offen formuliert sein, daß sie für den Interviewten "wie eine leere Seite" wirkt, die er in eigenen Worten und mit den ihm eigenen Gestaltungsmitteln füllen kann.
Im weiteren Verlauf der Kommunikation dienen allgemeine Sondierungen einer sukzessiven Offenlegung der subjektiven Problemsicht (Prinzip der Offenheit oder Induktion). Der Interviewer greift die thematischen Aspekte der auf die Einleitungsfrage folgenden Erzählsequenz auf, um mit entsprechenden Nachfragen den roten Faden weiterzuspinnen und zu detaillieren, den die Befragten in dieser Sequenz angeboten haben.
Ad-hoc-Fragen werden notwendig, wenn bestimmte Themenbereiche, die auch die Vergleichbarkeit der Interviews sichern, von den Interviewten ausgeklammert wurden. Sie ergeben sich aus Stichworten im Leitfaden oder können auch einzelne standardisierte Fragen beinhalten, die zur Vermeidung des Frage-Antwort-Spiels im Hauptteil des Interviews am Ende des Gesprächs gestellt werden.
Dem Prinzip der Gegenstandsorientierung entsprechend gibt es für unterschiedliche Erkenntnisinteressen und thematischen Bezüge verschiedene Auswertungsmethoden. Grundlage aller Auswertungsarbeit ist die Fallanalyse auf der Basis vollständig transkribierter Interviews. Dabei bezieht sich der erste Schritt konsequenterweise auf die bereits im Verlauf der Erhebung initiierten Vorinterpretationen, die der Auswerter Satz für Satz deutend nachvollzieht. Die Resultate dieses Auswertungssprozesses bestehen zunächst in der Markierung des Textes mit Stichworten aus dem Leitfaden (theoriegeleitet) und mit Begrifflichkeiten, die neue thematische Aspekte aus den Darstellungen der Interviewpartner kennzeichnen (induktiv).
Diese Markierungen können auch Grundlage der Entwicklung eines Codierrasters für den Aufbau einer Textdatenbank sein, die als elektronisches Fundstellenregister mit komplexen Zugriffsmöglicheiten genutzt werden kann.
Der nächste Schritt der Fallanalyse besteht im Verfertigen einer Falldarstellung oder biographischen Chronologie, die den Interpreten mit dem Einzelfall vertraut machen soll. Mit ihnen lassen sich in der weiteren Analyse Einzelaussagen oder Textsequenzen in einen Gesamtzusammenhang, z.B. eines biographischen Verlaufs stellen.
Das Dossier bzw. die Fallbewertung enthält einen Kommentar des Auswerters über die Beschaffenheit des vorliegenden Interviewmaterials, die Besonderheiten des Falls, interpretative Unsicherheiten, außergewöhnliche Ereignisabläufe und methodische Fehler.