Schritte der Fragebogenkonstruktion

Bestimmung der Form des Fragebogens

Bevor mit der Sammlung der Elemente des Fragebogens begonnen werden kann, sollte eine Entscheidung über die Form des Fragebogens, d.h. über die Art und Weise, sprachliches Material zur Beantwortung darzubieten, getroffen werden: Es können

Die Fragebogen-Items können in unterschiedlicher grammatikalischer Form erscheinen,

Auf sehr unterschiedliche Art und Weise kann der Antworttypus, d.h. die Art der verlangten sprachlichen Reaktion gestaltet sein. In einfachster Weise wird auf eine Frage oder Statement lediglich ein zweistufiges kategoriales Urteil verlangt: "ja-nein" oder stimmt-stimmt nicht u.ä.

Die Zahl der Anwortkategorien kann erweitert werden, z.B. im einfachsten Fall um eine dritte Antwortkategorie: ja-neutral-nein etc. Durch Erweiterung um mehrere Kategorien entsteht eine sogenannten Schätz- oder Rating-Skala; dabei kann es sich um eine rein numerische Rating-Skala, eine graphische Rating-Skala, eine verbal verankerte (d.h., an bestimmten Punkten der Skala mit Worten beschriftete) Rating-Skala handeln, z.B. stimmt 3 2 1 0 1 2 3 stimmt nicht, ja 1 2 3 4 5 nein, stimmt-stimmt eher-stimmt eher nicht-stimmt nicht.

Erfahrungsgemäß führt die Einführung einer "mittleren" Antwortkategorie, sei sie explizit vorgegeben (z.B. durch die Antwortkategorie "neutral") oder durch Verwendung einer mehrstufigen Antwortskala mit ungerader Kategorienzahl, eher zu Schwierigkeiten als daß es mit Vorteilen verbunden ist. Ein Zustimmen oder Ablehnen der mittleren Antwortkategorie kann nämlich für einzelne Versuchspersonen ganz Unterschiedliches bedeuten:

Aus solchen Gründen wird eine mittlere Kategorie häufig bewußt weggelassen, indem nur positive und negative Antwortmöglichkeiten vorgegeben werden. Die antwortende Person soll dadurch gar nicht erst auf eine der genannten Ausweichmöglichkeiten verwiesen werden. Auf der anderen Seite kann die Berücksichtigung der neutralen Antwortkategorie sinnvoll sein, wenn man aus der Häufigkeit des Ankreuzens dieser mittleren Position auf so etwas wie Interesse bzw. Desinteresse bei der Beantwortung des Fragebogens schließen will u.ä.

Es gelegentlich gewähltes, wenn auch etwas aufwendiges Verfahren der Darbietung von Fragebogen-Items und ihrer Beantwortung besteht in der sogenannten Forced-Choice-Technik, bei der nicht jede Frage für sich beurteilt werden soll, sondern eine Entscheidung zwischen mehreren gleichzeitig dargebotenen Fragen oder Aussagen zu treffen ist: Es werden dabei Statements vorgegeben, die das zu messende Merkmal in unterschiedlichem Grad ausdrücken oder repräsentieren. Die zutreffendere der Feststellungen soll dabei angekreuzt werden.

Bestimmung der Quellen für die Item-Sammlung

Ein mit einem Fragebogen zu erfassendes Konstrukt kann grundsätzlich sowohl aus sozialwissenschaftlichen Theorien oder Modellen, wie sie in der Fachliteratur der jeweiligen Disziplin fixiert sind, entspringen. Es kann aber ebenso gut aus eigenen Überlegungen, Alltagsbeobachtungen u.ä. abgeleitet werden. Dementsprechend kann die Sammlung der Items, wahlweise oder kombiniert auf eine Reihe unterschiedlicher Quellen zurückgreifen: Fragen können aus bereits vorliegenden sozialwissenschaftlichen Theorien abgeleitet werden. Fragen oder Feststellungen können jedoch auch von bereits bestehenden Erhebungsinstrumenten übernommen werden (ZUMA Skalenhandbuch). Ebenso können ExpertInneninterviews oder Probeinterviews als Ideenquelle für die Formulierung von Fragebogen-Statement dienen.

Item-Revision

Bevor ein Fragebogen zum Einsatz kommt, scheint eine "zweite Lesung", eine nochmalige Revision der gesammelten Fragen, vor allem auch unter sprachlichen Gesichtspunkten angebracht. Die sprachliche Formulierung einer Frage erfolgt einerseits mit dem Ziel, die Befragten zu einer Antwort zu motivieren, andererseits muß sie erreichen, daß die Frage von den Versuchspersonen richtig verstanden wird. Eine Reihe vom allgemeinverbindlichen Regeln der Formulierung von Items zur Operationalisierung von sozialwissenschaftlichen Konstrukten in Fragebögen, die mit gewissen Einschränkungen anwendbar erscheinen, hat EDWARDS bereits vor dreißig Jahren zusammengestellt:

Bei der Item-Revision sollte auch die Reihenfolge der Darbietung der Items festgelegt werden. Von einer Zufallsreihenfolge, wie sie oft postuliert wird, ist nicht viel zu halten, vielmehr sollte der Fragebogen inhaltich strukturiert und für die Versuchspersonen in dieser Struktur erkennbar sein.

Strategien der Frageformulierung

Die Konstrukte eines Fragebogens können Themen betreffen z.B. Persönlichkeitszüge etc., die der Befragte auch dann nicht an sich selbst beschreiben könnte bzw. würde, wenn zwischen ihm und dem Interviewer eine freundschaftliche Beziehung bestünde.

Eine Vielzahl von indirekten Techniken ist daher für alle Fälle entwickelt worden, wo anzunehmen ist, daß der Untersuchungsgegenstand "Widerstand" hervorrufen würde.

Wenn ein Interview sensible Themen behandelt, muß man Fragen so formulieren, daß die Abwehrmechanismen auf ein Minimum beschränkt werden. Die projektive Methode (siehe unten) stellt dabei eine Strategie dar. Es gibt jedoch auch Wege, auf denen direkte Fragen derart formuliert werden können, daß der Befragte sich verhältnismäßig frei fühlt, unbefangen zu antworten. Im wesentlichen besteht das Problem darin, den Befragten nicht fühlen zu lassen, daß bestimmte Antworten einen Prestigeverlust bedeuten würden. Dies kann dadurch erreicht werden, daß man die Antworten, die der Befragte geben könnte, "salonfähig" erscheinen läßt.

Fragebogen-Begleittext

Von äußerster Wichtigkeit vor allem bei postalischen Befragungen ist die Abfassung eines entsprechenden Begleit- bzw. Instruktionstextes. Er soll die Motivation der Versuchspersonen zum Ausfüllen des Fragebogens heben, den Kontext der Untersuchung transparent machen und Kenntnisse für das richtige Ausfüllen des Erhebungsinstrumentes vermitteln. Die übliche Instruktion für die Beantwortung von Fragebögen weist auf u.a. auf folgende Punkte hin:

Item-Analyse

Bei der Itemanalyse im engeren Sinn handelt es sich um die Überprüfung der FragebogenItems unter Verwendung statistischer Methoden. Voraussetzung dafür ist die Erprobung des Fragebogens an einer Probandengruppe. Die Itemanalyse stellt eine Hilfe bei der Entscheidung dar, welche Items beibehalten und in die endgültige Form eines Fragebogen aufgenommen werden - die übrigen Items werden eliminiert und nicht weiter verwendet.

Traditionelleweise besteht die Itemanalyse aus mindestens zwei Schritten, der Prüfung des Schwierigkeitsgrades und der Trennschärfe jedes Items. Neuerdings kommen jedoch auch sogenannten faktorenanalytischen Verfahren zur Anwendung.


Quellen: Stigler, Hubert (1996). Methodologie. Vorlesungskriptum. Universität Graz.
WWW: ftp://gewi.kfunigraz.ac.at/pub/texte/meth.doc (98-01-03)
Stangl, Werner (1997). Zur Wissenschaftsmethodik in der Erziehungswissenschaft. "Werner Stangls Arbeitsblätter".
WWW: http://paedpsych.jk.uni-linz.ac.at/INTERNET/ARBEITSBLAETTERORD/Arbeitsblaetter.html