SIEB.10/Satire

:4711

 C.O.M.PU.SERVE
D. E. S. N. S (Juvenal)

Claudia Klinger, die verdienstvolle Herausgeberin zahlreicher e-zines und Webkulturseiten, berichtet auf Ihrer homepage:
Da hat es also "Human Voices" nun auch erwischt: Am 18. Dezember meldete sich per E-Mail der "Compuserve-WorldMaster" und teilte mit, daß die Datei "gal013.gif" aus dem Literaturprojekt zum Mitschreiben gegen die "RULES" verstoße. Inhalte dieser Art seien auf Compuserve-Homepages nicht gestattet, ich solle eine Seite mit Warnhinweisen vorschalten. Am Ende des Schreibens hieß es dann: "Once you have made the necessary modifications, and re-upload your Home Page, it will become available immediately." Es stand also zu befürchten, daß sie die Seite bereits gelöscht hatten - zum Glück fand ich sie noch vor, als ich erschreckt nachschaute!

Bis heute fehlt eine wissenschaftliche Erklärung, warum COMPUSERVE so reagierte - reagieren mußte, wie wir jetzt wissen! Eine solche Erklärung lieferte nun der bekannte Tiefenpsychologe Univ. Prof. DDr. Franklin U.C. Katharsky, University of Cunniling, U.S. im folgenden Gespräch mit dem Autor dieser Seite (Die Übersetzung des Anfang Jänner 1997 am Flughafen Heathrow in englisch geführten Interviews stammt ebenfalls vom W.S. und wurde von Prof. Katharsky autorisiert).


WS: Herr Professor, Sie haben in den letzten Jahren zahlreiche Bücher über Sexualität und Pornographie im internet herausgegeben. In diesen stellen Sie fest, daß die Wurzeln für die immer stärkere Verbreitung tief im Unbewußten der netuser liegen. An einer Stelle sagen Sie, ich zitiere: "Jeder nackte Busen im internet ist ein Urschrei nach der Mutter!"

Prof. Katharsky: Ganz recht, die Wurzeln beinahe aller im internet veröffentlichten websites liegen tief im Unbewußten. Im net haben die Menschen ja nun endlich die Möglichkeit, diesen Urbedürfnissen freien Lauf zu lassen. Endlich gibt es keinen Grund mehr, weibliche Brüste zu verstecken ... Die Menschen im net spüren - instinktiv gewissermaßen -, daß ES - ich betone das - aus ihnen herausmuß. Endlich können sie zu ihren Bedürfnissen stehen ...

WS: Wenn aber eine nackte weibliche Brust nun so ein Urverlangen, ein Urbedürfnis bei allen Menschen auslöst, stellt sich doch die Frage: Warum reagiert ein World-Master von COMPUSERVE mit einer Zensur?

Prof. K.: Dazu muß ich weiter ausholen. Dinge wie eine eine nackte Brust liegen einfach nicht so auf der Hand, da muß man tiefer gehen ...

WS: Ich bitte Sie darum!

Prof. K.: Es ist allgemein bekannt, daß Menschen, insbesondere Männer, dazu neigen, ihre Wurzeln zu verdrängen. Zu diesen Wurzeln gehört auch die weibliche - speziell die mütterliche Brust. Diese ist ja die Urquelle, aus der sie ihre Anfänge gesaugt haben, dort liegen all ihre Sehnsüchte, Wünsche. Brüste erinnern Männer - aber auch manche Frauen, wie wir in der Zwischenzeit wissen - stets an diese Urerfahrung! Wenn der Säugling Hunger verspürt, dann beginnt er zu schreien, das ist natürlich. Die mütterliche Brust wird assoziativ mit Schreien verbunden ...

WS: Auch in Zeiten der Flaschenfütterung?

Prof. K.: Hier kommt es natürlich zur Verbindung von Flasche und Schreien - denken Sie nur an Parties zu vorgerückter Stunde - aber wir schweifen ab! COMPUSERVE verkörpert buchstäblich nun diesen männlichen Brust-Reflex in der reinsten Form.

WS: Sie identifizieren COMPUSERVE also grundsätzlich mit diesem maskulinen Prinzip der "Brust-Schrei-Prägung" in den ersten Lebenswochen?

Prof. K.: Nehmen wir doch COMPUSERVE und legen wir die unbewußten Wurzeln frei. CO -M-PU-SERVE! Hören Sie es?
CO - allein die beiden ersten Buchstaben symbolisieren die weibliche Brust in Reinkultur. C und O fordern geradezu dazu auf, danach zu greifen. Wer nicht danach greift, ist selber schuld, signalisieren sie. Es wird beim Betrachter des Wortes ein beinahe unstillbares Verlangen ausgelöst - wir sprechen in diesem Zusammenhang von "Mammaphilie". Aber das ist erst der Anfang von COMUPUSERVE!
M - dieses Ursymbol des mütterlichen Schoßes folgt gleich danach! Wie oft haben sich Menschen in diesen Schoß zurückgesehnt, aber nie die Möglichkeit dazu gefunden, dorthin zurückzukehren! COMPUSERVE macht es möglich, denn hier kommt direkt und unmittelbar nach den Brüsten C und O das M, also die Vagina! Der von Prof. Fallatio entdeckte "Vagina-Schrei-Reflex" ist bei vielen Menschen noch viel stärker ausgeprägt als der schon erwähnte Brust-Schrei-Reflex.

WS: Aber man sieht auf dem inkriminierten Bild ja nicht einmal die Schamhaare, geschweige denn die Vagina oder den Anus!

Prof. K.: Das ist gerade das Problem! Wenn die Schamhaare bzw. Vagina nicht direkt sichtbar sind, so wird das Verlangen danach umso größer, der Schrei umso lauter. Wir sprechen hier von "optischer Vaginaldeprivation"!

WS: Und wie hängen die Schamhaare mit COMPUSERVE zusammen?

Prof. K.: Wenn wir in unserer Analyse fortfahren:
PU steht als Kürzel für PUbes, also für die Schamhaare bzw. Schamgegend. Dadurch wird die schon angesprochene Vaginaldeprivation noch verstärkt, der Aufschrei wird gewissermaßen zum Urschrei!

WS: Also ist COMPU - pointiert ausgedrückt - nichts anders als eine verschlüsselte nackte Frau?

Prof. K.: Wir sind noch nicht zu Ende mit unserer ANAL-yse. Sie merken an meiner Betonung, daß noch etwas fehlt. Sie sprachen ja den Analbereich an, der auf dem Bild ebenfalls unsichtbar ist. Auch dafür gibt es eine einleuchtende Erklärung:
SERVE ist ja nur eine modische Kurzform für Service, also den dienenden Aspekt des Sexuellen. Wie wir aus zahlreichen Studien wissen, sind der Anus bzw. die darum herumliegenden erogenen Zonen die bevorzugten Angriffspunkte für Fremd- und Selbstgeißelung. Hier liegen die Wurzeln in der etwas späteren Kindheit, in der postenuretischen und postenkopretischen Phase.
Der von mir schon zitierte Kollege Fallatio hat in seinem Buch über diesen Lebensabschnitt einmal gemeint, daß der menschliche Verdauungstrakt ja prinzipiell keinen Unterschied zwischen der Ausscheidung an einem Ende und dem am anderen Ende macht, kurz: daß es egal ob wir ... oder ...

WS: Also ist es nur natürlich, wenn COMPUSERVE so entschieden gegen Nackte im net vorgeht?

Prof. K.: Natürlich und durchaus normal! Es ist nackter Selbstschutz! Die WorldMaster als die verlängerten Arme versuchen diese permanenten Blößen zu bedecken. Ein normaler Reflex.

WS: Wie soll man also am besten damit umgehen? Wenn man das Wort COMPUSERVE in Zukunft sieht, dann muß der aufgeklärte netuser doch sofort die nackte Frau sehen und schreien ...?

Prof. K.: Diese Frage ist schon weit schwieriger zu beantworten. Wenn sich COMPUSERVE dagegen wehrt, als nackte Frau erkannt und beschrieen zu werden, dann folgt es ebenfalls einem Urbedürfnis. Solche müssen von der Umwelt ernstgenommen werden, damit keine Traumata entstehen. Wie ich aus meiner langjährigen Praxis weiß, hilft am besten, den Umgang möglichst einzuschränken.

WS: Sie meinen, man müßte den Kontakt vermeiden?

Prof. K.: Absolut!

WS: Ich danke Ihnen für das Gespräch!

 

SIEB.10/Satire

:4711


Dieser Text findet sich im net auch unter http://everyday.to/www/satstangl.htm, wo weitere Satiren versammelt sind.