Der verkehrte MaximilianMaximilian,
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Prof. Dr. Werner Freundlich
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Sein Vater konnte oder wollte ihm auch nicht erklären, was Psychiatrie und Neurologie ist. Sie nahmen im Wartezimmer Platz. Maximilian nahm ein Comic-Heft und versuchte ein wenig zu lesen.
"Verkehrt auch schreiben die!" stellte er fest und war wieder ein wenig mehr enttäuscht.
Die Sprechstundenhilfe rief Maximilian und seinen Vater auf und führte sie in das Zimmer des Professors.
Der Professor schüttelte beiden die Hand und
erklärte:
"Doktor Schneider hat mich schon angerufen und mir von dem
Fall berichtet."
"Jetzt ich bin Fall ein also", dachte Maximilian.
Professor Freundlich war ein kleiner rundlicher Mann mit einem Schnurrbart und einer großen Brille. Er trug keinen weißen Mantel, wie es Maximilian von einem Arzt erwartet hatte.
Maximilian war schon einige Male bei einem Arzt gewesen. Er stellte auch fest, daß es hier gar nicht so wie bei Ärzten roch. Das Zimmer sah auch eher aus wie das Büro seines Vaters. Nur ein Bett stand im Büro seines Vater nicht.
Professor Freundlich bat die beiden Platz zu nehmen.
"Du hast einen Blumenkasten auf deinen Kopf bekommen",
wandte er sich an Maximilian.
"Blumentopf ein war es, Blumenkasten kein, nein!" antwortete
Maximilian, nachdem er den Satz des Professor umgedreht
hatte.
Professor Freundlich lächelte.
"Es ist doch hoffentlich nichts Schlimmes?" fragte Maximilians Vater.
Professor Freundlich nahm ein Diktiergerät und schaltete es ein.
"Du verstehst, was ich sage?" wandte er sich an
Maximilian.
"Ungefähr ja", antwortete dieser.
Professor Freundlich überlegte.
"Hat sich noch etwas verändert?"
Maximilian zögerte.
"Wie geht es dir beim Zuhören?" fragte Professor
Freundlich nach.
"Verkehrt reden alle!" antwortete Maximilian. "Ich kann
umdrehen alles!"
"Ich verstehe. Du weißt, daß dich die anderen
nur verstehen, wenn du verkehrt redest."
Maximilian nickte nach einer kleinen Pause, in der er den Satz umgedreht hatte.
"Wie ist es beim Lesen?" fragte Professor Freundlich.
"Verkehrt auch!" antwortete Maximilian.
Professor Freundlich nahm ein Buch aus einem Regal.
Er schlug eine Seite auf: "Lies vor! Oder besser: Vor
lies!"
Maximilian las:
"Es lebte einmal ein kleines Gespenst. Dieses Gespenst
wohnte in einer Schule. In der Nacht kroch es in die
Bänke und brachte die Bücher und Hefte
durcheinander. Tagsüber neckte es die Kinder. Wenn es
eine Ansage gab, huschte es von einem Schüler zum
anderen und vertauschte die Buchstaben. Die Kinder merkten
es erst, wenn die Lehrerin mit der roten Tinte die vielen
vertauschten Buchstaben ausbesserte. Die Kinder waren...
"Das genügt!" unterbrach ihn Professor Freundlich.
"Hast du verstanden?"
"Ganz nicht", antwortete Maximilian.
"Und jetzt lies einmal jeden Satz von hinten nach
vorne."
Maximilian begann abermals zu lesen:
"Gespenst kleines ein einmal lebte es. Schule einer in
wohnte Gespenst dieses. Durcheinander Hefte und Bücher
die brachte und Bänke die in es kroch Nacht der in.
Buchstaben die vertauschte..."
"Jetzt verstehst du", fragte Professor Freundlich.
"Ja!" strahlte Maximilian.
"So ein Fall ist mir zwar noch nicht untergekommen, aber ich
denke, wir werden eine Lösung für das Problem
finden", wandte sich der Arzt an Maximilians Vater.
Professor Freundlich nahm einen Schreibblock und einen Bleistift und reichte ihn Maximilian.
"So, jetzt schreiben!"
"Schreiben ich soll was?" fragte dieser.
"Willst du was!" antwortete Professor Freundlich.
Maximilian überlegte kurz. Dann schrieb er:
"Problem ein habe ich. Verkehrt ist alles. Zurecht schon aber damit komme ich."
Maximilian reichte dem Professor den Block.
"Ja, das gleiche Phänomen!" stellte er fest. "Wie gesagt, ich habe so einen Fall auch noch nicht erlebt. Ich werde jetzt ein paar Tests mit dir machen. Vielleicht sehe ich dann mehr!"
Über eine Stunde lang mußte Maximilian Fragen beantworten. Er mußte Bilder beschreiben, die ihm der Professor zeigte. Er mußte versuchen, in Tintenklecksen sinnvolle Dinge zu erkennen. Allmählich machte es Maximilian Spaß.
Professor Freundlich versuchte, die Fragen verkehrt zu stellen. Und wenn Maximilian dann die Antwort in seinem Kopf umdrehte, dann klang es so, als ob der Professor einen Blumentopf auf den Kopf bekommen hätte und nicht Maximilian.
Als Maximilian mit seinem Vater nach Hause fuhr, stellte
er stolz fest:
"Besonderes etwas bin ich, gesagt hat Professor der!"
Maximilian mußte noch zwei Tage im Bett liegen bleiben. Doktor Schneider kam jeden Tag und untersuchte seine Beule.
Schließlich stellte er fest: "Morgen kann er wieder in die Schule gehen!" und fügte gleich hinzu: "Gehen Schule in morgen", damit ihn auch Maximilian verstand.
Maximilians Klassenkameraden hatten von Boris erfahren, was geschehen war. Sie umringten Maximilian, als er in die Klasse kam.
"Sag was!"
"Ich möchte das auch hören!"
"Bist du wirklich verrückt?"
Maximilian genoß es, daß sich alle so für sein Erlebnis interessierten. Er gab ihnen bereitwillig Kostproben seiner neuen Fähigkeit. Besonderen Erfolg hatte er mit dem Aufsagen von Gedichten. Die Klassenkameraden bogen sich vor Lachen. Sie bemerkten gar nicht, daß der Lehrer schon in die Klasse gekommen war.
Erschrocken stürzten alle auf ihre Plätze.
"Es ist mir eine große Freude, dich wieder begrüßen zu dürfen!" sagte der Lehrer zu Maximilian.
"Am besten ist, wir schreiben gleich einen Aufsatz. Thema: Wenn Blumentöpfe durch die Gegend fliegen."
"Das ist eine Spezialität von Max!" rief Boris
vorlaut und alle lachten.
"Müssen wir jetzt auch kehrvert schreiben?" fragte
Gerald lachend.
"An die Arbeit!" mahnte der Lehrer.
Die Federn der Schüler kratzten hurtig über das
Papier, nur hie und da kicherte einer.
Maximilian schrieb die Überschrift: "Fliegen Gegend die durch Blumentöpfe wenn."
Er begann, sein Erlebnis zu beschreiben. Natürlich verkehrt. Für ihn war es natürlich nicht verkehrt - im Gegenteil, alles andere war für ihn verkehrt.
Maximilian war in Deutsch eher ein durchschnittlicher Schüler. Aber das war sein Thema. Und Professor Wandervogel hatte gesagt, er soll sich nicht von den anderen verwirren lassen, sondern alles so tun, wie er es für richtig hält.
Als der Lehrer sich im Verlauf der Stunde über seine Schulter beugte, wurde ihm trotzdem heiß. Aber der Lehrer sagte nichts, sondern nickte nur kurz und wandte sich Maximilians Banknachbarn Boris zu.
Am Ende der Stunde schrieb Maximilian noch kurz entschlossen an den oberen Rand des Blattes: "Lesen verkehrt bitte Sätze die", und setzte drei Rufzeichen davor.
Am nächsten Schultag nach der großen Pause gab der Lehrer die Aufsätze zurück. Als er Maximilian seine Arbeit überreichte, sagte er bedeutungsvoll: "Das ist die beste Geschichte, die du je geschrieben hast."
Maximilian wurde ganz rot im Gesicht.
"Bitte lies einmal deinen Aufsatz vor!"
Maximilian räusperte sich und begann zu lesen. Er
hatte schon Übung darin, die Sätze von hinten nach
vorne zu lesen.
"Wenn Blumentöpfe durch die Gegend fliegen. Vor ein
paar Tagen hatte ich ein seltsames Erlebnis. Ich stand vor
unserem Haus, da..."
Bei dieser Methode verstand er zwar nur sehr schwer, was er las, doch dafür verstand die Klasse seinen Aufsatz.
Die Klasse hörte aufmerksam zu, nur bei der Beschreibung, wie er verkehrt zu sprechen versuchte, damit ihn die anderen verstünden, lachten alle. Diese Sätze hatte Maximilian in seinem Heft nämlich richtig geschrieben, er las sie aber jetzt verkehrt vor.
Oder war es umgekehrt?
Am Ende wußten der Lehrer und seine Mitschüler nicht mehr, ob sie verkehrt redeten oder Maximilian, oder ob sie richtig hörten oder Maximilian falsch las.
Die ersten Schultage nach seinem Unfall genoß Maximilian, denn er stand immer wieder im Mittelpunkt. Aber wie alles Ungewohnte und Neue nützte sich auch das Interesse an seiner ungewöhnlichen Fertigkeit nach einiger Zeit ab. Die Lehrer bemühten sich sehr, auf seine verkehrte Sichtweise - oder besser - Hörweise der Welt einzustellen.
Jedes Wochenende fuhr Maximilian mit seinen Eltern ins Mühlviertel. Sie besaßen dort ein Wochenendhäuschen mit einem großen Garten. Maximilian war immer sehr traurig, wenn sich ein Wochenende dem Ende zuneigte und er wieder zurück in die Stadt und in die Schule mußte. Maximilian ging zwar gerne zur Schule, aber die war doch nicht mit der unendlichen Freiheit zu vergleichen, die er auf dem Lande genießen konnte.
An jedem Montag dachte er noch mit Wehmut an das vergangene Wochenende und es geschah häufig, daß ihn der Lehrer aus seinen Wochenendträumen wieder in den Schulalltag zurückholen mußte. Am Dienstag aber begann er sich schon zu freuen. Am Mittwoch dachte er: die Hälfte der Woche ist schon geschafft. Und am Donnerstag zählte er schon die Stunden, bis er zu seinen Eltern ins Auto steigen konnte, wenn es wieder aufs Land ging.
Er freute sich auf das Baumhaus, den nahen Wald und die Felsen, auf denen man so gut klettern konnte. Besonders aber freute er sich auf die Freunde, mit denen er zusammen sein konnte. Zwar waren es auch Mädchen, die er im allgemeinen für kindisch hielt, aber denen konnte er mit seinen Kunststücken immer imponieren. Und Maximilian war gerade in einem Alter, in denen das sehr wichtig war.
Als sich dieses Mal die Woche dem Ende zuneigte, wurde es ihm ein wenig mulmig in der Magengrube. Zwar hatten seine Klassenkameraden sehr hilfreich reagiert, aber was würden seine Wochenendfreunde sagen, wenn er so verkehrt daherredete? Er hatte zwar keine Angst, aber er hatte in den letzten Tagen erfahren, daß nicht alle Menschen Verständnis für seine "verkehrte" Lage hatten. So schwankten seine Gefühle zwischen Freude und Unsicherheit.
Es fiel auch seiner Mutter auf, daß Maximilian nicht so oft wie sonst vom Wochenende sprach.
"Fahren Mühlviertel ins nicht Wochenende diesem an
wir sollten vielleicht", sagte seine Mutter.
"Warum?" erwiderte Maximilian?
"Unfalls deines wegen, na!"
"Besser wieder schon es geht mir", beteuerte Maximilian.
Er war froh, daß seine Mutter dieses Thema nicht mehr anschnitt. Und als am Freitag mittags der Vater von der Arbeit nach Hause kam, schleppte Maximilian gleich seinen Rücksack mit Spielsachen in die Garage und verstaute ihn im Kofferraum. Er redete die letzten Tage viel weniger als sonst, um seine Eltern nicht an seinen Unfall zu erinnern. Er seufzte erleichtert, als die Mutter wie an jedem Freitag die Kühltasche packte und den Vater bat, sie im Wagen zu verstauen.
In Freistadt angekommen stürmte Maximilian in den Garten.
"Auf aber paß," warnte ihn seine Mutter. "Schonen dich mußt du!"
Aber das hörte Maximilian schon gar nicht mehr, als er sich durch das Loch im Zaun zwängte und auf den nahen Wald zulief. Hinter dichtem Gebüsch war der Zugang zu seinem Baumhaus, das er im vorigen Frühjahr mit seinen Freunden gebaut hatte. Maximilian schob die Äste beiseite und zwängte sich in das Dickicht. Er tastete nach dem Ast, vom dem aus er den Baum hochklettern konnte. Maximilian war ein geübter Kletterer und bald saß er, wegen seiner Hast ein wenig außer Atem, geschützt im Baumhaus und blickte hinüber zu der Lichtung, über die seine Freunde kommen mußten.
Er war meistens der erste. Maximilian lauschte, ob seine Freunde schon kamen, aber er hörte nur das sanfte Rauschen in den Wipfeln über ihm und das Summen der Insekten. Es war wie an jedem Freitag. War es wirklich wie immer? Er dachte nach. Was würden seine Freunde sagen, wenn sie von seinem Unfall hörten? Würden sie über ihn lachen? Es war ja wirklich zu verrückt. Wie in den letzten Tagen öfters fragte er sich, ob er nicht alles nur träumte.
"Hallo, Max!" rief eine helle Knabenstimme.
Über seinen Gedanken hatte er nicht bemerkt, daß Felix schon den Baum hochkletterte. Maximilian sah den blonden Pagenkopf des Freundes unter sich. Keuchend erklomm dieser den Baum und ließ sich bald neben Maximilian nieder.
"Die Weiber kommen gleich! Wo ist die Munition?" fragte Felix.
Felix war meistens der zweite und sie pflegten mit Tannenzapfen nach den Mädchen zu werfen, wenn diese sich ihrem Baumhaus näherten. Sie hatten zwar nichts gegen Mädchen, aber ein Baumhaus war nur etwas für Buben und das mußte gegen weibliche Angreifer verteidigt werden.
Von ihrem Hochsitz aus sahen die beiden, wie zwei Mädchen lachend und kichernd über die Lichtung gelaufen kamen. Felix nahm einen Zapfen und schleuderte ihn hinüber.
"Daneben! Ätsch! Daneben!" rief Katharina.
Katharina war Felix' ältere Schwester.
"Komm Judith, hinter den Busch!"
Das zweite Mädchen huschte zu Katharina hinter einen Busch und rief: "Wir kommen gleich hinauf!"
Es war das gleiche Spiel wie an jedem Wochenende. Die Mädchen würden immer wieder versuchen, sich dem Baum mit dem Baumhaus zu nähern und Maximilian und Felix würden sie mit ihrer Tannenzapfenmunition abwehren. Dabei war es ein ungeschriebenes Gesetz, daß sich die Mädchen nach dem dritten Versuch schmollend zurückziehen: "Na dann eben nicht! Aber wenn ihr Hunger habt, dann braucht ihr gar nicht zu uns kommen!"
Dazu muß man wissen, daß Judiths Vater Bäcker in Freistadt war und er die besten Hot dogs weit und breit backte. Und Judith brachte immer welche zu ihren Wochenendspielen mit - genug, alle vom Spielen und der gesunden Luft hungrige Mägen zu stopfen. Die Buben mußten schließlich betteln kommen und erst nach langem Hin und Her bekamen sie ihren Anteil ab - auch das war ein Spiel.
Aber so weit war es noch nicht! Als sich die Mädchen lachend und spottend zurückgezogen hatten, saßen Felix und Maximilian lauschend in ihrem Baumhaus.
"Heute wird es ein Gewitter geben", begann Felix.
Maximilian nickte.
"Du bist heute so schweigsam? Hast etwas?"
Maximilian schüttelte den Kopf. Sie saßen eine Weile schweigsam nebeneinander und freuten sich, daß wieder einmal ein Wochenende ohne Schule und Hausaufgaben begonnen hatte.
"Wo Fritz nur bleibt!" versuchte es Felix erneut, ein Gespräch zu beginnen.
Maximilian aber schwieg. Die Bäume rauschten und die Vögel fütterten unter aufgeregtem Rufen ihre Jungen.
"Ich schau einmal, wo er bleibt", sagte Felix und kletterte vorsichtig aus dem Baumhaus. Maximilian blieb zurück. Bald war Felix im Unterholz verschwunden und Maximilian dachte nach. Vielleicht erinnerte er sich an den Unfall, vielleicht dachte er darüber nach, wie er es seinen Freunden beibringen sollte, daß er jetzt ein verkehrter Maximilian war.
"Hallo Max!" drang eine Stimme zu ihm herauf.
Es war Fritz, der den Baum keuchend und prustend hochkletterte. In seinem Schlepptau folgte Felix.
"Ich hab deine Mutter getroffen", begann Fritz, nachdem die beiden Buben noch schwer atmend neben Maximilian saßen. "Du hast einen Unfall gehabt?"
Maximilian nickte.
"Komm, erzähl!" drängte Felix.
"Das ach! Gefallen Kopf den auf Blumentopf ein ist mir!"
"Was ist gefallen?" fragte Fritz.
"Gefallen Kopf den auf Blumentopf ein ist mir!"
"Du redest aber komisch!" sagte Felix.
"Passiert es ist Woche vorige! Verkehrt alles ist
seither!"
Fritz lachte.
"Er ist unter die Ausländer gegangen!"
"Lustig nicht gar ist das!"
"Entschuldige, ich hab's nicht so gemeint!"
Langsam und unter allerlei Mißverständnissen, über die er selbst lachen mußte, erzählte Maximilian seinen Freunden die ganze Geschichte. Nicht nur daß Felix und Fritz erst seine Sätze umdrehen mußten, auch Maximilian mußte ihre Fragen erst übersetzen.
Sie betasteten Maximilians Beule am Kopf.
"Gehabt Glück du hast da!" meinte Fritz und versuchte,
sich auf Maximilians verkehrte Denkwelt einzustellen.
"Glück verdammtes!" pflichtete Felix bei.
"Das ist toll! Ach: Toll ist das!" meinte Fritz. "Da machen
wir uns eine Geheimsprache draus! Weiber die werden wundern
sich!"
Gemeinsam kletterten sie aus dem Baumhaus und machten sich auf die Suche nach den beiden Mädchen. Sie brauchten dabei nur ihrer Nase nachzugehen, denn die Hot dogs waren frisch aus der Backstube und verbreiteten ihren Duft in dem kleinen Wäldchen.
"Überfall ein ist das!" riefen die Buben, als sie das Versteck der Mädchen stürmten.
Wie gewöhnlich taten die Mädchen so, als ob sie überrascht worden wären. Sie hatten die drei Buben schon lange heranschleichen gehört. Aber sie spielten bei diesem allwöchentlichen Überfall mit, denn dieser Überfall war das Zeichen, daß ein Wochenende mit viel gemeinsamem Spaß begonnen hatte.
"Nein, ihr bekommt diesmal nichts! Wir dürfen wir ja
auch nicht in euer Baumhaus!"
"Gewalt wir brauchen, willig nicht ihr seid!" drohten die
Buben.
"Ihr spinnt!" meinte Judith.
"Ihr spinnt wirklich!" pflichtete ihre Freundin bei.
"Wie ihr immer spinnt!" betonte Judith.
"Spinnen wir nicht, spinnt ihr!" erwiderte Felix.
"Genau ganz!" stimmte Fritz zu.
"Kopf im richtig ganz nicht seid ihr!" stellte Katharina
fest, die das Spiel der Buben durchschaute.
So ging es eine ganze Weile hin und her, bis alle zu lachen begannen.
"Wenn ihr Hot dogs wollt, dann hört jetzt damit auf. Man wird ja ganz konfus im Kopf", fordere Katharina die Buben auf.
"Ich kann ja aufhören und der Fritz auch, aber der
Max muß dann verhungern", erwiderte Felix.
"Wieso verhungern?"
"Weil ... weil ...", prustete Felix, "weil der nicht anders
reden kann!"
"Quatsch keinen Blödsinn! Es ist doch kein Problem,
wieder normal zu reden! Alle können normal reden, wenn
sie wollen", wandte sie ein, denn sie war die Älteste
von allen und auch die Klügste, wie sie meinte.
"Problem ein schon das ist mich für!" sagte
Maximilian.
"Verhungern mußt du", spottete Felix, der der
Jüngste war.
Katharina schüttelte den Kopf. "Mit euch ist heute
nichts anzufangen."
"Ich hör ja schon auf", sagte Felix, "aber der Max kann
wirklich nicht anders!"
"Wieso kann er nicht anders?"
"Ihm ist ein Blumenbeet auf den Kopf gefallen!"
"Blumentopf ein," verbesserte Maximilian.
"Dir ist ein Blumentopf auf den Kopf gefallen?"
Maximilian nickte und erzählte abermals seine Geschichte, zum wievielten Mal wohl schon?
Schließlich wußten auch die Mädchen, was Maximilian alles widerfahren war. Und weil sie Spaß verstanden, vergaßen sie wie üblich die kriegerische Begrüßung durch die Buben und teilten die duftenden Hot dogs mit ihnen.
"Und was sagen deine Lehrer dazu?" fragte Katharina, die eine gute Schülerin war. "Bekommst du jetzt statt einem 'sehr gut' ein 'gut sehr'?"
"Nein", lachte Maximilian. "Alles verstehen sie! Vorübergehen wieder bald soll alles. Wenigstens ich hoffe!"
Wie jedes Wochenende, an dem man viel erlebt, ging auch dieses schnell vorbei. Dieses vielleicht sogar noch schneller als die anderen.
"Wiedersehen auf! Mal nächsten zum bis! Schon uns freuen wir!" riefen sie beim Abschied durcheinander.
Alle fuhren zurück in die Stadt und die Schule
verschluckte sie und ihre Träume im Alltag.
Maximilians Eltern bemühten sich, Maximilian in seiner schwierigen Lage zu helfen. Wenn sie mit ihm sprachen, dann drehten sie die Sätze um. Besonders seiner Mutter gelang es bald, genauso zu sprechen wie er. Sie konnte es natürlich nicht so perfekt wie Maximilian, aber bei kurzen Sätzen gelang es ihr vollkommen.
"Einkaufen wir fahren heute", kündigte die Mutter
an.
"Mich freue ich, fein!" rief Maximilian, denn er fuhr gerne
einkaufen.
"Du brauchst neue Schuhe", sagte seine Mutter.
Die alten Schuhe drückten ihn seit geraumer Zeit. Sie sahen durch das Fußballspielen nach der Schule auch schon recht mitgenommen aus.
"Auto ferngesteuerte das auch dann ich bekomme?" fragte
Maximilian.
"Sehen werden wir!" bremste die Mutter.
"Versprochen lange so schon mir es hast du!" bettelte
Maximilian.
"Kaufen Kleid neues ein mir möchte ich", sagte die
Mutter. "Haben Auto das du kannst, bleibt übrig Geld
noch dann wenn...."
Sie fuhren in ein großes Kaufhaus mit vielen
Stockwerken.
Sie mußten lange nach einer Verkäuferin suchen.
Geduldig probierte Maximilian ein Paar nach dem anderen.
Seine Mutter suchte elegante Schuhe aus, die Maximilian
nicht so recht gefielen. Er schüttelte den Kopf.
"Die machen einen schönen Fuß!" stellte die
Verkäuferin fest.
"Schuhe schöne sehr sind das", bestätigte die
Mutter.
"Nicht mir gefallen die", protestierte Maximilian.
"Mokassins schwarzen die einmal probier dann", schlug seine
Mutter vor.
"Tragen Klasse meiner in Kinder die sie wie, sein
Sportschuhe so sollen es!" tat Maximilian seine
Vorstellungen kund.
Er zeigte auf einen großen Berg von bunten Schuhen, die gerade im Sonderangebot waren:
"Solche tragen Kinder alle!"
"So immer doch du schwitzt denen in aber", entgegnete die
Mutter.
"Probieren einmal mich sie laß", bat Maximilian.
Die Verkäuferin hatte verwundert gehört, wie Maximilian und seine Mutter sprachen. Sie dachte, daß die beiden Ausländer wären.
"Große Mode sein", sagte sie daher, "viele Kinder
tragen! Aus Italien kommen"
"Gut also!" gab die Mutter nach. "Einmal sie probier."
Die Verkäuferin brachte einige Paare bunter Sportschuhe.
"Sehr sportlich sein. Auch billig!" stellte sie fest.
"Ich möchte die, ja!" war Maximilian begeistert und
schlüpfte hinein.
Maximilians Mutter wandte sich an die Verkäuferin:
"Halten die auch etwas aus?"
"Qualität gut! Nix durchgehen Wasser!" versicherte die
Verkäuferin.
"Ja sag Mama, bitte!" bat Maximilian.
Die Mutter gab endlich nach.
"Du gleich anbehalten?" fragte die Verkäuferin.
"Anbehalten gleich!" bestätigte Maximilian.
Die Verkäuferin verpackte seine alten Schuhe in einer Schachtel.
"Viel billiger sein!" sagte die Verkäuferin, als Maximilians Mutter bezahlte.
Die Verkäuferin schenkte Maximilian einen großen Luftballon mit der Aufschrift: CUM A HIN.
"Auto das jetzt, bitte", bat Maximilian.
"Später!" antwortete die Mutter. "Kleid mein
zuerst."
Maximilian wußte, daß seine Mutter immer sehr lange brauchte, bis sie etwas Passendes gefunden hatte.
"Voraus Spielwarenabteilung die in schon gehe ich!" schlug Maximilian vor.
Maximilians Mutter zögerte.
"Bitte, bitte!" drängte Maximilian.
"Schon geh! Schauen Augen den mit nur aber!" gab sie
schließlich nach.
Maximilian fuhr mit der Rolltreppe in das nächste Stockwerk. Dort befand sich die Spielwarenabteilung, die er besonders liebte. Und dort war eine kleine Rennstrecke aufgebaut, auf der man mit ferngesteuerten Autos eine Probefahrt machen konnte.
Er hatte Glück, denn es drängten sich nicht wie sonst viele Kinder um die Rennbahn. Er nahm eine Fernsteuerung und stellte den Wagen an den Start.
Er gab gleich Vollgas und der Wagen sauste mit durchdrehenden Reifen los. In der ersten Kurve kam sein Wagen ins Schleudern. Wenn er nämlich nach links steuerte, drehte sich der Wagen in die andere Richtung.
Da schoß es Maximilian durch den Kopf: "Verkehrt nur nicht höre und rede ich, rechts und links auch vertausche ich sondern."
Er mußte sich daran gewöhnen, daß er den Wagen nach links lenken mußte, wenn eine Rechtskurve kam, und nach rechts, wenn der Wagen durch eine Linkskurve sauste.
"Machen wir ein Wettrennen?" fragte ein Bub, der hinter
ihm stand und ihn beobachtet hatte.
"Gern ja", antwortete Maximilian, "Auto rote das du nimm,
gelben dem mit fahre ich!"
Der Bub sah ihn verwundert an, setzte aber doch das gelbe Auto in die Spur.
Nebeneinander sausten die beiden Autos über die Bahn.
"Ich habe gewonnen", rief der Bub.
"Rennen ein noch wir machen?" fragte Maximilian.
Der Bub nickte und los gings. Dieses Mal fuhr Maximilians gelbes Auto als erstes über die Ziellinie.
"Gewonnen habe ich!" rief er jubelnd.
"Bist du ein Ausländer?" fragte der Bub.
"Nein", erwiderte Maximilian.
"Weil du so komisch redest."
"Gefallen Kopf den auf Blumentopf ein ist mir."
Der Bub sah ihn noch verwunderter an.
"Gefallen Kopf den auf Blumentopf ein ist mir",
wiederholte Maximilian.
"Ach, wenn das so ist ...", staunte der Bub und verstand gar
nichts.
"Ja! Das ist so! Gehen jetzt muß ich! Mutter meine
kommt da. Servus!"
Maximilian lief zu seiner Mutter und der Bub blieb kopfschüttelnd zurück.
"Ein Blumentopf auf den Kopf gefallen ... Der spinnt wohl ein bißchen."
Aber das hörte Maximilian gar nicht mehr, denn er
brannte darauf, endlich das ferngesteuerte Auto zu bekommen,
das ihm seine Mutter versprochen hatte.
Maximilian hatte am Anfang sehr viel Spaß mit seinen engsten Freunden und schon bald fiel keinem mehr seine verkehrte Sprechweise auf, ja, seine Freunde paßten sich so gut seinem Reden und Denken an, daß sie selber nicht mehr wußten, ob sie oder Maximilian verkehrt sprachen oder ob sie oder Maximilian verkehrt hörten.
Es geschah in einer Turnstunde. Maximilian war ein guter Turner. Er war der schnellste Kletterer an der Sprossenwand und am Tau, aber auch beim Geräteturnen und beim Bodenturnen war er einer der Gewandtesten.
Dieses Mal übte die Klasse den Kopfstand. Der Turnlehrer wußte, daß man den Schülern mit einem Wettbewerb besonders anspornen konnte.
"Heute wollen wir ausprobieren, wer den Handstand am längsten halten kann!" rief Professor Schweiger.
"Uije!" klagte Boris, der kein besonders geübter
Turner war. "Da schießt mir das Blut immer in den
Kopf!"
"Du kannst ja aufhören, wenn es dir zuviel wird", sagte
der Lehrer.
Die Buben schleppten unter lautem Geschrei die schweren
Matten in den Rand des Turnsaals und nahmen Aufstellung.
"Wenn ich pfeife, stoppe ich die Zeit!" sagte Professor
Schweiger.
"Wenn ich aber nicht hoch komme?" jammerte Klaus, der der
Schwerste in der Klasse war.
"Dann helfe ich dir", erwiderte der Lehrer.
"Alles bereit?"
"Ja!" riefen die Schüler, die der Ehrgeiz gepackt
hatte.
Der Lehrer nahm die Pfeife in den Mund. Gleichzeitig mit dem Pfiff drückte er die große Stoppuhr, die an einem langen Band um seinen Hals hing. Die meisten Schüler knieten neben der Wand nieder, beugten sich vornüber, stützten sich mit den Händen ab und stützten sich mit den Füßen an der Wand ab.
"Ich komm nicht hoch", rief Klaus.
Professor Schweiger eilte hinzu und half Klaus in die
Höhe, indem er ihn an den Beinen nahm und einfach auf
den Kopf hinstellte.
"So, jetzt mußt du ihn nur noch halten!"
Der Lehrer ging von einem Schüler zum anderen und half mit, bis die ganze Klasse beinahe wie die Kerzen standen.
Nach einer halben Minute hörte man den ersten Plumps. Es war wie immer Klaus, der als erster aufgab und sich auf die Matte rollen ließ. Nach und nach verließen auch die anderen die Kräfte und das Gleichgewicht.
Nur noch Alfred, Boris und Maximilian hielten aus.
"Schon drei Minuten", verkündete der Lehrer. "Wer am längsten aushält, darf sich als Erster seine Mitspieler für die Völkerballmannschaft für unser abschließendes Match aussuchen!"
Boris fiel als nächster um.
"Drei Minuten fünfundzwanzig. Das ist eine gute Zeit, Boris", lobte der Lehrer.
Die Klasse versammelte sich im Halbrund um Maximilian und Alfred, um sie anzufeuern.
Maximilian schwankte ein wenig, aber er blinzelte zu seinem Gegner hinüber, der sich noch gut hielt, sodaß er die Zähne zusammenbiß und alle Kräfte zusammennahm.
"Gleich sind es fünf Minuten", verkündete Professor Schweiger.
Da knickten Alfred die Hände ein und er mußte sich trotz heftigen Sträubens mit dem Kopf abstützen.
"Hurra, ich habe gewonnen!" preßte Maximilian zwischen den Zähnen hervor.
"Bravo", sagte der Turnlehrer. "Glaubst du, daß du ihn noch länger halten kannst?"
"Ich werde es probieren! Ich werde es probieren!" preßte er hervor.
Schließlich mußte auch Maximilian aufgeben.
"Sechs Minuten und zwölf Sekunden! Das ist ein neuer Rekord für diese Klasse! Ein Applaus für unseren Besten!" forderte Professor Schweiger die Mitschüler auf.
In den Jubel um Maximilian hinein rief Boris: "Aber Max kann ja wieder normal reden!"
Das war im Eifer des Wettkampfes niemandem aufgefallen.
"Das ist ein Wunder", rief Peter ein wenig vorlaut.
"Normal wieder rede ich?" fragte Maximilian. "Nicht doch es
gibt das!"
"Aber ja! Wie du den Kopfstand gemacht hast!" sagte
Klaus.
"Aufgefallen nicht gar mir ist das", antwortete Maximilian
verkehrt wie immer.
"Das müssen wir nochmals ausprobieren!" rief Professor Schweiger. "Probier noch einmal den Kopfstand!"
Maximilian machte unter dem gespannten Blick seiner Klassenkameraden nochmals einen Kopfstand.
"Jetzt sag was!" forderte ihn Boris auf.
"Was soll ich denn sagen?" antwortete Maximilian.
"Es funktioniert! Jetzt redest du wieder normal",
bestätigte der Lehrer.
"Aber ich kann doch nicht die ganze Zeit Kopfstand machen,
damit mich alle normal verstehen!"
"Allerdings", stimmte Professor Schweiger zu.
Maximilian beendete den Versuch.
"Nein! Nicht wirklich geht das!" resignierte er.
"Maximilian ist ein medizinische Wunder!" platzte Peter
heraus.
"Ja! Ein Wunder! Aber jetzt Schluß damit! Wir wollen
unser Völkerballspiel machen!"
"Ja, spielen wir", riefen alle durcheinander.
Maximilian durfte sich als erster seine Mannschaft zusammenstellen und es war kein Wunder, daß sie das Spiel gewannen, denn er hatte sich natürlich die Besten ausgesucht.
"Erzähl es deinen Eltern", forderte ihn Professor
Schweiger am Ende der Turnstunde auf.
"Machen ich werde daß ja!" seufzte Maximilian.
"Problems des Lösung keine ist das aber!"
"Da recht du hast", stimmte der Lehrer zu, der noch wenig
Übung im Verkehrtsprechen hatte. "Lösung
keine."
Beim nächsten Besuch bei Professor Freundlich berichtete Maximilian von seiner neuen Erfahrung mit dem Kopfstand. Da mußte Maximilian sogleich einen Kopfstand machen und sprechen. Tatsächlich, wenn Maximilian auf dem Kopf stand, dann redete er normal. Auch wenn ihm etwas vorgelesen wurde, verstand er es wie früher, wie vor dem Blumentopf.
Aber das war keine Lösung. Denn wie Maximilian richtig sagte: Ich kann doch nicht ewig auf Händen gehen, nur damit ich mit den anderen normal reden kann. Dann sehen mich die anderen erst recht als verkehrt an.
Der Professor war sehr erstaunt und hatte schon bald viele Erklärungen für das Phänomen gefunden, aber er mußte alle wieder verwerfen. Maximilian war und blieb ein Rätsel.
Es sei ein Glück, meinte Professor Freundlich am Ende der Untersuchung und um ihn zu trösten, daß er nicht auch die Worte verkehrt aussprach, sondern nur die Sätze. Unvorstellbar, wenn er etwa die Silben vertauschte, also seinen Namen etwa Anlimixima Lertha. Oder gar, wenn er seinen Namen "Nailimixam Relaht" oder "Relaht Nailimixam" sprechen oder schreiben müßte.
Aber das war nun wirklich kein Trost.
Maximilians Freunde hatten am Anfang noch über ihn gelacht und fanden es lustig und komisch. Aber bald erkannten sie, daß Maximilian sehr darunter litt, denn zwar war er im Kreis seiner Freunde akzeptiert und alle hatten sich schon daran gewöhnt, ja, sie hatten sogar Spaß an der ganzen Sache, aber immer wieder erfuhren sie von Problemen, die Max im Umgang mit anderen Menschen hatte. Menschen, die ihn nicht kannten und ihn einfach für verkehrt, wenn nicht gar für verrückt hielten.
Am schlimmsten war es, wenn diese Menschen glaubten, daß sie Maximilian zum Narren halten wollte. Maximilian vermied es daher, mit anderen Menschen als den ihm vertrauten zusammenzutreffen. Schließlich begann er sogar, sich vor seinen Freunden zurückzuziehen.
In den ersten Wochen nach dem Tag X, wie ihn Maximilian selber nannte, oder dem "Tag des Blumentopfes", wie ihn seine Freunde bezeichneten, war Maximilian das Hauptgesprächsthema. Er wurde eingeladen, sogar von Schulkameraden, die ihn vorher nicht einmal ignoriert hatten.
Aber er merkte bald, daß sie ihn wie eine Zirkusattraktion vorführen wollten. Sie meinten es sicher nicht böse, aber in einer kleinen Stadt wie jener, in der Maximilian wohnte, sprach sich alles schnell herum.
Maximilian hatte immer öfter das Gefühl, daß die Menschen sich nach ihm umdrehten oder die Köpfe zusammensteckten und sagten: Das ist der, der verkehrt redet! Wißt ihr, das ist der, dem ein Blumentopf auf den Kopf gefallen ist. Wahrscheinlich bildete er sich das auch nur ein, aber wer wollte ihm das verdenken?
Zwar gefiel es ihm manchmal und er genoß es, im Mittelpunkt zu stehen, aber wie ein kariertes Zebra angestarrt zu werden oder wie ein Zwergelefant bestaunt zu werden, das war seine Sache nicht. Zumindest nicht auf Dauer.
Zu seinem Glück hatte aber Maximilian auch Freunde wie Boris oder Alexander, die sich bemühten, ihn ganz normal zu behandeln. Sie versuchten selber, einfache Sätze verkehrt zu sprechen und wenn sie mit Maximilian redeten, dann benutzten sie so kurze Sätze wie möglich. Maximilian spürte, daß die beiden ihm helfen wollten, aber er fühlte auch das Mitleid, das sie mit ihm hatten. Und das ertrug Maximilian nicht, denn er wollte einfach ein Freund sein und nicht bemitleidet werden. Es konnte einfach nicht so sein wie früher. Da konnten sich alle noch so sehr bemühen.
Auch seine Lehrer bemühten sich, auf seine schwierige Lage einzugehen und ihm den Schulalltag so leicht wie möglich zu machen. Professor Schweiger, der Turnlehrer, überlegte in seiner Freizeit sogar, einen verkehrten Sessel zu konstruieren, in dem Maximilian mit dem Kopf nach unten hängen könnte, um "wie ein normaler Schüler" dem Unterricht folgen zu können.
Als eines Tages Boris und Alexander sich nach einem Besuch bei Maximilian verabschiedet hatten, blieben sie an der nächsten Straßenecke stehen.
"Es muß etwas geschehen, Boris", sagte
Alexander.
"Aber was?" erwiderte Boris.
"Es muß doch eine Möglichkeit geben, dem armen
Teufel zu helfen."
"Aber wie?"
Ratlos standen die beiden noch einige Zeit nebeneinander, dann gingen sie nach einem kurzen Gruß langsam auseinander.
"Ich hab's!" rief Boris, machte kehrt und lief Alexander
hinterher.
"Ich hab's!" wiederholte er, als er seinen Freund eingeholt
hatte.
"Was hast du?" fragte dieser überrascht.
"Ich hab die Lösung!"
"Welche Lösung?"
"Na, wie Maximilian wieder normal wird."
"Wir schenken ihm ein Tonbandgerät, mit dem kann er
alles aufnehmen, was die anderen sagen oder was er sagt und
braucht es dann nur verkehrt abspielen, damit ihn die
anderen verstehen!"
"Das ist keine sehr gute Idee", widersprach Alexander.
"Wieso?"
"Weil dann auch ... die Wörter ... selber ... ganz
verkehrt sind - ich hab das schon einmal gehört ... und
außerdem gibt es keine normalen Tonbandgeräte,
mit denen man etwas verkehrt abspielen kann."
"Du hast recht", erinnerte sich Boris, "ich hab das auch
schon gehört ..."
Noch ratloser standen die beiden Freunde beisammen und grußlos gingen sie ihrer Wege.
Beide lagen an diesem Tag vor dem Einschlafen lange in ihren Betten wach und überlegten, was sie tun könnten, um Maximilian zu helfen.
"Vielleicht ist die Idee von Professor Schweiger doch
nicht so schlecht ...", überlegte Boris.
"Vielleicht könnte man mit einem Spiegel für Max
alles umdrehen ..." dachte Alexander.
Vielleicht könnte man ein neues Hörgerät
bauen, das alles verkehrt ..."
Vielleicht ... vielleicht ... vielleicht ...
Es war keine Lösung in Sicht. Irgendwann schliefen die
beiden ein und träumten verkehrte Träume,
träumten von technischen Gerätschaften und von
fliegenden Blumentöpfen ...
Alexander wachte plötzlich auf. "Fliegende
Blumentöpfe!" schoß es ihm durch den Kopf. "Das
ist es. ja, das ist es."
Er erinnerte sich daran, daß seine Mutter ihm einmal von Medikamenten erzählt hatte, homatischen, möpatischen oder so ähnlich hießen die. Die funktionieren dadurch, daß sie das auslösen, wogegen sie eingesetzt werden. Wenn man von einer Biene gestochen wird, dann schluckt man ein wenig Bienengift und schon hört der Schmerz auf. Das hatte er schon selber erlebt. Boris erinnerte sich auch an Onkel Hans, der immer mit einem Hammer auf die Wasserpumpe schlug, damit sie wieder in Gang käme.
Das müßte doch auch bei Maximilian funktionieren. Einfach noch einen Blumentopf auf den Kopf schmeißen, natürlich nicht ganz so fest wie beim Unfall, dann würde sich im Kopf von Maximilian wieder alles umdrehen, dann würde wieder alles so wie früher!
Boris war ganz aufgeregt. Am liebsten wäre er aufgestanden, um Alexander anzurufen und seine Idee zu erzählen. Aber es war schon weit nach Mitternacht und außerdem müßte alles genau geplant werden. Boris fiel in einen unruhigen Schlaf, in dem die Blumentöpfe nur so durch die Gegend flogen.
Am nächsten Morgen lief er gleich nach dem Frühstück, das er rasch hinunterschlang, zu Alexander.
"Ich hab's!" rief er.
"Was hast du?" erwiderte sein Freund.
"Na, die Lösung! Wir schmeißen Maximilian noch
einmal einen Blumentopf auf den Kopf ..."
"Spinnst du?" schüttelte Alexander den Kopf.
"Nein, nein," widersprach Boris und erzählte seinem
skeptischen Freund, was er sich in der letzten Nacht sich
ausgedacht hatte.
Der schüttelte anfangs den Kopf, sagte dann aber:
"Ich habe auch von diesen Medikamenten gehört, aber
die heißen homöopathisch. Wenn ich Schnupfen habe
und die Nase rinnt, dann muß ich auch immer
Kügelchen mit Zwiebeln schlucken."
"Genau, das meine ich!" bestätigte Boris
begeistert.
"Aber das müssen wir gut vorbereiten!"
"Maximilian darf von unserem Plan aber nichts erfahren!"
"Auf keinen Fall!"
Als die beiden Freunde Maximilian auf dem Schulweg trafen, warfen sie sich bedeutungsschwere Blicke zu. Maximilian merkte bald, daß seine Freunde irgendein Geheimnis hatten, aber er dachte, daß auch seine besten Freunde sich jetzt von ihm abwandten und ihn für verrückt hielten.
Er war darüber traurig, aber in seiner Lage war er zu sehr damit beschäftigt, den Unfall und seine Folgen zu verdauen, daß er nur insgeheim den Kopf schüttelte und dachte: "Verdenken nicht ihnen es kann ich. Geworden verrückt wirklich ich bin vielleicht!"
Allmählich kehrte in Maximilians Umgebung der Alltag ein. Maximilian gelang es immer besser, die anderen zu verstehen und alles, was sie sagten, sogleich im Kopf umzudrehen. Nur beim Sprechen hatte er weiter große Probleme.
Es war, als ob die Wörter in seinem Kopf wie mit Gummibändern aneinander gefesselt wären und sich dagegen sträubten, ihren Platz zu verlassen. Immer wenn er versuchte, die Reihenfolge der Wörter zu vertauschen, wurden sie an ihren alten Platz zurückgezogen.
So sehr er sich bemühte, er konnte höchstens zwei oder drei Wörter verkehrt sagen. Aber das verwirrte die anderen mehr als es ihnen half, denn man erwartete von ihm, daß er verkehrt redete und wenn er dann doch einen " n" Satz herausbrachte, dann drehten die Zuhörer den Satz um und dann war er doch wieder verkehrt.
Er mußte einmal in der Woche zu Professor Freundlich, der mit ihm die verschiedensten Übungen machte Er mußte lesen, schreiben, Zeichnungen anfertigen. Vor allem aber ermutigte ihn der Professor dazu, sein Mißgeschick zu akzeptieren und nicht dagegen anzukämpfen. Wie gesagt, es gibt einfach Dinge zwischen Himmel und Erde, die man nicht so einfach erklären kann. Und vielleicht würde eines Tages alles wieder so wie früher. Er müßte nur Geduld haben.
"Man muß nur daran glauben, fest daran glauben",
sagte Professor Freundlich.
"Abwarten und Tee trinken," sagte Maximilians
Großmutter.
"Es wird sicher alles wieder gut!" tröstete ihn seine
Mutter.
"Man muß das Schicksal in seine eigenen Hände
nehmen!" ermutigte ihn sein Vater.
Maximilian zog sich immer mehr zurück und das konnte man ihm nicht verdenken.
"Ich muß etwas tun!" sagte er zu sich selber. "Ich muß etwas tun!"
Jeden Tag, wenn er von der Schule nach Haus gekommen war, erledigte er seine Hausaufgaben, die ihm trotz der verkehrten Aufgaben immer besser von der Hand gingen. Dann nahm er ein Buch und las daraus Sätze verkehrt vor. Er begann, zwei oder drei Seiten auswendig zu lernen und sie verkehrt aufzusagen. Er übte wie ein Besessener und seine Mutter machte sich schon Sorgen, daß er nicht wie früher stundenlang vor dem Fernseher saß oder mit seinen Freunden spielen ging.
"Die werden staunen!" dachte er. "Staunen werden die!
Die werden ihr Wunder erleben! Erleben Wunder ihr werden
die."
Er drehte in Gedanken immer längere Sätze um, sogar Gedichte, die er früher nur unter großen Mühen und mit wenig Freude gelernt hatte, konnte er jetzt schon perfekt und "richtig" aufsagen, auch wenn sie für ihn selber natürlich noch immer verkehrt waren.
"An meinem nächsten Geburtstag werde ich alle damit überraschen. Überraschen damit alle ich werde Geburtstag nächsten meinem an!"
Schon zwei Wochen vor seinem Geburtstag malte und schrieb er die Einladungen.
"Ich würde mich sehr freuen, wenn ihr am 23. April zu mir kommt und mit mir meinen Geburtstag feiert", schrieb er. Verkehrt natürlich. Denn es sollte ja keiner seiner Freunde etwas von seinem Plan ahnen. Die Überraschung würde perfekt sein.
Als Maximilian in einer Unterrichtspause Boris und Alexander die Einladungen überreichte, konnte er es sich nicht verkneifen, ihnen eine "Super-Überraschung" anzukündigen.
Maximilian machte sich nun bei den Begegnungen mit den Freunden nicht mehr die Mühe, seine verkehrten Gedanken umzudrehen, damit sie ihn verstünden. Vielmehr betonte er besonders, daß er verkehrt redete. Das führte zwar dazu, daß sie die Hoffnungslosigkeit seines Falles umso deutlicher erkannten, aber umso größer würde dann die Überraschung sein, die er heimlich für sie vorbereitet hatte.
"Du Boris," sagte Alexander, "die Geburtstagsfeier ist
eine gute Gelegenheit für unsere Heilung!"
"Genau, das wird Maximilian bestimmt doppelt freuen, wenn
wir ihm gerade an seinem Geburtstag wieder normal
machen."
"Und da fällt es auch keinem auf, wenn wir mit einem
Blumentopf auftauchen!" betonte Alexander.
"Tarnung ist alles!" sagte Boris.
Maximilian merkte, daß Boris und Alexander in den Tagen vor seinem Geburtstag heimlich die Köpfe zusammensteckten, aber er fühlte sich nicht mehr so ausgeschlossen, denn er wußte ja: Ab seinem Geburtstag würde sein Leben wieder normal werden, da würde aus einem verkehrten Maximilian wieder der normale werden.
Maximilians Mutter war zwar erstaunt, daß er dieses Jahr zu seinem Geburtstag die ganze Klasse eingeladen hatte, aber sie akzeptierte seufzend die aufwendige Vorbereitungsarbeit, denn sie wollte ja, daß Maximilian wieder mehr "unter die Leute" ging, sich nicht mehr so abkapselte. Denn das hatte ihr in den letzten Wochen am meisten Sorge bereitet.
Endlich war es so weit. Die Lampions waren aufgehängt, die Kuchen gebacken, die Getränke gekühlt. Maximilian hatte dieses Mal fleißig mitgeholfen, die Wohnung "feiergerecht" vorzubereiten.
Als die ersten Kinder an der Wohnungstür klingelten, lief ihnen Maximilian entgegen und rief: "Euch grüß! Herein kommt! Kuchen tollen einen gibt es! Tiramisu leckeres ein auch!"
Boris und Alexander kamen zuletzt. Sie hatten den Blumenstock, den sie von ihrem Taschengeld gekauft hatten, ein paarmal in Seidenpapier gewickelt, denn es sollte ja nicht allzu weh tun! Sie stellten den Blumentopf im Vorzimmer in eine Ecke, denn sie wollten einen günstigen Zeitpunkt abwarten, ihren Plan auszuführen.
Der Kindernachmittag verlief unter Spielen, Plaudern und Herumtollen wie im Flug. Da das Wetter mitspielte, zog die ganze Schar bald in den großen Hof, wo die Buben sogar Fußballspielen konnten. Maximilians Mutter war das ganz recht, denn in der Wohnung waren über zwanzig Kinder das reinste Chaos. Sie mußte nach einem umgestürzten Becher aufwischen oder Kuchenreste vom Teppichboden entfernen, für Kuchennachschub sorgen und neugierige Kinder davon abhalten, das elterliche Schlafzimmer in einen Polsterschlachtkampfplatz zu verwandeln.
"Jetzt ist eine gute Gelegenheit", dachte Maximilian und holte aus dem Schuppen einen alten Tisch, den er unter dem Balkon der elterlichen Wohnung aufstellte.
"Herhören einmal alle!" rief er und kletterte auf den Tisch. "Euch für Überraschung eine habe ich!"
Es dauerte eine Weile, bis alle Kinder sich um den Tisch versammelt hatten.
"Boris und Alexander, ihr seid wo?" blickte er sich suchend um.
Die beiden waren in die Wohnung zurückgelaufen und holten den Blumentopf aus dem Versteck. Sie liefen auf den Balkon, unter dem Maximilian auf dem Tisch stand und wartete, bis alle um ihn herumstanden.
"Jetzt!" sagte Alexander.
Boris beugte sich weit über das stählerne Geländer und ließ den Blumentopf fallen.
"Liebe Freunde! Ich habe eine Überraschung ..."
Maximilian konnte den begonnenen Satz nicht zu Ende sprechen, denn in diesem Augenblick traf ihn der Blumentopf.
Ein Volltreffer.
Boris hatte gut gezielt. Maximilian sackte lautlos zusammen.
Ein vielstimmiges Geschrei begleitete den Tumult, der nun entstand.
"Seid ihr verrückt!"
"Boris, spinnst du?"
Alle riefen durcheinander und beugten sich über Boris, der glücklicherweise nicht vom Tisch gefallen war, denn Peter hatte ihn aufgefangen und auf den Steinboden gelegt.
Maximilians Mutter kam auf den Balkon gestürzt. Sie sah, daß Maximilian regungslos auf dem Boden lag. Sie lief sofort durch die Wohnung und über die Stiegen in den Hof und beugte sich über ihren Sohn.
Dieser schlug gerade die Augen auf.
"Gottseidank! Was ist denn passiert?"
Die Augen aller richteten sich auf Boris und Alexander, die gerade durch die Hoftüre kamen.
"Der Boris hat dem Max etwas auf den Kopf geschmissen!"
rief ein Mädchen.
"Ja bist du denn verrückt geworden, Boris", schimpfte
Maximilians Mutter.
"Ich ... wir haben ihm doch nur helfen wollen", stotterte
Boris.
"Jetzt wird alles wieder gut!" unterstützte Alexander
seinen Freund.
"Wir haben den Blumentopf auch besonders gut eingewickelt,
damit es nicht allzu weh tut!"
"Besonders gut eingewickelt", bestätigte Alexander.
"Sag doch was, Max", forderte Boris Maximilian auf. "Jetzt
kannst du bestimmt wieder normal reden!"
Maximilian hatte alles noch nicht so richtig mitbekommen und versuchte seine Gedanken zu ordnen.
"Euch für Überraschung eine habe ich! Sprechen
normal wieder ich kann heute ab" sagte er langsam, die
ersten Sätze seiner geplanten Rede wiederholend.
"Na Gottseidank, es ist alles in Ordnung!" sagte Maximilians
Mutter erleichtert.
"Ordnung in alles ist es!" wiederholte Maximilian.
"Es hat nicht geklappt", flüsterte Boris zu
Alexander.
"Geklappt nicht hat was?" fragte Maximilian.
"Wir wollten dir helfen, wieder normal zu reden!"
"Wir haben geglaubt, daß ein zweiter Blumentopf wieder
alles in Ordnung bringt!"
Maximilian wurde schwarz vor den Augen.
Alles war umsonst, dachte er. Die Tränen stiegen ihm in die Augen.
"Weh dir es tut?" fragte seine Mutter.
Maximilian verstand nicht sogleich, denn der Satz seiner Mutter war für ihn verkehrt. Schon wieder verkehrt oder noch immer verkehrt? Maximilian wußte nicht mehr, was er denken sollte. Verkehrt war doch nicht verkehrt, oder war nicht verkehrt jetzt wieder verkehrt?
Boris hatte inzwischen den Blumentopf aus dem Seidenpapier ausgewickelt und überreichte ihn Maximilian, der sich inzwischen aufgerichtet hatte. Der Topf hatte nur einen leichten Sprung und die Erde war herausgefallen.
"Geburtstag zum Gute alles!" sagte er kleinlaut. "Leid uns tut es! Helfen nur wirklich dir wollten wir!"
"Danke! Gesagt nichts mir ihr habt warum?"
"Sein Überraschung eine doch sollte es!" erwiderte
Boris.
"Funktioniert nicht bestimmt es hätte dann!" fügte
Alexander hinzu.
Maximilian hielt sich die Ohren zu.
"Ich glaube, es ist besser, ihr geht jetzt nach Hause!" sagte die Mutter zu den Kindern.
"Nochmals alles Gute!" sagten einige.
"Besserung baldige!" die anderen.
"Sein denn es sollte Überraschung eine für was?"
fragte Peter.
Maximilian schüttelt nur den Kopf.
Als seine Mutter nach der mißglückten Geburtstagsfeier die Wohnung aufräumte, sah sie ein paarmal in Maximilians Zimmer. Der lag mit offenen Augen auf seinem Bett und starrte an die Zimmerdecke.
"Erfahrung schon ja du hast Blumentöpfen mit!" ermutigte sie ihn.
Aber Maximilian hörte gar nichts, wollte nichts mehr
hören. Jetzt begann alles wieder von vorne! Es war zum
Heulen. "Erschüttern nichts kann Indianer einen!"
dachte er dann trotzig. "Blumentopf ein einmal nicht! Nicht
gar schon Blumentopf ein!"
Die Geschichte ist natürlich noch nicht zu Ende. Ich habe lange überlegt, ob ich sie weitererzählen soll. Aber dann habe ich mir gedacht, vielleicht fällt dir selber ein Schluß ein.
Vielleicht kam doch der Tag, an dem für Maximilian alles wieder ganz normal war. An dem er wie alle anderen redete und alle anderen ihn wieder verstanden.
Vielleicht hat sich auch die Welt umgedreht und Maximilian konnte sich mit seinen verkehrten Gedanken in ihr zurechtfinden wie zuvor.
Vielleicht hat er gelernt, das normale und das verkehrte gleichermaßen zu verstehen. So wie jedes Ding zwei Seiten hat und es durchaus nicht schaden kann, einmal alles umzudrehen.
Vielleicht hat er auch gelernt, daß vieles in der Welt verkehrt ist und es immer wieder notwendig ist, manches auf den Kopf zu stellen. Oder sich selber auf den Kopf zu stellen, damit alles wieder aufrecht ist.
Vielleicht hat er verstanden, daß es Boris und Alexander ja nur gut mit ihm gemeint haben. Und daß auch das verkehrt sein kann, wenn etwas im verkehrten Augenblick geschieht.
Vielleicht ... vielleicht ... vielleicht ...
Ist ausgegangen Geschichte die wie, besten am ihr wißt bestimmt.
©opyright Linz 2003 Werner Stangl