Schema des Erkenntnisprozesses in der empirischen Forschung

Grobschema

1. Untersuchungen beginnen meist aufgrund einer erlebten Not, eines Wunsches, eines besonderen Erfolges oder Mißerfolges. All diese Umstände werfen Fragen auf, denen man dann in einer empirischen Untersuchung nachgeht.
2. Das Problem wird genauer formuliert, die Aufgabe wird klar ins Auge gefaßt. Die aufgetauchten Fragen werden in eine Ordnung nach dem Grad ihrer Wichtigkeit gebracht. Das Ziel der Untersuchung wird präzisiert.
3. Sammlung von Beobachtungen, die zur Lösung beitragen können. Literatur wird eingesehen, Experten werden befragt, Quellen erkundet, Notizen und Aufzeichnungen angelegt.
4. Vermutungen tauchen auf: Hypothesen, Schätzungen, Erklärungsversuche. Erste Arbeitshypothesen werden aufgestellt, die möglichen Ergebnisse werden überschlagen.
5. Strenge Überprüfung der Hypothesen und Planung des Experiments. Vorversuch an einer kleinen Stichprobe. Versuch an einer repräsentativen Stichprobe. Nach der Überprüfung der Hypothese in einem Vorversuch wird es häufig vorkommen, wieder zu den ersten Stufen des Schemas zurückkehren zu müssen und die Untersuchungsmethode zu modifizieren.)
6. Logische und statistische Verarbeitung der Ergebnisse. Sichtbarmachen des ganzen Bezugfeldes und Verfolgen der Konsequenzen.
7. Versuch, das Ergebnis in einem allgemeinen Prinzip zu formulieren (Gesetze).
8. Einreihung der Ergebnisse in das geordnete Ganze unseres Wissens, Festlegung des Grades der Allgemeingültigkeit.
9. Verfügbarmachen für die Praxis, Veröffentlichung der Ergebnisse.
Dieses Schema zeigt, daß im Forschungsprozeß Theorie und Empirie einander abwechseln, daß beide zusammen die Grundelemente der empirischen Forschung sind. Empirische Forschung ist stets theoretisch-empirische Forschung. Niemals setzt sich die Wissenschaft das Phantom zum Ziel, endgültige Antworten zu geben oder auch nur wahrscheinlich zu machen; sondern ihr Weg wird bestimmt durch ihre unendliche, aber keineswegs unlösbare Aufgabe, immer wieder neue, vertiefte und verallgemeinerte Fragen aufzufinden und die immer nur vorläufigen Antworten immer von neuem und immer strenger zu prüfen.

Beispiel: Detailschema für die Projektierung einer empirische Untersuchung


©opyright Werner Stangl, Linz 1997.
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