Vorschlag zur Einrichtung eines "Zentrums für soziale Kompetenz" an der Johannes-Kepler-Universität Linz

Walter Ötsch

(Paper erstellt unter Mitarbeit der Professoren Altrichter, Ardelt, Born, Buchegger, Höller, Nigsch, Reber und Schuster


1. Ausgangslage
2. Was sind "soziale Kompetenzen"
3. Aufgaben eines Sozialkompetenzzentrums
3.1. Initiierung und Durchführung neuer Formen von Unterricht
3.2. Durchführung von Trainings für StudentInnen
3.3. Weitere Angebote an Studierende
3.4. Angebote an Lehrende
3.5. Forschung
4. Beirat
5. Organisationsform
6. Finanzierungsbedarf
7. Angestrebte Anreize zur Mitarbeit
8. Angestrebter Nutzen für die Universität
9. Angestrebter Nutzen für mögliche Arbeitgeber unserer AbsolventInnen

Anhang:

1. Dokumentation der Geschichte dieser Idee
2. Meine Qualifikation zu diesen Fragen (Walter Ötsch)
 


1. Ausgangslage:

In Aussagen von externer Seite über die Qualität der Studien an der Johannes Kepler Universität
(z.B. bei der Gemeinschaftsveranstaltung mit der VOEST-ALPINE STAHL AG vom 28.10.1997 und dem Treffen mit Kontaktpersonen aus der Praxis am 29.1.1998) sowie

in internen Reformüberlegungen (z.B. Bacher u.a. "Auf dem Weg zu einer bedarfs- und situationsgerechten Ausbildung im Bereich der Internationalen Betriebswirtschaft"
oder in den "Grundlinien für die mittelfristige Entwicklung der SOWI-Fakultät" der Strukturkommission der SOWI)

wird gefordert, die Ausbildung vermehrt auf die Erwerbung "sozialer Kompetenzen" hin zu orientieren.



2. Was sind "soziale Kompetenzen"

Für den Begriff "Sozialkompetenz" bzw. "social skills" gibt es keine allgemein akzeptierte Definition, weder in der wissenschaftlichen Lieteratur noch im Alltagsgebrauch.

Mit dem Begriff "soziale Kompetenzen" werden eine Vielzahl von Fähigkeiten, Einstellungen, Verhaltensweisen und/oder Persönlichkeitsmerkmalen bezeichnet.

"Soziale Kompetenzen" beziehen sich sowohl auf innere Haltungen als auch auf äußeres Verhalten.

Beispiele sind:

Ob und in welchem Ausmaß diese Fähigkeiten durch eine universitäre Ausbildung (z.B. durch ihren "heimlichen Lehrplan") gefördert werden, ist umstritten.

Hier wird ein breites Spektrum von Meinungen vertreten. So wird argumentiert, österreichische StudentInnen seien in hohem Maße sozial kompetent, u.a. auch, weil die Unübersichtlichkeit und teilweise chaotische Organisation der universitären Lehre den StudentInnen ein hohes Maß an Selbstorganisation (freilich um den hohen Preis von vielen Studienabbrechern) abverlange.

Die meisten Personen, die an der laufenden Reformdebatte teilnehmen, vertreten demgegenüber (zumindest implizit) den Standpunkt,

Viele Vorschläge der laufenden Reformdiskussion fußen auf diesem Standpunkt.

Beispiele sind:

die Forderung nach mehr Teamarbeit und Teamlernen, nach mehr aufgaben- und praxisorientiertem Lernen, nach vermehrten interdisziplinären Ansätzen, nach mehr interprofessioneller Kooperation, nach verbesserter Didaktik, nach mehr Projektstudien-Elementen, nach mehr internationalen Kontakten, usw.

Begleitend und ergänzend zu all diesen Überlegungen schlagen wir die Errichtung eines "Zentrums für soziale Kompetenz" an der Johannes Kepler Universität Linz vor.


3. Aufgaben eines Zentrums für soziale Kompetenz :

Das Zentrums für soziale Kompetenz soll als Institution zur Diskussion, Entwicklung und Durchführung von Aktivitäten fungieren, die geeignet sind,

Das Sozialkomptenzzentrum soll eine institutionalisierte Plattform auf der Ebene der Fakultät (oder auch auf der Ebene der Universität) sein.

Es dient dazu,

Dabei soll die Förderung sozialer Kompetenzen durch ein Bündel von Maßnahmen erfolgen, die sich sinnvoll ergänzen.

Beispiele sind:


Konkrete Tätigkeiten des Zentrums für soziale Kompetenz sollen u.a. sein:

(1) Initiierung und Durchführung neuer Unterrichtsformen
(2) Organisation von Trainings für die StudentInnen,
(3) Angebote an Beratungsleitungen und Hilfestellungen für StudentInnen
(4) Angebote an Dienstleistungen zur Förderung der didaktischen Kompetenz universitärer LehrerInnen, sowie
(5) Durchführung von Forschungsvorhaben.

Dazu im folgenden mehr im Detail.


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3.1. Initiierung und Durchführung neuer Formen von Unterricht

Das Zentrum für soziale Kompetenz soll als institutionalisierte Einrichtung für die Diskussion, den Ideenaustausch, die Entwicklung und die Durchführung neuer Formen der Vermittlung von Wissen an der Universität dienen, die geeignet sind, die soziale Kompetenz von Studenten zu fördern.

Dabei soll das Potential, die Erfahrungen und das Interesse von Personen, die sich schon bisher mit Fragen sozialer Kompetenz beschäftigt haben, im Diskurs über bestehende Fachgrenzen hinweg genützt werden. Dies bezieht sich auch auf die Erfahrungen mit Lehrveranstaltungen, in denen oben genannte Aspekte von sozialer Kompetenz direkt trainiert wurden.

Das Ziel ist es, zu diesen Fragen auf einer breiten Basis neue Arten von Zusammenarbeit zu erproben und mit ihnen zu experimentieren. Dabei soll stets das Prinzip der Freiwilligkeit gelten (d.h. niemand ist zur Mitarbeit verpflichtet).

Dabei geht es auch um den Erfahrungsaustaussch und um neue Initiativen zu folgenden Fragen:


3.2. Durchführung von Trainings von sozialer Kompetenz als Teil des Studiums (in Analogie zum Unterricht in EDV und in Sprachen)

Inhalte könnten sein:

Die angewandten Methoden sollten aus verschiedenen theoretischen Hintergründen stammen (z.B. Gruppendynamik, systemische Beratung, Transaktionsanalyse, Verhaltenstherapie, NLP) und den Standard erfolgreichen Coachings / erfolgreicher Beratungsfirmen aufweisen.

Die Trainings sollten in Workshops und FollowUps durchgeführt werden. Sie sollten praxisnah sein und zur Selbsterprobung anleiten.

Dabei soll es sowohl um die Vermittlung und dem Erlernen von Methoden (in einem mehr technischen Sinn) als auch um Anregungen und Hilfestellungen zur Persönlichkeitsentwicklung von StudentInnen gehen (z.B. indem eigene innere "Landkarten" bewußtgemacht und verändert werden).

Als Trainingsmethoden sollten u.a. Simulationen, Fallbeispiele, Unternehmensplanspiele, Verhaltenstrainings, Visualisierungstechniken, usw. eingesetzt werden.

Diese Trainings sollten fixer Bestandteil des Studiums sein.

Weil die Studentenzahlen für den 1. und den 2. Abschnitt sehr stark divergieren, wird für die sozial-und wirtschaftswissenschaftlichen Studien vorgeschlagen, diese Trainings an den Anfang des 2. Studienabschnitts zu setzen.

Dabei könnte es eine Wahlmöglichkeit für die StudentInnen geben: aus einem Katalog mit unterschiedlichen Methoden und TrainerInnen) kann im Rahmen einer vorgegebenen Stundenzahl (z.B. 2 bis 6 Semesterstunden) frei gewählt werden.

Möglich wären auch vertiefende Trainings für einzelne Studienrichtungen, in Abstimmung mit den Besonderheiten des Studiums und möglicher Einsatzfelder der AbsolventInnen.


3.3. Angebote an Beratungs- / Trainings-/ Coachingsleistungen für Studierende

Begleitend und ergänzend zu 3.2., z.B.:

Dieses Angebot müßte studienspezifisch sein und in Zusammenarbeit mit den Studienkommissionen / Projektbetreuern konzipiert werden.

Diese Beratungsleistung könnte für die StudentInnen verpflichtend sein und / oder fakultativ (d.h. auf Wunsch von Projektbetreuern und / oder StudentInnen) erfolgen.


3.4. Angebote an Dienstleistungen zur Förderung der didaktischen Kompetenz universitärer LehrerInnen

Aufgabe eines Zentrum für soziale Kompetenz könnte es auch sein, den an der Universität Lehrenden Hilfestellungen und Trainings anzubieten, wenn sie ihre didaktischen Fähigkeiten und ihre Fähigkeit zur Vermittlung sozialer Kompetenz steigern wollen.

Diese Angebote könnten allgemein (z.B.. auf didaktische Qualifikationen generell) und / oder für spezifische Problemstellungen (z.B. die Förderung von Teamfähigkeit bei Studentinnen) gerichtet sein.

Zur Förderung didaktischer Kompetenzen, insbesondere für junge KollegInnen am Beginn ihrer Lehrtätigkeit, könnte die Einrichtung eines informellen kurzen "Didaktischen Lehrganges" (bestehend aus wenigen Modulen) nutzbringend sein.


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3.5. Durchführung von Forschungsvorhaben

Mögliche Forschungsthemen könnten sein:

Theoretische Ansätze zu "Sozialkompetenz", Beratung und Coaching
Projektbegleitende Wirkungsforschung (z.B. Evaluierung verschiedener Gruppen von Projektstudien, die auf unterschieldichen Unterrichtsformen beruhen)
Fragestellungen von "Sozialkompetenz" im Hinblick auf die Virtualisierung von unternehmerischen und sozialen Organisationsformen


4. Beirat

Um den Kontakt des Zentrums für soziale Kompetenz zur universitären "Außen-Welt" zu optimieren könnte die Einrichtung einer "externen Beratergruppe" hilfreich sein. Dieser Gruppe sollten Vertreter interessierter Institutionen / Firmen und auch von Beratungsfirmen angehören.

Die Mitglieder dieser "externen Beratergruppe" könnten u.a.:


Es sollte geprüft werden, ob eine solcher Beirat bereits in die Konzeptphase eines Zentrum für soziale Kompetenz miteinbezogen werden soll.


5. Organisationsform:

Das Zentrum für soziale Kompetenz soll nicht als Institut additiv zu bestehenden Instituten errichtet werden. Die Gefahr dabei ist eine isoliert arbeitende Institution mit wenig Kontakt zu anderen Instituten, die noch dazu als Alibi für Reformen im Bereich der Sozialkompetenz mißbraucht werden könnte (die Anstrengungen dazu werden auf dieses Instituts "ausgelagert", sodaß für "andere" kein weiterer Handlungsbedarf besteht).

Es wird vorgeschlagen, das Zentrum für soziale Kompetenz als Kooperationsverband mit einer flachen Hierarchie zu errichten. Dabei soll eine neue Organisationsart gefunden werden, die ein Höchstmaß an Vernetzung über die bestehenden Institute und Fachgrenzen hinweg erlaubt. (Ein Schlagwort dazu könnte "eine Akademie innerhalb der Universität" sein.)

Organe des Zentrums für soziale Kompetenz könnten sein:


6. Finanzierungsbedarf:
 

Zu prüfen ist, in welcher Weise externe Drittmittel für dieses Vorhaben gewonnen werden können.


7. Angestrebte Anreize zur Mitarbeit an der "academy"

Mögliche Anreize könnten sein:


8. Angestrebter Nutzen des vorgeschlagenen Zentrum für soziale Kompetenzs für die Universität:


9. Angestrebter Nutzen des vorgeschlagenen Zentrums für soziale Kompetenz für mögliche Arbeitgeber unserer AbsolventInnen:


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Anhang:

1. Dokumentation der Geschichte dieser Idee:

28.10.97

Anstoß durch die Gemeinschaftsveranstaltung mit der Voest-Alpine Stahl AG

Dezember 97

Gespräche mit verschiedenen Personen an der Universität

2.1.98

1. Version dieses Papers

9.+10.1.98

Diskussion der Idee mit der Gruppe "moving" in Wien (Unternehmensberater aus Österreich, Schweiz und Niederlande)

29.1.98

2. Version dieses Papers

24.2. 98

Arbeitstreffen der Professoren Ardelt, Born, Buchegger, Höller, Nigsch, Ötsch, Reber und Schuster

26.2.98

Diskussion mit Herr Gams, Voest-Alpine Stahl

9.3.98

3. Version dieses Papers

25.3.98

Arbeitstreffen der Professoren Altrichter, Ardelt, Born, Buchegger, Höller, Nigsch und Ötsch

31.3.98

3. Version dieses Papers

23.4.98

Diskussion in der Strukturkomission. Formulierung einer Empfehlung an die Fakultät

28.4.98

Befürwortung durch die Veranstaltung der Tandempartner mit der Voest-Alpine Stahl AG

30.4.98

Einrichtung einer Offenen Arbeitsgruppe durch die Sowi- Fakultätskommission

7.5.98

Vorliegende Version


2. Meine Qualifikation (Walter Ötsch):


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Für Feedbacks:  E-mail an Rudolf Ardelt E-mail an Walter Ötsch