Regional vom 13. 3. 2000
Missbrauchs-Opfern ist der Täter meistens bekannt
VON MAX HOFER
BRAUNAU. Niemand weiß, wie oft hier zu Lande Kindern sexuelle und andere Gewalt angetan wird. Um das Thema zu Enttabuisieren, läuft seit Freitag in der Arbeiterkammer Braunau eine Ausstellung mit dem Titel "(K)ein sicherer Ort".
Es ist das zwölfte Mal seit 1997, dass die Schau in einem oberösterreichischen Bezirk Station macht. Sie ist als Wohnung konzipiert, und jedem Raum sind bestimmte Titel bzw. Inhalte zugeordnet.
Sinn und Zweck ist es, die stummen Hilferufe der Opfer hörbar zu machen. Denn sie leiden gleich doppelt unter dem Missbrauch. Einerseits durch die Tat selbst und andererseits dadurch, dass sie es nicht wagen, sich jemandem anzuvertrauen. Meistens kommt nämlich der Täter aus dem engsten Familienbereich, und zwar unabhängig von der sozialen Schicht. "Warum merkt ihr nichts? Hoffentlich merkt ihr nichts!" heißt denn auch eines der tragenden Themen.
"Die Opfer schweigen zu lange", weiß auch Claudia Stangl-Taller, die oö. Kinder- und Jugendanwältin und Initiatorin der Ausstellung. Sie präsentierte Freitagabend gemeinsam mit Sozial-Landesrat Josef Ackerl, der die Schau eröffnete, eine neue Studie von Max Friedrich. Aus ihr geht unter anderem hervor, dass nur in sechs Prozent der Missbrauchsfälle dem Opfer der Täter nicht bekannt ist. Was ein klarer Hinweis darauf ist, dass sich die seelischen und körperlichen Grausamkeiten wirklich dort abspielen, wo es viele einfach nicht wahrhaben wollen. Eben daheim bei einem Elternteil, einem Verwandten oder einem guten Bekannten der Familie.
Die Studie zeigt aber auch auf, dass zwar die Aufklärungsquote jener Fälle, die bekannt werden, sehr hoch ist, dass sie jedoch letztlich im krassen Widerspruch zu den tatsächlichen Verurteilungszahlen steht.
Bis zum 31. März wird "(K)ein sicherer Ort" in Braunau zu sehen sein.